Der Hüter meiner Panik 1
Ihre hellen Augen blickten mich an, als würden sie durch mich hindurch sehen. Sie verbarg ihre Emotionen hinter einem gezwungenem Lächeln, und ich fragte mich, warum jemand wie sie nicht anderen Leuten Versicherungen andrehte, anstatt Ärztin zu sein. Sie knetete ihre Finger, die Nägel waren kurz gefeilt und teilweise auch angeknabbert. Dennoch war sie nicht ungepflegt. Trug einen knielangen Rock, eine hellblaue Bluse, die bis oben hin zugeknöpft war. Nein, wenn man jemanden in diesen Raum schicken würde mit der Frage, wer von uns beiden Frauen die mit der nymphomanen Störung wäre, würde dieser jemand garantiert auf mich zeigen. Ich liebte figurbetonte Kleidung und zeigte meine üppigen Rundungen gerne, doch sie gehörten nur einem- meinem Ehemann, dessen Bild ich gerade verträumt anschaute. Ich registrierte, das meine Klientin verstummt war.
„Ist das...ihr Mann?" fragte sie und wollte nach dem Bild greifen.
Ich nahm es und legte es in die Schublade. Sie zog die Augenbrauen hoch. Ich erklärte:
„Hier geht es um sie, Dr. Mills. Entschuldigen sie, das ich kurz abgelenkt war. Ich hatte gefragt, wann es angefangen hatte."
„Das habe ich doch gesagt. Ich weiß es nicht." lächelte sie.
„Aber sie erinnern sich, das der Mann mit der hohen Stimme ihr Erster war?"
„Ja."
„Und wie haben sie es getan?"
Sie legte den Kopf schief.
„Wie ich mit ihm geschlafen habe?"
„Nein. Wann war der Moment, als er von ihrem Patienten zu ihrem Liebhaber wurde?" antwortete ich und versuchte, eine Regung in ihrem Gesicht zu erkennen.
Sie zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Ich habe ihn abgehorcht, dann lagen wir miteinander in meinem Bett."
„Das heißt, sie haben eine Gedächtnislücke?"
Die blonde Frau nickte. Sie war nicht gerade schön, aber auch nicht unattraktiv. Das, was ich auch über mich sagte, wenn ich in den Spiegel schaute, obwohl William anderer Meinung war. Er meinte, ich sei superheiß. Ich dachte genau das über ihn. Hatte es in dem Augenblick gedacht, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe. Vor fünf Jahren.
„Haben sie sonst noch Fragen?" murmelte mein Gegenüber.
Ich schaute sie ernst an.
„Dr. Mills, denken sie bitte ganz genau darüber nach, ob sie sich bei einem der sechs Männer daran erinnern können, wann sie ihn gebeten haben, mit zu ihnen nach Hause zu kommen."
Sie runzelte die Stirn und überlegte, während vor meinen Augen Will auftauchte, in Sportklamotten. Wie er uns damals gemustert hatte, den zusammen gewürfelten Haufen an übergewichtigen Hausfrauen, kaugummikauenden Teenagern und mir, ja, ich war aus der Menge herausgestochen, wie ein bunter Hund. Obwohl ich nicht bunt gewesen war, ganz im Gegenteil, ich hatte wie immer schwarz getragen. Sein Blick war auf mir hängen geblieben und in der nächsten Unterrichtsstunde hatte er mich nach einem Date gefragt.
„Ich glaube, bei dem Dicken hat es so angefangen, das ich seine Hand beim Puls messen auf meine Brust gelegt habe. Aber ich bin mir nicht sicher..." unterbrach Lara Mills meine Erinnerungen.
Sie blickte auf ihre Hände. „Scham?" notierte ich.
„Was haben sie dabei gedacht?" fragte ich.
„Nichts." lächelte sie.
Ich seufzte.
„Was haben sie empfunden, als sie mit ihm im Bett lagen?"
„Ich habe einen Orgasmus bekommen."
„Ja, das haben sie...schon gesagt, aber...was ging in ihnen vor?"
„Ich habe nichts gefühlt. Nur den Orgasmus."
Ich nickte.
„Dr. Mills, sie wissen, worum es hier geht?" fragte ich ernst.
„Ja, Dr. Delaney. Sie sind Gutachterin für das Gericht."
„Richtig. Versuchen sie, genauer zu beschreiben, nur so kann ich ihnen helfen, ihren Doktortitel zu behalten."
Sie schaute mich an, als würde sie nicht verstehen. Ich seufzte wieder und sagte:
„Die heutige Stunde ist um. Sie dürfen gehen."
Sie sprang auf und trippelte aus meinem Büro. Ich versuchte, einen halbwegs vernünftigen Bericht zu tippen, doch immer wieder schweifte ich ab. William Delaney. Der gut aussehende Chief Inspector, der seine Frau seit zwei Wochen nicht mehr berührte. Gestern war er erst um Mitternacht nach Hause gekommen. Natürlich brachte das sein Job mit sich. Und es war nie ein Problem gewesen, denn bisher hatte er immer Zeit für meine Bedürfnisse gehabt. Selbst, wenn er müde war, Will brauchte nicht lange, um mir einen Höhepunkt zu verschaffen. „Ich habe einen Orgasmus bekommen", hatte Lara geantwortet. Mehr fühlte sie nicht, während ich die Welt für Will empfand. Ich hatte manchmal nach dem Sex geweint, weil er mich einfach so umhaute. Das war nicht von Anfang an so gewesen, denn ich war nach England gekommen, weil ich ein Trauma hinter mir hatte. Ein Patient der Psychiatrischen Klinik, in der ich als Psychologin gearbeitet hatte, hatte mich vergewaltigt und so war ich völlig verschreckt gewesen, als Will anfangen hatte, mich zu umwerben. Doch mit sanfter Beharrlichkeit hatte er mich nach kurzer Zeit herum gekriegt, und ein Jahr später hatten wir geheiratet. Ich holte sein Bild heraus und strich über sein Gesicht. Dann stellte ich es an seinen Platz und schaltete mein iPhone ein. Will hatte mir am Mittag geschrieben.
„Darling, ich mag's gar nicht sagen...aber es wird heute wieder spät. Du brauchst mir kein Abendbrot machen, ich esse zwischendurch. Ich vermisse dich. Lass uns am Wochenende nach Brighton fahren, ja?"
„Hast du Evelin's Geburtstag vergessen?" tippte ich seufzend.
Evelin war meine Therapeutin gewesen und nun eine gute Freundin. Sie hatte das Elend mit Will damals mit mir durchlebt, als ich hyperventilierend in ihre Wohnung gestürmt war und ihr berichtet hatte, das der Polizist, der den Selbstverteidigungskurs gab, den ich besuchte, um aufdringliche Kerle abzuwehren, mit mir ausgehen wollte.
Will antwortete nicht auf meine Message und es war schon kurz vor fünf. Ich packte das Telefon in meine Tasche und zog den Mantel über. Meine Sekretärin blickte müde auf, als ich in den Vorraum kam.
„Dr. Delaney, wir brauchen den Vorbericht von Mr. Johnson. Sonst kann ich nicht alle Unterlagen wegschicken." seufzte sie. „Ich habe bestimmt hundert mal versucht, die Klinik zu erreichen."
„Mach doch für heute Schluß. Ich rufe morgen früh gleich Richter Collins an und erkläre es ihm." lächelte ich zurück.
Collins war ein Freund von Will und daher würde er mir nicht gleich den Kopf abreißen. Obwohl auch er mich streng beäugt hatte, als Will mich damals seinen Freunden vorgestellt hatte. Die düstere Deutsche mit der zwielichtigen Vergangenheit. Doch mein liebster Schatz hatte sich nie beirren lassen.
