#10
Kageyama POV
Ich wusste auch nicht, warum ich mir Gedanken darüber machte, aber igendwie fühlte ich mich schuldig. Wenn jemand ihn zu Hause sein ganzes Leben lang misshandelt hätte und es immer noch tat, dann.. hieße das ja, dass er noch nie ein normales Leben hätte führen können. Dazu kam noch, dass ich ihn all die Jahre lang in der Schule so runtermachte. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Wieso mobbte ich ihn eigentlich? Wie hatte das Ganze überhaupt angefangen? Ach ja, als wir uns das erste Mal begegnet waren, war er in mich gerannt, als ich mich über "etwas" aufgeregt hatte und wütend war. Dann hatte ich mir den Kopf angeschlagen, als ich rückwärts auf den Boden gefallen war. Das war kein so gutes Timing damals. Natürlich wurde ich dann noch wütender und habe mich vergessen. Irgendwann kam es dazu, dass er zu meinem persönlichen Opfer wurde. Außerdem hatten mich seine Noten auch immer voll aufgeregt, da sie so perfekt waren. Irgendwie war ich neidisch auf ihn. Auf seine Noten, auf seine Leistungen und auf seine Art. Ja, ich bewunderte ihn. Ich dachte, er hätte ein perfektes Leben, wurde verwöhnt und von seinen Eltern immer gelobt. Das genaue Gegenteil von mir. Aber... nun wusste ich, dass dem nicht so war. Und deswegen spürte ich Reue in mir aufsteigen.
"I-ist was?", riss mich der Orangehaarige plötzlich aus meinen Gedanken.
"Nein. Es ist nichts.", meinte ich und fing an, seine Wunden am Rücken zu säubern.
"Aber.. Sag mal, Hinata.. kann es sein, dass du zu Hause misshandelt wirst? Vielleicht von deinem Vater?", fragte ich nach einer Weile, nachdem ich seine Verletzungen desinfiziert und gesäubert hatte, und fing an, sie mit breiten Pflastern zu bedecken.
Natürlich achtete ich darauf, dass ich ihm keine so großen Schmerzen bereitete. Ich merkte, dass er sich regelrecht anspannte und anfing, zu zittern.
"Schon gut. Ich verstehe. Du musst nicht antworten.", sagte ich. "Dreh dich um, ich möchte mir deinen Bauch ansehen. Später kommen deine Arme."
Langsam und zögerlich drehte er sich zu mir, blickte mich jedoch nicht an, da er seinen Kopf gesenkt hielt.
"Ach, du Scheiße..", stöhnte ich. "Wie hast du das alles nur ausgehalten..?"
Der Kleinere zuckte nur mit den Schultern und schien unheimlich müde. Als ich auch mit seinem Bauch fertig war, kamen seine Arme.
"Was ist mit deinen Handgelenken passiert? Wurdest du etwa gefesselt?!", fragte ich fassungslos und weitete meine Augen, während ich ihm direkt in die seine blickte.
Endlich sah auch er mich an.
"Schon gut. So viel reicht.", murmelte er und zog seine Arme wieder zurück.
Er stand auf und wollte nach seinem Pulli greifen, der auf dem Boden lag, zischte jedoch schmerzhaft auf und hielt seinen Unterleib, worauf er sich wieder zurück auf's Bett setzte. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Lila-rote Markierungen an den Hangelenken, als wären sie von etwas fest umschlungen gewesen, Schnittwunden am Rücken und Bauch und Unterleibsschmerzen. Wurde er etwa...? Nein, oder? Das wäre furchtbar!
"Bist du dir sicher, dass du nicht zum Arzt möchtest? Außerdem könnten wir auch zur Polizei gehen.", schlug ich vor und sah ihn mit einem ernsten Blick an.
Er gab keine Reaktion von sich. Also seufzte ich und beließ es dabei. Ich nahm wieder eines der Handgelenke und cremte es mit einer Salbe gegen Schmerzen ein. Mit dem anderen tat ich das Gleiche und verband auch seine Arme, die ich zuvor noch desinfiziert hatte. Doch dann fielen mir auch die Flecken an seinem Hals auf. Bissmale? Etwa Knutschflecken? Wortlos bedeckte ich auch diese Verletzungen, nachdem ich sie eingecremt hatte.
"Noch irgendwo?", fragte ich, als ich fertig war.
Hinata schüttelte langsam den Kopf und starrte leer den Boden an. Irgendwie tat er mir schon leid.
"Dann sind wir fertig.", meinte ich und stand auf.
Ich wühlte in meinem Schrank rum, um paar Klamotten rauszusuchen. Nachdem ich gemütliche Sachen gefunden hatte, lief ich wieder auf ihn zu und zog ihm einen meiner Pullis über. Ich wusste, dass es unangenehm sein würde, wenn er sich mit diesen Verbänden bewegen würde. Überrascht blickte mich der Kleine an.
"Willst du dich etwa erkälten? Deiner ist voller Blut."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro