Der letzte Flug Teil2
2002
"Bitte komm mit. Du wirst doch wohl mal einen Abend ohne Jan klar kommen, oder?" bettele ich meine beste Freundin Maren an.
Ich habe extra zwei Tage Urlaub genommen, um zur Open- Air Aufführung der Rocky- Horror- Picture Show zu gehen, worauf ich mich schon wirklich freue! Mein heißes Outfit liegt parat und auch die nötigen Utensilien, die man für dieses Event braucht- Reis, Wasserpistole und Zeitungen. Und nun meint Maren, sie hätte keine Lust, sich den Film zum fünften Mal anzugucken!
„Frag doch mal deine Kollegen." sagt sie und schaut mich verlegen an.
„Ach, die stehen da alle nicht drauf. Außerdem ist das jetzt wohl etwas kurzfristig! Wenn du mitkommst, dann mach ich mit dir auch den Kurztrip nach Amsterdam, okay?" schmeichle ich.
Vielleicht hilft ja dieses Angebot, sie umzustimmen!
Sie verzieht das Gesicht.
„Weißt du, Jan fährt schon mit mir....sorry."
Ich stöhne. Schließlich willigt Maren nach einer halben Stunde doch ein, aber nur, weil Jan meint, es gäbe Fußball und sein Kumpel würde vorbei kommen. Zwei Stunden später stehen wir vor der großen Waldbühne, beobachten Fledermäuse und warten, dass der Film beginnt. Meine Strapse drücken und ich fummele an ihnen herum. Das kurze, schwarze Kleidchen darüber ist für meinen Geschmack viel zu knapp, doch Maren meinte, es sei verdammt sexy und man würde ja sonst die Strapse nicht sehen. Sie deutet grinsend auf ein paar jüngere Typen, die in der Nähe stehen, zwei von ihnen sind wie Frank 'n'Furter gekleidet. Mir fällt sofort auf, dass sie riesige Pumpguns mit gebracht haben! Ich gucke Maren an und will was sagen, da geht der Film los.
Wir werfen Reis und johlen, die Stimmung ist jetzt schon bombastisch. Einer der Jungs lächelt mich süß an, ich lächle zurück. Er trägt eine dunkel umrahmte Brille und hat wilde, blonde Locken, erscheint mir ziemlich nerdy, aber niedlich. Doch viel zu jung! Dann kommt die Regen- Szene und sofort werden wir von allen Seiten nass gespritzt. Auch von Goldlocke, der sich besonders viel Mühe gibt, mich mit seiner Pumpgun komplett einzuweichen! Dagegen kann meine winzige Wasserpistole nicht mithalten! Endlich ist die Szene vorbei, unsere Zeitungen haben sich förmlich aufgelöst und wir sind klatschnass. Ich spüre, wie mein Makeup langsam zerläuft, meine Haare kleben am Kopf und ich möchte die Jungs am liebsten töten, besonders den Blonden, der nun bei mir absolut unten durch ist! Und wenn er noch so süß lächelt! Maren schimpft vor sich hin. Natürlich sagt sie, sie wäre ja sowieso lieber zuhause geblieben. Ich knete die Zeitung, um ruhiger zu werden und plötzlich habe ich eine Idee. Rolle ein Stück zu einem festen, kleinen Ball und gucke Maren an. Sie grinst und macht sich ebenfalls einen Ball.
Die Jungs grölen und tanzen den nächsten Song mit und ich ziele auf Goldlocke. Er dreht sich gerade weg, als ich den Ball mit Schwung in seine Richtung werfe. Sodass ich seinen nackten Oberarm treffe. Die kleinen Biester scheinen weh zu tun, er dreht sich zischend zu mir um. In der Zwischenzeit habe ich den nächsten Ball fertig und werfe ihn, während Goldlocke geschickt zur Seite springt und einem Kumpel die Pumpgun entreisst. Dann dusche ich wieder! Nun steigen auch andere Zuschauer mit ein, sie kneten nasse Papierkugeln und bewerfen ebenfalls die Jungengruppe, die sich mit ihren Wasserwerfern wohl keine Freunde macht haben! Schließlich ist eine laute Schlacht in Gange, während der Film weiter läuft. Ein Ordner kommt und bittet uns, leise zu sein, dabei gerät er zwischen die Fronten und Goldlocke, der gerade nachgeladen hat, spritzt ihn anstatt mich nass. Nun, der Ordner ist jetzt zu Recht sauer und schmeisst die Jungs raus. Ich will mich gerade freuen, als irgendjemand quakt, dass wir angefangen hätten, mit den Kugeln zu werfen. Ich stöhne auf. Maren und ich werden ebenfalls des Platzes verwiesen!