Una nickte. Ich sagte:
„Und nenne mich doch bitte Tanja, ja? Wir kennen uns schon seit drei Jahren."
„Gerne, Tanja. Bis morgen. Oh, Mann...Steve kommt mich gleich abholen...Himmel, bin ich aufgeregt." stöhnte sie.
„Das wird schon werden. Ich denke an dich, hm?" lächelte ich zuversichtlich.
Ach, diese Frisch- Verliebten! Ich fühlte mich immer noch genau so verliebt, doch hatte ich gerade panische Angst, das mein Ehemann mich betrog. Als ich in unserem kleinen Häuschen ankam, begrüßte mich unser Cockerspaniel schon freudig und ich schickte Emma, die Hundesitterin, heim. Sie war die Nachbarstochter und liebte Müller, wie ich den Hund genannt hatte. Ich kochte ein paar Nudeln, doch richtigen Hunger hatte ich nicht. Um kurz nach sieben antwortete Will endlich.
„Sorry, total vergessen. Samstag, oder? Muss ich mit?"
Ich war fast versucht: „Nein, du kannst ruhig zu deiner Geliebten fahren." zu antworten. Statt dessen antwortete ich gar nicht. Uh, was hatten wir in den Anfängen gechattet! Da war Will noch Detective Inspector gewesen, doch trotzdem. Er hatte mir immer sofort geantwortet und mir tausendmal geschrieben, das er mich vermisste. Nun, jetzt hatte er es natürlich auch geschrieben, aber ich vermutete, das es einfach Routine war. Ich begann, zu putzen, wie immer, wenn es mir schlecht ging. Nach dem Überfall war es genauso gewesen, beim Putzen musste ich nicht nachdenken. Manchmal hatte ich noch Albträume, besonders, wenn Will nicht bei mir war. Wie heute. In seinem Arm fühlte ich mich sicher. Ich schrubbte missmutig das Waschbecken und Müller fiepte.
„Wir gehen gleich raus." murmelte ich.
Mein Telefon klingelte. Es war Will.
„Bist du sauer?" fragte er mit dieser betörenden Stimme, die ihm zu eigen war.
Oh, ich vermisste den Sex wie furchtbar!
„Nein. Warum?" hauchte ich.
„Weil du mir nicht antwortest."
„Ich habe zu tun. Und du...hast mir auch nicht geantwortet."
Will seufzte.
„Weil ich gerade an einer nervigen Konferenz teilnehmen musste und der Commissioner mir den Hals umgedreht hätte, wenn ich mit dem Telefon gespielt hätte. Bist du noch arbeiten, Schatz?"
„Nein, zuhause. Aber ich putze."
„Hast du nicht schon gestern geputzt?"
„Bin nicht fertig geworden..." murmelte ich.
„Ach, Süße. Was ist los?" fragte er nun sanft.
Natürlich wußte Will, das ich nach dem Trauma einen Putzfimmel entwickelt hatte.
„Die...Arbeit ist gerade anstrengend." log ich.
Obwohl, an der Nymphomanin würde ich mir die Finger ausbeißen!
„Ich wünschte, wir hätten Zeit, zum Reden. Ich werd' versuchen, mich früher von hier los zu eisen, ja? Und denke daran, auch etwas Schönes zu machen, schrubbe bitte nicht wieder die halbe Nacht." schloß Will ruhig.
Woher wußte er das? Ich seufzte.
„Was soll ich denn Schönes machen? Du bist nicht da..." hauchte ich.
„Netflix. Baden. Einen Kuchen backen."
„Hm, Kuchen ist eine gute Idee! Obwohl ich so etwas nicht gemeint habe."
„Was denn?" lachte er leise.
„Du weißt, was ich möchte." seufzte ich.
„Mit mir kuscheln? Hm, ich möchte das auch. Soll ich...dich aufwecken, wenn ich zuhause bin?" raunte er so sanft, das ich feucht wurde.
„Ja..." hauchte ich. „Bitte. Ich...vermisse dich so sehr."
„Und ich dich. Ich bin schon völlig ausgehungert. Dieser verdammte Fall...ich kann einfach nicht abschalten. Tut mir so leid, Schatz. Aber du wirst nicht zu kurz kommen, das verspreche ich dir."
Ich stöhnte leise. Hörte Stimmen im Hintergrund.
„Schatz...ich muss weiter. Ich liebe dich."
„Ich dich auch..." murmelte ich.
Ich zog die Handschuhe aus und legte mich auf das Bett. Hatte Müller ausgesperrt und hörte, wie er an der Schlafzimmertür kratzte. Ich schaute auf unser Hochzeitsfoto, damals war Will glatt rasiert gewesen und hatte kürzere Haare gehabt. Nun waren seine Locken länger und er trug einen Vollbart. Der sich einfach genial an meinen Innenschenkeln anfühlte, ich stöhnte und begann, meine Hose auszuziehen. Dann die Unterhose und ich spreizte die Beine. Ich hatte es meinem liebevollem Ehemann zu verdanken, das ich wieder Spaß an dieser Sache hatte. Ich erinnerte mich, das er mir damals gesagt hatte, das er mir alle Zeit der Welt lassen würde und niemals darauf drängen würde, mit mir zu schlafen. Doch schon in der dritten Nacht, nachdem wir zusammen gekommen waren, was genau eine Woche nach seiner Frage nach dem ersten Date gewesen war, hatte ich ihn verführt. Er hatte mich angeschaut und mich sanft gestreichelt, bis ich darum gebettelt hatte, das er mich unten berühren sollte. Und als endlich seine langen Finger in meiner Weichheit lagen, hatte ich fast geweint vor Erleichterung. Es war so wunderbar gewesen, wie er mich gestreichelt hatte und mein erster Orgasmus nach einem Jahr meinen Körper durchflutet hatte. Ich stöhnte auf und stellte mir vor, er würde mich lecken. Und ich kam. Spürte, wie sehr ich es brauchte. Ich weinte leise, bis ich eingeschlafen war.
Am nächsten Morgen wurde ich vom Wecker wach gebimmelt und ich bemerkte, das mein Schatz mich irgendwann in der Nacht zugedeckt haben musste. Will schnarchte leise und ich strich über seinen Rücken. Küsste ihn sanft. Nein, wie immer kam keine Reaktion. Ich seufzte und stand auf. Normalerweise hätte Will auffallen müssen, das ich es mir selbst gemacht hatte. Und er hatte mir versprochen, das er mich wecken würde, nun, wenn er mich wirklich so vermisste, warum hatte er dann nicht die Chance genutzt und mich einfach genommen? Weil er vielleicht woanders abgespritzt hatte. Er sah so gut aus, gerade die jungen Polizistinnen fuhren total auf ihn ab!
„Guten Morgen, Schatz." begrüßte Will mich und kletterte zu mir unter die Dusche. „Tut mir leid wegen letzter Nacht. War doch schon wieder nach Mitternacht gewesen, und...ich wußte nicht, ob ich es wirklich tun sollte. Du brauchst deinen Schlaf..." murmelte er, während er meinen Rücken abrubbelte.
„Ich ich brauche es, mit dir zu schlafen." hauchte ich und er zog scharf die Luft ein.
Umarmte mich von hinten. Ich schloß die Augen.
„Tut mir so leid. Es liegt nicht an dir. Er...will einfach nicht. Dieser Prostituierten- Killer macht mir echt zu schaffen."
Ich drehte mich um und umarmte ihn sanft.
