Kapitel 65
Sicht Zoe
Zuhause angekommen ist es auch Ben, der mir hilft meine Sachen hochzutragen und ein- und auszuräumen. Das ist relativ schnell erledigt. In guter Gesellschaft sowieso. Ein besseren Start nach London hätte es für mich gar nicht geben können. Ben. Mama. Lachen. Ja, ganz, ganz viel lachen. Auch jetzt gerade, als Ben und ich zu Mama gehen, lachen wir wieder. Mama hat schon angefangen zu kochen, als Ben und ich noch ausgepackt haben und bemerkt uns jetzt. Naja, zu überhören sind wir auch nicht.
Sie strahlt uns an. „Na ihr zwei. Habt ihr euch schon kennen gelernt?" Ich grinse und muster Ben, der mich erwartungsvoll anblickt. „Mama, Dein Ben ist echt voll cool." Nun grinst Mama und kommt zu uns. Sie gibt Ben einen Kuss und nimmt mich darauf nochmal in den Arm und flüstert: „Danke." Ich grinse und flüsterer zurück: „Nicht dafür. Du hast dir schließlich den richtigen rausgepickt." Nun lacht Mama.
Sicht Ben
Zoe hat keine Ahnung wie froh ich bin, dass wir zwei uns so gut verstehen. Aber, ich bin es. Wirklich aus tiefstem Herzen. Zoe und Leyla flüstern noch eine Weile vor sich hin, während ich ein verstohlenes Grinsen auf dem Gesicht habe und das, wei ich gerade feststelle, fertige Essen auf dem Tisch platziere und das restliche Besteck aus einer Schublade in der Küche fische und ebenfalls auf den Tisch stelle. „So, die Damen." Leyla und Zoe schauen mich fragend an. Daraufhin kann ich mir nur mit Mühe ein Lachen verkneifen und belasse es also, bei einem grinsenden: „Essen!" Daraufhin ernte ich einen langen Kuss von Leyla und ein riesiges Danke! Auch darauf kann ich wieder nur Grinsen. Leyla ist einfach zu süß.
Als Leyla und ich uns wieder voneinander lösen, setzen wir uns alle an den Tisch und Zoe und Leyla reden viel über Navid. Ich probiere mich da eher im Hintergrund zu halten, auch wenn es mir teilweise echt schwer fällt, denn das was ich höre macht mich teilweise echt wütend. Wie ihr euch vielleicht gedacht habt-Ich höre aufmerksam zu.
Navid wollte also, dass Leyla, Zoe abtreibt, obwohl Leyla das absolut nicht wollte, er hat ihr damals sogar Geld dafür gegeben. Leyla wollte es nicht, genauso wenig, wie sie Zoe abtreiben wollte. Also hat Navid sie einfach alleine sitzen lassen. Diese wunderbare Frau, hat er alleine sitzen lassen und ist nach London... Irgendwann kommen Leyla und Zoe auf das Thema Eltern und Familie allgemein, schließlich gibt es zum Thema -Navid- nicht allzu viel zu sagen, Zoe weiß wo sie ganz bestimmt nicht hin will und hat Leyla das, eben auch ganz stolz erzählt. Da die beiden einfach 2 totale Familienmenschen sind fangen sie, also an über Familie und Eltern zu reden. Für die beiden auch ein total schönes und witzigen Thema, für mich leider nicht. Ganz im Gegenteil. Es ist ein ziemlich schmerzhaftes Thema, was Leyla und Zoe, aber beide nicht wissen und da ich eh die ganze Zeit still war, auch nicht bemerken.
Leyla und Zoe, dadurch auch, haben echt eine riesige Familie. Leyla ist ja Perserin und hat weiß Gott wie viele Geschwister, dann ist da ihre Mutter, die auch einige an Geschwistern hat und die natürlich auch Kinder haben, die teilweise schon Erwachsen sind und die ersten Kinder erwarten... Und und und. Also nicht klein. Ganz und gar nicht. Aber, es muss toll sein so eine große Familie zu haben, so wie Leyla und Zoe von ihrer Verwandtschaft schwärmen. Wenn ich da an meine "Familie" denke. Meine Großeltern sind schon lange Tot und meine "Eltern" sind Einzelkinder. Ein paar Cousinen und Cousins gibt es da bestimmt, aber meine "Eltern" waren nie auch nur Ansatzweise Familienmenschen, also kenne ich die meisten nicht mal, oder habe keinen Kontakt.