Missmutig stehen wir vor dem Eingang und Maren ruft sofort Jan an, um ihn zu bitten, uns abzuholen. Ich bin echt genervt und klatschnass, so hatte ich mir den Abend nicht vorgestellt! Plötzlich höre ich ein leises Räuspern hinter mir. Ich drehe mich um und der ebenfalls pitschnasse, mit Druckerschwärze befleckte Brillenträger steht lächelnd vor mir und guckt zu mir runter. Ja, der „Kleine" überragt mich locker um einen Kopf!
„Ha...Hallo. Ich bin Mark." stellt er sich vor und hält mir die Hand hin.
„Anna. Das ist Maren. Nun, ich hoffe, wir sind nun quitt oder plant ihr einen erneuten Angriff?" frage ich skeptisch.
Er lacht verlegen und guckt zu Boden. Oh, ist der schüchtern! Sofort verfliegt mein Groll auf ihn. Doch Maren keift los: „Sag mal, spinnt ihr? Ich habe gestern erst 'ne neue Dauerwelle machen lassen, und guck..."
Ich unterbreche sie: „Maren, hör auf. Wir haben auch scharf geschossen und ich denke, die Druckerschwärze bekommt Mark bestimmt nie wieder aus seinem weißen Shirt raus."
Nun schaut der große, schlacksige Typ wieder hoch, blickt mir fest in die Augen und erwidert lächelnd: „Ach, schon gut. Wir haben ja damit angefangen..."
Maren zischt mir genervt zu: „Okay, Jan kommt gleich. Willst du mitfahren oder lieber weiter klatschnass in der Gegend herum stehen?"
Ich will gerade antworten, da murmelt Mark: „Oh, du frierst bestimmt."
Er knotet die Ärmel seiner Kapuzenjacke auf, die er lässig um die Hüften getragen hatte, und legt sie mir Gentleman- Like um die Schultern. Sie ist nur etwas feucht und angewärmt durch seine Körperwärme. Ich lächle ihn dankbar an und Maren stöhnt. Ich seufze und wende mich meiner Freundin zu.
„Ich weiß nicht. Wär doch schade, jetzt schon nach Hause zu gehen...Was habt ihr noch so vor, Mark?"
Ich blicke von ihr zu dem großen Typ, der mich immer noch anschaut. Er wird rot und guckt wieder auf seine Füße.
„Salinger! Was ist jetzt?" gröhlt jemand aus seiner Truppe.
Mark zuckt mit den Schultern, murmelt „Bin gleich zurück" und geht zu ihnen rüber.
„Du willst doch nicht mit wildfremden Kerlen durch die Gegend ziehen, oder?" flüstert Maren. „In dem Aufzug? Schreib doch gleich: "Vergewaltige mich!" auf deine Stirn!"
Ich atme scharf ein und antworte: „Du bist ja heute echt gut drauf, Maren! Ich will doch nur..."
Ich stoppe im Satz, da die Jungs abgezogen sind und Mark wieder vor mir steht.
„Die wollen ins Queens." berichtet er. "Habe da keine Lust drauf. Ist nicht so meine Musik..."
Ich nicke.
„Geht mir genauso. Woher kommt eigentlich dein Akzent?" frage ich interessiert.
„Oh, ich bin Engländer. Ich studiere hier Medizin. Studierst du auch?"
Ich lache.
„Nein, schon lange nicht mehr. Ich bin einunddreißig!"
