
Kapitel 6 ~ Nach dem Game Over kommt der Neustart #4
„Was habt ihr zwei Hübschen denn heute noch so vor? Es kann ja nicht angehen, dass zwei junge Hüpfer wie ihr den Tag mit einer alten Schachtel wie mir verbringt." Margarete zwinkerte uns lächelnd zu. Ich zuckte mit den Schultern; meine Pläne für den Nachmittag beinhalteten alleine auf der Couch zu sitzen. Nicht gerade spannend, aber immerhin gab es auch Schlimmeres.
„Ich hab eigentlich nichts vor, wie sieht es mit dir aus, Cora?", fragte Jason. War das ein Angebot, heute etwas mit ihm zu unternehmen, oder bildete ich mir das ein? Sah ich mal wieder Anzeichen dort, wo keine waren? Das wäre ja mal wieder typisch für mich. Um auf Nummer sicher zu gehen, tat ich so, als hätte ich gar nicht bemerkt, dass es vielleicht ein Angebot gegeben haben könnte.
„Also ich hab im Grunde auch nichts vor. Vielleicht ein bisschen Unordnung schaffen, Krümel auf dem Sofa verteilen und lesen, aber nichts, was ich nicht auch verschieben könnte." Mist, jetzt hatte ich es doch nicht geschafft, ihm unter gar keinen Umständen zu signalisieren, dass ich gerne etwas mit ihm unternehmen würde. Egal was ich machte, es war nie das, was ich eigentlich wollte.
„Dann macht doch was zusammen", schlug Jasons Großmutter vor. Wir sahen sie beide an, als wäre sie ein Alien. „Schaut mich nicht so an wie eine Kuh. Meine Güte. Ihr seid jung, genießt das Leben. Und mit Kyle machst du doch ohnehin schon genug. Der Junge wohnt ja praktisch schon hier. Ich bin froh, dass endlich mal ein Mädchen im Haus ist."
Jason seufzte und verdrehte die Augen. Dann nahm er einen Schluck von seinem Tee. Letztendlich nickte er aber: „Wie sieht es aus, Cora? Hättest du Lust?" Mal abgesehen davon, dass seine Oma ihn indirekt dazu gezwungen hatte, wollte ich natürlich.
Aber wenn er eigentlich gar keinen Bock hatte, musste ich mir das auch nicht geben. „Willst du denn?", fragte ich deshalb zurück. Jetzt würde sich zeigen, ob unser Freundschaftsangebot überhaupt einen Wert für ihn hatte. Sein Lächeln ließ mein Herz voller Vorfreude schneller schlagen. Ich könnte mich dafür ohrfeigen, aber das Gefühl wurde deshalb nicht weniger schön.
„Was wollen wir machen?" In meinem Kopf ging ich zahlreiche Möglichkeiten durch, die in meinem Kopf nicht irgendwie zu einem Date werden konnten. Es gab praktisch keine; man konnte alles irgendwie zu einem Date verdrehen. Ich atmete hörbar aus, nur um dann wieder tief Luft zu holen: „Ich bin dafür, dass du mir die nicht mädchenhaften Plätze der Stadt zeigst, wenn es dir nichts ausmacht. Zoey hat mir schon wirklich viel gezeigt, aber es kann ja nicht sein, dass es nur Frauen hier gibt. Wo treffen sich denn die ganzen Jungs hier?"
Ein Hauch von Verwirrung schlich sich auf Jasons Züge. War das so ein ungewöhnlicher Vorschlag gewesen? Ich war zwar ein Mädchen, aber das hieß ja nicht, dass ich mich ausschließlich dafür interessierte. Im Gegenteil, ich fand es sogar aufregender, typische Jungssachen zu unternehmen.
„Ich dachte du und dieser Cale Callahen wären ein Paar. Hat er dir nichts gezeigt?" Diesmal sah ich ihn an, als wäre er ein Alien. „Cale und ich?" Das war ja schon fast lachhaft, in Anbetracht dessen, dass er gerade vermutlich etwas mit Zoey anfing. „Nicht?" Entschlossen schüttelte ich den Kopf: „Wir sind Freunde, kein bisschen mehr. Wo kommt denn dieses Gerücht nun wieder her?"