„Ist schon gut. Jetzt bin ich wohl dran, mit Enthaltsamkeit, oder?"
„Als ich heute Nacht ins Schlafzimmer kam, hast du nicht sehr enthaltsam ausgesehen." raunte er in mein Ohr.
Ich schluckte.
„Ich hatte wahnsinnige Lust auf dich bekommen." hauchte ich.
Will begann, mich zärtlich zu küssen. Hob mich auf seine Arme, ich war immer wieder überrascht, wenn er es tat. Mit welcher Leichtigkeit er meinen Rubenskörper umhertrug, und der Gedanke an seine Stärke machte mich noch heißer. Er warf mich auf das Bett und vergrub seine Zunge in mir, ich bäumte mich stöhnend auf, so sehr hatte ich mich danach gesehnt! Er war wirklich, wirklich gut darin, und wie gesagt, brachte er mich immer und schnell zum Höhepunkt. Doch heute funktionierte gar nichts. Ob es an Müller lag, der vor der Tür fiepte, oder an meinen Gedanken, die einfach nicht enden wollten. Die Vorstellung meiner Klientin, die es bevorzugte, häßliche Patienten aus dem Krankenhaus in ihr Bett zu entführen und sich von einem zweihundert Kilo Kerl begraben ließ. Und Collins, bei dem ich gleich kriechen musste, obwohl ich es hasste. Ja, ich hatte auch zu wenig Zeit, um mich fallen zu lassen. Ich versuchte, mich auf die geschickte Zunge meines Ehemannes zu konzentrieren, auf das sanfte Kratzen seines Bartes. Ich kraulte ihm durch die Locken und erinnerte mich wieder an unsere erste Nacht. Will hatte mir danach erzählt, das er völlig überrascht gewesen war, weil er angenommen hatte, das wir sanften, einfachen Sex haben würden, der ab und zu unser Zusammensein abrunden würde. Wegen meiner Vergangenheit. Doch dann hatte ich mich als heiße Nummer herausgestellt, wir brachten uns sexuell gegenseitig immer wieder an unsere Grenzen. Heute nicht. Ich knurrte genervt und zog an Will's Schultern, damit er wenigstens etwas davon hatte. Doch er schaute mich traurig an.
„Ich sagte doch, er will nicht. Sorry..." seufzte er. „Was ist mit dir? Ich dachte, du..."
„Zuviel Kopfkino. Ich muss gleich Ed anrufen." stöhnte ich.
Will grinste.
„Du denkst dabei an Ed?"
Ich lachte und knuffte ihn spielerisch.
„Natürlich nicht, William Delaney!"
„Chief Inspector Delaney, Madam."
„Hm...bin ich festgenommen?" kicherte ich und Will pustete in meinen Hals.
„Yep. Für immer. Und ewig." ahmte er David Bowie aus dem Film „Hunger" nach, unser absoluter Lieblingsfilm.
„Für immer und ewig." hauchte ich in sein Ohr.
„Bitte, gib mir Zeit." murmelte er. „Ich würde wahnsinnig werden, wenn du dir einen besseren Liebhaber suchst..."
„Das würde ich niemals tun. Ich... hatte angenommen, es ist genau umgekehrt."
Will schaute mich ernst an und ich sah, wie mein Saft in seinem Bart glänzte. Sanft leckte ich ihn ab und er stöhnte leise.
„Du weißt genau, das ich verrückt nach dir bin, Tanja. Das war ich von der ersten Minute, als ich dich gesehen habe, und das habe ich dir bestimmt eine Million Mal gesagt. Ich habe Leslie für dich verlassen und meine halbe Familie verprellt, in dem ich dich geheiratet habe. Und nun denkst du, ich würde das alles wegen eines schnellen Ficks hinwerfen?"
„Warum sollte es nicht wieder passieren?" murmelte ich.
Ich spürte Will's Schwere auf mir. Ich liebte es, ihm so nahe zu sein. Und ja, eigentlich wußte ich, das zwischen uns etwas war, das ich mit niemand anderem haben würde, und umgekehrt. Mein Schatz guckte mich immer noch ernst an. Dann brummte er:
„Ich bin's leid, mich dauernd erklären zu müssen."
Und stand auf. Ich seufzte, als ich das Wasser angehen hörte, doch es war schon spät, sodass ich keine Zeit hatte, das wieder gerade zu biegen. Ich zog mich an und schnappte mir Müller, und als ich von seiner Morgenrunde zurück war, war Will fort. Ich duschte ebenfalls und dann fuhr ich mit der Bahn in die Innenstadt. Etwas zu spät kam ich in dem Hochhaus an, in dem mein Büro lag. Ich mochte es nicht, es war furchtbar steril. Aber ich hatte nicht nein sagen mögen, da ich diese Stelle nur durch Will's Richterfreunde bekommen hatte. Una war noch nicht da und als ich den AB abhörte, fand ich eine Nachricht von ihr. Sie hörte sich krank an, jedoch vermutete ich, das sie mit ihrer neuen Eroberung versackt war und nun einen Hangover hatte. Das kam nicht oft bei ihr vor, und ich mochte ihre Arbeit, sodass ich immer ein Auge zugedrückt hatte. Ja, ich konnte mich darauf verlassen, das sie die Unterlagen so sortierte, das ich alles schnell finden konnte. Ich setzte mich in ihren Stuhl und rief Edward Collins an. Obwohl er ein viel beschäftigter Mann war, wurde ich immer zu ihm durch gestellt.
„Meine liebe Tanja! Wie schön!" begrüßte er mich fröhlich. „Was kann ich für dich tun?"
Ich erklärte es ihm. Natürlich antwortete er:
„Mach dir keine Sorgen. Schick mir die Unterlagen ohne den Bericht, den Rest kläre ich schon. Sag mal, wie geht's Will? Er lässt gar nichts mehr von sich hören?"
„Er hat viel zu tun..." murmelte ich und mein iPhone leuchtete auf.
„Tut mir leid, das ich heute Morgen abgedampft bin. Aber glaubst du wirklich, das es für mich eine Frau geben könnte, die mir mehr bedeutet, als du? Ich liebe dich. Bitte sei vorsichtig, Schatz."
„Mir tut es leid." tippte ich, nachdem ich mich von Collins verabschiedet hatte. „Ich weiß doch, wie du fühlst. Ich liebe dich auch und es war schön heute morgen, hätten wir bloß mehr Zeit gehabt! PS: Grüße von Ed, du sollst dich bitte wegen 'ner Partie Tennis bei ihm melden ;)"
Ich wollte gerade aufstehen, als die Tür aufging und ein kleiner, rundlicher Mann das Vorzimmer betrat.
„Guten Tag. Mein Name ist Mackenzie. Tim Mackenzie. Ich brauche Therapie." lächelte er mich an. „Hat Dr. Delaney noch Kapazität?"
Er hielt mich für Una. Natürlich, der Name stand ja auf dem Schild vor mir und ich wußte nicht, warum ich mich dafür entschied, ihn nicht aufzuklären. Ich schüttelte den Kopf.
„Es tut mir leid. Die Warteliste ist voll, ich kann sie gerne aufnehmen, aber es wird bestimmt noch ein halbes Jahr dauern."
„Ich brauche aber schnell ein Gespräch. Meinen sie nicht, das sie mich dazwischen quetschen könnten?" entgegnete er und beugte sich über den Schreibtisch.
Sofort begann mein Herz, schneller zu schlagen. Durchatmen, sagte ich mir. Er kann dir nichts tun, du hast die Kontrolle!
„Nein, das ist nicht möglich. Versuchen sie es doch in der Klinik, wenn es dringend ist." antwortete ich so ruhig, wie möglich.
