Einseitigkeit
Wie von einer Tarantel gestochen, lief Harry durch die Gänge, kam an dem Raum mit den wandelnden Treppen an und sprang förmlich über die Stufen. Ohne ein Wort ließ die Fette Dame ihn in den Gryffindorgemeinschaftsraum, wo Hermine und Ron gerade dabei waren gemeinsam ein Stück Pergament zu lesen. Beide schreckten hoch, als sie Harry in den Augenwinkeln bemerkten. Er setzte sich zu seinen beiden Freunden und faltete die Hände zusammen. Hermine ergriff das Wort.
"Malfoy ist hier in der Schule."
Als hätte sie gewusst, dass das die Antwort war, die er brauchte. Leicht seufzte er auf und lehnte sich im Sessel zurück, jedoch gefiel ihm Hermines Gesichtsausdruck nicht.
"Was ist?"
"Harr-", wollte sie anfangen, doch Ron unterbrach sie prompt.
"Malfoy ist wieder der Arsch, der er schon immer war! Hat uns angekeift und Hermine als Schlammblut bezeichnet! Ich hab es dir schonmal gesagt, Harry. Und dennoch habe ich mich zurückgehalten, deinetwegen. Aber jetzt ist Schluss!"
Hermine zog am Ärmel ihres Freundes, versuchte ihn zu beruhigen und sah nebenbei ein paar Male zu Harry. Der konnte nicht verstehen, was Ron faselte. Draco war in den letzten Monaten, seitdem sie das zwischen sich geklärt hatten, zurückhaltend Hermine und Ron gegenüber gewesen.
"Ron, du kommst erstmal wieder runter, du tust Malfoy nichts."
"WENN ICH DEN NAMEN SCHON HÖRE!"
Harry legte eine Hand auf Rons Schulter, der sah seinen traurigen und betrübten Blick und wurde kleinlaut, sackte in sich zusammen und murmelte eine Entschuldigung von sich. Vorsichtig lächelte Hermine und wandte Ihre Aufmerksamkeit nun völlig Harry zu.
"Ich weiß nicht, was passiert ist, aber vielleicht solltest du mit Malfoy noch einmal reden. Dir sagt er ja, was los ist."
"Ich hoffe es zumindest", murmelte Harry, stand auf und ging zur Tür des Gemeinschaftsraumes.
Kurz bevor er zurück in die Gänge des Schlosses gehen wollte, rief ihm Hermine noch etwas hinterher.
"Er sollte bei Slughorn im Kerker sein!"
Das war sein Ziel, welches er in einer viertel Stunde erreicht hatte. Mit Herzklopfen ging er die Stufen zum Zaubertränkeunterricht hinunter, öffnete die Tür und sah, wie Slughorn mit Draco einen Trank zusammen braute. Sein Lehrer erkannte ihn als erstes und fing breit an zu lächeln.
"Harry, mein Junge. Was führt Sie hier her?"
Nun sah auch Draco in seine Richtung und das Grau stach ihm in die Augen. Seine Mimik war neutral, nicht ein einziger Muskel bewegte sich und schon nach kurzer Zeit rührte er in seinem Trank weiter. Slughorn hingegen ging auf Harry zu und begrüßte ihn herzlich.
"Hallo, Professor. Ich... bin wegen Malfoy hier."
Draco hielt inne, machte ein fragendes Gesicht, welches er in die Richtung der Beiden warf. Slughorn schien nicht sonderlich überrascht.
"Aber selbstverständlich. Kommen Sie, wir sind gerade dabei einen äußert interessanten Trank zu brauen, der für Professor Sprout gedacht ist. Damit die Pflanzen schneller wachsen können, Sie wissen ja, wie das ist."
Er lachte kurz, Draco schien sie zu ignorieren. Der Junge Auror lächelte Slughorn zu, während der zur Tür ging.
"Mr. Malfoy, ich bin eben ein paar Zutaten aus dem Gewächshaus holen. Passen Sie bitte soweit auf alles hier auf, ja?"
Draco sah an Harry vorbei, lächelte dem Professor zu, hob eine Hand und winkte ihm kurz zu.
"Mach ich, Professor!"
Damit schloss sich die Tür und Draco nahm wieder seine normale Haltung an. Er ignorierte Harry weiter, der einfach nur da stand und noch immer paralysiert war, von Dracos Lächeln, welches er Slughorn geschenkt hatte. Nach wenigen Augenblicken ließ Draco den Trank auf der Flamme allein stehen, packte ein paar Sachen zusammen und fing an sie wieder an ihren Platz zu stellen. Der Blick von Harry haftete dabei an ihm, folgte ihm mit jedem Schritt, bis es den Slytherin reichte.
