𝔫𝔢𝔲𝔫𝔷𝔢𝔥𝔫; 𝔯𝔬𝔟𝔢𝔯𝔱 '𝔟𝔬𝔟' 𝔣𝔩𝔬𝔶𝔡 - 𝔱𝔦𝔫𝔡𝔢𝔯
»Ist alles okay?« Ich beobachte den blonden Mann vor mir genau. Nervös lächelt er mich an, während er seine Brille auf seiner Nase zurechtrückt.
»Ja... Es ist nur...«, für einen Augenblick erscheint es mir, als würde er es abwägen, es mir zu erzählen oder nicht. Aber dann seufzt Bob und lehnt sich etwas weiter vor.
»Du bist wirklich eine tolle Frau, Y/N«, fängt er an.
Nein. Nein. Nein. Ich hasse online Dating! Entweder ich gerade an komplette Idioten, oder die, die ich ganz sympathisch finde, erfinden irgendwelche Ausreden, um mich nicht wiederzusehen. Bin ich wirklich so schlimm?
Bob ist ein eher ruhiger Typ, doch gerade das hat mich überzeugt. Ich brauche niemanden, der komplett überdreht ist. Bob ist witzig, hört gut zu und kann echt charmant sein, alles was ich bei einem Mann brauche. Doch scheinbar soll es auch heute nicht sein.
»Es ist okay, du musst es nicht ausführen. Ich verstehe schon«, ich stehe auf und blicke in Bob verwirrtes Gesicht.
»Wo willst du hin?«, fragt er mich und ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.
»Ich bin es leid, mir anzuhören, dass ich eine tolle Frau bin, aber für mehr nicht zu gebrauchen bin. Langsam verletzt es mich«, erwidere ich schärfer als beabsichtigt.
Doch irgendwann wird der Druck immer größer, einen Mann zu finden.
Ich will Kinder, eine große Familie gründen, aber wie mir immer die ganze Welt klarmacht, tickt meine Uhr.
»Nein, warte, bitte gehe nicht! Es ist wirklich nicht so, wie du denkst«, auch Bob hat sich erhoben und sieht mich bittend an. Bei seinem Blick kann ich nicht anders und lasse mich wieder auf den Stuhl gleiten.
»Okay, dann bin ich gespannt, was es diesmal ist...«, murmle ich und mache mich auf alles bereit, aber was Bob mir dann erzählt, ist mir tatsächlich noch nie untergekommen - und das muss was heißen, ich habe schon so einige Tinder Geschichten selbst miterlebt, oder aus Erzählungen meiner Freunde gehört.
»Ich war nie ein Fan von Tinder und ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, mir diese App herunterzuladen. Aber ein Arbeitskollege hat sich einen Spaß daraus gemacht, sich ein Profil für mich anzulegen und irgendwelche Frauen zu swipen. Er hat sich für mich ausgegeben und dann dieses Date arrangiert. Ich wollte hier eigentlich niemals aufkreuzen, doch ich fand es nur fair, dir die Wahrheit zu sagen. Dazu bin ich aber nicht gekommen, weil du mich irgendwie fasziniert hast und ich dich wirklich kennenlernen wollte.«
Seine Wangen werden rot und ein nervöses Lächeln schleicht sich auf seine Lippen, während ich ihn nur baff anstarren kann. Ich habe wirklich mit allem gerechnet, aber sicherlich nicht damit.
»Ein Kollege hat sich extra die Mühe gemacht?«, hake ich nach und frage mich, was für ein Kollege sowas machen würde.
»Ja«, er seufzt und lehnt sich etwas entspannter zurück, während er mit der Kaffeetasse vor sich spielt.
»Er ist etwas speziell und redet sich ein, dass ich keine Frau kriegen werde, weil ich zu ruhig bin«, er zuckt mit seinen Schultern, als wäre es ihm egal, aber ich kann ihm ansehen, dass ihn die Worte dennoch hart treffen.
»Ich kenne deinen Kollegen nicht, aber ich weiß jetzt schon, dass er ein totales Arschloch ist«, erwidere ich und Bobs Mundwinkel heben sich.
Ich weiß nicht einmal, was mich überzeugt hat, bei ihm zu swipen, aber ich bin froh darüber, dass ich es gemacht habe.
»Weißt du was?«, plötzlich kommt mir eine Idee und ein breites Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht.
»Oh Gott, was hast du vor?«, fragt er und seine Mundwinkel zucken. Verschwörerisch beuge ich mich ein Stück über den Tisch und auch Bob kommt mir näher, so als würde ich ihm gleich ein Geheimnis anvertrauen.
