Kapitel 47
Sicht Leyla
„Ben... Bitte hör' mir zu, ja?" Ich klinge fast, wie ein flehendes, kleines Kind, dass unbedingt von Mama oder Papa auf den Arm genommen werden möchte, als ich den nächsten Anlauf wage, meinem Freund, dass zu sagen was mir so auf dem Herzen brennt. Das was er indirekt gerade versucht hat mir zu sagen, will weder mein ratternder Kopf noch mein unruhig schlagendes Herz im Moment begreifen, doch einer Sache bin ich mir trotzdem sicher - Wenn ich auch nicht weiß wie, muss ich doch versuchen zu ihm durchzudringen, damit ich ihm sagen kann was ich denke. Damit ihm ihm sagen kann, dass er sich nicht so Wahnsinnig machen soll... Das braucht er doch gar nicht.
„Leyla, nein. Hör' du mir zu! Bitte..." Als ich erneut die Verzweiflung in Bens Stimme höre. Die Angst, nach wie vor das kaum merkliche und trotzdem vorhandene Flattern und dieses so unfassbar Traurige, greife ich wieder nach seiner Hand. Ohne auf die Einwände meines Freundes zu achten, der mir scheinbar lieber endgültig dieses Versprechen abnehmen, als erfahren möchte was ich so wichtiges zu sagen habe, fange ich an auf ihn einzureden in der Hoffnung, dass er versteht. Ich kann, ich möchte ihm das nicht versprechen (müssen).
„Liebling, ich verstehe, dass du Angst hast." Ein wenig skeptisch blickt Ben mit seinen blauen in meine Augen und lässt seine recht Augenbraue ein wenig nach oben wandern, als er bemekrt, dass schon diese Kleinigkeit mich zum Schweigen gebracht hat. Veíelleicht um zu unterstreichen, dass er mir nicht glauben möchte oder kann. Vielleicht da er nicht versteht worauf ich hinaus möchte.
Eigentlich "immer" in solchen Situationen, in Situationen in denen es um Gefühle, um seine Gefühle und Gedanken geht, scheint er wie einen undurchdringbaren Kreis um sich herum gezogen zu haben. Einen Kreis, eine Mauer durch die man nicht durchsehen kann. Durch die man nicht herausfinden kann, wie es ihm gerade geht, was er denkt, was das alles mit ihm macht. Es gibt Momente - mehr als genug - in denen ich ihn um diese Eigenschaft beneide. In denen ich das selber gerne können würde, um nicht wie ein offenes, beschriebenes Buch daliegen zu müssen, bei dem ein Windstoß reicht um die richtige Seite mit all den gesuchten Antworten aufzuschlagen. Und dann gibt es Momente, in denen ich ihm gegenüber sitze, verzweifelt probiere zu verstehen, er mich ansieht, mir direkt in die Augen schaut aber ich was ich auch tue, was ich auch versuche nicht herausfinden kann was gerade in ihm vorgeht. Wie ich diese Situationen hasse...
Ob es nun an unser beider Müdigkeit, an der Dunkelheit und dem damit verbundenen schlechteren Sichtfeld liegt. Ich sehe seine Augen, in denen wie ein blaues Feuer brodelt, dass ihm weh tut und es sorgt dafür dass ich anfange zu frösteln. Es ist nicht kalt. Ich sitze im Bett, in einer warmen Wohnung mit einer kuscheligen Decke und meinem Freund und auch draußen ist es nicht kalt, doch das was in Bens Augen umher schwebt, sorgt trotzdem dafür, dass sich nach und nach eine Gänsehaut über meinen Armen ausbreitet. Da ist keine Mauer, kein magischer Kreis der nicht zulässt, dass ich wahrnehmen kann, was hinter der, der sonst dort ist, verborgen liegt.
Es dauert kurz bis ich es schaffe zu nicken und schließlich meine Worte mit einem warmen: „Das tu' ich wirklich!" zu unterstreichen. Der Blick meines Freundes wird nur minimal weniger skeptisch und ich schlucke. Das könnte ein interessantes Gespräch werden... „Du..." unsicher und unter seiner Beobachtung, die das Ganze nicht wirklich einfacher macht, auf der Suche nach den passenden Worten stocke ich erneut. Es braucht nur ein falsches Wort und Ben wird mich unterbrechen, minutenlang auf mich einreden und mir schließlich doch dieses unschöne Versprechen abnehmen. „Du hast Angst, davor so zu werden wie dein Vater. Angst davor, dass du zu viel arbeiten wirst und Angst davor, dass du nicht für unser Kind da sein wirst." Bevor ich weiter rede, greife ich nun auch mit meiner anderen Hand nach seiner, als ich merke wie seine Augen in dem nach wie vor, nur mangelhaft vorhandenen Licht zu glänzen beginnen. „Ich weiß, dass das mit deinen Eltern so war, Ben. Das weiß ich..." Eine meiner Hände wandert weiter nach oben, an seine Wange, wo sie erneut verharrt und ich meinen Daumen vorsichtig einmal über eben diese streicht. „Ich weiß nicht wie es war. Ob du geplant warst oder nicht - Nichts ist eine Rechtfertigung dafür, wie sie mit dir umgegangen sind, aber niemand weiß besser als du wie sich das angefühlt hat... Du weißt es. Und deswegen hast du Angst. Du möchtest nicht, unter keinen Umständen, dass dein Kind das auch fühlen muss und alleine das Ben, macht dich zu einem tollen Vater! Wir erwarten kein Kind, ich bin nicht schwanger und trotzdem - Du machst dir Sorgen! Ich weiß du findest es manchmal übertrieben, wenn ich Zoe, wenn sie nicht rechtzeitig Zuhause ist, 5 und 10 Mal anrufe, aber es gibt Gründe, weswegen wir eine Abmachung haben, wann sie Zuhause sein muss. Auch wenn sie das nicht immer versteht."
