Kapitel 49
Sicht Ben
Leyla ist noch dabei ein leises „Ich dich auch!" zurück zu mir zu murmeln, als ich, wie sie mit einem Lächeln im Gesicht, meinen rechten Arm von ihr löse und mit ihm, ihr am Rand des Waschbeckens liegendes Haargummi greife. Sie muss es vorher schon dort hingelegt haben, um sobald sie dann, eine scheinbar oft nur schwer lösbare Aufgabe, etwas gefunden hat, was sie mit ihren Haaren anstellen soll, nicht erst noch suchen muss.
„Ich denke, dass brauchst du, Schatz." Nach wie vor lächelnd drücke ich Leyla noch einen sanften Kuss gegen den Hals, als sie mir einen fragenden Blick zuwirft. Gleich darauf lege ich ihr das schwarze Gummi in ihre bereits geöffnete Hand und sie scheint zu verstehen. Ihr Gesicht hellt sich auf und ihr Lächeln von eben wird wie überholt und in ein noch breiteres umgetauscht.. Meine Freundin wirkt ab dem Moment in dem sie ihr Haargummi in der Hand hält, fast ein wenig so, als hätte sie einen wertvollen Schatz in der Hand. Sie nickt leicht und umschließt das dünne Gummi mit ihren Fingern vorsichtig. „Ja. Danke." Ohne, dass sie es richtig zu wollen scheint, dreht sie sich aus meinen Armen. Nach wie vor mit diesem wunderschönen Lächeln im Gesicht. Nach wie vor dafür sorgend, dass ich meines nicht verlieren kann. Mich mit ihren strahlenden Augen, nach wie vor davon abhalten von ihr wegzusehen.
Innerhalb von Sekunden hat das Haargummi ihre Hand abgelöst, die bis dahin ihre Haare zusammen gehalten hat. Und innerhalb von Sekunden ist aus dem "Schatz" ein schon Tausende-Male verwendeter Gegenstand geworden. Die schwarze Strähne von eben kann aber auch es, nicht davon abhalten wieder um das Auge meiner Freundin zu tanzen, weswegen sie mich grinsend, fast ein wenig gequält ansieht. Ich kann nur wieder lächeln und schließe die Lücke zwischen uns erneut in dem ich Leyla an den Händen vorsichtig wieder einen Schritt auf mich zu führe. Sie lässt das ganze gespannt lächelnd, ohne sich zu wehren über sich ergehen und verliert dabei nicht eine Sekunde ihr Strahlen. Meine Hand streicht ihr wie von alleine, eben diese Strähne auf die Seite und kommt gleich darauf an ihrer Wange verharrend zum Stehen.
„Süß." wiederhohle ich leise meine Worte von eben und nicke zeitgleich leicht. „Süß und wunderschön, Leyla." Meine Freundin schmunzelt über meine Worte und legt mir ebenfalls eine Hand an die Wange, mit der anderen fährt sie langsam durch meine Haare. „Das sagst du, weil du möchtest, dass deine Freundin mit einem Lächeln im Gesicht aus dem Haus geht." Das Lächeln auf meinen Gesicht wird ein wenig breiter, doch ich schüttle mit dem Kopf, während Leylas Kopf langsam meinem näher kommt. Wenn jemand immer mit einem Lächeln im Gesicht herum laufen sollte, weil sie glücklich ist, dann Leyla. Meine Freundin. Meine wunderschöne Frau. „Das sage ich, weil es so ist." Und mit einem Mal landen ihre Lippen wieder auf meinen.
Es dauert eine Weile bis wir uns wieder voneinander lösen. Trotzdem noch eng beieinander stehen bleiben. Den Moment genießen.
So entspannt sind wir schon lange nicht mehr in den Tag gestartet. Und nach unserem Gespräch gestern Abend scheinen wir das hier beide zu brauchen. Die Gegenseite Liebe. Die Nähe des anderen. Ein kleines bisschen Flirt. Dem anderen das Gefühl zu geben geliebt zu sein.
Auf einmal lacht meine Freundin auf. Es ist kein "böses" Lachen. Kein "auslachen"-Lachen. Es ist ein befreites Lachen, als würde ihr mit einem Mal eine riesige Last von den Schultern nehmen. Ein Lachen, dass auch mich breit Grinsen lässt, wenn mir auch nicht ganz klar ist woher es kommt. Wenn sie das jetzt brauchst ist das in Ordnung. Wenn sie lacht ist das in Ordnung. Immer alles versuchen zu verstehen ist anstrengend und jetzt gerade kann ich es einfach so hinnehmen. Der Moment möchte es so und jede Faser meines Körpers versteht das. Keine 2 Sekunden später schlingt Leyla ihre Arme, um meinen Oberkörper und seufzt glücklich. „Danke, dass wir so ehrlich sein konnten. Gestern." Ich nicke, ebenfalls leicht seufzen. Nicht, dass ich irgendwas bereuen würde, was ich Gestern gesagt habe. Nicht, dass irgendetwas gelogen war. Nur ist da nach wie vor etwas in mir unsicher. Unsicher, ob das alles so funktionieren kann, wie meine Freundin sich das vorstellt. Unsicher, ob sie Recht hat. Unsicher, ob ich ein Vater, ein guter Vater wäre.... Leyla wird eine tolle Mutter sein. Sie ist eine tolle Mutter. Und auch wenn ich mit einer 16-jährigen zusammen lebe, kann man diese egal wie sehr man es versucht nicht mehr mit einem/r Neugeborenen vergleichen. Und auch wenn Leyla doch Recht haben sollte, was Zoe und mich betrifft, so ist es doch was anderes ein kleines Kind aufzuziehen. Ab der ersten Sekunde die volle Verantwortung zu tragen. Vater zu sein.