Er leckte sich über seine aufgesprungenen, wulstigen Lippen und sofort musste ich an Lara Mills denken. Dann murmelte er:
„Fünf Minuten. Das würde mir reichen. Ich will sie nur einmal sehen, ich hörte, sie sei richtig gut."
Nun war der Ofen ganz aus. Nein, dieser merkwürdige Kerl würde niemals meinen Behandlungsraum von innen sehen!
„Bitte gehen sie jetzt." sagte ich so laut und fest, wie möglich.
Er schaute verwirrt.
„Warum? Hier ist doch niemand, sie können mir nicht sagen, das..."
Wir hörten Stimmen. Mackenzie zuckte zusammen und ging schnell zur Tür.
„Ich werde sie sicherlich nicht weiter empfehlen!" knurrte er und öffnete die Tür.
Zwei meiner Patienten warteten, bis er an ihnen vorbei gerauscht war. Dann schauten sie mich überrascht an.
„Ist Ms. Coulter krank?" fragte die junge Miss Hewitt.
Ich nickte.
„Gehen sie schon mal durch. Mr. Johnson, wie schön, das sie doch kommen konnten. Leider müssen sie nun etwas warten..."
„Kein Problem." antwortete der ältere Herr und setzte sich in den Warteraum.
Er holte ein Buch aus seiner Tasche. Ich ging schnell zur Toilette, um eine Minute lang Atemübungen zu machen. Warum hatte dieser Mackenzie mich so aus der Bahn geworfen? Ich hatte keine Zeit, darüber nach zu grübeln und stürzte mich in den Arbeitstag. Lauerte ein paar Male darauf, das er wieder kam, doch als es endlich vier Uhr war, machte ich Schluß, obwohl ich immer noch nicht den Mills- Bericht begonnen hatte. Ich würde sie erst am Montag wieder sehen und ich schwor mir, etwas energischer vorzugehen. Als ich heim kam, war es still im Haus und ich wunderte mich. War Emma mit Müller spazieren gegangen? Ich hing mein Telefon an das Ladegerät und ging in die Küche, dort stand ein Auflauf im Ofen. Will's Spezialität, seine selbstgemachte Bolognese. Die Tür klappte und Müller kam auf mich zu geschossen.
„Hey!" lachte ich, als der wuschelige Hund mich freudig begrüßte. „Hab dich vermisst, mein Süßer."
Ich blickte zu meinem großen Ehemann auf, der sich gerade den dicken Kapuzenpulli über den Kopf zog. Dabei war einen Moment sein nackter Bauch zu sehen und sofort hatte ich Lust, ihn dort zu küssen. Dieser Mann war wie ein Fluch! Ich erinnerte mich, wie wir in den Anfängen ständig übereinander her gefallen waren, kaum war er vom Dienst zurück gewesen. Oft hatte er es nicht mal geschafft, vorher zu duschen. Seit Müller bei uns war, zogen wir uns artig ins Schlafzimmer zurück, aber damals hatte oft der Küchentisch her halten müssen.
„Was machst du schon hier?" fragte ich.
„Mein Fall ist an Scotland Yard übergeben worden." seufzte Will und gab mir einen sanften Kuss. „Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll..."
„Hast du nicht noch mehr Fälle, an denen du gerade arbeitest?"
„Yep. Aber die benötigen meine Aufmerksamkeit nicht so sehr, wie meine hübsche Ehefrau! Setz' dich, Schatz. Geht es dir gut?"
Ich überlegte kurz, ihm von Mackenzie zu erzählen, doch ich wollte Will nicht beunruhigen. Wahrscheinlich war ich wegen dem Streit vom Morgen etwas überspannt gewesen. So berichtete ich nur von Una und Will schüttelte den Kopf.
„Normalerweise müsstest du sie mal ins Gebet nehmen. Du bist ein ziemlich nachsichtiger Boss, Schatz. Meine Jungs dürfen sich so etwas nicht erlauben."
„Ich weiß. Aber Una ist schon zig Mal irgendwo raus geflogen. Und sie macht ihre Arbeit perfekt, mehr als das. Weißt du noch, diese Caroline? Die hat ständig wichtige Unterlagen verlegt, das ist Una noch nie passiert. Hm, die Bolognese ist lecker, danke, Liebling."
Will nickte.
„Immer gerne. Trotzdem solltest du Una wenigstens abmahnen. Sie fehlt immer an Freitagen."
Ich seufzte.
„Ja, du hast Recht. Hast du Ed angerufen?"
Will verzog den Mund.
„Um...das mache ich nächste Woche. Mir ist nicht nach seinem Gequatsche. Übrigens, ich komme morgen doch mit zu Evelin. Ich habe es schließlich ihr zu verdanken, das du mir eine Chance gegeben hast." lächelte er.
Ich legte den Kopf schief. Plötzlich kam mir der Gedanke, ob Will sich wohl gerade bei mir einschleimte, um zu vertuschen, das er fremd ging.
„Was ist? Analysierst du mich mal wieder? Was ist deine Diagnose, Doc?" grinste Will.
„Warum jetzt doch?" hauchte ich.
Will stöhnte.
„Hab ich dir gesagt. Du bist mir wichtig, Schatz. Ich möchte, das wir es hinkriegen und unseren vierten Hochzeitstag erleben. Und die Goldene auch."
„Ich werde garantiert nicht fast hundert." kicherte ich.
„Mag sein. Aber die Silberne müssen wir schaffen."
„Ich werde mir Mühe geben..." lächelte ich und stand auf, um mir etwas Wein zu holen.
Später kuschelten wir auf der Couch und schauten Netflix. Und ich schimpfte mich für all die schlechten Gedanken. Nahm mir vor, Will zu vertrauen. Er kraulte mir den Nacken und ich seufzte leise. Ich war todmüde und schlief schnell ein, genau, wie er. Am heiligen Samstag weckte uns Will's Diensttelefon, wir lagen immer noch eng umschlungen auf der Couch. Ich hörte, wie mein Ehemann mit einem seiner Mitarbeiter diskutierte und dann seufzte. Er schaute mich bedrückt an.
„Ich wollte in Ruhe mit dir frühstücken! Und nun muss ich doch noch mal auf's Revier. Diese dämlichen Typen vom Yard, meinen, sie kriegen einen halb gelösten Fall präsentiert, dabei sind wir nicht mal auf einer Spur gewesen. Sag mal...magst du mitkommen?" lächelte er.
„Darf ich?" fragte ich leise. „Ich dachte, das ist alles Top Secret."
„Klar. Aber du arbeitest auch für den Staat und musst die Klappe halten." blinzelte er.
Ich sprang auf und zog mich schnell an. Im Auto hörten wir 70er Songs und sangen mit, und alles war wieder eitel Sonnenschein. Auf dem Revier wurde Will sofort einkassiert und ich zog mich in sein Büro zurück. Setzte mich in den Bürostuhl und drehte mich. Lächelte unser Hochzeitsfoto an. Die Minuten vergingen und als mir langweilig wurde, ging ich zum schwarzen Brett. Beim Anblick der schlimm zugerichteten Frauenleichen begann mein Herz, schneller zu schlagen. Ich fragte mich heute noch, warum der Vergewaltiger es bei mir nicht zu ende gebracht hatte, sondern mich halbtot liegen gelassen hatte. Und dann sah ich sie auf einem der Fotos. Lara Mills. Obwohl sie über und über mit Blut verschmiert war, erkannte ich sie an dem Muttermal an ihrem Kinn. Und sie trug die selben Sachen, die sie in meinem Büro getragen hatte. Ich begann, zu zittern.