»Wenn dein Kollege denkt, dass du keine Frau wie mich abkriegen würdest, dann überzeugen wir ihn vom Gegenteil«, langsam breitet sich ein Grinsen auf dem Gesicht aus.
»Bist du dir sicher?«, hakt er nach, doch ich nicke nur.
»Ich war mir einer Sache noch nie so sicher!«
Bob und ich hatten die letzten Tage nur über unser Handy Kontakt, doch ich konnte es kaum aus meiner Hand legen. Beinahe in jeder freien Sekunde haben wir miteinander geschrieben, bis er mich vor zwei Tagen zu einer Bar namens 'The Hard Deck' eingeladen hat, um unseren Plan durchzuziehen.
Ein letztes Mal checke ich noch mein Make-Up im Spiegel meines Autos, bevor ich aussteige und Bob schon fast in die Arme laufe.
»Hey«, begrüße ich ihn und mustere ihn kurz. Er trägt einen schwarzen Rollkragenpullover und fast hätte ich aufgeseufzt.
»Y/N«, lässt er sich meinen Namen über die Zunge zergehen, während er mich kurz umarmt. Ich inhaliere seinen Duft und genieße die Umarmung, die mir viel zu kurz erscheint.
»Bist du dir wirklich sicher?«, will er wissen, als wir Seite an Seite über die Straße gehen und ich schon die leise Musik der Bar hören kann, die zu uns rüber schallt.
»Glaub mir, ich kann eine zauberhafte Freundin sein«, zwinkere ich ihm zu und strecke ihm meine Hand entgegen. Dankbar sieht er mich an, während er meine Hand ergreift und wir unsere Finger miteinander verschränken.
»Ich bin dir etwas schuldig«, sagt er und ich grinse.
»Flieg mit mir«, sage ich sofort und verwirrt sieht er mich an.
Irgendwann zwischen unseren hunderten Nachrichten sind wir auf den Grund zu sprechen gekommen, warum er sich gerade überhaupt in Kalifornien befindet.
»Du willst mit mir fliegen?«, hakt er nochmal nach, als hätte er mich falsch verstanden.
»Ist das ein Problem?«, ich hebe eine Augenbraue und mustere ihn. Seine Mundwinkel zucken nach oben und kurz lacht er auf.
»Keinesfalls, Y/N. Du wirst nur immer mehr zu meiner Traumfrau«, murmelt er leise, sodass ich es gerade noch hören kann. Diesmal sind es meine Wangen, die rot werden. Doch bevor ich etwas erwidern kann, erreichen wir den Eingang der Bar.
»Showtime«, flüstert Bob und drückt meine Hand, als müsste er sich vergewissern, dass ich immer noch neben ihm stehe.
Drinnen umschließt uns die warme Luft und Bob zieht mich direkt in eine Ecke, wo ein Billardtisch steht, um den sich eine Gruppe von Menschen befindet. Ich kann es nicht verhindern, dass ich dennoch etwas nervös bin, die Kollegen von Bob kennenzulernen, die ihm in den paar Tagen, die er sie kennt, schon ans Herz gewachsen sind.
»Hey, Leute. Darf ich euch Y/N vorstellen?«, räuspert Bob sich und hat dann die Aufmerksamkeit von allen. Ich lächle etwas nervös in die Runde, weil ich es hasse, im Vordergrund zu stehen.
»Das ist also dein Tinder-Date«, ein Mann mit blonden Haaren und einem spöttischen Lächeln auf dem Gesicht stellt sich vor uns. Herausfordernd erwidere ich seinen Blick.
»Und du musst Hangman sein. Bob hat mir schon sehr viel von dir erzählt«, erwidere ich trocken. In Gedanken füge ich hinzu, dass ich dem Arschloch eigentlich danken sollte. Ohne ihn hätte ich Bob höchstwahrscheinlich nie kennengelernt.
»Oh, sind eure Gespräche so langweilig, dass ihr über mich reden müsst?«, lacht er und ich kriege richtig Lust, meine Faust in seinem Gesicht zu parken.
»Was ist dein Problem?«, frage ich stattdessen und er lacht nur weiter, bevor er ernst wird.
»Was mein Problem ist? Du musst nicht so tun, als wärt ihr zusammen«, erwidert er und die Mordlust in mir wird immer größer. Ich spüre, wie Bob sich neben mir anspannt, doch als er unsere Hände lösen will, beschließe ich Hangman zu zeigen, dass er von nichts eine Ahnung hat.
