Kapitel 5 - Zaubertränke
~Hermine konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass es ihm extrem missfiel sich bei ihr zu entschuldigen~
Hermine POV:
Die Partnerarbeit mit Draco lief exakt so, wie Hermine es erwartet hatte. Während sie sich bemühte, alle Zutaten nach Anleitung zu zerkleinern und in den Kessel zu geben, der auf dem Tisch zwischen Draco und ihr stand, saß dieser bloß mit verschränkten Armen in seinem Stuhl zurückgelehnt und beobachtete gelangweilt jede ihrer Bewegungen.
"Gib mir mal bitte die Schrumpelfeige", wies Hermine ihn stumpf an, während sie geschäftig in dem Kessel herum rührte. "Was fürn Ding?", meinte dieser mürrisch und Hermine seufzte. "Die Schrumpelfeige!", zischte sie genervt und schenkte ihm einen giftigen Blick, während sie sich das Haargummi heraus zog und es um ihr Handgelenk band. Es hatte ohnehin keinen Zweck ihre Haare zu bändigen, wenn die Dämpfe des Zaubertrankes sie sofort wieder ruinierten.
Nach kurzem Suchen hatte Draco endlich die richtige Pflanze in der Hand, doch bevor Hermine danach greifen konnte, meinte er mit provokanter Freundlichkeit: "Aber Granger! Das geht doch bestimmt etwas freundlicher." Hermines Wut kochte über. "Malfoy, gib her jetzt!", fuhr sie ihn an, kurz davor, die Fassung zu verlieren und ihn in eine Kröte oder Schlimmeres zu verwandeln, doch er grinste sie nur frech an und schüttelte stur den Kopf. Hermine verdrehte die Augen und schluckte ihren Ärger hinunter. Mit Malfoy zu diskutieren war in etwa so sinnlos, wie ein Zaubererduell gegen den verbotenen Wald zu führen. "Gibst du mir bitte die Schrumpelfeige?" Malfoy lachte und gab ihr endlich die benötigte Zutat. Ärger brodelte in ihr. Da wagte er es doch tatsächlich sie auszulachen! Sie musste nicht nur die ganze Arbeit alleine machen, sondern auch noch ertragen, dass er sich über sie lustig machte! Der kann nach der Stunde etwas erleben...
In dem Moment fiel ihr auf, dass Professor Slughorn prüfend durch die Reihen ging um die Arbeit der Schüler zu begutachten. Zu spät fiel ihr Blick auf Draco, der Slughorn ebenfalls bemerkte und natürlich nicht dabei ertappt werden wollte, wie wenig er zu ihrer Partnerarbeit beitrug. Hermine blieb nicht genug Zeit um das zu verhindern, was er ganz offensichtlich vor hatte. "Draco, nein!", rief Hermine und versuchte seine Hand vom Kessel wegzuziehen welche die erste Zutat gegriffen hatte, die ihm in die Finger gekommen war, aber da war es bereits zu spät und die Raupen landeten in dem blubbernden Zaubertrank. Mit einem lauten Knall explodierte der Kessel vor ihnen und Hermine konnte gerade noch rechtzeitig ihre Augen schließen.
Erschrockene Schreie ertönten um sie herum und als der Qualm der Explosion wegzog begutachtete sie schockiert den entstandenen Schaden. Ihr stockte der Atem. Sie hielt noch immer Dracos Hand fest... konnte sie aber auch nicht von seiner lösen. Hastig sah sie zu Draco, doch lediglich ihre eigene Panik spiegelte sich in seinen eisblauen Augen wieder. Gemeinsam versuchten sie so schnell wie möglich ihre Hände voneinander zu trennen, schließlich war es im Interesse von keinem von ihnen händchenhaltend gesehen zu werden, doch es war zwecklos. Sie klebten fest zusammen durch den Zaubertrank, der sich über sie beiden ergossen hatte und jeder Ruck an ihren Händen hatte nur ein schmerzhaftes Ziehen zufolge.
Professor Slughorn trat kichernd zu ihnen. "Na, Mister Malfoy? Haben wir vergessen die Raupen zu zerhacken?" Draco warf dem Lehrer einen verärgerten Gesichtsausdruck zu, doch er besaß einen letzten Funken von Intelligenz und sagte ausnahmsweise nichts, wobei ihm vermutlich allerlei wüste Beleidigungen und abfällige Kommentare durch den Kopf schwirrten. "Gehen Sie beide am besten direkt zu Madame Pomfrey in den Krankenflügel, anders werden sie dieses klebrige Zeug niemals los." Hermine sah sich mit hoch rotem Kopf in der Klasse um. Die meisten Schüler verkniffen sich angestrengt das Lachen, andere grinsten nur schadenfroh. Rons Blick hingegen war mitfühlend, als sie mit Malfoy aus dem Klassenzimmer stürmte.