„Oh." lächelt er verlegen und sagt dann: „Hätte ich jetzt nicht gedacht. Ich bin genau zehn Jahre jünger..."
„Na, herzlichen Glückwunsch!" lächle ich und er lacht.
Ich wende mich wieder meiner Freundin zu. „Apropos englisch, wir wollten doch mal diesen neuen, irischen Pub ausprobieren?"
Maren mault:„Aber nicht heute, ich bin müde und sehe aus, wie ein begossener Pudel!"
„Na, wir sehen doch auch nicht viel besser aus! Ich mache Alice Cooper alle Ehre." schmunzele ich.
„Jep, und der begossene Pudel bin wohl eher ich!" lacht Mark und deutet auf seine nassen Locken.
Ich stimme mit ein und nicke. Da kommt Jan schon vorgefahren und Maren schaut mich abwartend an. Ich gucke zu Mark und frage: „Wollen wir beide ...vielleicht noch ein Bier im Finnegan's trinken?"
Keine Ahnung, was mich gerade reitet, normalerweise bin ich auch eher zurückhaltend in diesen Dingen. Mark nickt und wird wieder rot.
„Klar. Sehr gerne." raunt er und ich stelle fest, dass er eine angenehme Stimme hat.
„Na, dann..." sagt Maren, an mich gewandt. „Meld dich bitte, wenn du zuhause bist, ja? Nicht, dass..."
„Ich pass schon auf sie auf. Ich seh vielleicht nicht danach aus, aber wenn es sein muss, werde ich die hübsche Dame verteidigen!" lächelt Mark und nun werde ich rot!
Und ich schiele auf seine nackten Oberarme, die sehnig und muskulös sind. Ich denke schon, das die fest zupacken können! Maren murmelt:„Trotzdem. Man weiß ja nie..."
Ich umarme sie und entgegne: „Es ist okay, Maren. Ich weiss, was ich tue."
Obwohl, als Jan los gefahren ist, wird mir erst klar, was ich da angestellt habe. Das ich nun mit einem Typen, den ich gerade mal seit einer knappen halben Stunde kenne, alleine unterwegs bin und noch nicht mal Pfefferspray dabei habe! Doch ich bezweifle, dass Mark über mich herfallen könnte, denn er hat mir bisher weder auf meine durch die Kälte hervorstehenden Brustwarzen, noch auf meine halbnackten, in Strapse verpackten Beine geguckt. Nun ja, vielleicht habe ich es einfach nicht bemerkt, doch eigentlich kriege ich sowas schnell mit, denn ich beobachte Menschen sehr genau.
„Weißt du, wo wir lang müssen?" fragt Mark sanft. „Ich kenne mich noch nicht so gut hier aus."
„Ja, folge mir einfach unauffällig." lächle ich.
Er lächelt schüchtern zurück. Nein, dieser Typ könnte mich nicht vergewaltigen, die Gefahr besteht eher umgekehrt! Wir gehen eine Weile schweigend nebeneinander her, lächeln uns an, wenn wir auf der Straße etwas Amüsantes entdecken und berühren uns manchmal zufällig am Arm. Dann kommt uns ein bulliger Typ entgegen, der mich ungeniert von oben bis unten taxiert. Er steuert direkt auf mich zu. Ich werde nervös und Mark richtet sich sofort auf. Er legt seinen Arm um meine Schultern und guckt den Kerl grimmig an. Es funktioniert, der Typ dreht sich wortlos um und geht in die andere Richtung zurück. Ich atme auf.
„Ist es...okay, wenn ich den Arm noch ein wenig liegen lasse? Falls er nochmal aufkreuzt?" fragt Mark leise und ich schmunzele.
„Du darfst ihn gerne liegen lassen, auch wenn keine Gefahr mehr bestehen würde. Mir ist nämlich kalt. Immer noch deinetwegen, übrigens!"
„Sorry..." sagt er sanft und reibt meinen Arm. „Ich weiß, das war die blödeste Anmache ever, hm?"
Ich schaue ihn überrascht an und er wird wieder rot.