Ein tolles Beispiel, bei dem mir immer wieder klar wird, dass meine "Eltern" sich nie für Familie interessiert haben, bin wohl ich selber. In meiner Familie war Geld schon immer, das aller, aller wichtigste. Es war wichtiger, als eben das, Familie, selbst wenn man selber ein Kind hatte. Geld und Arbeit waren schon immer und werden immer oberste Priorität bei ihnen haben. Das ist einfach so.
Der Sohn ist im Internat, ab der 5. bestimmt gut aufgehoben, kann froh sein, dass wir bis dahin für ihn "da" waren. Glücklich ist er dort bestimmt auch, und selbst wenn er sie mal gebraucht hätte, was ja ein komplett absurder Gedanke ist, schließlich war er ein Kind, dass mit Geld und teuren Geschenken überhäuft wurde. Also, selbst wenn er sie mal gebraucht hätte, auf der Arbeit, in der ach so tollen Privatklinik meiner Eltern, hat sich immer was gefunden was man machen konnte. Auch dann, wenn der Sohn mal Zuhause ist, was legentlich einmal max. zweimal im Jahr war, In den Sommerferien und manchmal an Weihnachten und Silvester. Also hat dieser Sohn, die Zeit WENN er dann dort war, alleine in seinem Zimmer gelernt, auf die nächste Arbeit, um zumindest dort die Anerkennung/die Aufmerksamkeit zu kriegen, die ein nicht mal 12jähriger einfach mal gebraucht hätte. Aber auch dort: Fehlanzeige. Es ist auch einfach so, wenn man nach etwas zum meckern sucht, dann findet man auch IMMER was zum meckern. Dass durfte ich meine ganze Kindheit schmerzhaft und hautnah erfahren. Also egal was ich gemacht habe, jeder noch so kleine Erfolg wurde zunichte gemacht.
Doch die wohl immer noch schmerzhafte Erinnerung ist wohl, als ich auch in irgendwelchen Ferien oder von irgendwelchen Ferienlagern, ja in den Sommerferien fand man es da auch immer "tolle", von meinem Vater abgeholt werden sollte. Ich hatte mich riesig gefreut, hatte gedacht meine Eltern hätten sich endlich mal Zeit für mich genommen und dann stande ich da. An dem viel zu großen HBF Hamburg völlig verloren. Mit Tränen in den Augen hatte ich mich umgesehen, doch ich konnte meinen Vater nirgend entdecken. Dann kam ein Mann zu mir, er musste in dem Alter von meinem Vater gewesen sein. „Hey, Benjamin. Hier bin ich." Hatte er gesagt. Benjamin, nur er und meine Mutter nannten mich so. Da wurde mir damals klar, dass ist mein Vater, doch in dem Augen des mittlerweile 12 jährigen stand da ein komplett Fremder. Jemand den er gefühlt noch nie gesehen hatte.
Noch heute kann ich mich erinnern wie sehr mir das damals zugesetzt hatte und noch heute treibt mir diese Erinnerung fast Tränen in die Augen.
„Ben?" „Ben?" Leyla und Zoe schauen mich fragend an. Sie reißen mich so abrupt aus meinen Gedanken, dass ich nur ein stotterndes: „Hmm, Was?" über die Lippen bringe. Gleich darauf wird mir bewusst, dass die beiden die ganze Zeit hier saßen und ich meine schnell: „Entschuldigt mich bitte mal kurz." Ich klinge deutlich abwesender als gewollt. Ich werfe den beiden noch einen entschuldigenden Blick zu, bevor ich aus der Küche und dem Esszimmer gehe und mich verzweifelt gegen die nächste Wand, außerhalb von Leylas und Zoes Blickfeld, lehne. Ich weiß nicht genau wie lange ich die Gedanken an meine Eltern jetzt verdrängen konnte, ein paar Jahre waren es bestimmt. Was wohl der Grund ist warum sie mir jetzt so zu setzen. Es fühlt sich an, als würden sie alle auf einmal auf mich herab fallen und das treibt mir Tränen in die Augen. All diese Erinnerungen tun so weh.
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