Epilog
Eiskalte Luft empfing das Mädchen, als sie die Augen öffnete. Weiße Wolken drangen aus ihrem Mund und überall um sie herum glitzerte es in den verschiedensten Blautönen. Und es war still, totenstill. Ungläubig sah sich das Mädchen um, wo war sie? Vorsichtig streckte sie ihre Hand aus und strich an der eisblauglitzernden Wand entlang. Es war Eis. Die Kälte, die von dem gefrorenen Wasser ausging, kroch ihren Ärmel hinauf und das Mädchen bekam Gänsehaut. Doch ihr war nicht kalt, ganz im Gegenteil. Ihr war so warm, als säße sie gemütlich vor dem Feuer in eine Decke gehüllt. Es war etwas anderes was ihr so Gänsehaut bereitete. Es war die Macht, die das Eis ausstrahlte. Die Stärke. Der Stolz. Die Weisheit. Vorsichtig fuhr das Mädchen die schroffen Linien des Eises nach und blickte sich etwas mehr um, auch über ihr, neben ihr, unter ihr Glitzere es blau, weiß und schwarz. Sie war in einem Gletscher. Doch gerade als sie sich umdrehen wollte, um nach dem Ausgang zu suchen, bauschte wie aus dem nichts ein Wind auf. Er war so kräftig und stark, dass sie ein paar Schritte zurückgedrängt wurde. Doch so plötzlich wie dieser Wind gekommen war, so plötzlich verschwand er auch wieder. Das Mädchen zog die Augenbrauen zusammen und wollte sie gerade eine Strähne aus dem Gesicht streichen, die sich durch den Wind aus ihrem Zopf geschummelt hatte, als sie innehielt. Warum war ihr Haar so hell? Verwirrt betrachtete sie ihr ehemalig dunkelblondes Haar, dass nun in ein helles, fast weißes Blond gewechselt hatte. Doch wieder blieb ihr keine Zeit um über den Farbwechsel ihrer Haare nachzudenken, denn auf einmal ertönte eine Stimme, die sie zusammenzucken lies. Sie war hell und samtig weich, doch gleichzeitig klar und bestimmt. Und sie sang. Das Mädchen kniff die Augen zusammen, der Gesang war für sie unverständlich, denn nicht nur der Wind hatte wieder angefangen zu heulen und pfiff ihr laut in den Ohren, doch auch die Sprache, in der die Stimme sang, war für sich unverständlich. Trotzdem wusste das Mädchen was der Gesang bedeutete. Komm! Tanzte es in ihrem Kopf herum Komm! Fast in Trance setzte das Mädchen einen Schritt nach vorne. Und noch einen. Diese Stimme löste etwas in ihr aus. Sehnsucht und Heimweh, doch gleichzeitige Geborgenheit und Sicherheit. Immer weiter folgte das Mädchen der immer lauter werdenden Stimme, weiter durch die scheinbar unendlichen Gänge des Gletschers. Immer schneller setzte sie einen Schritt vor den anderen, bis sie fast rannte. Doch gerade als sie den engen Gang verlassen hatte und in einer großen Halle angekommen war, verstummte die Stimme. Unschlüssig blieb das Mädchen stehen, was nun? Langsam betrat sie die Halle, in der es vor Eis so glitzerte, als wäre eine Fee herumgeflogen und hätte überall magischen Feenstaubt verteilt. Und genau das strahlte dieser Saal aus Eis auch aus, Magie. Staunend sah sich das Mädchen um, bewunderte die dicken Eiszapfen die majestätisch von der Decke hingen und strich vorsichtig die Lienen der Wände mit den Fingerspitzen nach. Doch auf einmal ertönte die Stimme wieder, laut und klar klang sie in dem großen Saal und dem Mädchen stellten sich sofort alle Haare zu Berge. Doch dann, erschien plötzlich eine Person. Sie sah so aus, wie alle Menschen die das Mädchen in ihrem Leben kennen gelernt hatte und trotzdem ähnelte sie niemanden den sie kannte. Und die Person sang, es war das Lied, dass das Mädchen hergelockt hatte und nun trat die Stimme langsam immer näher an das Mädchen heran, bis sie vor ihr stand. Die Stimme hörte auf zu singen und begann stattdessen wie in Trance zu sprechen, es war die gleiche Sprache in der sie gerade noch gesungen hatte, doch nun verstand das Mädchen sie nicht mehr. ,,Was willst du mir sagen?" flüsterte das Mädchen, doch die Person vor ihr starrte sie nur an und sprach weiter. Doch nun veränderte sich die Tonlage der Stimme, war sie gerade noch verkündungsvoll und weich, so war sie nun befehlerisch und mächtig, als würde sie etwas heraufbeschwören. Gleichzeitig wurde es merklich kälter und der ganze Raum schien sich mit Magie aufzuladen. Dann, ohne dass das Mädchen es kommen sah, hielt die Stimme vor ihr plötzlich eine Kette hin der Hand. Sie war unglaublich fein gearbeitet und der Anhänger war ein blauglitzernder Stein, der kunstvoll hineingearbeitet wurde. Mittlerweile sprach die Stimme wieder in einem weicheren Ton, als würde sie dem Mädchen etwas erklären, doch sie verstand immer noch nichts, auch wenn sie das Gefühlt hatte, dass sie es eigentlich hätte verstehen sollen. Plötzlich verschwand die Kette aus der Hand der Person vor ihr und tauchte wieder um dem Hals des Mädchens auf, erstarrt betastete diese das Schmuckstück. ,,Was ist das? Was soll das?" rief sie verzweifelt, als die Stimme, der Saal aus Eis, ja sogar sie selbst sich aufzulösen schien. Doch bevor die Stimme antworten konnte, blickte das Mädchen auf einmal in ein ihr sehr gut bekanntes Gesicht.
,,Was zum Teufel?" murmelte das Mädchen, als sie ihre Schwester erkannte ,,Was machst du hier?" ,,Eigentlich wollte ich mir nur ein Blatt Papier holen, weil ich keins mehr hatte, aber dann hab ich dich gesehen, wie du schweißnass in deinem Bürostuhl schläfst. Deswegen hab ich versucht dich aufzuwecken. Alles okay bei dir?" ,,Ja... alles gut." Erwiderte das Mädchen und rieb sich den Kopf. Konnte sie das alles wirklich nur geträumt haben? Es hatte sich so real angefühlt, die Kälte, das Eis, einfach alles! ,,Na gut, dann geh ich mal! Ach und versuch das nächste Mal vielleicht nicht bei deinen Hausaufgaben einzuschlafen, so langweilig sind sie dann doch nicht!" grinste ihre Schwester und verschwand dann aus dem Zimmer. Ungläubig griff das Mädchen nach ihren Haaren, um zu testen ob sie immer noch hellblond waren. Das ganz normale dunkelblond strahlte ihr entgegen und sie atmete erleichtert aus, wahrscheinlich hatte sie wirklich nur geträumt. Doch als sie sich nach unten beugte, um ein Schulbuch aufzuheben, das nach unten gefallen war, spürte sie auf einmal, wie sich am ihren Hals etwas bewegte. Mit zusammengekniffenen Augenbrauen griff sie danach und erstarrte, bevor sie sich das Ding über den Kopf zog. Es war eine Kette. Und nicht irgendeine Kette, sondern exakt die Kette aus ihrem Traum.
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