Anmache? Mich? Doch bevor ich ihn festnageln kann, stehen wir vor dem Finnegan's und ich verschwinde gleich auf der Toilette, um mein Makeup zu checken. Ich sehe tatsächlich aus wie Alice Cooper! Uah! Auch mein Styling ist hin, aber das lässt sich nicht mehr ändern. Gesäubert gehe ich zurück und finde Mark in einer lauschigen Ecke, er brütet über der Getränkekarte.
„Ehrlich gesagt, bin ich eher ein Fan von eurem Bier als vom irischen." lächelt er mich an, als ich neben ihn rutsche.
Wow, hat er schöne Augen! Hier in dem Licht fällt es erst richtig auf, dass sie hell leuchten! Ich kann meine kaum von ihm lösen, so fasziniert bin ich. Nun, Mark ist kein Adonis auf den ersten Blick, aber spätestens, wenn er lacht, ist man ihm verfallen. Sein hübsches Gesicht, die gerade Nase und die schmalen, aber schön gezeichneten Lippen. Ich bemerke, dass wir uns wieder zu lange anschauen und sage schnell:„Äh, das gibt es hier doch bestimmt auch, oder?"
Mark lächelt und guckt in die Karte. Dann nickt er.
„Yep. Was nimmst du?" fragt er dann und ich beuge mich zu ihm, um einen Blick auf die Karte werfen zu können.
Mein Herz klopft schneller. Mark räuspert sich.
„Oh, sorry. Hier."
Er reicht mir die Karte. Ich bin fast enttäuscht, als ich mich jetzt wieder zurücklehnen muss. Und als ich nach der Karte greife, fällt es mir zum ersten Mal auf. Ja, er hat auf meine Brüste geschaut, ganz kurz nur. Ich schmunzele und schlage die Beine übereinander. Die Bedienung kommt, ein junges, rothaariges Mädchen, das uns freundlich anlächelt. Mark bestellt und sie flirtet ihn an, doch dieses Mal wird er nicht verlegen, nein, ich habe eher das Gefühl, dass er total cool damit umgeht. Aber warum ist er denn mir gegenüber so scheu? Die Kellnerin geht und er lächelt mich an.
„Nett, hier. War eine gute Idee, Anna."
„Hm, finde ich auch. Kennst du diesen Song? Der gefällt mir."
„Na, klar, die Pogues! Hab die mal live gesehen, in Dublin..."
Dann unterhalten wir uns über Irland, irische Musik und Mark erzählt mir von seiner englischen Heimat. Er plappert wie ein Wasserfall und ich schaue ihn dabei die ganze Zeit verträumt an. Denn er hat nicht nur schöne Augen, nein, ich verliebe mich sofort in seine Art, zu erzählen. So kriege ich nur am Rande mit, dass die Getränke gebracht werden. Erst, als er einen Schluck trinkt, spüre ich, dass ich unheimlichen Durst habe. Das Kilkenny ist eiskalt und ich fröstele, nachdem ich es wieder abgesetzt habe. Der hübsche Engländer sagt leise:„Wenn du möchtest, dann..."
