~12~
Minho
Es waren zwei Wochen vergangen. Zwei verdammte Wochen, in denen Jisung kein einziges Mal im Cafe aufgetaucht ist. War er etwa so sauer auf mich, dass er mich jetzt bis zu seinem Tod ignorierte? Ich hatte ja nicht mal was falsch gemacht.
Laut seufzte ich aus und sah die Kundin vor meine Nase emotionslos an. Diese schien ebenso genervt von meiner Laune, wie ich von ihrer Existenz. Ach, wie sehr ich Menschen hasste manchmal. Sie verlangen ein Getränk von mir und ziehen so ne Fresse? Machen sie es doch selber. Viele sagten nicht mal mehr „Danke". Primär die Leute ab 40 Jahren neigten extremst dazu. Unsere Generation wird als anstandslos bezeichnet und die Älteren denken sie können sich über Höflichkeit hinwegsetzten, da sie sowieso älter sind. Irgendwas stimmte mit dieser Gesellschaft nicht.
Ich reichte ihr ihren Latte und sah ihr augenrollend nach.
„Du musst echt mal netter gucken. Viele Kunden werden schnell nervös von deiner Attitüde.", meinte Changbin neben mir und lachte etwas.
Mit einem giftigen Blick sah ich zu dem Kleineren herunter und schnalzte mit der Zunge.
„Die ziehen doch immer so eine Fresse, wenn sie den Laden betreten.", beschwerte ich mich.
„Vielleicht weil sie dein genervtes Gesicht direkt erblicken?", zwitscherte Changbin und lachte leicht. Ich warf ihm einen kleinen Todesblick zu.
Wenn ich so drüber nachdachte, hatte er sogar Recht. Seit zwei Wochen war ich schlechter gelaunt und viel schneller reizbar. Den Grund dafür kannte ich sogar.
Jisung. Ich hatte mich so an seine Anwesenheit gewöhnt, dass ich mich ohne diese leer fühlte. Er war mein Seelenverwandter. Diesem Fakt stand nun nichts mehr im Weg. Fühlte er sich auch so leer ohne mich?
Ich würde es wohl nicht herausfinden, bevor ich ihn sehe. Er tauchte aber nicht mehr auf und unsere Nummern hatten wir nie ausgetauscht. Oh man. Wie würde ich jemals wieder von ihm hören und erfahren, wie es ihm geht?
Betrübt sah ich zu Changbin, der gerade Eis in einen Plastikbecher fühlte. Dann überkam mich ein Gedanke. Waren Changbin und Jisung nicht in einer Musikgruppe zusammen? Die beiden kannten sich doch!
„Changbin! Changbin!", sagte ich sofort hochmotiviert und bemerkte dessen verwirrten Blick.
„Warum direkt so energisch? Stimmungsschwankungen?", lachte er und schüttelte den Kopf etwas.
„Hast du etwas von Jisung gehört?", fragte ich sofort frei heraus und sah in Changbins überraschtes Gesicht.
„Ehm klar, er war gestern mit mir und Chan im Studio... Wieso fragst du?", fragte er verwundert und lehnte sich leicht gegen eine der Theken.
„Er ist lange nicht mehr hier aufgekreuzt und ich mache mir ehrlich gesagt etwas Sorgen um ihn", gestand ich.
„Lee Minho sorgt sich um jemanden? Das ich das nochmal erlebe in diesem Leben", meinte Changbin amüsiert und kassierte einen Schlag auf den Oberarm.
„Jetzt sag schon! Geht es ihm gut?", hackte ich weiter nach.
„Schon, aber...", er sah etwas zur Seite.
„Aber was?", fragte ich sofort und erschreckte Changbin damit etwas.
„Bro, chill... er hat viele blaue Flecken und sieht etwas fertig aus. Er läuft teilweise auch etwas schwach und instabil.", berichtete der Jüngere von Jisungs Zustand.
Blaue Flecke? Schwach? Schwach? Instabil?
Diese blöden Prügelein haben also nicht nachgelassen. Er tut mir so Leid. Er konnte ja nicht mal was dafür, dass er so schüchtern war und diese Vollidioten von Jugendlichen suchten sich ihn als neues Opfer. Einfach widerlich diese Teenager.
„Berichtet er irgendwas genaueres darüber oder schweigt er einfach darüber?", fragte ich.
Changbin schüttelte den Kopf etwas und ich biss mir auf die Lippe. Er hielt es also immer noch geheim, dass er verprügelt und gemobbt wird. Wenn er es nicht irgendwann erzählt, wird es nur schlimmer und kein Ende mehr finden.
„Aber vielleicht fragst du ihn einfach selbst", schlug Changbin vor und zeigte nach draußen.
Dort stand Jisung. Er sah wirklich verdammt schwach aus und humpelte sogar. Was machen diese Idioten da mit ihm? Sein Anblick machte mich wütend. Ich wollte dem jenigen, der dafür verantwortlich war, so hart in die Fresse schlagen, dass er nie wieder aufsteht.
Ohne einen zweiten Gedanken zu verschwenden, bewegte ich mich von meinem Arbeitsplatz weg und kam der Eingangstür näher. Zwar musste ich noch eine Stunde arbeiten, aber das war mir egal. Die anderen Kollegen machten auch einfach Zigaretten Pause, also durfte ich auch einmal raus.
Ich griff nach dem Griff der Tür, doch erkannte wie ich drei Jungs mit der gleichen Schuluniform wie Jisung auf ihn zu kamen. Sofort wurde ich etwas panisch und begann an der Tür zu ziehen, obwohl dort fett ‚Drücken' stand. Wow, wie lange arbeite ich hier schon und kriege das nicht hin.
Ich drückte die Tür auf und wollte verhindern, was auch immer die drei vorhatten, doch war zu spät.
Einer der Jungs schubste ihn eher spaßend nach vorne, doch durch Jisungs schlechten gesundheitlichen Zustand ging dies nach hinten los.
Der Kleine verlor das Gleichgewicht und stolperte nach vorne. Auf die Straße.
Ein Auto kam gerade im Moment und er wurde erfasst. Das alles kam mir vor wie ein Flashback. Es wirkte so surreal. Wie der Unfall mit Jisung damals.
Ich schrie und drängelte mich vorbei.
Er war bewusstlos, doch atmete noch. Bitte Jisung, verlasse mich kein zweites Mal.
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