"Was willst du, Potter?", keifte er und starrte ihn eindringlich an.
Sein Gegenüber antwortete mit einem besorgten Blick.
"Draco! Geht es dir gut? Ist irgendwas passiert? Wo bist du hin verschwunden? Und warum?"
Harry kam ihm schnell näher, wollte nach seinen Schultern greifen, doch der Slytherin wich zurück. Seine Augen schauten ihn angewidert an und sein Kopf war bombardiert mit Fragen, die er nicht verstand.
"Hey, Potter! Verschwinde! Lass mich in Ruhe!"
Er stolperte über einen leeren Kessel, der neben einem der Tische stand und fiel unsanft auf den Boden. Harry versuchte ihn noch zu greifen, doch bekam keinen Halt in seiner Hand. Mit schmerzverzerrtem Gesicht saß er da, hielt sich den Kopf und versuchte nicht zu erbärmlich auszusehen.
"Alles ok? Hast du dir sehr wehgetan?"
Als Draco seine Augen wieder aufmachte, sah er, wie der Auror ihm seine Hand entgegenstreckte. Mit einem kurzen Zähneknirschen schlug er Harrys Hand beiseite und stand von selbst auf.
"Deine Freundlichkeit kannst du dir sonst wohin stecken. Seit wann interessiert es dich, wie es mir geht? Verdammt, mein Kopf!"
Mit viel Druck versuchte er den Schmerz in seinem Kopf auszugleichen, doch es half nur wenig. Harry starrte ihn verunsichert an. So kannte er ihn nicht, so war er früher gewesen, aber doch jetzt nicht mehr. Harry war sich sicher, irgendwas war mit Draco passiert und irgendjemand war daran Schuld.
An seinen Schultern spürte Draco plötzlich Wärme und eher er sich versah, drückte Harry seine Lippen auf die des Slytherins. Ein seltsames Gefühl überkam Draco. Auf eine gewisse Weise fühlte es sich gut an, auf der anderen Seite hatte er Angst. Und egal, wie er es drehte und wendete, beides war vertraut. Schnell stieß er Harry von sich weg, keuchte leicht und hielt sich eine Hand vor die Lippen. In Harrys Blick konnte er etwas erkennen, wartete er auf etwas? Für einen kurzen Moment funkelten Harrys Augen auf. Ein wunderschönes Grün kam zum Vorschein, das Draco vorher noch nie gesehen hatte und, genauso wie das Gefühl des Kusses, war es so vertraut.
"W-was glaubst du machst d-du da, P-Potter?!", schrie er förmlich, doch konnte das Stottern nicht zurückhalten. Wieder ging Harry ein paar Schritte auf Draco zu, der wieder von ihm weg wich.
"D-du bist doch krank!"
"Draco..."
"Seit wann nennst du mich beim Vornamen?!"
Ein starker Schmerz zog sich durch Dracos linken Arm. Die Schlange bewegte sich, biss wild um sich und der Schmerz wurde kontinuierlich stärker. Krampfhaft hielt er sich den Arm, drückte, krallte sich fest und brach auf die Knie. Harry reagierte schnell, versuchte ihn aufzufangen, doch Draco wich seinen Händen aus.
"Lass mich in Ruhe, Potter!"
Draco schrie auf vor Schmerz, doch versuchte seine Stimme zu unterdrücken.
"Draco! Was ist los?!", versuchte Harry auf ihn einzureden, doch er hörte ihm nicht zu.
Die Tür sprang auf und Slughorn kam in den Raum gestürmt. Er schubste Harry aus dem Weg und kniete sich zu Draco.
"Keine Sorge, ich mach das, Mr. Malfoy", sagte er ruhig und guckte kurz zu Harry.
"Egal, was Sie bereden wollten, Sie gehen jetzt besser, Harry. Das ist eine Angelegenheit zwischen Mr. Malfoy und mir."
Draco wand sich auf dem Fußboden, kauerte sich zusammen und hielt sich den Arm. Der Auror starrte auf ihn, seine Beine wollten sich nicht bewegen und er wollte auch nicht gehen.
"Gehen Sie!", sagte Slughorn laut und Harry machte Schritte rückwärts.
Das Letzte, was er sah, war, wie Slughorn sich eine Phiole nahm, Draco seinen Ärmel hochzog und eine silbrige Flüssigkeit den Arm herunterlief, der leicht blau aufleuchtete.
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