„Oh, Schatz, tu dir das nicht an." hörte ich Will besorgt sagen.
„Das ist Lara. Warum...hast du...mich nicht als Zeugin befragt?" hauchte ich.
„Welche Frau meinst du? Wir haben die Identität von drei Frauen noch nicht heraus finden können. Ihnen wurden die Finger abgeschnitten und...du siehst es."
„Die Augen fehlen. Aber hier, das Muttermal, das ist Lara! Lara Mills. Dr. Lara Mills. Wann habt ihr sie gefunden?"
„Gestern Morgen, viertel nach zehn. Todeszeitpunkt war um zwei Uhr nachts. Woher kennst du sie?"
„Sie ist meine Klientin. War. Viertel nach zehn?"
„Hm. Schatz, ich...muss dich als Zeugin melden. Schaffst du das?"
„Mackenzie war um zehn bei mir..." überlegte ich.
„Mackenzie?" fragte Will und ich seufzte.
Schloß die Augen. Ich berichtete ihm langsam von dem merkwürdigen Typ. Will nahm alles auf, stellte mir Fragen zu Lara und ließ Mackenzie überprüfen. Es gab jedoch keinen Tim Mackenzie, der dem Typen aus meinem Büro ähnlich sah. Will gab eine Fahndung anhand des Phantombildes raus, das ich ihm beschrieben hatte. Ich wurde immer wieder verhört und musste Evelin absagen, und am Abend hatte die Polizei „Mackenzie" erwischt, der in Wirklichkeit Carl Simmons hieß. Will biss sich an ihm die Zähne aus, schließlich schlug ich vor, die Arbeit des Kriminalpsychologen zu übernehmen, in der Hoffnung, das Simmons bei mir redete. Will schaute mich besorgt an.
„Schatz...meinst du, das es gut für dich ist?"
Ich schaute Will ernst an.
„Es ist jetzt sechs Jahre her, Liebling. Und ich weiß...das du gleich hinter der Scheibe bist und eingreifen würdest."
Er lächelte.
„Soll ich dich vorstellen?"
„Nein. Er soll uns nicht zusammen sehen." antwortete ich und deutete dem Beamten, mir zu folgen.
Öffnete die Tür zum Verhörraum und der Typ blickte auf. Uh. Wieder fühlte ich die Bedrohung, ganz deutlich, aber damit konnte man ihn nicht festnageln. Fingerabdrücke, Haarproben und DNA Analyse hatten nichts ergeben, auf keinem der Opfer war etwas gefunden worden, womit Will diesen Kerl rankriegen könnte. Nun, ich war bisher nur auf leichte Fälle wie Süchte und Missbrauch angesetzt worden, niemals auf einen Mörder. Und ich war mir nicht mehr sicher, ob er mich wirklich erkannte.
„Hallo, ich bin Dr. Delaney. Die hiesige Psychologin." stellte ich mich vor.
Seine Augen blitzten auf.
„Dr. Delaney? Sie sind...Dr. Delaney?" fragte er irritiert.
„Ja." nickte ich.
„Warum haben sie...mir nicht gesagt, das sie es sind?"
Also doch. Ich atmete innerlich erleichtert auf.
„Nun, sie haben mir auch nicht ihren richtigen Namen genannt. Warum?"
„Sind sie mit CI Delaney verwandt?" fragte er stattdessen.
„Delaney ist ein Name, der sehr häufig vorkommt. Wie Mackenzie. Tim Mackenzie, schlau, sich einen Namen zu suchen, der das halbe Telefonbuch füllt."
Ich hätte schwören können, das Simmons das Lob angenommen hatte, denn er richtete sich unmerklich auf. Doch dann wurde sein Blick finster.
„Warum wollten sie mich nicht?" murmelte er.
„Ich stelle hier die Fragen, Mr. Simmons. Was hatten sie in meiner Praxis zu suchen?"
„Ich brauchte psychologische Hilfe."
„Warum?"
„Ich habe Depressionen."
„Haben sie gegen das Gesetz verstoßen?"
„Natürlich nicht!"
„Aber ich arbeite nur mit Patienten, die ich aus einer juristischen Gefahr befreien muss. Hatte Lara ihnen das nicht gesagt?" lächelte ich und er antwortete schnell:
„Nein, sie hat nur gesagt, das sie eine gute Psychologin wären und sie glauben würde, das sie ihr helfen könnten."
„Woher kennen sie Lara Mills?"
Nun hatte Simmons bemerkt, wo er sich hinein geritten hatte. Er begann, nervös herum zu nesteln.
„Lara Mills?" fragte er leise.
„Ja, sie haben doch gerade gesagt, das Lara mich empfohlen hätte."
„Habe ich das?" murmelte er.
„Ja. Nicht, Sergeant Weston?"
Der Beamte nickte. Ich hakte weiter nach:
„Mr. Simmons, hatte Lara ihnen erzählt, wobei ich ihr helfen sollte?"
Er schaute mich an.
„Haben sie noch mehr...solcher Frauen behandelt?"
Er leckte sich über die Lippen. Ich blickte ihn abwartend an.
„Ich habe ihr geholfen. Sie konnten es nicht." raunte er dann. „Sobald sie bei ihnen aus der Tür war, wollte sie es wieder tun. Mit mir."
„Sie haben Lara Mills vor dem Gebäude getroffen, in dem ich mein Büro habe?"
„Unten ist ein Bücherladen. Ich wollte nur lesen und sie hat mich angequatscht. Wollte mich mit zu sich nehmen, aber ich sagte ihr, man weiß ja nie, was für Perverse überall lauern."
Ich nickte.
„Und wo sind sie dann hin gegangen?"
Er grinste.
„Wir sind an den Strand gefahren und sie hat mir alles von sich erzählt. Hat gesagt, das sie dringend einen Orgasmus bräuchte und mir an den Schritt gefasst."
Oh, ja, ich hätte auch mal wieder einen gebrauchen können! Aber gerade war mir alles vergangen. Simmons hatte die Augen geschlossen und flüsterte irgendetwas. Rieb unter dem Tisch herum und der Sergeant blaffte ihn an, er solle seine Hände auf den Tisch legen.
„Es ist doch eine Sünde..." flüsterte Simmons. „Sie war eine Sünderin."
„Haben sie ihr deshalb die Finger abgeschnitten?" fragte ich und hoffte, das es kein Fehler war.
Er öffnete die Augen.
„Sie sind wirklich gut, Dr. Delaney. Lara's Hände waren ihr Instrument, sich zu versündigen. Sie hat geweint und geschrien, das haben sie alle. Aber ich habe ihnen gesagt, das bald alles gut sein wird."
Oh, Himmel. Ich spürte die Hände meines Peinigers auf meinem Hals. Er hatte auch gesagt: „Gleich ist es vorbei".
„Die Augen..." hauchte ich. „Warum die Augen?"
„Sie haben die Sünde gesehen. Sie sollten blind vor ihren Erlöser treten."
„Wieviele Frauen haben sie...von der Sünde befreit?"
Ich wunderte mich, das ich überhaupt noch reden konnte. Plötzlich schoß Simmons hoch und beugte sich über den Tisch, der Sergeant schob ihn brutal wieder zurück. Simmons rief:
„Es waren keine Frauen! Eine Frau ist...wie sie, voller Unschuld. Sie haben die Sünde an sich selbst erfahren, nicht? Möchten sie ihm nicht auch die Finger abschneiden?"
Ich begann, zu zittern. Plötzlich ging die Tür auf und Will kam herein. Ich schaute zu ihm auf. Er setzte sich neben mich und Simmons funkelte ihn an.
