The Colors Of Christmas
Hallo ihr Lieben, das hier ist mein OS aus dem diesjährigen Adventskalender von rainbow_rays. Manche von euch kennen ihn vielleicht schon, aber ich wollte ihn euch hier auch nicht vorenthalten c:
Das Lied hat vielleicht nicht unbedingt etwas mit dem Inhalt dieser Geschichte zu tun, aber es war der Ursprung und die Inspiration hinter dieser Idee, weshalb es trotzdem irgendwie zusammengehört.
Viel Spaß beim Lesen, eine schöne Adventszeit und schöne Feiertage! xx
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Rot, Grün, Gelb, Weiß, Orange. Für Louis konnte die Weihnachtszeit nicht bunt genug sein. Er liebte die dunkelroten Kugeln am Weihnachtsbaum, in denen sich das Licht so schön spiegelte, die tannengrünen Zweige der Weihnachtsbäume, die einen herrlichen Duft versprühten, die gelben Lichter in den Fenstern der Häuser bei Dunkelheit, die weißen Flocken des ersten Neuschnees oder das warme Orange der finsteren Räume, welche alleine durch Kerzen und gedimmte Lichter erhellt wurden.
Die Welt wandelte sich in ein farbenfrohes Spektakel, sobald der erste Dezember anbrach und verwandelte die grauen, farblosen Gassen Londons ab spätnachmittags in ein Meer an abertausenden an Sternen, winzig kleiner bunter Lichter. Genau das war die Zeit, in der der braunhaarige Wuschelkopf am liebsten die Geborgenheit seines gemütlichen Zuhauses verließ, in welchem er sich gerade in der kalten Jahreszeit am liebsten mit einer Tasse heißen Kakao auf seine Couch unter eine dicke Wolldecke kuschelte.
Auch jetzt ging er staunend die Straßen entlang, blickte durch die Fenster aller Häuser, die er passierte und träumte sich ein paar Wochen in die Zukunft, wenn es endlich wieder so weit war und hinter ihnen die großen grünen Tannenbäume in den Räumen glitzerten, die mit Christbaumkugeln und Lametta hübsch geschmückt sein würden. Fast lag ihm dabei der Duft der frischen Zweige in der Nase und lächelnd drückte er sein Gesicht tiefer in seinen dicken Wollschal.
Schon jetzt freute er sich darauf, seine eigenen vier Wände gleich mit einem ganz anderen Duft zu erfüllen, der jedoch mindestens genauso angenehm und weihnachtlich war. Dem Geruch von frisch gebackenen Plätzchen. Vorher musste er jedoch erst alles Fehlende dafür besorgen.
Mit seinen dick gefütterten Stiefeln schlurfte er die Gassen des Supermarktes entlang, die Nase tief vergraben in seiner Einkaufsliste, die er bereits am Wochenende sorgfältig geschrieben hatte, als er seine Backbücher durchstöberte. Alle fehlenden Zutaten hatten ihren Weg in sorgfältiger Handschrift und in ordentlicher Reihenfolge auf seinen Zettel gefunden. Jetzt musste er sie bloß noch im Laden finden. „Mehl, Eier, Zucker, Schokoladenguss, Zimtpulver, Vanillearoma,- oh."
Seine Lesebrille drückte sich dicht gegen sein Gesicht, als er geradewegs gegen etwas Weiches stieß. Eine fremde, wie sich herausstellte in komplett schwarz gekleidete Person, die sich ihren Schal bis weit über den Mund gewickelt hatte, sodass bloß eine leicht gerötete Nasenspitze, trübe grüne Augen und ein Kopf voller schokobrauner Locken dahinter sichtbar waren. „Entschuldige, ich habe dich gar nicht gesehen. Ich war ein bisschen zu sehr in meine Liste vertieft", entschuldigte sich Louis schnell und beschloss den hochgewachsenen Mann vor sich direkt zu dutzen, da er ungefähr in seinem Alter sein musste.
„Das ist eine ziemlich lange Liste, die du dort hast", merkte sein Gegenüber an und blinzelte kurz herab zu dem Zettel in Louis' Händen. „Es gibt auch eine Menge Zutaten, die ich noch für meine Weihnachtsplätzchen besorgen muss." „Weihnachten? Bist du da nicht etwas früh dran? Wir haben gerade mal Ende Oktober." Der Lockenkopf sprach diese Worte mit solch einer Verachtung in der Stimme, dass Louis beinahe automatisch nach seinem Anorak griff, um ihn sich fester um den Körper zu ziehen, damit der Größere seinen dunkelroten Pullover mit den vielen kleinen Rentieren darunter nicht erkennen konnte.