Er hebt den Arm an und ich ich verstehe. Kuschele mich hinein. Wir lauschen der Musik, die jetzt etwas ruhiger geworden ist und ich lege meinen Kopf an seine warme Schulter. Auch das fühlt sich gut an, vertraut, als würde ich ihn schon mein ganzes Leben kennen. Die Kellnerin schaut mich missmutig an, ich kann sie da voll verstehen! Umgekehrt wäre es genauso! Mark's Bein berührt meines und dann spüre ich, wie er sanft seine Nase in mein Haar drückt. Ich schließe die Augen. Diese Anziehungskraft, die er auf mich ausübt, ist der Wahnsinn, so etwas habe ich noch nie erlebt! Ich drehe meinen Kopf zu ihm und stupse meine Nase an seine. Mark hält die Luft an, keiner von uns bewegt sich. Ich überlege, ob er mich für eine Schlampe halten würde, wenn ich jetzt küssen würde. Doch ich bin fasziniert von dem kleinen Zipfelchen an seiner Oberlippe und will unbedingt wissen, wie es sich anfühlt! Also drücke ich sanft meine Lippen darauf und Mark zieht scharf die Luft ein. Bevor ich mich jedoch wieder artig zurückziehen kann, schnappen seine Lippen nach meinen. Und dann hält uns nichts mehr. Ich lege meine Arme um seinen Hals und drücke mich an ihn, spüre, wie sein Herz schneller zu schlagen beginnt und sich meinem Rhythmus anpasst. Und als ich den Mund öffne und unsere Zungen vorsichtig aufeinander treffen, stöhnt Mark leise. Zögernd legt er seine Hand auf meine Hüfte, als ob er sich noch nicht sicher wäre, ob es okay ist und er vielleicht doch eine gescheuert bekommt. Hallo, Kleiner, ist meine Zunge gerade in deinem Mund oder was? Sein Kuss wird fordernder und nun stöhne ich ebenfalls auf. So sind wir eine Weile dabei, und selbst, als wieder ein schnellerer Song gespielt wird, lösen wir uns nicht voneinander. Ich lege mein Bein über seines und er keucht. Er nimmt seine Hand von meiner Hüfte und berührt sanft mein Knie, streicht zärtlich darüber. Ich quengele leise. Fass mich an, du niedlicher Kerl! Bitte! Er könnte mir jetzt direkt zwischen die Beine greifen, ich würde es begrüßen! Wir lösen uns atemlos und schauen uns in die Augen.
„Ich mache sowas normalerweise nicht...so...schnell." haucht Mark und ich nicke.
„Ich auch nicht. Nur bei dir...kann ich es nicht bremsen." keuche ich.
„Geht mir auch so." murmelt er und küsst mich wieder.
Seine Hand wandert ein winziges Stück höher und ich piepse gequält. Mann! Er kichert. Sein Mund wandert zu meinem Ohr.
„,Ich bin eigentlich nicht der Typ für one night stands." flüstert er.
„Ich hatte auch noch nie einen..." flüstere ich zurück.
Dann küssen wir uns wieder. Versichern uns noch drei-, vier Male, das wir ganz bestimmt nicht solche Menschen sind, die sofort miteinander ins Bett gehen würden! Schließlich liegt seine Hand auf meinem Oberschenkel und er spielt mit meinen Strapsverschluss, während ich meine zärtlich über seinen Brustkorb wandern lasse.
„Okay, fahren wir zu mir." keucht Mark und ich nicke eifrig.
Wir bezahlen, bestellen ein Taxi, in dem die Küsserei weiter geht. Im Studentenwohnheim wird Mark auf dem Weg zu seinem Zimmer öfter angesprochen, die anderen Studenten machen Scherze, aus denen hervor geht, dass Mark anscheinend noch nie ein Mädchen hier her gebracht hat. Durch die Ablenkung komme ich ein wenig zu Atem, doch nimmt meine Lust nicht ab, ganz im Gegenteil. Mark geht vor mir die Treppen hoch, sodass ich seinen süßen Hintern bewundern kann. Ich streiche sanft über seine Jeans und er zischt leise. Kaum sind wir in seinem Zimmer, fällt er förmlich über mich her und raunt gequält:„Mann, ich platze gleich, Anna!"
Er drückt mich zum Bett, ich lasse mich mit ihm fallen. Wir kichern, dann schiebt er mein Kleid hoch und küsst meinen Bauch. Ich schließe die Augen und seufze. Ich habe nicht genug getrunken, um plötzlich auftretende, bescheuerte Gedanken zu verdrängen. Die da wären, dass ich einen häßlichen Schwabbelbauch habe, den der süße Typ gerade so hingebungsvoll küsst, als wäre ich Angelina Jolie! Mark kommt hoch und zieht mir das Kleid über den Kopf. Hält inne und betrachtet atemlos meine üppigen Brüste. Er berührt sie ganz langsam, als könnten sie ihn anfallen. Doch ich weiß, warum. Er verzieht gequält das Gesicht und als ich seine Hose öffne, jault er leise. Er schließt seine Augen und legt seine Stirn an meine, keucht: „Denk an deine Großmutter...denk an deine Großmutter..."