„Ich habe das Recht, zu schweigen." zischte er.
Will nickte.
„Das ist richtig. Aber es würde mich einfach brennend interessieren, wieviele Sünderinnen von ihnen erlöst wurden." erwiderte er ruhig.
Simmons schaute von Will zu mir und zurück. Ich war ruhiger geworden, was Will's Geruch allein ausgelöst hatte.
„Ich bin noch nicht fertig. Es gibt so viele..." antwortete Simmons.
„Wie viele, Mr. Simmons?" hakte ich sanft nach.
„Elf. Lara war...nicht vorgesehen, ich wußte nicht...das es Frauen wie sie gibt."
„Wie meinen sie das?"
„Die es nicht für Geld tun. Ich hätte...sie haben können, wenn ich gewollt hätte. Gibt ihre Frau ihnen, was sie wollen, Chief?"
Will zog die Augenbrauen hoch.
„Wir machen eine kleine Pause. Kommen sie, Dr. Delaney."
Ich folgte meinem Mann und vor der Tür hob er die Hand. Ich gab ihm High Five und die umstehenden Polizisten lachten.
„Wir haben den Fall geknackt, Leute, das Yard wird grün vor Neid werden!" lachte ein junger Polizist.
„Dank Dr. Delaney. Sie hatte die entscheidenden Hinweise! Und hat ein Geständnis aus dem kranken Sack heraus gekitzelt! Uh, ich bin so verdammt stolz auf dich!" knurrte Will und zog mich an sich.
Ich kicherte und umarmte ihn fest. Das tat gut! Ich brauchte diesen Mann, wie die Luft zum Atmen. Wenn er mich verlassen würde...Will raunte:
„Ich werde jetzt kurz die nötigen Meldungen machen und dann ab nach Hause, Schatz. Damit wir noch etwas vom Wochenende haben."
Eigentlich hätte ich lieber stundenlang geduscht, doch mein Schatz meinte, ein gemeinsames Bad und eine Nackenmassage würde mir gut tun. Während leise Musik aus dem Player schallte, lag ich zwischen Will's Beinen im warmen Schaumbad und ließ mich verwöhnen. Ich hätte nicht gedacht, das wir nach diesem Hammertag noch zu Sex fähig wären, doch jetzt, wo wir den Prostituierten- Mörder hatten, schien Will total entspannt und nach einer Weile massieren begann er, meinen Nacken zu küssen. Ganz vorsichtig, doch ich seufzte leise und streichelte seine Oberschenkel. Dann drehte ich mich um und nun stöhnte er leise auf.
„Bitte, ich möchte...dich nicht bedrängen..." murmelte er.
Dabei lag ich auf ihm und rieb meine Scham an seinem Penis! Aber so war Will. Ich schnappte ihn mir. Wie hatte ich das gebraucht! Mein Schatz schaute mich mit glänzenden Augen an, ich knabberte an seinen Lippen, fuhr mit der Nase durch seinen Bart. Ritt ihn langsam, und nach einer Weile merkte ich, das ich nichts merkte. Will verzog seinen hübschen Mund.
„Das Wasser hat zu viel Widerstand." murmelte er.
Sanft hob er mich hoch, stieg aus der Wanne und nahm mich auf seine Arme. Trug mich zum Bett und schob seine Nase zwischen meine Beine. Ich stöhnte laut und griff in sein Haar. Zerrte daran, ich wollte mit Will schlafen! Er quakte leise, ließ sich aber nicht beirren. Nahm sanft meine Hand weg und hielt sie fest, ich gab ihm die andere auch. Ich liebte es, wenn er mich festhielt, doch es war merkwürdig, das ich es aushalten konnte. Nein, war es nicht, denn ich wußte, das Will sofort aufhören würde, wenn ich es sagen würde. Egal, wie hart er wäre, er würde kalt duschen und ab in den Fitnesskeller gehen. Das war jedoch nur ein einziges Mal vorgekommen. Kurz, nachdem wir zusammen gekommen waren und auch nur, weil ich im Radio etwas gehört hatte, was mich getriggert hatte. Selbst der Gedanke daran milderte meine Erregung nicht, auch nicht der fette Simmons, ich kam. Will ließ mich los und krabbelte über mich, ich zog ihn an mich und stöhnte, als er eindrang. Wir liebten uns stundenlang. Langsam, schnell, wild, so zärtlich, das ich wieder weinen musste und er mich eine Viertelstunde lang trösten musste. Wir kochten uns ein Mitternachtsdinner, danach gingen wir mit Müller und liebten uns weiter. Am Sonntag holten wir den Besuch bei Evelin nach.
Irgendwie war ich traurig, das ich Lara verloren hatte. Obwohl ich die Befürchtung hatte, das ich ihr nicht hätte helfen können. Doch vielleicht mit Zeit. Am Montag rief der Commissioner an und beglückwünschte mich. Und er fragte mich, ob ich Luke, den Psychologen in Will's Team, nicht unterstützen wollte beziehungsweise, ihn ersetzen, denn Luke wollte gerne nach Glasgow versetzt werden, weil sein Freund da arbeitete. Ich gab zu bedenken, das Will ja mein Mann wäre und vielleicht würde es deshalb zu Befangenheitsklagen kommen. Doch der Commissioner antwortete, das dürfte kein Problem werden. Meistens würden ja Will's Leute mit mir arbeiten, Will selbst eher seltener, und er hielt uns beide für Profi genug, damit umgehen zu können. Ich sagte zu. Auch, weil das Polizeigebäude viel schöner war, als der Klotz, in dem ich jetzt arbeitete. Da ich noch ein paar Fälle abschließen musste, wechselte ich in der ersten Woche immer zwischen Revier und Büro, ließ mich von Luke einarbeiten und hoffte, das meine Nachfolgerin Una übernehmen würde. Sie war wieder fit gewesen und hatte sich tausendmal entschuldigt. War froh, das mir nichts passiert war, als sie von der Geschichte mit Simmons hörte. Ich war ziemlich k.o., dennoch waren Will und ich wieder zu unserer alten sexuellen Form aufgelaufen und hatten sogar Sex auf dem Revier. So etwas in der Art, jedenfalls. Will hatte es schon einmal so gemacht, aber dieses Mal hätte ich nicht gedacht, das es klappen würde, mich mit der Nase allein zum Höhepunkt zu bringen!
Ich saß in Will's Büro, mal wieder, denn ich wollte ihn zu einer Besprechung abholen. Er wußte, das ich es ab und zu betrat und ich hatte auch sein Passwort für den Computer. Mir fiel ein, das ich noch etwas recherchieren wollte und loggte mich ein. Will's Mailprogramm war auf und ich wollte es gerade schließen, als mir ein bekannter Name ins Auge fiel. Thomas Marx aus Deutschland, der Polizist, der meinen Fall bearbeitet hatte. Mit klopfenden Herzen klickte ich die Mail, die eine Woche alt war, an. Obwohl ich es nicht sollte. Es war eine gesicherte Datei, aber ich kannte auch dafür das Passwort, denn mein süßer Ehemann war manchmal etwas vertüddelt und hatte es sich notiert. Ich öffnete die Datei und fuhr zusammen, als ich meinen Peiniger auf dem angehängtem Bild sah. Thomas schrieb:
„Will, das Bild ist vom 3. Dezember letzten Jahres. Daneben Ljubew. Seitdem ist Goldmann verschwunden. Ich schätze, Ljubew hat ihn endgültig erledigen lassen. Nun hängen wir fest. Wie sieht es mit Tanja aus? Du hattest gesagt, du würdest es vielleicht mal mit den Pillen probieren. Ich kann verstehen, das du Skrupel hast, ihr Drogen zu verabreichen, aber sie unsere einzige Chance, L. ran zu kriegen."
