"Idiot"
Seit Stunden starrte Draco gegen seine Zimmertür, hoffte inständig, dass Blaise wieder reinkommen würde, doch langsam sah er ein, dass das wahrscheinlich nicht passieren würde. Es war später Abend geworden und Draco hatte nicht erwartete, dass er so hungrig sein könnte. Sein Magen knurrte laut und er hielt sich den Bauch.
"Abendessen ist schon vorbei... Mist."
Er schreckte hoch, als die Tür aufging und Blaise mit gesenkten Blick herein kam. Er hielt ein Tablett in den Händen, darauf lag ein Teller mit etwas zu Essen und ein Kelch mit warmer Milch.
"Du hast bestimmt Hunger, oder? Ich stell es dir einfach hin."
Schnell stellte Blaise das Tablett ab und wollte wieder gehen, doch Draco war aufgesprungen und hielt sein Handgelenk fest.
"Bitte bleib."
Der Slytherin seufzte und versuchte sein Handgelenk zu befreien, doch Draco steckte seine gesamte Kraft in die Hand, damit er Blaise nicht loslassen konnte.
"Ich verurteile dich nicht wegen deinen Gefühlen, Blaise. Bitte, glaub mir das. Es kam nur... überraschend, sonst nichts... ich wusste nicht, dass du so fühlst... es tut mir Leid, dass ich dir geschadet habe..."
Langsam drehte sich Blaise zu ihm um, sah ihm in seine Augen und lächelte.
"Freut mich zu hören, dennoch kann ich das Geschehene nicht unschädlich machen."
"Das sollst du auch nicht", warf Draco ein, "seit Stunden saß ich da, hab auf die Tür gestarrt und gehofft, du würdest wiederkommen... ich wollte das mit dir klären... du hast versprochen bei mir zu bleiben, egal, was passiert. Brich es nicht in den ersten Stunden."
Blaise Augen weiteten sich und für Draco fingen sie leicht an zu funkeln.
"Das heißt... du-"
"Ich will dich nicht verlieren, Blaise. Ich kann deine Gefühle akzeptieren, aber sie nicht erwidern, bitte verstehe das."
Er sah erneut zu Boden, doch hob den Kopf danach wieder und lächelte. Er zog seinen Arm nach hinten und Draco fiel direkt in seine Arme. Sanft hielt er ihn.
"Ich danke dir", flüsterte Blaise und Draco antwortete, indem er seine Arme um Blaises Rücken legte.
Sie lösten sich und Blaise wandte seine Aufmerksamkeit dem Tablett zu.
"Du solltest essen, sonst wird es kalt."
Draco dankte ihm erneut und begann zu essen. Er blieb dabei nicht allein, Blaise leistete ihm Gesellschaft, bis es für ihn Zeit wurde in sein Zimmer zu gehen, schließlich musste er am nächsten Tag zurück zum Unterricht.
In wenigen Minuten würde es Mitternacht sein. Draco stand auf, zog sich seine Schuhe an, verstaute seinen Zauberstab in seinem Jackett und verließ erst sein Zimmer, dann den Gemeinschaftsraum der Slytherins. Es war dunkel in den Gängen, also verwendete er Lumos, um sich zurecht zu finden. Um nicht zu sehr aufzufallen, versuchte er, dass er keine Bilder anleuchtete, damit sie nicht aufwachten und einem Lehrer Bescheid gaben. Nach 10 Minuten kam er an eine der vielen Kreuzungen an und musste kurz überlegen, welcher Gang der richtige war. Nachts sah alles etwas anders aus. Er entschied sich für den linken und ging vorsichtig und ziemlich leise weiter. Nach wenigen Metern konnte er in der Ferne etwas hören, was sich ebenfalls wie Schritte anhörte. Er losch sein Licht mit Nox und lehnte sich an die nächste Wand an und hoffte, dass er nicht bemerkt wurde. Er konnte nichts sehen, alles war schwarz und die Stille machte es noch schwerer für Draco sich auf etwas zu konzentrieren. Sein Herz schlug lauter und es fühlte sich an, als würde es beinahe aus seiner Brust springen.
Licht blendete ihn, er musste die Augen zukneifen und erwartete, dass er die Stimme eines Lehrers ertönte, doch das war nicht der Fall. Er hörte jemand anderes.
"Draco?"
Sein Gegenüber sank den Zauberstab und Draco konnte seine Augen wieder öffnen. Vor ihm stand der Eine. Der, den er verloren hatte und nicht vergessen konnte und bei seinem Anblick war er wie paralysiert. Harrys Blick war überrascht und doch schien etwas Freude durch.
"Du bist hier? Ich dachte du wärst seit ein paar Wochen spurlos verschwunden... ich... hab mir Sorgen gemacht..."
