Kapitel 19
Sicht Julia
„Was ist passiert Julia? Was bitte, hat sie getan?" Ich schlucke. Es ist eigentlich gar nicht Niklas Art, mich wenn es mir nicht so gut geht, noch etwas zu Fragen, auf was anzusprechen, was tiefgründiger werden könnte, was mich offensichtlich belastet. Und doch scheint er diese Antwort jetzt zu brauchen, um endlich zu verstehen und den Tag zu begreifen. Und er hat diese Antwort mehr, als verdient. Nach dem ganzen, für ihn wahrscheinlich noch Größtenteils unverständlichen Tag und nach meiner Aktion erst Recht!
Und trotzdem seufze ich. Das ist alles nicht so einfach. Und wenn er erfährt, was ich ihm indirekt, direkt unterstellt habe, dann verletzt ihn das bestimmt! Jetzt konnte er mir noch einfach verzeihen. Es gut sein lassen, aber dann? Ich werde ihn damit verletzen... Dabei will ich das doch so gar nicht. Niklas ist mein ein und alles, mein Freund, mein Verlobter, der Vater meines Kindes, der Mann den ich so sehr liebe... Ich will ihm doch nicht weh tun. Ich liebe ihn doch. Außerdem war meine Reaktion, meine Wörter, sie waren so unbedacht und jetzt? sie können so viel zerstören! Sie könnten..., ich schlucke schwer, sie könnten alles zerstören.
Erneut sammeln sich Tränen in meinen Augen. Dann flüstere ich etwas, was ich einfach loswerden muss. Weil, er es wissen muss. „Niklas... Es tut mir so leid. Bitte, sei mir nicht böse! Ich brauche dich. Ich weiß auch nicht, wieso du solltest, aber du musst mir glauben. Ich vertraue dir und ich liebe dich!"
Sicht Niklas
Julias Worte... Auf einer Seite berühren sie mein Herz, sacht wie eine Fee eine Blume antippt, und bringen es zum leuchten und auf der anderen Seite, weiß ich, dass sie so etwas nicht (so oft) unterstreicht, wenn sie nicht Angst vor irgendwas hätte. Angst, etwas zu zerstören?
„Komm mit. Setz dich hin. Ich erzähl dir alles, aber wir setzten uns dafür. Bitte...?" Langsam nimmt Julia meine Hand in ihre und führt mich zur Coach. Fast schon ängstlich setzt sie sich dann hin und sieht mich aus ihren wunderschönen Augen traurig an. Ich setze mich mit ihr, um ihre Hand nicht loslassen zu müssen. Ich habe so das Gefühl, dass das bei ihr gerade nichts gutes auslösen würde. „Also..." Meine Verlobte seufzt leise. " Hör' mir erstmal nur zu, ja? Du kannst danach... Etwas sagen." Ich nicke und nehme Julias Hand wieder in meine. Sie wirkt gerade so verletzlich. Und traurig. Und... Verdammt ich mag es nicht, wenn ich sie so sehen muss! Außerdem war ihr "etwas sagen" so... So als wöllte sie eigentlich etwas anderes sagen. Als würde sie etwas anderes denken...
Den ganzen Tag habe ich gehofft und gebangt, mir gewünscht endlich was von meiner Liebsten zu hören und jetzt sitzt sie hier neben mir. Traurig, verletzt und offensichtlich verängstigt. Vielleicht nicht in dem Sinne, aber sie hat Angst. Und wenn ich mich nicht irre ist es diese unfassbare Angst, von Julia verlassen zu werden. Wie auch immer sie da immer wieder drauf kommt. Sie schlummert tief in ihr und bricht doch immer wieder an die Oberfläche. Caro hat es scheinbar geschafft.
