Kapitel 11: Träume der Hölle
Als ich meiner Tante von dem Vorfall erzählte, sagte sie mir, dass es nichts Ungewöhnliches war, dass Dämonen in Greendale hin und wieder mal auftauchten. Allerdings war es schon sehr lange her. Sie wollte auf jeden Fall nicht, dass ich mir deshalb Sorgen machte und war stolz, was ich alleine geschafft hatte. Mein Dad hätte es nicht besser machen können, hatte sie zu mir gesagt und das machte mich tatsächlich stolz. Trotzdem wollte sie, dass ich vorsichtig war, und das wollte ich auch beherzigen. Ich konnte nur hoffen, dass das hier ein einmaliger Vorfall gewesen war.
Zum ersten Mal freute ich mich auf die Akademie. Ich würde Aileen und Nick wieder sehen und außerdem konnte ich wieder regulär in die Kurse gehen, obwohl mir das Training mit Nick schon fehlen würde. Heute fand auch noch das Vorsprechen für dieses Theaterstück statt. Ich war ja mal gespannt, wie das so ablief. Doch, bevor Aileen und ich zum Casting gingen, erzählte ich ihr und Nick erstmal von dem Dämonenangriff. Nick war ganz begeistert darüber, dass ich es geschafft hatte den Dämon zu vertreiben und das nahm ich von ihm sehr gerne als Kompliment an. „Meine Mum hatte mir mal gesagt, dass vor ungefähr 19 Jahren das letzte Mal Dämonen in Greendale gewesen waren", erzählte uns Aileen und spielte gedankenverloren mit einer blonden Haarsträhne. Nick rieb sich nachdenklich die Stirn. „Soweit ich weiß, tauchen Dämonen nur auf, wenn etwas wirklich Großes im Gange ist. Aber ich hoffe sehr, dass ich mich damit irre und es tatsächlich nur ein Einzelfall gewesen ist." Das Schlimme war nur, dass sich Nick so gut wie nie irrte.
„Na schön. Jetzt schieben wir mal diese düsteren Gedanken bei Seite und konzentrieren uns lieber auf das bevorstehende Vorsprechen, vor allem wo unser lieber Nick auch noch mitmischt", sagte Aileen, um das Thema zu wechseln. Ich blickte erstaunt zu Nick, der schief grinste. „Du bewirbst dich also auch für eine Rolle? Wie das?", fragte ich ihn überrascht. Ich hätte nicht gedacht, dass Nick der Typ für ein Theaterstück war. Er zuckte mit den Schultern. „Ich dachte mir, dass das vielleicht Spaß machen könnte", antwortete er und sah mir dabei tief in die Augen. Konnte es sein, dass er bei dem Stück nur mitmachen wollte, weil ich es tat? So etwas würde er doch nicht tun, oder? Aileen blickte grinsend zwischen uns Beiden hin und her. „Ok, ich lasse euch dann nochmal kurz alleine. Ich muss nochmal zu meiner Mum. Wir sehen uns dann gleich beim Vorsprechen", verabschiedete sich Aileen und ließ uns in der Bibliothek alleine zurück.
Es war offensichtlich, was sie da tat. Sie versuchte Nick und mich eindeutig zu verkuppeln. Aber war ihr dabei nicht bewusst, dass Nick niemals das Gleiche wollen würde, wie ich? Er stand auf schräge Orgien und so ein Zeug, während ich von einer Beziehung aus wahrer Liebe träumte. Daran würde ich auch für immer festhalten, egal ob Halbhexe oder nicht. „Ich hoffe sehr, dass du die Hauptrolle bekommst", sagte Nick plötzlich. Ich grinste leicht. „Damit du dann die männliche Hauptrolle spielen kannst?", entgegnete ich. Erst als ich es schon ausgesprochen hatte, fiel mir auf, dass das wieder in Richtung flirten ging. Wer weiß, vielleicht wollte ich ja auch mit ihm flirten. „Wäre das so schlimm?", erwiderte er verführerisch und kam näher auf mich zu.
