Grün sieht Grau
Draco fühlte sich schlecht. Der Unterricht war für den Tag beendet und er war zwiegespalten. Auf der einen Seite wollte er mit Potter reden, auf der anderen wollte er es nicht. Er wollte mit Blaise reden, doch irgendwie wollte er auch allein sein. Er saß oben auf dem Glockenturm. Seine Beine hingen von der Kante und er stützte sich auf eine der Metalstangen ab, legte sein Kinn auf die Arme und starrte ins Nichts. Es war kalt und das Jahr noch jung. So viele Sachen gingen ihm durch den Kopf, aber am meisten kam ihm das Bild von Harry in den Sinn. Sein Lächeln, sein Geruch, seine Stimme und vor allem seine grünen Augen. Draco konnte ihren Anblick nicht vergessen. Sie waren wie die Landschaft außerhalb von London, voller Leben und Schönheit. Draco seufzte, als er merkte, dass er rot wurde.
"Hast du gut gemacht, Draco", sagte er zu sich selbst.
Innerlich hasste er sich dafür, dass er es nicht einfach hinnahm. Dass er nicht einfach akzeptierte, dass er in Harry Potter verliebt war, aber sein Kopf war lauter als sein Herz. Er dachte an die Szene im Flur, als Harry in rausgeschleift hatte, um mit ihm zu reden und Ginny dazu kam.
"Er... steht auf mich", sagte er langsam und lächelte, als er die Bedeutung dieser Worte verstand, "Potter steht auf mich!"
Er fing an vor Freude zu weinen, lachte auf und spürte in sich nur Glücklichkeit. Nie hätte er gedacht, dass seine Gefühle auf Gegenseitigkeit beruhen und diese Erkenntnis ließ ihn nur noch mehr lächeln.
"Du scheinst dich darüber zu freuen", ertönte es plötzlich hinter Draco und als er sich erschrocken umdrehte, stand Harry hinter ihm.
Ohne ein weiteres Wort ging er zu dem Slytherin und setzte sich neben ihn, mit nur einem Lächeln auf den Lippen. Harry starrte auf die Landschaft, die Hogwarts umgab und kuschelte sich leicht in seinen rot-gelben Gryffindorschal. Draco sah ihn nur an, lächelte und starrte wieder ins Nichts. Er genoss seine Nähe, es war ihm nie bewusst gewesen, wie gut seine Anwesenheit tat und merkte nun, was er in den Ferien am meisten vermisst hatte.
"Es ist noch ziemlich kalt, oder?, fragte ihn Harry, sein Blick blieb aber in der Ferne liegen.
Draco sah wieder zu ihm, hatte erwartet, dass er in seine Augen sehen würde, doch tat es nicht. Es war graues Wetter, eine Mischung aus tiefstem Winter und schönstem Frühling. Ein seltsamer Zeitpunkt im Glockenturm zu sitzen und raus zu starren.
"Ja, stimmt schon", sagte Draco langsam und stützte wieder seinen Kopf ab.
Es herrschte eine Weile Stille und in der Zeit sah Draco hin und wieder zu Harry. Er wollte in seine grünen Augen sehen, doch der Gryffindor weigerte sich, sein Blick blieb an seinem Platz, bewegte sich kein Stück.
"Wo sind deine Freunde...?", murmelte Draco in seinen grün-schwarzen Slytherinschal, doch Harry konnte es problemlos verstehen.
"Im Gemeinschaftsraum, verbringen spezielle Zeit, wenn du weißt, was ich meine."
Er verstand und sah abwertig wieder in das Grau des Himmels.
"Ist ja widerlich", sagte er leicht lächelnd, Harry stimmte ihm zu.
"Da hast du Recht, deshalb wollte ich auch hier sein. Ich wollte ein wenig Einsamkeit... hat nicht ganz funktioniert, huh?"
Harry lachte kurz auf, Draco lächelte mit ihm.
"Deswegen bin ich auch hier. Allein sein, nachdenken... heh, klingt komisch, wenn ich das laut ausspreche."
Wieder ein Lachen, doch dieses Mal blieb Harry still. Der blonde Zauberer sah zu ihm, verlor sein Lächeln und starrte wieder ins Nichts, hoffte dort Zuflucht vor ihm zu finden, doch es war aussichtslos. Ein starker Wind blies um die Turmspitze und Draco wurde kalt. Er zog seinen Schal etwas höher, zitterte, doch versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Die Kälte zog durch seinen gesamten Körper und er konnte sich ein klappern der Zähne nicht verkneifen. Harry bemerkte sein Verhalten, drehte sich besorgt zu ihm um und streckte leicht seine Hand nach ihm aus.
"Hey, wird es gehen?"
Draco sah auf und konnte endlich das Grün wiedersehen. Er merkte Harrys Hand auf seiner Schulter nicht, selbst die Kälte verschwand auf einmal. Er verlor sich in der Farbe, die er so begehrte und verehrte. Er hatte keine Kontrolle mehr über seinen Körper. Er wollte etwas sagen, doch seine Zunge war taub und seine Kehle konnte keine Worte formen. Harry sah das Grau in Dracos Augen und war davon fasziniert, dass es schöner war, als der Himmel.
"D-draco...", sagte Harry langsam und kam dem Blonden etwas näher.
Er bemerkte nicht, wie nah Harry ihm schon war und nicht er sprach, sondern sein Herz.
"...Harry."
Er schloss langsam die Augen und spürte die Lippen des Gryffindor auf seinen. Wärme durchzog ihn und er schwitzte leicht an seinem Hals, direkt unter dem Schal. Harry legte eine Hand an Dracos Nacken und zog ihn näher zu sich. Mit einer gekonnten Bewegung öffnete er den Mund des Slytherin und ihre Zungen tanzten Walzer. Draco schlang seine Arme um Harrys Körper und drückte sich näher an ihn heran, spürte, wie sein Verlangen wuchs, doch mit ihm auch die Angst und Unsicherheit. Er blinzelte kurz, ballte die Hände zu Fäusten und drückte Harry weg von sich. Beide keuchten, hielten sich die Hände vor die Lippen und starrten sich an. Der Gryffindor wollte zuerst etwas sagen, doch verwarf den Gedanken schnell wieder, Draco konnte nicht glauben, was er getan hatte.
"Was ist los?", fragte Harry besorgt und versuchte irgendwie wieder in Dracos Augen sehen zu können, der versuchte den Blick abzuwenden.
"Es... es geht einfach nicht... du bist... der Junge, der überlebte und ich... ein ehemaliger Todesser, dessen Eltern in Askaban sitzen... wir sollten keine Freunde sein!"
Draco stand prompt auf und ging zur kleinen Wendeltreppe, die zurück in die Gänge der Schule führten, doch bevor er dort ankam, hielt Harry ihn an den Handgelenken zurück.
"Nicht dieses Mal, Draco! Dieses Mal läufst du nicht davon."
Er wollte ihm nicht glauben, doch er hatte Recht. Seit dem neuen Schutzzauber konnte in Hogwarts nichts mehr appariert werden, also konnte er nicht einfach so aus Situationen fliehen, wie er es vor den Ferien getan hatte. Er seufzte und drehte sich zu Harry um. Den besorgten Blick konnte Draco sofort erkennen und fühlte sich noch schlechter.
"Bleib bitte einmal da und rede mit mir", flehte Harry ihn an.
"Ich wüsste nicht worüber", war seine Antwort, doch auf den Satz von Harry war er nicht vorbereitet.
"Ich habe mich in dich verliebt, Draco."
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