Bob sieht es nicht kommen, als ich meine Hände auf seine Wangen lege. Fragend sieht er mich an, als ich mich auf Zehenspitze stelle und meine Lippen auf seine lege.
Zunächst ist Bob überrascht, doch dann finden seine Hände einen Weg auf meine Hüfte und er erwidert den Kuss. Unsere Lippen bewegen sich im Einklang, als ich mit meiner Zunge über seine Unterlippe streife und er seinen Mund öffnet, sodass ich seine Mundhöhle erkunden kann.
Beinahe hätte ich aufgeseufzt, als unsere Zungenspitzen sich berühren. Ich blende vollkommen aus, dass ich ihn gerade küsse, um Hangman eins auszuwischen und das uns seine Kollegen immer noch amüsiert zu blicken, als unsere Lippen sich langsam trennen.
Schwer atmend sehen wir uns an, unser Atem vermischt sich und ich versinke in seinen Augen. Am liebsten würde ich meine Lippen wieder auf seine legen. Es hat sich einfach richtig angefühlt, doch ich kann mich gerade noch zurückhalten.
Ich drehe meinen Kopf zu Hangman, der uns für einen Moment überrascht anblickt, ehe er wieder spöttisch lächelt.
»Es freut mich auch, euch kennenzulernen«, ohne ein weiteres Wort an Hangman zu richten, blicke ich zu den Anderen, die uns amüsiert ansehen.
»Hangman ist damit echt zu weit gegangen, aber ohne ihn verteidigen zu wollen; ich kenne ihn nicht anders«, schmunzelt Phoenix, während wir gerade an der Bar stehen und wir uns unterhalten.
»Ich versuche nur zu verstehen, warum er so ist«, erwidere ich und Phoenix zuckt mit ihren Schultern. »Ich glaube, er versteht sich selbst nicht«, sagt sie und wir beide lachen auf.
»Ihr seid aber wirklich nicht zusammen«, die schwarzhaarige Frau mustert mich intensiv, dass ich sie unmöglich anlügen kann. Außerdem hat Bob erzählt, wie nah die beiden sich stehen.
»Ich mag ihn wirklich«, seufze ich und nehme dankbar das Bier an, bevor ich einen Schluck nehme. »Was für ein Arschloch Hangman auch ist, ich kann ihm echt dankbar sein, dass er Bob einen Account auf Tinder erstellt hat.«
Phoenix lächelt, bevor sie sich ein Stück zu mir vorbeugt. »Ich kann dir eins sagen, er mag dich auch«, zwinkert sie. Dann sieht sie an mir vorbei, lächelt und verschwindet mit ihrem Bier.
»Bob«, sage ich überrascht, als der blonde Pilot sich neben mich gestellt hat. Nach unserem Kuss haben wir es nicht mehr geschafft zu reden, da Phoenix mich sofort belagert hat, darüber froh, nicht mehr die einzige Frau zu sein.
»Ist alles okay?«, will er wissen und legt seine Hand auf meine Schulter. Die Stelle fängt an zu kribbeln und ich schaffe es nur, zu nicken.
»Du hättest mich übrigens nicht küssen müssen«, sagt er, ohne die Hand von meiner Schulter zu nehmen.
Ach, Bob.
»Ich wollte dich aber küssen«, erwidere ich nur und auf Bobs Gesicht breitet sich ein glückliches Lächeln aus. »Wirklich?«, haucht er und ich rolle mit meinen Augen.
»Ja, wirklich«, flüstere ich und komme ihm näher, diesmal ist es Bob, der den Abstand zwischen uns schließt. Seine Lippen massieren meine und ich bin froh, auf dem Barhocker zu sitzen, andernfalls würden meine Beine mich nicht mehr halten können.
Seine Hände schließen sich um meinen Körper und diesmal unterdrücke ich mein Seufzen nicht.
»Ich kann es gar nicht glauben, dass ausgerechnet Hangman daran schuld ist, dass wir uns kennengelernt haben«, murmelt Bob gegen meine Lippen.
»Ich glaube, er hat am wenigsten damit gerechnet«, erwidere ich und fahre mit meinen Händen seinen Rücken hoch und komme in seinem Nacken zum Ruhen.
Seine Augen blicken glücklich in meine und ich kann nicht anders als zu lachen.
Das Leben ist verrückt - manchmal so verrückt, dass man mit jemanden besonderen aufeinandertrifft, wenn man am wenigsten damit rechnet.
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