Nick fixierte mich mit seinem Blick und es wirkte irgendwie so, als versuchte er aus mir schlau zu werden, aber schaffte es nicht. Doch mir ging es dabei mit ihm nicht anders. Auch wenn wir Freunde waren, konnte ich seine Absichten nicht einschätzen. Wieder fiel mir auf, wie braun Nicks Augen doch waren und ich drohte mich in ihnen zu verlieren. Ich spürte, wie schon öfters, wieder dieses Knistern zwischen uns. Doch solange ich mir nicht sicher war, wollte ich nicht weiter gehen. Mit einem kleinen Lächeln brachte ich wieder etwas Abstand zwischen uns. „Ok, ich denke, wir sollten schon mal zum Vorsprechen bei Mrs Marley aufbrechen", sagte ich und nickte mit dem Kopf Richtung Ausgang. Nick wirkte etwas enttäuscht darüber, dass ich mich zurückgezogen hatte, aber ließ es sich nicht allzu sehr anmerken. „Ja, natürlich", erwiderte er mit seinem obligatorischem, schiefen Grinsen und folgte mir.
Das Vorsprechen war kein großer Akt. Es gab für jeden nur ein paar Zeilen, die er vortragen sollte. Mrs Marley war der Ansicht, dass man schnell erkannte, wer das Zeug dazu hatte und wer eben nicht. Ich war ganz erstaunt, wie viele sich um eine Rolle bei dem Stück bemühten. Das Prudence sich auch bewerben würde, hatte mir Aileen ja schon vorher gesagt. „Denke bloß nicht, dass du den Hauch einer Chance hast Halbblut", versuchte mich Prudence herunterzuziehen. Doch seit ich meine Kräfte nutzen konnte, konnten sie mich nicht mehr einschüchtern. „Du hast doch nur Angst", entgegnete ich gelassen. Prudence funkelte mich an. „Das werden wir noch sehen", drohte sie mir und stolzierte wieder davon. Ja, das würden wir noch sehen.
Das Vorsprechen lief meines Erachtens eigentlich ganz gut. Ob es tatsächlich die Hauptrolle werden würde, wusste ich nicht, aber ich hatte trotzdem ein gutes Gefühl. Als alle Vorsprechen beendet waren, bat uns Mrs Marley uns in der Empfangshalle zu versammeln, damit sie die Rollen verkünden konnte. Aileen stand ganz aufgeregt neben mir, während Nick und ich die Ruhe selbst waren. Alles fühlte sich gerade, wie in einer gewöhnlichen Schule an. Oder kam mir das jetzt nur so vor, weil ich die Magie akzeptiert hatte? „Oh, ich bin ja schon so nervös, ob wir es ins Stück geschafft haben. Diese alljährlichen Aufführungen sind eines der Highlights des Zirkels und der Akademie", flüsterte Aileen mir zu. Ich lächelte leicht und dann begann Mrs Marley zu sprechen.
„Erstmal danke, dass sich so zahlreiche von euch für Perseus und Savannah beworben haben. Es freut mich jedes Jahr aufs Neue, wie Theater begeistert ihr alle seid. Ich möchte euch auch gar nicht länger auf die Folter spannen und verkünde mal die Rollen", sagte Mrs Marley und begann als Erstes mit den wenigen Nebenrollen, wo mir kein einziger Name etwas sagte. „Ok zum Schluss noch die Hauptrollen. Morgana, die Schwester von Savannah übernimmt Aileen Turner, Benediktus, Perseus bester Freund übernimmt Daniel Moritz, Savannahs Vater spielt Finn Mikaels. Und jetzt kommen wir noch zum tragischen Traumpaar. Emma Williams wird Savannah verkörpern und Nicholas Scratch hat die Ehre Perseus zu spielen. Also wie gesagt, nochmal danke an alle fürs Teilnehmen. Die Proben finden immer am Samstag in der entweihten Kirche statt und in drei Wochen ist auch schon die Aufführung, also haben wir noch einiges zu tun."
Ich konnte es gar nicht glauben. Mrs Marley hatte mir tatsächlich die Hauptrolle gegeben. „Sieht wohl so aus, als spielen wir zusammen ein Liebespaar. Ich freue mich schon drauf", sagte Nick und zwinkerte mir zu, bevor er sich von anderen Hexern und Hexen zur Hauptrolle gratulieren ließ. Ich lief etwas rot an die Wangen an. Das Nick und ich im Stück jetzt ein Liebespaar spielen würde, wurde mir erst jetzt richtig bewusst. Aileen fiel mir erfreut um den Hals. „Wir haben es doch wirklich zu Hauptrollen geschafft. Und schau dir mal Prudences Gesicht an. Sie schäumt förmlich vor Wut, weil sie keine Rolle bekommen, hat", lachte Aileen. Ich lullte an Aileens Kopf vorbei und erhaschte tatsächlich einen Blick auf Prudences wütendes Gesicht. Sie schien wirklich nicht damit gerechnet zu haben, dass ich doch tatsächlich die Hauptrolle bekam. Das machte meinen Triumph doch noch gleich viel besser. Ich war schon sehr gespannt auf das Stück. Niemals hätte ich gedacht, dass Mrs Marley mir die Hauptrolle anvertrauen würde. Aber offensichtlich sah sie Potenzial in mir und deshalb wollte ich es auch nicht verbocken. Vielleicht war dieses Stück meine Chance, dass man mich hier endlich akzeptierte. Ich wollte hier endlich dazugehören.