"Au, Granger! Nicht so schnell!", jammerte Draco verbissen und stolperte angestrengt hinter ihr her. "Du reißt mir noch die Haut von der Hand." "Dann wäre ich dich wenigstens los", zischte diese verärgert zurück. Ihre angestaute Wut kochte immer weiter hoch und sie war kurz davor zu explodieren, wie ihr Kessel nur wenige Momente zuvor. Warum konnte er nicht einfach mal das tun, was man ihm sagte? Oder im Zweifelsfall dann sogar lieber einfach gar nichts tun! "Konnte ich doch nicht wissen dass wir dann zusammenkleben!", verteidigte er sich patzig. "Glaub mal dass ich nicht freiwillig an dir festklebe."
Hermine blieb abrupt stehen, sodass Malfoy beinahe in sie hinein lief. "Pass doch...!", setzte er an, doch Hermine drückte ihn energisch und so gut es mit zusammengeklebten Händen eben möglich war, gegen die Wand und erhob ihren Zauberstab vor seinem Gesicht. Er hatte definitiv eine Grenze überschritten. "Du kannst von Glück reden, dass wir nicht tot sind!", fauchte sie ihn an. "Falsch gebraut kann dieser Zaubertrank ein äußerst giftiges Gebräu sein. Außerdem weiß ich ja nicht wie es dir geht, aber ich habe heute eigentlich andere Dinge zu tun als ausgerechnet mit dir im Krankenflügel herum zu hocken!" Sie steckte ihren Zauberstab wieder zurück und versuchte sich zu beruhigen. Malfoy sah sie mit geweiteten Augen an und schwieg zum Glück, manchmal hatte dann anscheinend sogar er Manieren.
Ohne ein Wort setzten sie, gezwungenermaßen gemeinsam, ihren Weg fort und Hermine merkte, dass ihre Wut langsam verschwand und stattdessen Platz für tiefe Verzweiflung machte. Sie fasste sich an den Kopf und Panik stieg in ihr auf, als sie auch dort überall die klebrige Masse ertastete. "Oh nein, meine Haare!", flüsterte sie leise und kämpfte gegen die Tränen an, die in ihr hoch stiegen, da sie Draco keinen weiteren Grund geben wollte sie zu verspotten. Dennoch; sie mochte ihre Haare, sehr sogar. Was wäre, wenn sie abrasiert werden müssten? Das wäre eine absolute Katastrophe!
Draco schien ihren Kampf mit den Tränen dennoch bemerkt zu haben, all die Bemühungen, es zu verstecken, umsonst und Hermine sah aus dem Augenwinkel seinen überforderten Gesichtsausdruck. Doch statt einem weiteren dämlichen Kommentar, welches ihr die Nerven geraubt hätte, folgte etwas, womit sie niemals gerechnet hätte. "D.. Das wird schon wieder", murmelte er kühl. Hermine sah ihn überrascht an, doch er wich ihrem Blick, beinahe schuldbewusst, aus. Gut, der Ton ließ noch ein wenig zu wünschen übrig, aber es war immerhin nett gemeint gewesen. Draco Malfoy hatte im Grunde etwas Nettes zu ihr, Hermine Granger, gesagt. Das war eine Weltsensation! Doch bevor sie irgendetwas erwidern konnte, erreichten sie bereits den Krankenflügel und sie musste sich jede Antwort verkneifen, die ihr bereits auf der Zunge lag. Nimm es einfach dankend an Hermine, wird so schnell vermutlich nicht mehr vorkommen.
Madame Pomfrey sortierte gerade verschiedene kleinen Fläschchen und sie sah auf, als die beiden, gesprenkelt von der dunkel violetten, klebrigen Flüssigkeit, eintraten. Ihre Augen weiteten sich und Hermine bemerkte das Grinsen, was die Heilerin mit aller Macht versuchte zu unterdrücken. Dies schien ihr besonders schwer zu fallen, als ihr Blick auf die verklebten Hände fiel. Die Feindschaft zwischen Draco und Hermine war im ganzen Schloss kein Geheimnis, weshalb die Belustigung der gestandenen, erfahrenen Hexe, die sicher schon so einiges gesehen hatte, kein Wunder war. Unter anderen Umständen hätte Hermine sogar in ihr leises Lachen mit eingestimmt, doch das hier war ernst. Ihre missliche Situation mit Draco an ihrer Hand war die absolute Hölle.
