#63
Kageyama POV
Na, geht doch. Das Bild kam ihm bekannt vor. Also würde es nicht mehr lange dauern bis seine Erinnerungen zurückkamen. Aber würde es dann nicht heißen, dass er sich auch an die grauenvollen Geschehnisse erinnern würde, durch die er gehen musste? Doch irgendwann musste es ja soweit sein. Er musste mit der Wahrheit leben, so traurig es auch klang. Es war viel besser, als in einer einzigen Illusion gefangen zu sein. Er hatte so lange durchgehalten, er durfte sich jetzt nicht geschlagen geben. Seine Willenskraft war so stark, dass ich schon neidisch wurde. Und ich hatte keine Lust mehr auf das ganze Drama. Ich würde das alles mit einem Mal durchziehen, egal wie schwierig das auch sein mochte. Ich musste einfach.
"Und weißt du auch, wer das gezeichnet hat?", fragte ich hoffnungsvoll.
"Ich glaube, das bin ich gewesen.."
"So ist es. Wenn du dich an diese Zeichnung erinnern kannst, wirst du deine Erinnerungen schnell wiederbekommen. Da bin ich mir sicher."
Hinata hatte einen zögerlichen Ausdruck im Gesicht. Aber wer konnte ihm dies auch verübeln?
"Woher hast du dieses Bild eigentlich?", fragte er.
Jetzt wurde es unangenehm.
"Das hattest du-"
'Das hattest du mir geschenkt', wollte ich sagen.
Aber würde ich jetzt lügen, könnte ich alles durcheinanderbringen. Shit.
"Ja?"
"Das hattest du in deinem Rucksack..", gab ich verlegen zu.
"In meinem Rucksack?"
"Ich bin eingebrochen.."
"Was?!"
"Was hätte ich sonst tun sollen? Irgendwie muss ich ja dafür sorgen, dass du deine Erinnerungen zurückbekommst."
"Aber dafür einbrechen?"
"Ja, sorry..", murmelte ich und kratzte mich am Hinterkopf.
"Wie bist du eigentlich reingekommen?"
"Eine alte Dame hat mir gezeigt, wie man durch den Garten rein kann. Zum Glück ist eure Terasse die meiste Zeit offen..", erklärte ich, weshalb er stutzte.
"Eine alte Dame hat dir so was gezeigt?"
"Ja, ich glaube, sie ist eure Nachbarin."
"Ach so.", nickte er, als Zeichen, dass er sie kannte. "War mein Vater.. nicht zu Hause?"
Oh. Er wusste ja gar nicht, dass er sich der Polizei gestellt hatte. Sollte ich es ihm sagen? Gerade, als ich was sagen wollte, erhallte ein lautes Stöhnen im Raum. Fragend, zugleich besorgt, sah ich Hinata an. Hatte er Schmerzen?
"Was ist los?", fragte ich ein wenig unbeholfen.
"Mein.. mein Hintern tut weh..", zischte er schmerzerfüllt und kniff seine Augen zusammen.
"Warte hier, ich hole eine Krankenschwester!", meinte ich hektisch und stand auf.
"Warte", wurde ich aufgehalten, "setzt dich wieder hin."
Verwirrt setzte ich mich wieder auf den Stuhl.
"Was genau ist passiert? Erzähl es mir. Jetzt."
Hinatas Gesichtsausdruck verriet mir, dass er was ahnte. Moment, Moment. Wenn ich ihm jetzt alles erzählen würde, wäre er dann nicht auf seine Erinnerungen vorbereitet, wenn sie zurückkommen würden? Nein, nein. Würde ich ihm jetzt alles erzählen, dann wäre er in einem Schockzustand. Und würden seine Erinnerungen zurückkommen, wäre er in einem weiteren Schockzustand. Dann würde alles eskalieren. Wobei.. Er konnte sich ganz bestimmt schon vorstellen, was mit ihm passiert war.
"Was starrst du so? Jetzt sag doch endlich, was passiert ist! Herr Takeda ist genauso, er wollte mir auch nichts erzählen! Ich bin doch derjenige, der in diesem gottverdammten Krankenhaus liegt. Wieso habe ich also nicht das Recht, zu erfahren, warum ich überhaupt hier liege?! Ich raste aus, verstehst du? Ich werd' noch verrückt!"
Seine Stimme klang wütend. Und wie sie das tat. Er hatte ja recht. Dennoch lag es nicht in meiner Hand, was er von mir verlangte.
"Ich kann dir leider nichts dazu sagen. Glaub mir, es ist das Beste für d-"
"Es ist nicht das Beste für mich! Wie du merkst, bin ich eh schon wie eine lebende Leiche! Ich bin psychisch komplett durch! Und wo ist mein Vater eigentlich? Ich weiß zwar, dass es ihm am Arsch vorbeigeht, was mit mir passiert, aber hätte man ihn nicht informieren sollen? War er vielleicht der Grund, weshalb ich hier-"
"Er hat sich der Polizei gestellt."
Schockiert verstummte er und riss die Augen weit auf.
"Er hat.. was?"
"Er hat sich der Polizei gestellt.", wiederholte ich.