Ich kichere.
„Könnte ja fast deine Großmutter sein..."
„Nicht annähernd! Oh...Anna!" keucht er, als ich meine Finger um seine Härte lege.
Oh, ja, der platzt wirklich gleich und wird nicht lange durchhalten, schätze ich!
„Warte..." murmelt Mark, löst sich kurz und wühlt in seinem Schrank herum.
Hält mir ein Kondom vor die Nase und ich lächele. Er streift es sich über und ich ziehe ihn an mich, küsse ihn heiß, was ihn zu einem zarten Wimmern verleitet.
„Komm schon..." flüstere ich in sein Ohr.
Mark schaut mich an und dringt ganz vorsichtig in mich. Nicht, weil er denkt, er würde mir weh tun, oh, nein, ich bin klatschnass und willig. Nein, er versucht weiterhin hartnäckig, nicht zu schnell zu kommen, aber ich denke, das er es nicht schaffen wird. Er hält inne und jault wieder.
„So schlimm?" flüstere ich.
„Hm." quakt er.
„Soll Omi dir helfen, mein Junge?" frage ich mit krächzender Stimme und er prustet los.
„Danke." murmelt er dann und beginnt, mich sanft zu reiben.
Ich stöhne auf. Gott, kann der süße Typ seine Hüften bewegen! Aber gerade, als ich kurz davor bin, kommt er. Ach, verdammt aber auch! Mark küsst mich sanft. Wir schmusen noch ein wenig, doch mir fallen immer wieder die Augen zu und schließlich schlafen wir in dieser Position ein.
In den frühen Morgenstunden werde ich immer wieder durch Lärm von draußen geweckt. Mark dagegen scheint einen tiefen Schlaf zu haben, er rührt sich nicht. Ich küsse sanft seine Oberlippe, doch nichts passiert. Nun, immerhin liegt er nicht mehr auf mir, das war uns dann wohl doch irgendwann zu unbequem! Trotzdem sind seine langen Beine irgendwie mit meinen kurzen Stampfern verknotet und nachdem ich mich befreit habe, entdecke ich das Kondom, das an meinem Innenschenkel klebt. Urgs! Ich seufze. Bei allen Schwüren, die wir uns gestern Nacht gegeben hatten, glaube ich nicht, dass Mark tatsächlich mehr will, als diese eine Nacht. Er ist zu jung. Einundwanzig! Nein, mehr würde niemals klappen! Tränen schießen in meine Augen und ich verlasse schnell sein Zimmer, das Wohnheim.
Ich sehe in den Strapsen, dem kurzen Kleid und mit verwischten Make- up aus, wie eine echte Schlampe! So versuche ich, im Bus niemanden anzuschauen und als ich endlich zuhause angekommen bin, atme ich erleichtert auf. Schreibe Maren, dass alles okay wäre und gehe dann duschen. Ich sehe ständig Marks Gesicht vor mir. Höre seine Stimme. Die süßen Geräusche, die er von sich gegeben hatte, während wir rum gemacht haben. Und wieder laufen die Tränen. Nein, ich muss ihn ganz schnell vergessen! Denke ich gerade, als plötzlich das Telefon klingelt. Ich stürze hin, vielleicht...nun ja, ich hatte Mark noch im Finnegan's meine Nummer gegeben.
„Anna?" höre ich seine schöne Stimme.
„Ja." piepse ich.
„Warum haust du einfach ab, ohne, dass wir uns verabschiedet haben? Heißt das, ich bin doch nur ne kurze Nummer zwischendurch gewesen?"
Oh. Er klingt sauer. Hm, das kenne ich gar nicht von ihm. Ach was, ich kenne ihn doch überhaupt nicht! Und umgekehrt genauso. Selbst wenn ich besser aussehen würde, wäre ich alles andere als das perfekte Girlfriend! Ich versuche, mich zu erklären: „Nein, ich...weißt du, ich konnte mir nicht vorstellen, dass du mehr willst als...das, was wir getan haben. Ich bin doch so viel älter als du."