"Du liebe Güte! Was habt ihr beide denn angestellt?", meinte sie und Hermine kam nicht drum herum den amüsierten Klang in ihrer Stimme zu überhören. "Zaubertränke", brummte Draco knapp. "Und ich würde es bevorzugen, wenn sie mich ganz schnell von dieser Flüssigkeit und von Granger hier neben mir befreien könnten, anstatt sich über unsere missliche Situation lustig zu machen!"
Entrüstet öffnete Hermine den Mund und rammte ihm so gut wie möglich ihren Ellenbogen in die Seite. Wie konnte ein Mensch nur so respektlos sein? Als Reaktion auf ihren leichten Hieb verzog er schmerzverzerrt das Gesicht und ein unterdrückter Aufschrei war leicht in seiner Kehle zu hören. Hermine sah ihn entgeistert an. Was für ein Schauspieler! Das kann ihm unmöglich wehgetan haben, ich habe nicht einmal richtig getroffen! "Er wollte sagen, dass wir dringend Ihre Hilfe brauchen, weil wir diesen misslungenen Zaubertrank nicht alleine entfernen können", korrigierte sie Dracos forsche Aussage mit betonter Höflichkeit, ohne auf seine übertriebene Schmerzreaktion einzugehen.
Madame Pomfrey nickte knapp und ihre Belustigung schien trotz Hermines Rettungsversuch verschwunden zu sein. "Gut, dann", sie kramte zwei Stühle aus einer Ecke und schob sie dicht nebeneinander, "nehmen Sie beide bitte hier Platz." Hermine zog Draco grob zu den Stühlen und sie setzten sich nebeneinander hin, bemüht, so viel Abstand zwischen sich zu bringen, wie ihre Hände es nun einmal ermöglichten. Das gezwungene Händchenhalten ist genug Körperkontakt mit Malfoy für das ganze Jahr!
Madame Pomfrey nahm den Stuhl ihnen gegenüber und öffnete eine Flasche mit einer bräunlichen Tinktur. Sie sah die beiden ernst an. "Egal wie lustig Sie beide gerade aussehen mögen, das wird jetzt gar kein Spaß für Sie!", mahnte sie mit ernstem Gesichtsausdruck. Hermine nickte tapfer und versuchte sich mental auf alle Schmerzen einzustellen. Sie warf Draco einen Seitenblick zu und glücklicherweise sah auch er beunruhigt aus. Im Gegensatz zu mir ist er es sogar selbst Schuld! Doch sie war viel zu sehr auf sich selbst konzentriert um ihren stummen Protest je laut auszusprechen.
Madame Pomfrey musterte die beiden noch einmal eindringlich um ihren Worten eine stärkere Bedeutung zu verleihen. "Ich kann Sie von dem Schleim im Gesicht, auf den Armen, Händen und Schuhen befreien. Ihre restlichen Klamotten müssen Sie wohl oder übel später entsorgen." Hermine seufzte bedrückt, sie hatte an dem Tag extra ihr Lieblingsshirt getragen. "Und unsere Haare?", nahm Draco ihr jedoch plötzlich ihre größte Frage vorweg. Überrascht musterte sie ihn, doch er wich erneut ihrem Blick aus und presste die Lippen zu einer geraden Linie zusammen. Hatte er das etwa für sie gefragt? "Ich denke, ich dürfte es größenteils wegbekommen, der Rest wird wohl beim Duschen weggehen", lautete die erleichternde Antwort und Hermine atmete hörbar aus und fühlte sich gleich ein wenig entspannter.
Sie beobachtete, wie Madame Pomfrey einige Tropfen der Tinktur auf einen Schwamm gab und dann begann ihn leicht über Hermines und Dracos verklebten Hände zu reiben. Ein hoher Aufschrei trat aus Hermines Kehle als sich ein brennender Schmerz auf ihrer Hand ausbreitete. Ihr Blick richtete sich auf Draco, in der Hoffnung durch einen spöttischen Blick von ihm zumindest abgelenkt zu werden, doch auch er saß mit schmerzverzerrter Miene da und hatte die Augen geschlossen. Hermine biss sich feste auf die Lippe, als das Brennen ihrer verklebten Haut immer stärker wurde und, ob sie wollte oder nicht, begann sie intuitiv Dracos Hand zu drücken, um den Schmerz erträglicher zu machen.