"Weil er mich in diesen Zustand gebracht hat? Du kennst das Verhältnis zwischen uns doch, wieso also hast du es mir nicht gesagt?"
"Er ist nicht der Schuldige. Zumindest in Bezug auf deine jetzige Situation. Mehr sag ich aber nicht."
Verwirrt, gleichzeitig verständnislos blickte er mich an. Da fiel mir was auf. Sagte er gerade, ich wüsste von seinem Verhältnis zu seinem Vater?
"Hinata? Woher weißt du, dass ich euer Verhältnis zueinander kenne?"
Er schien zu überlegen. Konnte er sich etwa an irgendwas erinnern?
"Wenn du dich an etwas erinnern kannst, dann sag es mir bitte.", sagte ich in einem flehenden Unterton.
"Uhm..Ich.. Ich hab irgendwie das Gefühl, als hätte ich dir schon mal über mein Leben erzählt. Wann oder wo genau das war, kann ich mich nicht erinnern. Ich bilde mir das alles nicht ein, oder?"
Er hielt sich angestrengt den Kopf. Anscheinend fiel es ihm schwer, seine Erinnerungen abzurufen.
"Keinesfalls, es ist so gewesen, wie du sagst. Du hast mir von deinem Leben erzählt. Da warst du bei mir. Bitte denke darüber nach.", meinte ich und atmete erleichtert aus.
Wenigstens konnte er sich an etwas erinnern. Damit gab ich mich sehr zufrieden.
Gerade, wo es still wurde, klopfte es an der Tür. Eine Krankenschwester.
"Hey. Na? Wie fühlst du dich, Kleiner?", fragte sie locker, als kannte sie keine Förmlichkeiten.
Da fühlte man sich sofort wohler.
"Gut.. glaube ich.", erwiderte Hinata und lächelte leicht.
Es war klar, dass er log.
"Er hat Schmerzen in seiner hinteren Region.", sprach ich für ihn und seufzte.
"Ach so? Dann untersuchen wir dich mal, ja? Junger Mann, könntest du bitte draußen warten?"
Ich nickte und schaute Hinata zögerlich an.
"Ich komme heute Abend wieder, bis später.", sagte ich und verließ nur ungern das Zimmer.
Wohin jetzt? Theoretisch könnte ich jetzt zu Oikawa. Wie ging es ihm wohl? Seit Hinata wach war, war ich nicht mehr bei ihm. Ich sollte mal nach ihm sehen.
Mit diesem Gedanken lief ich auf Toorus Zimmer zu. Ganz ehrlich, ich hatte genug von diesen Krankenzimmern. Ich klopfte zweimal und tritt daraufhin endlich ein.
"Hey.."
"Was willst du?", wurde ich herzlich willkommen geheißen.
Warum wurde ich immer so nett begrüßt? So viel Höflichkeit war ich gar nicht gewohnt.
"Ich wollte schauen, wie es dir geht.."
"Es geht mir hervorragend, wie du siehst."
"Bitte hör auf damit."
"Womit denn? Von dir möchte ich nicht bemitleidet werden.", entgegnete er ruhig und würdigte mich keines Blickes.
Sein Kopf war zum Fenster gewandt.
"Ich mache mir doch nur Sorgen um dich. Würdest du dir etwa keine Sorgen um mich machen, wenn mir was passiert?", fragte ich und setzte mich zu ihm.
"Lass mich einfach in Ruhe."
Ich schmunzelte.
"Also doch. Wo ist eigentlich Iwaizumi? Ist er heute nicht gekommen?"
"Er meinte, er würde gleich da sein.", meinte der Ältere.
"Ah", nickte ich, was er aber nicht sehen konnte, da sein Blick immer noch auf das Fenster gerichtet war. "Was siehst du dir eigentlich an?"
"Nichts."
Nichts? Was war mit ihm? Als ich ihn mir genauer ansah, bemerkte ich, dass seine Bandagen am Gesicht entfernt wurden. Schämte er sich für sein Gesicht?
"Hey.. Dreh dich mal zu mir."
"Nein", gab er kalt und direkt von sich, "wieso auch?"
"Schau mich an."
"Nein!"
"Zeig mir jetzt bitte dein Gesicht!"
Ich sah ihm an, wie er leicht zitterte. Es fiel ihm anscheinend sehr schwer. Aber trotzdem. Ich musste dafür sorgen, dass er damit klarkam. Warum tat ich das überhaupt? Ich sorgte mich doch schon um Hinata, und jetzt auch um ihn? War es aber nicht normal, sich um seinen Ex Sorgen zu machen? Wir hatten uns immerhin mal geliebt?
Sanft nahm ich sein Gesicht in meine Hände und drehte seinen Kopf langsam und vorsichtig zu mir. Es mochte zwar so aussehen, als würde ich ihn küssen wollen, dabei wollte ich aber nur sein Gesicht sehen.
Gerade, als ich es fast sehen konnte, wurde die Tür dezent laut geöffnet. Grob wie immer, Iwa..
"Äh? Was macht ihr da?!"
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Heyy~
Ich hab es auch mal endlich geschafft.. XD
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