Kapitel 12
PoV Levi
Eine Weile gingen wir stumm durch den Park. Die Stimmung war nicht wirklich angespannt oder gedrückt. Es war einfach schwierig ein Thema aufzubringen. Doch ich wollte mit ihm reden. Ich wollte mehr über ihn erfahren. Wie sollte ich dieses Gespräch denn nur anfangen, ohne ihn zu verschrecken? „Deine Freundin, weiß die, wer ich bin?", fragte Eren leise und ich sah nach links zu ihm hoch. Er war echt deutlich größer, als ich es erwartet hatte.
Klar die meisten Männer waren mindestens einen Kopf größer als ich, aber Eren war erst 21.
„Wie kommst du drauf?" – „Sie hat mich so seltsam angeschaut, als ich die Pizza gebracht habe.", verlegen kratzte der Brünette sich am Hinterkopf und wäre vor Ablenkung fast gegen eine Parkbank gelaufen. Ich zog ihn rechtzeitig ein Stück an mich heran und belächelte seine Aussage. „Ich hab ihr von dir erzählt. Hanji ist – wie soll ich's sagen – speziell. Sie weiß nicht, wie man sich zurückhalten sollte." – „Du wohl auch nicht, was?", lachte er und sah auf seinen Oberarm herunter. Noch immer hatte ich meine Hand in dem Stoff seines Shirts und hielt ihn nah an mir. „Oh. Entschuldige!", sofort ließ ich ihn los, versuchte die aufkommende Hitze in meinen Wangen zu überspielen. Warum machte der Junge mich so nervös? Es war nicht das erste Mal, dass ich ein Blinddate hatte. Und das hier war ja nicht mal ein Date!
Wir gingen einfach weiter. Dadurch, dass ich Hanji ein wenig beschrieben hatte, schien Eren sich wohler zu fühlen. Er sprach von seinen Freunden und seiner Schwester, die ihn in der Uni auf die Nerven gingen. Wie ich ihn doch verstehen konnte. Besonders dieser Jan oder Jean – keine Ahnung wie der hieß – schien anstrengend zu sein.
„Willst du auch einen Kaffee?", fragte Eren plötzlich und deutete auf den kleinen Stand am Brunnen. Ich nickte nur und folgte ihm. „Einen Latte bitte.", erklärte Eren und sah mich auffordernd an. „Dasselbe." Der Barista nickte freundlich und begann unsere Getränke zuzubereiten.
Eren war schon dabei sein Portmonee zu zücken, da legte ich meine Hand auf seine und schob sie samt Geldbörse wieder herunter. Verwirrt sah der Brünette mich an, als ich bezahlte und ihm seinen Kaffee in die Hand drückte.
„Du musstest nicht-", fing Eren an. „Ich weiß.", unterbrach ich ihn und verließ mit dem jungen Mann im Schlepptau den kleinen Stand. Eren hatte genug Geldprobleme. Ein Kaffee sollte nicht schuld an seiner Obdachlosigkeit sein. Ich hatte Geld. Es wäre unnötig, wenn Eren mir etwas ausgeben würde. Egal ob aus Nettigkeit oder sonst was. Er brauchte das Geld viel dringender als ich.
„Hast du inzwischen schon einen Job?", fragte Eren und wechselte somit – wahrscheinlich – bewusst das Thema. Ich konnte verstehen, dass er nicht weiter über das Bezahlen reden wollte. „Ich habe mich bei einer Buchhandlung und einem Kleidergeschäft beworben. Hanji meinte, dass ich mir mehr erstmal nicht zutrauen sollte. Auch, wenn es ein wenig erniedrigend ist. Immerhin hat mir mal eine Bank gehört. Dann jetzt Bücher oder Hochzeitskleider zu verkaufen, ist ziemlich deprimierend. Aber ich denke nicht, dass die mich annehmen." – „Wieso?", fragte Eren neugierig. Er hatte während meiner Erklärung immer mal wieder kurz genickt.