Ich zitterte. Mir fiel ein, das ich mich damals gewundert hatte, das die Polizei mehr an Juri Goldmann's Therapieinhalten als an dem Überfall interessiert gewesen war. Meine Berichte über unsere Gespräche waren verschwunden gewesen, nachdem Goldmann mich halbtot in meinem Büro zurück gelassen hatte. Und danach wußte ich nichts mehr über diesen Mann, mein Hirn war wie gelöscht und wenn ich seinen Namen hörte, sah ich nur seinen haarigen Brustkorb vor mir und seine fetten Fäuste, die auf mich eingedroschen hatten. Und ich spürte gerade, wie er mich von innen zerriss. Ich schluchzte auf und hatte das Gefühl, alles wäre wieder aufgeplatzt. Was hatte Will damit zu tun? Ich suchte fieberhaft nach mehr emails, dann entdeckte ich einen Ordner auf Will's Desktop mit der Bezeichnung „T.H."- Tanja Havemann, mein Mädchenname. Ich klickte darauf, er war doppelt gesichert. Einmal mit dem Desktop- Passwort, das ich kannte, und dann mit einer sechstelligen Zahl. Ich gab mein Geburtsdatum ein- falsch. Will's brauchte ich gar nicht erst versuchen, so blöd war er nicht. Meines war eigentlich schon idiotisch gewesen, genauso wie die Geburtsdaten seiner Eltern und seiner Schwester Lauren. Doch Will würde sich niemals eine Zahl ausdenken, die er sich nicht merken konnte. Ich gab das Datum unseres ersten Date's ein- auch Fehlanzeige. Und dann hatte ich eine Idee- es war die letzte Chance und ich betete, das ich meinen Mann so gut kannte, das es klappte. Und siehe da, Clarissa's Sterbedatum öffnete meine Akte! Ich blickte mir entgegen, damals noch mit rotblond getöntem Haar und blonden Strähnen, nach dem Überfall hatte ich mir einen Pony schneiden lassen und die Haare schwarz gefärbt. Ich lächelte in die Kamera und hielt stolz mein Diplom hoch. Darunter meine Biographie. Dann eine Mail von Albert Langley aus London. Der ein hohes Tier bei der Interpol war.
„Wir haben endlich die Möglichkeit, Ljubew's Ring zu sprengen. Diese Frau muss geschützt werden, koste es, was es wolle. Versuche, dich ihr so weit wie möglich zu nähern, ich weiß, es ist ein wenig pikant, aber vielleicht schaffst du es, das sie dir vertraut. Kontakt zu mir wie gewohnt, ich erwarte jede Woche deinen Bericht."
Mein Herz raste, ich starrte auf den Bildschirm und konnte meinen Finger nicht über die Maus bewegen, so geschockt war ich. Plötzlich leuchtete eine Mail auf, Will wurde benachrichtigt, das jemand sein doppelt gesichertes Passwort benutzt hatte. Er würde diese Mail auch auf sein Handy bekommen, so sprang ich schnell auf und flüchtete aus seinem Büro. Mir war schlecht. Ich hoffte, das Will noch irgendwo festsaß, flitzte in das Treppenhaus und nahm den Fluchtweg, um aus dem Gebäude heraus zu kommen. Rannte zu meinem Polo, den ich zum Glück nicht in der Tiefgarage geparkt hatte und war froh, heute selbst gefahren zu sein, weil Will länger arbeiten musste. Als ich losfuhr, war ich völlig daneben und überfuhr fast einen Passanten. Tränen liefen über meine Wangen, ich dachte an den Morgen, als Will mir beim Sex :"Ich liebe dich" zugeflüstert hatte. Ich schrie auf. Schlug gegen das Lenkrad. Mein iPhone klingelte, ich ignorierte es. Fuhr Richtung Stadtausgang und war schon fast auf der Autobahn, als plötzlich hinter mir ein Polizeiauto auftauchte. Natürlich, wie konnte ich auch glauben, einem Chief Inspector entwischen zu können! Sie überholten mich und zeigten an, das ich an die Seite fahren sollte. Ich tat es, was blieb mir anderes übrig. Peter, ein runder Streifenpolizist, und Chris, der mehr breit war, als das er Hirn hatte, grinsten mich an.
„Tanja! Sorry. Will sagte, du...wärst ein bisschen daneben und wir sollten dich anhalten und nach Hause bringen." erklärte Chris.
Ich legte den Kopf schief.
„Er soll es mir selbst sagen!" erwiderte ich.
Chris nickte und rief ihn an. Peter stieg wieder in den Wagen, er war ein ziemlich bequemer Typ und ließ Chris gerne arbeiten. Ich sah, wie er an seinem Handy spielte, während Chris auf Will's Antwort wartete. Er wandte sich von mir ab, bevor er sich meldete:
„Hey. Ich bin es, Chris. Wir haben Tanja. Sie will dich sprechen. Was? Ich hab sie auf der..."
Mehr hörte ich nicht, denn ich war schnell wieder eingestiegen und brauste mit quietschenden Reifen davon. Wenn die so blöd waren, zu denken, ich würde mich einfach so ergeben, hatten sie sich geschnitten! Natürlich tauchten sie etwas später wieder hinter mir auf. Ich fuhr zum Flughafen. Ich hatte nichts verbrochen, also mussten sie mich in Ruhe lassen. Wie erwartet, folgten die Polizisten mir in einigem Abstand. Ich suchte die Toiletten auf und freute mich, das keine Polizistin dabei war, die mir hätte folgen können. Doch was nun? Wieder begann ich, zu weinen, es war alles so verdammt aussichtslos! Ich konnte nicht, wie eine normale Frau, die sich mit ihrem Schatz gezofft hatte, einfach abhauen, um wieder zur Vernunft zu kommen, sondern musste mich verhalten, wie eine Schwerverbrecherin! Weil ich anscheinend so etwas wie eine Kronzeugin für russische Mafia- Geschäfte war. Aber nein, ich hätte mir nie so etwas angehört, hätte Juri abgelehnt oder ihm gesagt, das ich darüber nicht mit ihm sprechen würde. Aber irgendwas musste er mit mir besprochen haben, was ich vielleicht nicht als gefährlich erkannt hatte. Ich stöhnte. Wenn ich mich nur erinnern könnte! Das iPhone klingelte wieder und ich schaltete es aus, versenkte es im Spülkasten. Dann ging ich aus der Kabine und wusch meine Hände. Obwohl ich gar nicht pinkeln gewesen war. Ich hatte Bauchweh und mir war immer noch schlecht. Plötzlich ging die Tür auf und ich zuckte zusammen, doch es waren nur zwei Teenager, die kichernd auf Toilette gingen und miteinander quatschten. Was nun? Ich konnte nicht den ganzen Tag hier drinnen bleiben! Und ich vermutete, das Will auf dem Weg hierher war. Die Tür öffnete sich wieder und ich erkannte die ältere Dame, die herein schritt, sofort.
„Mrs. Hiddleston! So sieht man sich wieder. Wie geht es ihnen?" fragte ich freudig überrascht.
Sie lächelte zurück.
„Oh, Mrs. Delaney! Wie schön, sie zu sehen! Ich komme gerade aus Portugal zurück. Es war wunderbar! Und ihnen, sie sehen...nicht gut aus."