„Oh... ehm, ich fange jedes Jahr so früh an. Um in Stimmung zu kommen, weißt du?" Der Lockenkopf schnaubte und wendete sich mit einem Augenrollen zum Gehen ab. „Ich habe ihn übrigens gesehen", sprach er, ohne sich noch einmal herumzudrehen und bevor Louis fragen konnte, was er meinte, setzte dieser ein „Deinen Pullover" hinterher und sofort spürte Louis die Hitze in seine Wangen steigen.
Beschämt an dem Zettel in seiner Hand knibbelnd, blieb er für einen Moment in sich gekehrt auf dem Gang stehen, bis er sich jedoch wieder berappelte. Was bildete sich dieser fremde Typ eigentlich ein, sich solch ein Bild über Louis zu verschaffen und sich dann unterschwellig auch noch über ihn lustig zu machen?
„Na und? Dann trage ich eben schon im Herbst Weihnachtspullover und fange an, Plätzchen zu backen. Weihnachten ist die schöne Zeit des Jahres! Diese Magie, die die Stadt und die Menschen erfüllt, der festliche Schmuck in den Straßen, lauter fröhliche Gesichter-" „Spar dir diesen Weihnachts-Bullshit, da bist du bei mir an der falschen Adresse", brummte der Andere, eilte ohne ein weiteres Wort oder eine Verabschiedung davon und hinterließ erneut einen sprachlosen Louis inmitten der Supermarktregale.
Das nächste Mal, als sie sich über den Weg liefen, war erneut im Supermarkt. Louis hatte vergessen, die bunten Zuckerstreusel zu kaufen, die er über seine Butterplätzchen sprenkeln wollte und der Fakt, dass die Kekse nackt und ohne Dekoration in seiner Küche lagen, ließ ihm keine Ruhe, weswegen er spät abends das Haus noch einmal verlassen hatte.
„Sieh an, Mr. Weihnachtsmuffel höchstpersönlich hat tatsächlich einen Christstollen in seinem Einkaufskorb liegen. Was ist passiert, hat dich die Weihnachtsstimmung doch gepackt?" Er erkannte den Kopf voller Locken und den erneut in dunkle Kleidung gehüllten Körper bereits von Weitem und konnte es sich nicht nehmen, den Größeren mit dieser Beobachtung zu necken, die so gar nicht zu den Worten passte, die der Lockenkopf ihm bei ihrer letzten Begegnung entgegengeschleudert hatte.
„Du bist es", seufzte der Lockenkopf, als er den Kleineren entdeckte, welcher seinen Strickpullover mit dem Weihnachtselfen auf der Brust diesmal stolz zur Schau stellte. „Der ist nicht für mich." „Schon klar, wahrscheinlich ist er von ganz alleine in deinen Korb gesprungen und du hast es nicht mal gemerkt, stimmt's?"
„Du bist ziemlich frech für jemanden mit grässlichem Klamottengeschmack." „Und du ziemlich häufig in der Weihnachtsabteilung unterwegs für jemanden, der scheinbar mit dem ganzen Bullshit nichts am Hut hat", zitierte er den Lockenkopf mit seinen eigenen Worten und zog eine vorwurfsvolle Augenbraue in die Höhe. Fast glaubte er ein Schmunzeln über die Lippen seines Gegenübers huschen zu sehen, welche diesmal nicht von einem dicken Schal verdeckt wurden, doch so schnell wie dieser Eindruck entstanden war, war er auch wieder verschwunden.
„Ich bin dir überhaupt keine Erklärung schuldig. Entweder du glaubst mir oder du glaubst mir nicht. Weihnachten ist bloß eine kommerzielle Erfindung etlicher Unternehmen, um deren Umsatz zum Ende des Jahres hin noch einmal anzukurbeln. Das hat nichts mit Festlichkeit, Freude oder Liebe zu tun." Nach Luft schnappend hielt Louis sich die Brust - die Stelle, unter der sein für Weihnachten schlagendes Herz riss und blutete.
„Ich glaube, du hast noch nie richtig Weihnachten gefeiert, sonst würdest du sowas nicht sagen." Vielleicht waren seine Worte etwas hart, doch Louis konnte es nicht auf sich sitzen lassen, dass jemand versuchte seine perfekte Illusion der Weihnachtsfeiertage zu zerstören. Auch wenn das eigentlich unmöglich war.