„Du weißt ja. Ich hab Vivi getroffen-" Meine Freundin holt mich leise aus meinen Gedanken, zurück auf unsere Coach. Zurück in unser Wohnzimmer, zurück in unsere Wohnung in der eine seltsam angespannte Stimmung herrscht. Sofort blicke ich zu ihr. In ihre braunen Augen... In die braunen Augen in die ich mich so unfassbar verliebte. Zumindest so hoffe ich, ihr etwas Kraft und Zuspruch spenden zu können. „Ich hab' kurz mit ihr geredet. Sie wollte dann, aber gehen, weil sie vom Dienst ziemlich müde war und sie ja um 8 wieder kommen musste. Das weißt du wahrscheinlich auch schon alles, aber ich sag' es dir jetzt trotzdem nochmal, um irgendwie anzufangen." Julia hört eigentlich nicht auf zu reden, sie schaut mir nur kurz auffordernd in die Augen. Und doch muss ich diese Gelegenheit nutzen. Kaum hörbar flüstere ich ein leises: „Alles gut!" Einfach um ihr das nochmal zu sagen. Sie soll sich nicht so wahnsinnig machen.
Ein kurzes, fast schon erleichtertes Lächeln hüpft kurz über ihr Gesicht, als sie meine Wort zu verinnerlichen und einzuschließen scheint. „Okay... Also nachdem sie weg ist. Ich habe sie reinkommen sehen. Caro... Und dann bin ich auf sie zu. Ich war mir ja nicht sicher. Und..." Julias Atmung beschleunigt sich und sie atmet zitternd nochmal tief ein und aus, während sie sich probiert zu beruhigen. In diesem Moment denke ich nicht, ich ziehe sie vorsichtig zu mir in die Arme. „Beruhig' dich Süße! Bitte... Bitte beruhige dich! Es ist alles okay. Ich bin bei dir!" Mit einem sanften Kuss auf die Stirn meiner Verlobten beende ich meinen Monolog. Doch, als Julia nicht reagiert, fange ich doch wieder an zu reden. „Hörst du mir zu? Ich bin da! Und ich werde nicht gehen, Julia. Ich bleibe... Egal was ist!" Ganz langsam nickt Julia. „Auch wenn du weißt, was passiert ist?" Julia vergräbt ihren Kopf weiter an meiner Schulter. Sie schafft es scheinbar nicht, mich anzuschauen. Hat sie wirklich Angst vor einer Abweisung? „Natürlich bleibe ich auch dann bei dir. Süße, hey! Was ist los? Warum hast du solche Angst davor, dass ich dich alleine lassen könnte? Ich liebe dich! Du... Julia ich liebe dich so sehr. Versteh das bitte. Und merk' dir das. Egal was sie gesagt hat. Ich liebe dich. Julia schau mich an..." Gegen Ende werde ich immer leiser.
Meine Verlobte hebt nur langsam ihren Kopf. Doch sie tut es. Über ihre Wangen rinnen Tränen und ihr Unterkiefer zittert weiterhin verdächtig. In mir sträubt sich alles. Was hat Caro ihr nur angetan, dass sie so... unsicher, das müsste das richtige Wort sein, ist?
„Okay. Gut. Und jetzt hör' mir gut zu! Ich liebe dich. Nur dich! Und ich bleibe bei dir, solange du mich lässt. Lässt du mich?" Als Julia sich mit den Händen die trännennassen Wangen abwischt, bemerke ich wie auch diese Zittern. Ihr Herz muss rasen. „Ja... Ja... Ja! Niklas. Ja. Natürlich... Ich... Sie... Sie ist eine Lügnerin. Und ich habe ihr trotzdem geglaubt. Sie hat gesagt, du hättest ihr... Als ich im Krankenhaus lag... Einen Brief... Und du hast gesagt du liebst also angeblich in dem Brief, sie und ihr hättet euch ab da hin und wieder getroffen und Niklas? Es tut mir so leid..." Die Worte sprudeln aus Julia hinaus, wie aus einem Wasserfall. Sie scheinen sich in ihr Herz gebrannt zu haben und eine dicke, fette Narbe an ihrer Steller hinterlassen haben. Jetzt liegt es an uns, die Narben zu kleinen, unsichtbaren Linien werden zu lassen. Und ich werde alles dafür tun.
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