Ich wandelte durch eine verlassene, endlose Wüste. Doch das war keine gewöhnliche Wüste. Aus Kratern am Boden schoss immer wieder Feuer, von dem sich der überschüssiger Rauch über den trüben Himmel verbreitete. Der sandige Boden hatte Risse und es wirkte hier unfassbar heiß. Orientierungslos sah ich mich um, doch meine Füße trugen mich, wie automatisch weiter. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hier war, nur dass es nicht mehr Greendale war. Mein Weg endete in einer riesigen Höhle. Dort brannten Fackeln, um das Innere zu erleuchten. Gestalten hatten sich in einem Kreis versammelt und diskutierten hitzig. Manche sahen aus wie Menschen, doch andere hatten fratzenhafte Gesichter.
Dämonen! Panik breitete sich in mir aus. Was taten Dämonen hier? Ich wollte weglaufen, doch meine Beine waren wie festgefroren. Es war fast so, als wollte jemand, dass ich das hier sah. „Es sind neun Zirkel der Hölle und wir könnten nicht zulassen, dass unserer in den Abgrund gezogen wird. Wir Dämonen gehören an die Macht, so wie es schon immer gewesen war. Lucifer hat einen Fehler gemacht uns zu Sklaven unseres neuen Anführers zu machen. Wir haben das schon viel zu lange geduldet. Wir müssen endlich zurückschlagen. Wir müssen uns unseren Zirkel wieder zurückholen. Nur so sind wir frei, also folgt mir in den Kampf", hielt einer der menschlich aussehenden Dämonen eine beunruhigende Rede. Sie schienen eine Rebellion anzuzetteln. Aber ich verstand das alles nicht ganz? Warum sah ich das hier? Warum war ich hier in der Hölle bei irgendeinem Zirkel? „Die Rebellion der Dämonen!", riefen sie alle zusammen und brüllten los, was das schrecklichste Geräusch war, was ich jemals gehört hatte.
Ich schreckte glücklicherweise wohl erhalten in meinem eigenem Bett hoch. Das war jetzt schon der zweite unheimliche und äußerst reale Traum in dieser Woche. Was hatte das nur zu bedeuten? Wieso hatte ich jetzt Träume der Hölle? Angestrengt fuhr ich mir mit der Hand durch mein Haar. Ein kurzer Blick auf meinen Wecker verriet mir, dass es kurz nach drei am Morgen war. In dreieinhalb Stunden musste ich aufstehen für die Schule. Doch ich wusste nicht, ob ich nochmal einschlafen konnte.
Plötzlich sprang Rocky zu mir ins Bett und stupste mich mit seiner kleinen Nase an. „Oh Rocky, ich hatte einen schrecklichen Traum", sagte ich zu ihm und strich ihm über den Kopf. „Und über was war dieser Traum?", fragte er nach. Ich holte tief Luft. Ich vertraute meinem Begleiter voll und ganz, also wollte ich ihm die Wahrheit anvertrauen. „Über die Hölle und Dämonen", antwortete ich bitter und gähnte müde. Ich brauchte dringend noch Schlaf. „Dann lege dich mit mir nochmal hin und ich werde die bösen Träume vertreiben", versprach er mir. Ich lächelte müde und kuschelte mich mit Rocky nochmal in mein Bett. Tatsächlich schaffte ich es, dank ihm nochmal einzuschlafen und diesmal ganz ohne schrecklich Träume.
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Denkt ihr dieser Dämonenangriff war wirklich nur ein einmaliger Vorfall gewesen? Glaubt ihr Nick hat sich bei dem Vorsprechen für das Stück nur wegen Emma angemeldet? Was haltet ihr davon, dass Emma und Nick zusammen das tragische Liebespaar spielen sollen? Was hatte dieser Traum von der Hölle zu bedeuten?
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