„Ich habe Geld veruntreut. Mich hinter eine Kasse zu lassen, wird den meisten wahrscheinlich zu riskant sein.", erklärte ich und Eren brummte zustimmend. „Wenn's dir hilft kann ich bei uns in der Küche fragen, ob du da arbeiten kannst. Kannst du kochen?"
„Tch, und wie ich das kann.", spöttisch lachte ich auf. Eren kicherte nur leicht. Wollte er sich wirklich für mich einsetzen? „Ich warte erstmal, was die anderen sagen. Aber wenn es läuft, wie ich denke, dann komme ich gerne auf ein Angebot zurück.", ich zwinkerte Eren kurz zu und stellte belustigt die Wirkung dessen fest.
Seine Wangen wurden knallrot und er versteckte sein Gesicht hinter seinem Kaffeebecher.
Irgendwie niedlich.
So ging es weiter. Wir gingen durch den Park. Waren bestimmt schon dreimal im Kreis gelaufen. Und unterhielten uns. Lernten einander kennen. Eren erzählte mir von seiner Mutter. Schien nett zu sein. Ich erzählte von meiner Mutter, die leider sehr früh gestorben war. Eren sprach mir sein Beileid aus und kam dabei dazu mir von seinem Studium zu erzählen. Dass er über Trauerarbeit eine Hausarbeit abgeben muss – zwar bis Jahresende, aber dennoch. Wir redeten über seine Uni. Darüber, wie anstrengend und aufwendig alles war, selbst wenn er nicht jeden Tag dort sein musste.
Und als wir zum vierten Mal am bereits geschlossenen Kaffeestand vorbeikamen, stoppte ich und sah den Größeren freundlich an. Er sah müde aus, hatte zwischendurch mal gegähnt. „Du solltest ins Bett gehen, Eren." – „Es ist noch nicht mal 9 Uhr!", schmollte er und rieb sich über die Augen. Wie ein trotziges Kleinkind. Doch es störte mich nicht. Ich fand es eher niedlich.
Eren war genau mein Typ. Jünger, dunkle Haare, helle Augen, schlanker Körperbau. Und ich musste mich die letzten Stunden wirklich zurückhalten ihm nicht hier und jetzt die Kleider vom Leib zu reißen und diesen Körper zu erkunden. „Ich seh' aber schon, wie du einfach auf die Fresse fliegst, weil du dich vor Müdigkeit nicht mehr auf den Beinen halten kannst.", entgegnete ich und erntete ein belustigtes Schnauben.
„Dann kannst du mich ja tragen.", grinste er.
Ich sah ihn nur mahnend an. „Ach komm schon Levi. Es ist das erste Mal, dass wir uns sehen! Das will ich auskosten.", bittend sah er mich an. Mit diesen großen grünen Augen, denen man wohl nie einen Wunsch abschlagen konnte. Ich jedenfalls nicht. „Na schön, was willst du denn noch machen?"
Kaum hatte ich diese Worte gesagt, schien Eren wieder voller Energie zu sein. Wie ein Irrer sprang er um mich herum. „Es wird langsam kalt, also könnten wir irgendwo hin. Aber ich will nicht, dass du schon wieder Geld ausgeben willst. Ein Freund von mir hat eine Bar hier in der Nähe. Da können wir hin.", zuerst schien es, als ob er mit sich selbst sprach, doch kaum hatte er seinen Freund erwähnt, sah er zu mir. Sprach mit mir. „Da kriege ich Getränke umsonst. Also, was sagst du?"
Dass Eren sich so Gedanken darüber machte, dass ich kein Geld für ihn ausgeben sollte, fand ich irgendwo bemerkenswert. Viele andere Menschen, die ich im Laufe meines Lebens kennengelernt hatten, nahmen gleich den ganzen Arm, wenn man ihnen den kleinen Finger hinhielt. Eren wollte nicht mal den Finger. Auch wenn er bei seiner Planung klang, wie ein armer Schlucker, so fand ich es schön, wie er darüber nachdachte.
„Na schön. Aber besauf dich nicht."
Eren nickte nur eifrig und schob mich quasi Richtung Ausgang des Parks.
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