Nach einigen Momenten, die Hermine wie eine Ewigkeit vorkamen, legte Madame Pomfrey den Schwamm zur Seite und Hermine entriss sich blitzschnell und mit funkelndem Blick Dracos Hand. Diese Schmerzen gingen auf sein Konto! Prüfend betrachtete sie ihre noch immer brennende Hand und sie kaute verbittert auf ihrer Unterlippe herum. Der Schleim war zwar restlos verschwunden, dafür hatte die Tinktur jedoch ebenfalls ihre Haut verätzt, welche nun feuerrot glänzte und kontinuierlich Schmerzenswellen aussendete. Sie bemerkte, dass Draco sie von der Seite betrachtete, doch sie tat ihm nicht den Gefallen, seinen Blick zu erwidern. Er weiß ganz genau dass er für diese höllischen Schmerzen die alleinige Verantwortung trägt.
Madame Pomfrey setzte die Behandlung an ihren Armen, Beinen, sowie Gesichtern fort. Als sie einen besonders verklebten Fleck auf Hermines Wange, direkt unter ihrem Auge vorsichtig mit dem Schwamm bearbeitete, stiegen Hermine vor Schmerz Tränen in die Augen und ein leises Wimmern drang aus ihrer Kehle. "Ist gleich vorbei", murmelte die Heilerin sanft und Hermine schloss die Augen um ihre Tränen vor Draco zu verbergen, wobei sie sich insgeheim sicher war, dass er sie längst gesehen hatte.
Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt, als die Behandlung endlich vorüber war und Hermine befreit einatmete. Madame Pomfrey hatte gute Arbeit geleistet und bis auf ihre Kleidung alles von dem klebrigen Schleim befreit. Abschließend hatte sie eine Creme auf jede behandelte Stelle gegeben und Hermine merkte wie es langsam wirkte und der brennende Schmerz leicht nachließ. Sogar ihre Haare hatte die Hexe wieder ziemlich gut hingekriegt. Hermine war zuversichtlich, dass die letzten Reste beim nächsten Duschen bestimmt weggewaschen werden würden.
Dennoch war sie fertig mit den Nerven und hätte Draco am liebsten den Hals umgedreht. So hatte sie sich ihren ersten Schultag nicht vorgestellt. Direkt am Anfang des Jahres Schulstoff nachzuarbeiten - das war eine Katastrophe!
Als sie zusammen mit Draco, der ein wenig blasser als sonst und ebenso erschöpft aussah wie sie, aus dem Krankenflügel trotteten flüsterte sie: "Das ist alles nur deine Schuld!" Sie war zu müde um eine zickigen Unterton in ihre Worte zu legen, doch insgeheim wünschte sie ihm ein schlechtes Gewissen dafür, was sie die letzten Stunden wegen ihm erlitten hatte. Nur wegen seiner überstürzten Tat und seinem Stolz, eine gute Note erlangen zu müssen, ohne etwas dafür zu tun, war ihnen ein ganzer Tag geklaut worden.
Eine Weile lang herrschte Stille, ehe Draco plötzlich ein leises und fast unhörbares "Tut mir Leid" in Richtung Boden nuschelte. Hermine stockte und war sich beinahe sicher, sich verhört zu haben. Sie suchte Dracos Blick, doch er starrte auf den Boden vor sich. Hatte er sich gerade entschuldigt? Nein, das war doch nicht möglich! Oder etwa doch? "K... könntest du das nochmal wiederholen?", meinte sie überrascht und endlich erwiderte der blonde Slytherin ihren Blick. Hermine konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass es ihm extrem missfiel sich bei ihr zu entschuldigen. "Tut mir Leid Granger", brummte er zwischen zusammen gebissenen Zähnen und wich ihrem Blick beim Sprechen erneut aus.
Hermine grinste und konnte ein beflügelndes Ziehen in ihrer Brust nicht ignorieren. Vielleicht waren Helens Worte ja tatsächlich Glauben zu schenken und Draco konnte tatsächlich anders sein, als wie er sich sonst immer gab.
Dann hingegen fügte er hinzu: "Aber keine Sorge, so schlimm sahst du gar nicht aus. Also nicht viel schlimmer als sonst immer. Ich bin mir ganz sicher, du würdest Weaselby auch so gefallen." Und da war es wieder, dieses schleimige Malfoy-Grinsen und der spöttische Ton in seiner Stimme. Hermine musste sich zusammenreißen ihm nicht die Nase zu brechen. Ihre Hoffnung, dass er insgeheime vielleicht doch etwas Gutes in sich trug, war zerschmettert. "Du Arsch", zischte sie und stürmte davon, ohne auf die aufsteigenden Tränen zu achten, die in ihre Augen traten und ihr einen unangenehmen Kloß im Hals bescherten.
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