„Zehn Jahre, ja, vielleicht ist das viel. Aber kein Hindernis, nicht für mich." raunt er und mein Herz sackt in die Hose.
Ich bin still und er auch.
„Aber wenn dir das zu riskant ist...mit so einem jungen Kerl wie mir..." sagt er dann leise, fast schüchtern.
„Nein!" erwidere ich schnell, viel zu schnell. „Ich möchte nur nicht, dass deine Freunde dich auslachen, wenn du eine alte Lady anschleppst..."
„Anna...die Typen gestern waren nicht meine Freunde. Ich habe nur einen besten Freund, der lebt in England und ist genauso merkwürdig, wie ich. Und selbst, wenn...es ist mir völlig egal, was die anderen über mich denken. Aber es ist mir nicht egal, was du über mich denkst. Hast du Lust auf Frühstück, damit wir ein bisschen reden können?"
Ich lächle.
„Meinst du, das kriegen wir hin ohne...naja...?"
„Wenigstens fünf Minuten. Wir machen Speed Dating." lacht er.
„Gute Idee. Mann, ich habe noch nie in meinem Leben so schnell einen Kerl geküsst wie dich!" schmunzele ich.
„Das hast du mir doch gestern schon gesagt."
„Echt? Ich dachte, da ging es um One Night Stands?"
„Das gehört doch zusammen, oder?" lacht Mark.
„Hm. Ist richtig. Äh...willst du zu mir kommen?" frage ich leise.
„Oh, das...könnte wirklich in die Hose gehen..." raunt er. „Im wahrsten Sinne des Wortes. Übrigens, für jemanden, der eine andere Sprache spricht, ist dieses Sprichwort ziemlich delikat!" lacht er dann. „Ich habe Ewigkeiten gebraucht, bis ich kapiert habe, dass es nichts mit Sex zu tun hat."
Ich lache.
„Ja, ja, die deutsche Sprache, ich sag's dir! Und hey, es ist mir egal, ob wir nur fünf Minuten oder drei Stunden reden. Ich...will dich sehen, Mark."
Mark raunt: „Bis gleich!" und legt auf. Ich schmunzele. Hatte ich ihm gesagt, wo ich wohne? Ich schreibe ihm eine Nachricht und er schickt einen blinzelnden Smiley zurück. Und: „Brötchen?" Natürlich bejahe ich. Ziehe mich schnell an, dann decke ich den Tisch.
Mark kommt etwa eine halbe Stunde später und ich bin so aufgeregt, als hätten wir unser erstes Date, was ja irgendwie auch so ist. Wir schaffen es tatsächlich, etwas zu essen und dabei wirklich zu reden, doch kaum ist der letzte Schluck Kaffee ausgetrunken, landen wir knutschend auf der Couch. Und da der süße Held in der letzten Nacht etwas Dampf aus dem Kessel gelassen hatte, schafft er es tatsächlich, mich dieses Mal zum Höhepunkt zu bringen und ich starre ihn keuchend an. Bisher war ich immer nur durch Fingern gekommen, nie beim Akt selbst. Mark grinst frech und raunt:
„Na, Oma, war das besser?"
Ich stupse ihn an und wir kabbeln uns lachend, bis er wieder startbereit ist. Und danach verbringen wir das Wochenende ausschließlich mit Sex- im Bett, unter der Dusche, auf dem Teppich...unterbrochen von Kissenschlachten, Unterhaltungen, ein bisschen Nahrungsaufnahme und einem kurzen Telefonat mit Maren, die meint, dass es bestimmt nicht gut gehen würde mit so einem jungen Kerl wie Mark. Nun, die nächsten zwei Wochen sehen Mark und ich uns gerade mal eine einzige Nacht, weil ich ständig im Einsatz bin. Den Job bei der Flugrettung habe ich erst neu, davor war ich drei Jahre in einem Urlaubsparadies für Rundflüge zuständig gewesen. Mark und ich versuchen zwar, auch mal etwas zusammen zu unternehmen, aber wir sind ständig so im Liebesentzug, dass wir schnell wieder nach Hause flüchten, um dort übereinander her zu fallen. Wochen vergehen, schließlich feiern wir unser Dreimonatiges. Maren ist überrascht, dass wir es überhaupt soweit geschafft haben, denn die Male, an denen Mark und ich zusammen waren, konnte man an einer Hand abzählen! Doch wenn wir getrennt waren, haben wir uns jede freie Minute Nachrichten geschrieben, täglich telefoniert oder Grußkarten mit Liebesbotschaften für uns hinterlassen.