„Keine Ahnung, bei uns an der Schule gibt es fast nur Gerüchte, außerdem hängen du und Zoey schon ziemlich oft bei ihm rum." Woher wusste er das nun wieder? Von mir jedenfalls nicht, immerhin hatten wir wochenlang kein Wort miteinander gewechselt. Und was interessierte ihn das überhaupt? War er etwa, vielleicht und wenn auch nur ein kleines bisschen eifersüchtig?
Ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht breit zu grinsen anzufangen. Er musste ja nicht wissen, wie glücklich es mich machte, dass es ihn so sehr interessierte. Falls es das denn überhaupt tat. Meine Imagination spielte mir ja des Öfteren mal Streiche. „Also mein Freund ist er nicht, nur einer. Andererseits hab ich ja sowieso kaum Freunde, also kann man auch nicht behaupten, er wäre nur ein Freund von vielen."
„Euch dann noch viel Spaß, ich fürchte ich bin hier unerwünscht", meldete sich Margarete mal wieder zu Wort. Die alte Dame wusste einfach ganz genau, wie man bei einer Unterhaltung den roten Faden kappen konnte. „Tschau", verabschiedete ich mich von ihr. „Danke für den Tee." „Kein Problem, beehre uns bald mal wieder." Damit ging sie wirklich.
Diesmal blieben ich und Jason wirklich alleine in der Küche zurück, ohne dass sie wiederkommen wollte. „Ich kann es mir immer noch nicht vorstellen. Dass du angeblich so wenige Freunde hast, meine ich. Hier mag dich doch auch jeder." Das war wohl die Übertreibung des Jahrhunderts. Machte er sich etwa über mich lustig?
Ich schnaubte verletzt: „Es mögen mich hier genauso viele Leute, wie mich nicht mögen. Außerdem hast du selbst Ewigkeiten kein Wort mit mir gewechselt." Ich versuchte, meine Stimme ruhig zu halten, doch das kaum merkliche Zittern war nicht zu verhindern. Wir hatten uns gerade erst versöhnt, da wollte ich jetzt nicht schon wieder einen Streit mit ihm anfangen, aber ich konnte das auch nicht einfach so auf mir sitzen lassen.
Ruhig sah er mich aus seinen braunen Augen an. In meinem Inneren herrschte das reinste Gefühlschaos. Sein Blick machte mich ruhiger, wühlte mich andererseits allerdings auch total auf. Ich rutschte auf meinem Stuhl herum, da mir keine Position mehr als bequem erschien. Jetzt wünschte ich mir, dass Margarete uns nie alleine gelassen hätte.
„Du weißt aber warum. Das hatte nichts mit dir zu tun, sondern mit mir." Stur erwiderte ich seinen Blick. Warum durfte jemand so schöne Augen haben? Dagegen waren meine aufgesammelter Abfall. Ich bemerkte gar nicht, dass ich die Luft anhielt, bis ich langsam in Atemnot kam.
Schnell riss ich mich von ihm los. Auch er schüttelte wie in Trance den Kopf. Was taten wir denn hier nur? „Soll ich dir immer noch die Stadt zeigen?" Ich war erleichtert, dass er das Thema wechselte. Benommen nickte ich. Halt mal was? War ich denn von allen guten Geistern verlassen? Es war bloßer Selbstmord etwas mit ihm alleine zu unternehmen!
Wir hielten es ja selbst in seiner Küche kaum fünf Minuten aus, ohne dass es peinlich wurde. „Na dann, lass uns gehen." Er erhob sich von seinem Stuhl und ich ahmte seine Bewegungen nach. „Ich hole nur noch kurz den Autoschlüssel", meinte er und gab mir mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich warten sollte.
Als ich alleine in der Küche war, spürte ich, wie mein ganzer Körper pochte. Selbst in meinen Fingerspitzen spürte ich das Schlagen meines Herzens. Ob es ihm wohl genauso ging? Nein, gab ich mir selbst die Antwort, das tat es nicht.
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