Secret Love
Es ist einer dieser wenigen Tage, an denen ich mit meiner Familie zu Abend esse. Doch die Stimmung ist alles andere als gut. Mein Vater ist vom ganzen Arbeiten müde und meine Mutter ist sauer auf meinen großen Bruder, weil er wieder einmal eine schlechte Note mit nach Hause gebracht hat. Schweigend sitzen wir am Tisch. »Wie war es auf der Arbeit?«, fragt meine Mutter ihren Ehemann. Mein Vater seufzt. »Ich habe ein neues Projekt. Und einen neuen Partner.« Meine Mutter sieht meinen Vater abwartend an. »Tobias King. Der Idiot, der mir mein letztes Projekt vor der Nase weggeschnappt hat.« Ich seufze leise und beiße von meinem Brötchen ab. »Wenn du mit dem Sohn von diesem Halsabschneider zusammenkommst, dann enterbe ich dich!«, droht er mit erhobenem Zeigefinger. Ich verschlucke mich fast an meiner eigenen Spucke. »Keine Sorge, Vater. Ryder ist genauso ein Arsch wie sein Vater. Beruhige dich.« Mein Vater nickt zufrieden und widmet sich dann wieder seinem Essen zu. Wenn er wüsste.
»Hey Black!« Seufzend drehe ich mich um. Ryder King steht direkt vor mir, der Blick so abwertend wie noch nie. »Was willst du, King?«, seufze ich genervt. Ryder sieht auf mich hinab, als er dicht vor mir zum Stehen kommt. Seine steinharte Brust hebt und senkt sich gleichmäßig und sein gesamter Körper strahlt eine enorme Wärme aus. »Dein Vater hat meinem Vater den Job geklaut«, faucht er scheinbar wütend. Als wäre das nicht genug, kommt er mir noch einen Schritt näher. Kein Staubkorn hätte mehr zwischen uns gepasst. »Erstens: Dein Vater hat meinem Vater den Job zur Hälfte geklaut. Zweitens: Was habe ich damit zutun?«, frage ich augenklimpernd. Ryder sieht auf mich herab, als wäre ich Abfall. »Du bist die einzige Black in der Nähe. Ich habe schon nach deinem Bruder gesehen, hab ihn nicht gefunden. Jetzt musst du für den Fehler deines Vaters einbüßen«, zischt er. Die Schulklingel drängt sich zwischen unsere Körper und wir gehen in verschiedene Klassenräume, in verschiedene Kurse, zu verschiedenen Lehrern.
Noch während des Unterrichts bekomme ich eine Nachricht von Ryder. Schnell schaue ich auf mein Handy, darauf bedacht, nicht von meinem Lehrer erwischt zu werden.
In der ersten Pause hinter der Sporthalle. Alleine.- Ryder
Ich sende ihm einen Daumen nach oben und konzentriere mich, so gut es geht, auf die Worte des Lehrers. Doch so einfach ist das nicht, Ryders Worte hallen viel zu sehr in meinem Kopf wieder und mein ganzer Körper beginnt zu Kribbeln, wenn ich nur an die erste Pause denke.
Als auch die zweite Stunde beendet ist, stürme ich aus dem Klassenzimmer. Meine Tasche gerade so geschultert laufe ich geschickt durch die Flure, weiche dabei unzähligen Schülern aus. Als die frische Luft meinen vor Aufregung völlig erhitzten Körper ein wenig abkühlt, verlangsame ich meinen Schritt und bahne mir meinen Weg zur abgemachten Stelle. Hinter der Turnhalle steht eigentlich nie jemand. Wir haben andere, bessere Verstecke auf unserem Schulgelände, weshalb Ryder und ich die Turnhalle schon immer als Versteck genutzt haben. Der Größere steht bereits lässig an die Wand gelehnt am Treffpunkt. Als er mich sieht, legt sich ein Grinsen auf seine Lippen. »Unsere Schauspieleinlage war wirklich gut«, begrüßt er mich, legt seine Hände an meine Taille und zieht mich in einen sanften Kuss. Lächelnd lasse ich zu, dass seine Lippen auf meinen, meinem Körper ein Gefühl der Taubheit verschafft und ich mich in seinen Armen vollkommen fallen lasse. »Warum müssen unsere Familien bloß so verfeindet sein?«, seufze ich, als wir uns lösen. Ryder streicht mir lächelnd eine Strähne aus dem Gesicht. »Es sind noch ein paar Jahre. Sobald wir volljährig sind, ziehen wir zusammen und geben einen Scheiß auf die Meinungen unserer Familien. Versprochen!