Mrs. Hiddleston war meine Klientin gewesen, sie war von ihren Kindern als unzurechnungsfähig angezeigt worden. Weil sie angeblich nicht fähig gewesen wäre, ihr Vermögen zu verwalten, hatte man sie entmündigen wollen. Nun, sie hatte einen jungen Mann ausgehalten, in den sie sich verliebt hatte. Natürlich hatte ich sie rausgehauen, die Klage wurde aufgrund meines Gutachtens abgeschmettert und die Kinder enterbt. Ich vertraute Mrs. Hiddleston und erzählte ihr, das ich fest sitzen würde. Nun muss man sich vorstellen, das die alte Dame niemals ohne Perücke und Hut aus dem Haus ging, weil sie sich wegen ihres schütteren Haares schämte. Sodass ich völlig baff war, als sie vorschlug, mit mir ihre Kleidung zu tauschen, damit ich ungesehen türmen konnte. Gesagt, getan, sie zog meine Jeans und die schwarze Bluse an, was wirklich albern aussah, und ordnete das kurze, weiße Haar. Ich trug ihre weiße Stoffhose und die Blümchenbluse, ihre lila Perücke und den Riesenhut. Ihre Handtasche gab sie mir auch, wir tauschten sogar unsere Kreditkarten, denn sie würde gleich etwas abheben gehen, um meine Verfolger auf die falsche Spur zu locken. Ich umarmte sie, doch sie schob mich fort.
„Nun mach, Kind. Sonst sind sie gleich hier. Warte, ich schaue einmal nach. Ja, ich sehe die Polizisten, sie sitzen an der Bar und trinken Kaffee. Keine Spur von Will."
Also machte ich einen krummen Rücken und schlich aus der Toilette. Mein Puls raste, ich zitterte und hoffte, das Pete und Chris auf meine Show reinfielen. Kaum war ich durch die Tür, rannte ich los in Richtung Taxistand. Mrs. Hiddleston würde jetzt an dem Automaten Geld abheben. Sie hatte mir ihr Bares gegeben und ihre Geldkarte. Ich bat den Taxifahrer, nach London zu fahren. Natürlich freute er sich über die teure Tour und brauste los. Als er vom Flughafengelände fuhr, sah ich, wie uns Will's Range Rover entgegen kam. Schnell guckte ich nach unten, aber er war so schnell vorbei, das er mich garantiert nicht gesehen hatte. Nun, er würde sicher schon Alarm geschlagen haben, sodass ich mich sofort verraten würde, wenn ich einen Flug buchen würde. Der Einzige, der mir helfen konnte, war Hubert. Ein deutscher Professor, der mir ein Doktorvater gewesen war. Er mochte Will nicht besonders, warum, hatte er mir nie gesagt. Er würde mir helfen, und Will wußte nicht, das Hubert seit drei Wochen in London lebte, denn ich hatte es ihm noch nicht erzählt. Der perfekte Unterschlupf! Ich war so fertig, das ich immer wieder im Taxi weg sackte. Endlich, nach drei Stunden Fahrt, kam ich völlig erledigt bei Hubert an. Er guckte mich überrascht an.
„Tanja! So eine Überraschung!" rief er aus. „Und wie siehst du aus, ist in England Karneval? Habe ich gar nicht mit bekommen..."
„Ich habe eine kleine Odyssee hinter mir, Hubert." seufzte ich.
Er ließ mich in seine Wohnung und fragte sofort nach Will. Und ich fing sofort wieder an, zu weinen. Erzählte ihm, das Will mich betrogen hätte, ich ihn verlassen wollte, er mich aber verfolgen würde.
„Ich habe mir doch gedacht, das er ein Womanizer ist. Ach, meine Liebe, das wird vergehen. Komm, ich mache dir einen Tee. Mit Rum?"
Ich nickte und gähnte. Als er mit zwei Tassen zurück ins Wohnzimmer kam, war ich halb auf seiner Couch eingeschlafen.
„Aber eine Sache macht mir Sorgen. Du bist niemand, der so leicht aufgibt, und Will wäre deine große Liebe, hast du oft gesagt. Nur, wegen eines kleinen Ausrutschers läßt du ihn gehen?" fragte Hubert.
Ups. Erwischt.
„Ich kann ihm nicht mehr vertrauen." antwortete ich leise.
Und das war ja wahr! William Delaney hatte mich verführt, weil er ein beschissener Agent war, eine beschissene Mata Hari! Verräter!
„Weiß er denn, wo du jetzt bist?" fragte Hubert.
„Nein. Ich will ihn nicht sehen."
Ich trank den Tee und seufzte zufrieden.
„Hubert, kann ich heute Nacht bei dir bleiben? Morgen früh werde ich sofort verschwinden."
„Du kannst bleiben, solange du willst." lächelte er.
Er brachte mich in sein Gästezimmer, wo ich sofort einschlief. Träumte trotz des Alkohol's Horror, natürlich von Goldmann, der sich in Will verwandelte und mich würgte, bis ich keuchend aufwachte. Es war hell draußen und ich hörte Stimmen. Hubert's dunkle, und...ich sprang auf und lief zum Fenster, obwohl es Quatsch war, ich war im zweiten Stock und trug nur Unterwäsche. Die Tür ging auf.
„Tanja. Lass es mich dir erklären." sagte mein Ehemann.
„Geh!" schrie ich und kletterte auf den Sims.
Schaute runter. Schon wurde mir schlecht.
„Mach doch keinen Unfug, Kind!" schalt Hubert auf deutsch. „So kenne ich dich gar nicht, deshalb habe ich auch deinen Mann benachrichtigt."
„Hau ab, Will!" brüllte ich.
Will war stehen geblieben und hatte die Hände gehoben. Ja, er sah fast so schlimm aus, wie ich, verquollenes Gesicht, tiefe Augenringe, verwuschelte Haare und zerknitterte Klamotten. Er bettelte:
„Bitte. Ich werde dich nicht anrühren, aber komm da runter. Wir reden nur, versprochen."
„Läßt du mich dann gehen?"
„Das geht nicht." erwiderte er leise.
„Du hast mich nie geliebt, oder ?" hauchte ich und rutschte ein Stück weiter hinaus.
„Ich habe dich geliebt und tue es immer noch. Es war nicht geplant, aber...Tanja, bitte. Komm da runter!"
„Du lügst. Wieder." lachte ich und hing die Beine über die Fensterbank.
Will schoß sofort los und ich sprang. Konnte nur hoffen, dass das aufgespannte Sonnensegel unter mir eine Kugel wie mich etwas abfedern würde. Es gab ein knirschendes Geräusch von sich, doch es hielt mich. Ich rutschte langsam herunter. Doch als ich sicher am Boden aufgekommen war, gab es keine Aussicht auf einen Fluchtweg, weil ich im Innenhof gelandet war und um mich herum überall Häuser standen, deren Terrassentüren verschlossen waren. Ein kleines Mädchen spielte hinter einer Tür und ich klopfte. Sofort kreuzte die Mutter auf, schüttelte den Kopf und brachte die Kleine weg.
„Bitte, lassen sie mich hinein!" schrie ich.
Und dann wurde ich von hinten umfasst. Dabei hatte der Idiot mir selbst gezeigt, was ich in so einem Fall tun musste, aber anscheinend erwartete Will nicht, das ich ihm weh tun würde. Richtig weh tun. Will schrie auf und ich rannte an ihm vorbei, direkt in Hubert's Arme. Ich konnte Hubert nicht weh tun, nein, das ging nicht, obwohl er schlimmer war, als Will. Denn er rammte mir eine Spritze in den Oberschenkel und ich sackte in seinen Armen zusammen.
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