„Wir kriegen das hin, Ben. Ich hab' auch Mal angefangen. Ganz unerfahren. Alleinerziehend. Wir kriegen das hin, hörst du?" Ohne, dass Leyla noch etwas dazu sagen kann nicke ich schnell und drücke ihr erneut einen Kuss auf die Lippen. Sie hat gehört was nicht gesagt wurde. Verstanden was unmöglich zu erklären ist und gesagt was ich hören musste, doch das Leyla mir die ganze Zeit Mut machen muss, muss aufhören. Ein kleines Kind, ein Baby von Leyla und mir, ein "Beyla"-Baby wie die anderen sagen würden, wäre toll! Egal, wie unsicher ich bin „Ich weiß!" Seufzend sieht Leyla, die ihre Arme noch immer um meinen Körper geschlungen hat zu mir nach oben und schüttelt schließlich matt lächelnd mit dem Kopf, ebendiesen dabei zurück gegen meine Schulter lehnend. „Ich sag's dir trotzdem. Egal wie sehr du "es weißt"." Grinsend sieht sie erneut zu mir nach oben, bevor sie anfängt ein leises „Immer und immer wieder..." zu murmeln und mir schließlich einen weiteren Kuss auf die Lippen zu hauchen.
~~~
„Ich geh' jetzt zum Bäcker, ja? Dann kannst du unter die Dusche springen." Noch einmal schenkt Leyla mit ein bezauberndes Lächeln, bevor sie sich langsam von mir löst und ihre wenigen Klamotten von der Nacht anfängt einzusammeln. „Leyla, lass. Ich räume das nachher mit weg. Geh' lieber. Es ist sowieso schon spät für den Bäcker, sonst kriegst du gar nichts mehr.Und wir sollen doch was frühstücken, richtig?." Sanft, aber bestimmt nehme ich ihre Klamotten, aus ihrer Hand und zwinkere ich einmal entgegen, nicke zur Unterstreichung meiner Worte einmal, als sie mir einen Unsicheren Blick zu wirft. „Danke, Ben!" Im Vorbeigehen drückt Leyla mir noch einen letzten Kuss auf die Wange und verschwindet dann endgültig aus dem Bad.
Das Grinsen, das Leyla auf mein Gesicht gesetzt hat, noch immer auf meinen Lippen sitzend, sehe ich meiner Freundin noch einer Sekunde nach. So ein wunderbarer Mensch...
Kurzerhand lasse ich die Sachen eben dieser einzigartigen Person wieder auf den Boden fallen und bin gerade dabei, mein provisorisch übergezogenes T-Shirt wieder auszuziehen, als Leylas Stimme doch wieder hinter mir ertönt. „Ben?" Leyla streckt ihren Kopf nochmal zu Türe hinein und scheint kurz abgelenkt von dem Anblick der sich ihr bietet. Dann grinst sie. „Weck Zoe einfach noch, ja?" Ein wenig verwirrt, nicke ich langsam. „Noch was?" Ein paar Sekunden sieht es so aus, als wöllte sie, als Antwort auf meine Frage, mit dem Kopf schütteln, doch dann kommt sie ein weiteres Mal auf mich zu. Mit einem Finger fährt sie über meine Schulter schräg hinunter bis zu dem Bund meiner Boxershort. Ihrem Finger folgend, sieht sie kurz darauf erneut zu mir hoch. „Nein. Alles gut. Es ist nur... Du solltest die Türe zu machen, wenn du dich ausziehst, sonst klaut mir meine Tochter am Ende noch meinen Freund..." Immernoch grinsend haucht Leyla mir die letzten Worte nur noch entgegen und drückt mir einen kurzen Kuss auf die Schulter, dann lässt sie mich mich alleine, noch bevor ich es schaffe zu antworten.
Ich belasse es bei einem stummen den Kopf vor mich hinschütteln, anstatt ihr noch etwas nachzurufen. Ihr wird bewusst sein, dass ich Leyla nie und nimmer durch Zoe ersetzten würde beziehungsweise, dass Zoe auch nur auf so eine Idee kommen würde.
Wir kriegen das hin!
Leylas Worte von vorher, fliegen erneut in dem Inneren meines Kopfes umher und dieses Mal stimme ich ebenfalls stumm nur zu. Wenn diese Unsicherheiten auch nicht einfach verschwinden werden - Leyla wird da sein. Sie wird immer da sein wenn ich sie brauche. Sie wird mich nicht einfach alleine lassen, ihr "Ding" durchziehen.
Und zum ersten Mal ist mir die Tragweite, der Worte die meine Freundin mir immer wieder sagt, so richtig bewusst.
Wenn es darauf ankommt, bin ich nicht alleine. Leyla und Zoe - Meine Familie.
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