„Vielleicht habe ich das auch nicht", kam die genuschelte Antwort, die von Louis wahrscheinlich nicht gehört werden sollte, bevor er ein etwas lauteres „Was weißt du schon, lass mich einfach in Ruhe damit" hinterher setzte. Erneut ließ er den Kleineren im Gang zurück, doch Louis beschloss, sich diesmal nicht so schnell abwimmeln zu lassen.
„Hey, warte!" Eiligen Schrittes lief er dem Lockenkopf hinterher, welcher sein Tempo, mit einem kurzen Blick zurück, bloß brummend beschleunigte. „Du kannst mir nicht entkommen, es sei denn du möchtest zu einem Kriminellen werden", flötete Louis in Anspielung auf dessen Einkaufskorb, mit welchem er zwangsläufig spätestens an der Kasse stehen bleiben musste.
„Was willst du von mir? Dich weiter über meinen Christstollen lustig machen? Du kannst ihn haben, ich will ihn nicht mehr." Er griff nach dem weihnachtlichen Gebäck und blieb so abrupt stehen und drehte sich herum, dass der Stollen bei dem Kleineren mit einem leisen, überraschten „Uff" seinerseits, gegen seiner Brust landete.
„Was nein, ich möchte den Stollen nicht." Versöhnlich legte er das Gebäck zurück in den Korb des Lockenkopfs, ehe er hinauf in dessen Gesicht sah, welches ihn skeptisch musterte. Die grünen Augen, die ihm entgegenblickten, wirkten glanzlos und fast so, als wäre die Intensität ihrer Farbe verloren gegangen. Plötzlich überkam Louis eine Welle des Mitleids, von der er nicht wusste, woher sie überhaupt kam.
„Lass mich dir einen Vorschlag machen", begann er und schenkte dem Lockenkopf sein freundlichstes Lächeln, welches dieser nicht erwiderte. Stattdessen musterte er ihn weiterhin mit zu einem schmalen Strich zusammengezogenen Lippen und in die Höhe gereckten Augenbrauen.
„Jeden Sonntag trifft sich im Gemeindehaus der St. James' Church, in der Nähe des Piccadilly Circus eine Gruppe an Menschen jeglichen Alters und Geschlechts, die die Vorweihnachtszeit nicht alleine verbringen möchten und Anschluss suchen. Keine Sorge, es ist nichts Religiöses, wir nutzen bloß die Räumlichkeiten der Kirche. Ich helfe dort ehrenamtlich und organisiere Aktivitäten, um einem die festliche Stimmung etwas näherzubringen. Du solltest mal vorbeikommen, das könnte dir gefallen."
„Ich glaube nicht", murmelte der Lockenkopf, doch Louis ließ sich nicht beirren und beschloss, die Worte bewusst zu überhören. „Jeden Sonntag, 15 Uhr. St. James's Piccadilly", wiederholte er erneut und diesmal war er derjenige, der den Lockenkopf scheinbar sprachlos stehenließ. „Ich bin übrigens Louis", rief er ihm noch zu, winkte kurz mit seinem strahlendsten Grinsen auf den Lippen und bog dann in den nächsten Gang ab, um die benötigten Zuckerstreusel zu suchen.
Die Zeit strich ins Land, die Temperaturen wurden kühler und sogar die ersten Schneeflocken waren Mitte November leise, wie winzig kleine Staubkörnchen zu Boden gerieselt. Woche für Woche hielt Louis sonntags im Gemeindehaus Ausschau nach einer ganz bestimmten Person, die am Ende des Tages jedoch wieder nicht erschienen war.
Beinahe hatte er die Hoffnung schon aufgegeben, sogar in Erwägung gezogen, extra nochmal in den Supermarkt zu fahren, obwohl er all seine Erledigungen bereits gemacht hatte, nur um die Chance zu erhöhen, dem Lockenkopf zufällig erneut über den Weg zu laufen. Doch dann, am letzten Sonntag im November, konnte er tatsächlich einen Kopf voller brauner Locken zwischen den ihm bekannten Gesichtern ausmachen.
