Flammen
Das kleine blaue Licht flog durch den hohen Raum, einmal zur Decke und erhellte jede kleinste Ecke. Es strahlte und nahm Draco die Angst vor der Dunkelheit. Langsam sah er sich um. An den Wänden hingen wieder Bilder, alle mit seinen Erinnerungen. Sie alle zeigten ihm Dinge, die er schon erlebt hatte, Zeiten, an die er sich erinnern wollte und an andere nicht. So vieles konnte er erkennen, doch ebenfalls eins und eins zusammenzählen. Kurz drehte er seinen Kopf zur Seite, um in den Flur zurück zuschauen, aus dem er kam, mit den Bilderrahmen ohne Erinnerungen. Hatte Slughorn doch Recht? Wurde er obliviiert?
Das Licht sank zu Boden, blieb auf Dracos Kopfhöhe stehen und schien ihn anzusehen. Er lächelte, hob vorsichtig seine Hand und berührte nur sanft die kleine Kugel. Es war warm und weich, erinnerte ihn an etwas, das er kannte, doch was genau war es?
Das Licht bewegte sich etwas von ihm zurück, flog schnell durch den Raum und blieb an einer Stelle stehen, auf der Spitze eines geschwungenen Bogens, der direkt in der Mitte stand. Genau erkennen konnte es Draco nicht, ein Laken verdeckte sein Antlitz. Nur ein kurzes Ziehen hatte gereicht, der Vorhang fiel und Draco starrte in sein eigenes Gesicht. Ein Spiegel. Kurz darauf erschien die Lichtkugel hinter ihm, jedoch schien der Schein heller zu werden. Immer stärker, es blendete ihn. Seine Augen kniffen sich von selbst zu und öffneten sich erst, nachdem es dunkler wurde. Im Spiegel konnte er ihn erkennen. So prachtvoll und elegant. Ein stolzer Anblick. Draco drehte sich um, starrte den hell leuchtenden Hirsch an, wie er wenige Schritte machte und somit auf den Zauberer noch majestätischer wirkte. Die Gestalt löste Gefühle in Draco aus. Er fühlte Sicherheit, Geborgenheit.
"Draco...", ertönte es, unerwartet und leise und für einen kurzen Moment schreckte Draco zusammen.
Die Stimme kam ihm bekannt vor, doch wirkte sie verzerrt, nicht real, dumpf. Ein Flüstern rief nach ihm und er drehte sich zurück zum Spiegel um. Ein schwacher Schimmer erschien im Spiegel, dort, wo eigentlich der Hirsch gestanden hatte. Es schien wie ein Geist, nur eine Silhouette, die jedes Gesicht hätte haben können. Unsicher blinzelte Draco ein paar Mal, ihm kam die Situation bekannt vor: der Spiegel, sein eigenes Spiegelbild, hinter ihm ein weiteres stehend. Es pulsierte schwach und schien sich zu verformen, der Umriss eines Gesichts erschien.
"Draco...", flüsterte es erneut und die Stimme schien klarer zu werden.
Der Slytherin ging langsam auf das Glas zu, streckte seine Hand danach aus, doch zögerte kurz davor. Er drehte seine Hand um, starrte auf die Innenseite, dann wieder zum Spiegel. Hinter ihm stolzierte der Hirsch weiterhin, behielt ihn im Blick.
"Was bist du?", ertönte es durch den Raum, als Draco die Frage stellte.
Keine Antwort, nur ein Lächeln der Silhouette, bei dem Dracos Herz kurz stehen blieb. Wieder schmerzte es in seiner Brust und er wusste nicht warum. Bei dem Schmerz setzte er ein paar Schritte zurück und wurde vom Hirsch aufgefangen. Sein Kopf lehnte an Dracos Rücken und schubste ihn zurück zum Spiegel. Kurz sah er zwischen Hirsch und Spiegelbild hin und her, bemerkte, dass sich Beide gleichzeitig bewegten.
"Hast du mich auch vergessen?"
Dracos Blick blieb auf dem schimmernden Hirsch haften. Der blinzelte ruhig, starrte den jungen Zauberer an und zuckte manchmal mit den Ohren. Eine Weile sagte Draco nichts, überwältigt von der Tatsache, dass das Tier sprechen konnte.
"Äh... i-ich weiß nicht mal, wer du bist."
Allmählich ging der Hirsch an Draco und dem Spiegel vorbei, sein Geweih zeigte auf eine schmale Tür. Sie hatte viele Risse. Dünne Balken waren über sie drüber genagelt, doch auch die fielen beinahe von den Nägeln. Der Türgriff stach deutlich heraus: Ein goldener Löwenkopf.
Draco sah dem Hirsch nach, wartete auf eine Erklärung, doch schnell wurde ihm bewusst, dass die Warterei vergebens war. Kurz fing der Hirsch an zu leuchten, flüsterte Alohomora und mit einem Knarren ging die Tür auf. Ein heller, gelber Schein ging von dem Raum aus. Der Hirsch verschwand aus Dracos Sicht und der Zauberer zögerte. Er hörte ein Kacken, ein Knistern. Seine Beine gingen von allein, folgten dem majestätischen Tier und blieben erschrocken in der Türangel stehen. Hitze berührte seine Haut, das helle Licht der Flammen spiegelte sich in seinen Augen und überschattete selbst das blaue Schimmern des Hirsches. Das Tier sah Draco dabei zu, wie er weiter in den Raum trat, sich hütete zu nah an das Feuer zu kommen.
Die Wände wurden von den Flammen erklommen, zerfressen und verschlungen. Auch dort hingen die Rahmen, doch ihre Bilder waren verbrannt und zerstört. Letzte Fetzen flogen durch die Luft, nur um dann doch den Flammen zu verfallen.
Der Raum erstreckte sich viele Meter weit, alles in gelb und rot getaucht.
"Du bist verflucht", sagte der Hirsch, ruhig und gelassen, doch Draco hörte in seiner verzerrten Stimme noch etwas anderes.
Er sah zu ihm, wandte dann jedoch den Blick wieder ab. Sein linker Unterarm fing an zu jucken und es zog sich bis zu seiner Schulter hoch.
"Du wirst sterben. Und das sehr bald. Der Trank von Slughorn wird nicht ewig funktionieren... und das weißt du."
Bei diesen Worten musste Draco schlucken. Die Schlange hatte es ihm schon zugeflüstert, doch er wollte ihr nicht glauben. Die Adern waren der Beweis. Sie enthielten das Gift, das nicht mehr lange brauchen würde, bis es sein Herz erreichte.
Die Hitze um ihn herum wurde stärker, mehr und mehr brach zusammen, Rahmen fielen von den Wänden und prallten auf den Boden, der ebenfalls nachgab, und seine Dielen brachen. Der Slytherin zuckte zusammen, schreckte zu jeder Seite, wo er Geräusche vernahm und war sich sicher, dass er nicht durch das Gift sterben würde.
"Erinnere dich an mich. Erinnere dich... an-"
Mehr Knacken, mehr Prallen, mehr Geräusche füllten den Raum und alles übertönte die Stimme des Hirsches. Draco schloss die Augen. Seine Beine machten wenige Schritte zurück, dann fiel er. Alles um ihn herum wurde schwarz. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, bis er seine Augen wieder öffnen konnte und das erste, was er sah, war Blaise, wie er mit besorgten Blick zurück starrte.
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