Harry sah an Draco herunter und erkannte, dass er seinen Anzug trug und nicht die Schuluniform.
"P-potter...", konnte Draco nur kurz sagen, ohne sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Eine ungünstige Situation. Er und Harry, beide zusammen allein in einem dunklen Gang, mitten in der Nacht, knapp um halb 1.
"Geht es dir gut? Was ist passiert?"
Harry löcherte ihn mit seinen Fragen, doch er merkte selbst, dass es nicht der geeignete Ort dafür war. Kurz sah sich Harry durch den Gang um und erkannte eine Tür, von der er wusste, dass sie zu einem Unterrichtsraum führte.
"Komm. Lass uns reden."
Er ging vor und öffnete die Tür, doch Draco konnte sich weiterhin nicht bewegen. Der Drang nach Weglaufen verstärkte sich, doch nicht einmal das konnte sein Körper bewerkstelligen. Die Überraschung Harry zu sehen und mit ihm auch noch allein zu sehen, war zu viel.
"Draco?", fragte Harry leise und drehte sich zu ihm um, "komm schon."
Ein paar wenige Schritte, dann griff Harry nach Dracos Handgelenk und zog ihn mit sich. Er war warm und sein Geruch hatte sich nicht verändert. Wie er ihn vermisst hatte.
Die Tür machte Harry so leise zu, wie er nur konnte und ließ durch Lumos Maxima eine kleine Lichtkugel an der Decke des Raumes schweben, um etwas Licht zu haben. Das Licht war ein sanftes Hellblau, Draco wandte seinen Blick zu Harry und war erstaunt, wie schön er in diesem Licht war. Der Gryffindor starrte zurück und musste leicht lächeln, als er Draco sah, wie er einfach nur dastand, nichts sagte, nur zu ihm sah.
"Willst du dich setzen?", fragte er mit einem Lächeln, Draco nickte vorsichtig.
Beide ignorierten gleichzeitig die Tische und Stühle, die in Reihen im Raum standen, sondern setzten sich auf die kleine Kante, die wegen einer Erhöhung des Bodens da war. Das Licht drehte seine Kreise im Raum, Harry sah ihm eine Weile zu, bis Draco zuerst reagierte.
"Warum bist du hier? Ich dachte du wolltest Auror werden..."
"Ich bin dabei die Ausbildung zu machen, jedoch bin ich mit einem Fall betraut worden, bei dem ich Averys Hilfe benötigte, darum war ich kurz hier. Morgen gehe ich auch schon wieder."
Als der Name des Auror und Lehrers fiel, zuckte Draco zusammen und hielt sich wieder die Stellen an seinem Brustkorb. Harry drehte sich zu ihm, musterte ihn kurz.
"Geht es dir gut?"
Er nickte und versuchte die Erinnerungen zu verdrängen, damit er sich auf Harry konzentrieren konnte. Dieser seufzte kurz und lächelte ihn an.
"Dann bin ich beruhigt."
Dieses strahlende Lächeln, welches Draco galt, konnte er kaum fassen. Er dachte, dass er es nie wiedersehen würde. Ohne nachzudenken und ohne Kontrolle über sein Handeln, lehnte sich Draco zu Harry und nahm ihn in den Arm. Der Geruch betörte seine Sinne, ließen ihn alles vergessen und er fühlte sich tausendmal besser. Harry streichelte zärtlich über Dracos Rücken und spürte, wie sein Herz wie wild schlug.
Warum? Wieso du? Warum immer noch?
Draco ließ von Harry ab und sah ihm in die Augen. Harry bemerkte, wie ein paar Tränen Draco aus den Augen liefen und mit einer kleinen Bewegung wischte er sie weg.
"Warum weinst du?"
"Du bist hier... ich dachte, dass ich dich nie wiedersehen würde... ich dachte du wärst weg."
Diese Worte ließen Harrys Herz noch schneller schlagen und für ihn gab es keinen Zweifel mehr. Seine Gefühle für Draco hatten sich nicht geändert und aus irgendeinem Grund war er froh darüber.
"Ich habe dir damit wieder weh getan, oder?"
Weitere Tränen liefen Draco übers Gesicht, als er nickte. Harry zog Draco näher zu ihm und umarmte ihn erneut. Dieses Mal drückte er ihn fester an sich und er spürte, wie Draco sich in sein T-Shirt krallte. Er schluchzte, doch Harry wollte ihn nur fühlen, ihn riechen. Dieser Geruch ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, genauso wie seine grauen Augen, die schöner waren, als jeder Himmel vor einem Gewitter.
Ihm wurde klar, dass es ein Fehler war, Hogwarts frühzeitig abzubrechen. Er hätte bei ihm bleiben sollen und die Ausbildung dann Ende Sommers beginnen können. Was ein Idiot er doch war.
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