„Du bist gekommen!", begrüßte er ihn freudig und klatschte euphorisch in die Hände. Misstrauisch verzog der Lockenkopf das Gesicht und ließ seinen unsicheren Blick durch den Raum schweifen. Er wirkte sichtlich unwohl. „Und ich bereue es schon wieder. Ich denke, das ist nichts für mich. Mach's gut, Louis." „Warte, warte, warte, bitte!", flehte Louis schnell und fasst ihn sachte am Ärmel seines schwarzen Mantels. „Komm doch erstmal richtig herein und sieh es dir an. Ich mache dir einen Tee und dann stelle ich dir die anderen vor, okay?"
Seufzend schien der Größere mit sich zu hadern, wenn Louis die tiefe Falte zwischen seinen Augenbrauen richtig deute, bis er sich schließlich einen Ruck zu geben schien und sich erneut seufzend, den Mantel von den Schultern streifte. „Nagut."
Zufrieden mit sich selber, führte Louis ihn lächelnd in den Raum herein und zu einer der Tischgruppen, an welcher bereits zwei junge Männer saßen, die Louis als gute Gesellschaft für den Lockenkopf empfand. „Das sind Niall und Zayn, sie verbringen dieses Jahr das erste Mal Weihnachten alleine in England. Ihre Familien leben in Irland und Pakistan, weswegen sie Anschluss bei uns gesucht haben und nun beschlossen haben, die Feiertage gemeinsam zu verbringen", erklärte Louis und hoffte, dem Lockenkopf so die Vorteile dieser Organisation zu verdeutlichen.
Der Lockenkopf stellte sich als Harry vor und mit dem Wissen, endlich seinen Namen zu kennen, verschwand Louis lächelnd in der Küche, um Harry den versprochenen Tee und für alle ein paar Kekse zu holen. „Wer ist der Neue?", fragte Liam, ein Freund von ihm, welcher ebenfalls als Ehrenamtlicher die Sonntage im Gemeindehaus verbrachte. „Das ist Harry, ich habe ihn im Supermarkt kennengelernt. Er glaubt nicht an den Zauber von Weihnachten und genau diesen kann ich ihm in den nächsten Wochen hoffentlich näher bringen."
„Viel Glück, Lou", wünschte Liam mit einem Blick aus der Küchentür in den Gemeinschaftsraum hinein, in welchem der Lockenkopf mit starrem Blick auf den Tisch guckend und mit seinem in dunkle Klamotten gehüllten Körper, zwischen den anderen herausstach. Doch Louis war optimistisch und guter Dinge.
An diesem Nachmittag bastelten sie Adventskränze und nachdem Louis Harry davon überzeugen konnte, nicht nur weiße Kerzen und schwarze Kugeln für sein Gesteck zu verwenden, drückte er ihm am Ende des Tages einen Zettel mit seiner Nummer in die Hand und verabschiedete ihn mit der Aufgabe, ihm täglich ein Foto von der ersten brennenden Kerze zu schicken, bis sie sich in der nächsten Woche wiedersahen.
Und als Louis tatsächlich zwei Stunden später ein Foto von dem Lockenkopf mit der ersten brennenden Adventskerze darauf erhielt, konnte er, mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen und einem Funken Hoffnung in der Brust, schlafen gehen.
Auf die Fotos mit der ersten Adventskerze folgte welche mit der zweiten, dritten und schließlich der vierten. Jeden Sonntag tauchte Harry im Gemeindehaus am Picadilly Circus auf und mit jeder Woche schien seine Welt ein bisschen bunter zu werden.
„Ich mag deinen Pulli", lächelte Louis, als er einen Blick darauf erhaschte, ehe der Lockenkopf seinen schwarzen Wollmantel darüber ziehen konnte. Verschmitzt grinsend knöpfte Harry ihn zu, verdeckte so den dunkelgrünen Stoff mit den hellgelben Punkten. „Aber bist du schon bereit für den nächsten Schritt?"
Verwundert zog der Größere seine Augenbrauen nach oben und noch bevor er seine Frage laut aussprechen konnte, zog Louis schon ein Stück Stoff hinter seinem Rücken hervor und präsentierte es Harry mit dem stolzesten Grinsen im Gesicht. „Oh nein, nein, nein. Nie im Leben!" „Komm schon, sei kein Weihnachtsmuffel. Ich dachte, das haben wir hinter uns gelassen." „Das ziehe ich nicht an, Lou, keine Chance." Schmollend faltete der Kleinere den Pullover mit dem Schneemann auf der Brust wieder zusammen, dessen schwarze Knöpfe von kleinen Pom Poms, die auf den Stoff genäht waren, ersetzt wurden.