Wie aus dem nichts lacht mein Freund einmal auf und sorgt dafür, dass auch ich lächeln muss. Es sind nur ein paar Sekunden, die trotz ihrer Kürze dafür sorgen, dass wir beide ein wenig ruhiger werden. Etwas der Anspannung der letzten Minuten verlieren. „Das muss sie auch nicht." Dieses Mal bin ich diejenige die noch einen kurzen Moment lacht. Dieses kleine Licht in ihr Herz aufnimmt und dann weiter spricht: „Was ich sagen möchte ist, dass du dir immer Sorgen machen wirst. Und es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass man sich dabei nicht auch Mal fragt, ob man ein guter Vater oder eine gute Mutter ist - Das macht man. Immer und immer wieder. Aber das ist ein kleiner Teil des Elternseins, Ben. Du kennst Zoe jetzt auch schon ein paar Tage und ihr seid auch schon aneinander geraten. Das passiert! " Ich zucke mit den Schultern. „Zoe und ich schaffen es kaum 3 Tage ohne, dass es einmal Krach gibt. Aber wir vertragen uns jedes Mal wieder. Ben, Zoe hatte nie einen Vater. Ich nie jemanden mit dem ich über sie sprechen konnte, mit dem ich Entscheidungen treffen konnte. Zoe liebt dich, Ben. Du bist mehr Vater für sie, als sie es je hatte und du machst das toll. Glaub' mir bitte."
Während der letzte Ton meiner Stimme noch dabei ist zu verklingen, spüre ich schon Bens nicht mit meiner verflochtenen Hand, durch meine Haare streichen. Dann seufzt er, was mich sofort wieder in Alarmbereitschaft versetzt. Doch anders als erwartet finde ich auf seinen Lippen ein Lächeln. Ein Lächeln, dass mein Herz höher schlägen lässt. Ein Lächeln, dass mir zeigt, dass zumindest ein Teil meiner Worte bei ihm angekommen sein müssen. „Du wirst mir das nicht versprechen, oder?" Nun seufze auch ich, während ich vorsichtig mit dem Kopf schüttel, sein Gesicht dabei keine Sekunde aus den Augen lasse. Er darf das nicht falsch verstehen.
Mein Freund nickt langsam und noch bevor er sagen kann, was er denkt murmele ich ein leises: „Ich werde es nicht versprechen - Nein. Damit wird es so endgültig, Ben. Aber das ist es nicht. Ich verspreche es nicht, nicht, weil ich glaube dass ich es machen müssen werde, sondern weil ich nicht möchte, dass es..." Ich seufze erneut, nicht so Recht wissend, wie ich ausdrücken kann, was ich ihm so gerne sagen möchte. „Du möchtest nicht, dass ich glaube, dass es so wird, oder? Für dich ist klar, dass es nicht so sein wird und du willst, dass ich auch daran glaube..." Mein Freund sieht mich fragend an. „Ist das schlimm?"
Sie ist wieder da. Wie aus dem nichts errichtet, steht da diese Mauer um ihn herum, die es für ein paar Sekunden nicht zulässt, dass ich die Gefühle einordnen kann, die in seiner Stimme mitschwingen. Doch dann wird sein Blick weicher, während er schnell mit dem Kopf schüttelt. „Nein... Ich weiß nicht, ob ich das so einfach kann, aber ich werde-" Er holt tief Luft und nickt ein weiteres Mal leicht. „Ich werde es versuchen." Ich bin noch dabei seinen Worte lächelnd aufzunehmen, als ich ein Stück um meinen Freund herum rutsche und mich endgültig mehr als müde, in seine Arme kuschel und ihm etwas entgegen flüstere, dass so viel mehr als Ernst gemeint ist. Es ist ein Versprechen.
„Du bist nicht alleine...!"
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