Während wir wieder einmal in meinem Bett herumwühlen, weil ich mich bei Mark für die niedliche „Mit dir fahre ich bis ans Ende der Welt"- Diddl-Karte bedanken will, klingelt sein Telefon und hört nicht wieder auf. Mark geht ran und ich höre, dass es sein Vater ist, denn Mark redet auf eine bestimmte Art mit ihm...und natürlich englisch! Marks Gesichtsausdruck wirkt versteinert und er fragt, ob es sehr ernst wäre. Ich fahre zusammen und weiß in diesem Augenblick, dass es nichts Gutes bedeutet, weder für Mark, noch für unsere Beziehung. Einen Tag später fliegt Mark nach England. Eine Woche später sagt er mir am Telefon, dass seine Mutter die Diagnose „final" bekommen hätte. Er holt seine Sachen ab, um ganz zurück nach England zu gehen. Und wir verbringen die erste Nacht zusammen, in der wir nicht miteinander schlafen, nein, keiner von uns ist vor lauter Heulerei dazu fähig, den anderen zu verführen. Wir überlegen hin und her, machen Pläne- ich würde nachkommen, mir einen Job in England suchen- er würde wieder kommen und hier weiter studieren, wenn seine Mutter gestorben wäre. Doch alles erscheint sinnlos. Wir schreiben uns, sagt Mark, hält meine Hände und schaut mich verzweifelt an. Wir hätten es doch bis jetzt auch geschafft und uns kaum gesehen! Doch er weiß genauso wie ich, dass es nicht funktionieren wird. Und so weinen wir weiter, unterbrochen von zahlreichen Liebeserklärungen.
Natürlich klappt es nicht. Als ich Mark eine Woche später besuchen will, schreibt er kurz vorher, dass seine Mutter nicht gut drauf wäre und ich es lieber lassen solle. Als er endlich Zeit hat, zu mir zu kommen, passiert ein Massenunfall nach dem anderen und ich komme aus den Einsätzen nicht heraus. Doch ich schreibe ihm täglich einen Brief. Und täglich kommt einer zurück. Wir telefonieren einmal in der Woche, was oft im Telefonsex endet. Doch wir können uns nicht berühren, nicht anfassen und ich weine jedesmal vor Sehnsucht, wenn Mark den Hörer aufgelegt hat. Ich bin fast versucht, mit meinen Hubschrauber nach England zu fliegen. Mark schreibt mir, dass es ihm genauso schlecht gehen würde und fragt, wie lange wir es noch ertragen können, getrennt zu sein. Schließlich schreibe ich ihm zurück, dass es eine Farce sei, zu versuchen, eine Beziehung nur über das Papier zu führen. Es täte uns beiden nur weh und das wäre nicht der Sinn der Liebe. Ich schreibe ihm, dass ich ihn nun frei geben würde. Es kommt kein Aufschrei zurück, eher ein erleichterter, fröhlicher Brief. Er gesteht mir, dass er nach meinem Brief sofort einer Studentin nachgegeben hätte, die ihn schon länger angebaggert hätte. Nun fühle er sich befreiter, aber es würde nie reichen, um das Loch auszufüllen, dass ich hinterlassen hätte. Ich weine und weine, Maren rät mir, es komplett zu beenden, doch ich kann nicht ohne Mark sein, auch, wenn er mich nur über das Papier liebt. Nach hunderten von Briefen lerne ich ein Jahr später Dirk kennen. Und klammere mich an ihn, wie an einen Rettungsring.
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