„Dann versuche ich es nächste Woche nochmal", beschloss er in der Hoffnung, dass der Lockenkopf vielleicht an den Weihnachtsfeiertagen endlich in Stimmung für diese Tradition war. Harry konnte bloß lachend schnauben, ehe er sich dem Rest der Gruppe anschloss, welche sich bereits auf dem Weg zum Weihnachtsmarkt befand.
„Du hast mir nie erzählt, warum du bis vor ein paar Wochen immer nur schwarz getragen hast." Seufzend fuhr sich der Lockenkopf durch die Haare und warf einen kurzen Seitenblick zu Louis, welcher schnell zu ihm aufgeschlossen hatte. Dieser trug eine dunkelrote Mütze mit einer weißen Bommel auf dem Kopf, welche sich bei allen anderen ganz fürchterlich mit dem grün, rot, orange gestreiften Schal gebissen hätte, doch zu Louis passte es irgendwie.
„Ehrlich gesagt habe ich das nie gemerkt, bis du mich darauf aufmerksam gemacht hast. In meiner Welt existieren nicht viele Farben, der Großteil von ihr ist schwarz und weiß." „Aber die Weihnachtszeit ist doch so bunt", schwärmte Louis und faltete entzückt die Hände, wobei dem Lockenkopf das Glitzern seiner Augen nicht entging.
„Meine war es nie. Mit jedem Jahr, welches ich Weihnachten alleine verbracht habe, schwand immer mehr dieses Zaubers und seiner Farbe, bis ich dieses Fest irgendwann komplett aufgegeben habe und alles nur noch grau war. Den Großteil meiner Weihnachten habe ich im Heim verbracht. Ohne Eltern, ohne Weihnachtsbaum und ohne Geschenke. Da gab es nicht viel Freude, die meine Welt zu einer bunten hätte machen können."
Eine Hand fand ihren Weg um Harrys Oberarm und drückte diesen mitfühlenden. „Das tut mir leid, Harry. Jetzt bereue ich meine Worte aus dem Supermarkt neulich noch mehr." „Das musst du nicht, du hattest ja recht. Auch wenn nicht jeder seine Welt so bunt sieht wie du, Louis, freut es mich insgeheim doch sehr, dass du versuchst, mit ein paar deiner Farben mein tristes Grau zu färben. Also danke."
Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen und einem erneuten Drücken seines Arms, schmiegte sich der Kleinere dichter an seine Seite, ehe sie gemeinsam weiter durch die Straßen und Gassen Londons schlenderten, um sich an den bunt beleuchteten Fenstern der Häuser zu erfreuen, welche sie passierten.
Am Morgen des ersten Weihnachtstags drehte Louis seine gewohnte Runde und verteilte die selbstgebackenen Plätzchen an die Teilnehmer ihrer Sonntags-Gruppe, die er gestern Abend extra noch gebacken hatte. Er wollte allen, die an diesem Tag alleine waren, zumindest eine kleine Freude bereiten, wenn sie aus der Haustür traten.
Auch bei Harry ging er vorbei, an dessen Fenster er schon von Weitem eine Lichterkette funkeln sah, die ihn mit einem besonderen Stolz erfüllte. Doch neben dem identischen Kekstütchen, wie es auch die anderen bekamen, legte er noch ein weiteres, fein säuberlich in schönes Papier eingepacktes Geschenk daneben. Dann ging er wieder nach Hause.
Auch er war am heutigen Feiertag alleine. Erst morgen würde er zu seiner Familie fahren, um mit ihnen zu feiern, doch solange würde er den Tag gemütlich mit ein paar Weihnachtsfilmen auf der Couch verbringen, sollte sich nichts anderes ergeben.
Bereit, den ersten Santa Claus Film zu starten, hatte Louis gerade nach seiner Wolldecke gegriffen und wollte sich damit in die Kissen kuscheln, als es an der Tür klingelte. Die heiße Schokolade in seiner Hand, die er sich nach seinem gemütlichen Schaumbad soeben zubereitet hatte, wackelte verdächtig, als er erschrocken zusammenzuckte.
Doch schnell stellte er die Tasse ab und schlitterte auf seinen Kuschelsocken zur Haustür. Sein Herz klopfte aufgeregt und wild und als er die Tür öffnete und sich die Person dahinter offenbarte, von der er gehofft hatte, dass sie erschien, war das große glückliche Grinsen aus seinem Gesicht nicht mehr wegzudenken.
Ein durchgefrorener Lockenkopf mit geröteter Nase und ebenso gefärbten Wangen fuhr sich unsicher durch die Haare und blickte unsicher zu Boden. In der rechten Hand hielt er den Zettel, den Louis mit seinem Geschenk verpackt und vor seine Haustür gelegt hatte und dessen Einladung Harry zu seiner Freude nun tatsächlich gefolgt war. „Schön, dass du hier bist, Harry. Komm herein."
Lächelnd, jedoch leicht schüchtern trat der Lockenkopf über seine Türschwelle und streifte sich beiläufig den Mantel von den Schultern. Stauend blieb sein Blick an Louis' Weihnachtsbaum hängen, welcher im Wohnzimmer in seiner vollsten Pracht funkelte und glitzerte. „Wie ich sehe, trägst du dein Weihnachtsgeschenk bereits", stellte Louis erfreut fest, als er Harry seinen Mantel abnahm und dabei dem Schneemann mit den schwarzen Pom Poms entgegenblickte.
„Ich fasse es nicht, dass du mich das tatsächlich tragen lässt, aber ich dachte, ich mache mal eine Ausnahme. Weil Weihnachten ist", grinste er verlegen und knibbelte an einer der aufgesetzten Stoffkugeln. „Jetzt sind wir im Partnerlook", freute sich der Kleinere, bei dem ein rotes Pom Pom mittig auf dem Pulli haftete, welches Rudolphs Nase ersetzte. „Mach es dir gemütlich und fühl dich wie Zuhause. Ich mache dir auch eine heiße Schokolade und dann können wir einen Film gucken, wenn du magst."
Louis verschwand in der Küche und als er mit der heißen Tasse wieder zurück ins Wohnzimmer kam, sah er Harry die vielen bunten Kugeln an seinem Baum betrachten. Leise stellte er sich neben ihn und reichte ihm die Tasse. „Gefällt er dir?" Nickend stupste Harry gegen eines der Holz-Ornamente, die die Zweige schmückten. „Er ist wunderschön."
„Vielleicht hast du schon nächstes Jahr deinen eigenen Weihnachtsbaum", lächelte Louis und Harry sah ihn für einen Moment mit freudig funkelnden Augen an, ehe er sich ruckartig herumdrehte, um in seiner Manteltasche zu kramen. „Ich habe etwas für dich", sagte er, als er Louis ein kleines Paket reichte, auf dem eine rote Schleife thronte. „Es ist nichts Großes, aber ich musste direkt an dich denken, als ich sie gesehen habe und ich hoffe, sie gefällt dir."
Neugierig wie er war, führte Louis sie direkt zur Couch und wickelte das Geschenkpapier eilig ab, als sie sich gegenübersaßen. Zum Vorschein kam eine glitzernde Christbaumkugel, in der sich all die vielen bunten Farben der Welt spiegelten. Egal wie man sie drehte, immer reflektierte sie neue Farben und offenbarte demjenigen, der sie betrachtete, ein farbenfrohes Bild.
„Sie ist wundervoll, Harry", hauchte Louis fasziniert und drehte sie in seinen Fingern, ehe er sie in die Höhe reckte und vorsichtig nach Harrys Hand griff. „Was siehst du, wenn du sie anguckst?" „Ich kann... also ich- ich sehe nicht so viel", stotterte der Lockenkopf unsicher. Seine Mundwinkel sackten leicht enttäuscht nach unten, parallel zu seinem Blick, der sich senkte.
„Du musst daran glauben, Harry, an den Zauber von Weihnachten. An all die schönen Dinge dieser Welt." Ermutigend drückte der Wuschelkopf seine Hand und als Harry wieder aufsah und Louis' Augen begegnete, die so viele Freude, Geborgenheit und Liebe ausstrahlten, war es, als würde sich ein Schalter in ihm umlegen. Als hätte jemand ein Licht in seiner dunklen, trüben Welt angeknipst, welches plötzlich Farbe in sie hinein brachte.
Denn plötzlich sah er sie, all die bunten Farben. Blau, Grün, Rot, Gelb, Lila, Pink, Orange und noch so viele mehr. Von überall her strahlten sie ihm entgegen und er hatte das Gefühl, noch nie so etwas Schönes gesehen zu haben. Und als Louis aufstand, um seine neue Christbaumkugel stolz an seinen Tannenbaum zu hängen, wurde dieses Bild zu einem noch so viel schöneren und Harry wusste, dass es endlich Zeit war, diese Farben in sein Leben zu lassen.
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Song: Colourblind - VOILÀ
Wörter: 3.408
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