« Seufzend schmiege ich mich an seine Brust. »Ein paar Jahre sind ein paar Jahre zu viel, Ryder«, meine ich gedankenverloren, atme dabei seinen Duft ein, der mich wie eine Schutzhülle umgibt. Doch der Größere reagiert nicht weiter auf meine Aussage. Er lächelt auf mich hinab und fährt mit einer Hand über meine Haare. »Sag noch einmal meinen Namen«, flüstert er an meinem Ohr. Eine Gänsehaut überzieht meinen Körper, sobald seine raue Stimme einen Flüsterton annimmt. Und ich weiß, wie sein Körper reagiert, wenn ich meine Stimme senke und ihm ins Ohr hauche. Also ziehe ich ihn noch näher zu mir hinunter, führe meine Lippen an sein Ohr und flüstere schmetterlingszart: »Ryder. Ryder Stephen King.« Augenblicklich fängt er leicht an zu zittern, schließt seine Augen und verliert die Kontrolle über seine sonst so ruhige Atmung. Lächelnd beobachte ich ihn und präge mir jeden Zentimeter seines friedlichen und doch so schmerzverzerrtem Gesicht ein. »Du machst mich schwach, Harper.« Er unterstreicht seine Aussage, indem er seine Finger in meine Haut bohrt und sich an meiner Taille festhält, als würde sein Leben davon abhängen. »Ich weiß.« Ryder schluckt schwer und atmet ein letztes Mal zittrig aus, bevor er die Kontrolle über seinen Körper zurückerlangt.
Schneller als ich es mir wünsche, ist die Pause vorbei und ich betrete das Schulgebäude. Bevor ich den Klassenraum erreiche, packt mich jemand am Arm. »Jason.« Mein großer Bruder sieht mich böse an. »Was hattest du hinter der Sporthalle zu suchen?«, fragt er zischend. »Das geht dich gar nichts an«, fauche ich wütend und entreiße meinem Bruder meinen Arm. Schnell laufe ich ins Klassenzimmer. Nur so kann ich Jason entfliehen.
Am Nachmittag verschanze ich mich sofort in meinem Zimmer. Doch Jason stürmt trotzdem sofort durch die Tür. »Geh mir nicht aus dem Weg, Harper! Warum warst du hinter der Sporthalle?« Jason erhebt seine Stimme nie gegen mich, sodass ich erschrocken zurückweiche, sobald er dann doch lauter wird. »Das... das geht dich nichts an, Jason. Lass mir meine Privatsphäre! Schnüffelst du jetzt schon hinter mir her?«, frage ich genervt. Mein großer Bruder rümpft die Nase. »Nein. Ich habe zufällig gesehen, wie du hinter der Sporthalle hervorgekommen bist. Rauchst du?«, fragt er direkt. Verdutzt sehe ich ihn an. »Nein! Natürlich nicht.« Jason lacht laut auf. »Also ist es ein Junge, mit dem du dich dort triffst.« Ich konnte noch nie gut lügen. Schon gar nicht, wenn ich so mit etwas konfrontiert werde. Jason durchschaut mein unsicheres auf dem Schreibtischstuhl hin und her Geschaukel schnell. »Wer ist es?«, fragt er laut. Ich zucke nur erschrocken zusammen, halte aber meinen Mund. Jason hebt den Zeigefinger. »Darüber sprechen wir noch einmal mit Mutter und Vater«, meint er und geht aus meinem Zimmer. Seufzend lasse ich mich in mein Bett zurückfallen.
Am Abend bittet Jason um ein Familiengespräch. Meine Eltern wundern sich, stimmen aber zu. Also sitzen wir vier auf der Couch im Wohnzimmer und meine Eltern sehen Jason abwartend an. »Harper hat einen neuen Freund«, verkündet er und nimmt mir so die Möglichkeit es kundzugeben, wenn ich bereit bin. Meine Eltern mustern mich geschockt. »Wer ist es Harper?«, fragt meine Mutter freudig und legt eine Hand auf meinen Oberschenkel. Mein Vater hingegen mustert mich düster. Ich schlucke schwer. »Ich... eigentlich möchte ich erst sagen, wer es ist, wenn es ich mir sicher bin, dass es etwas ernstes ist, das versteht ihr doch?«, frage ich leise nach. Mutter nickt, mein Vater sieht direkt zu Jason, der nur mit den Schultern zuckt. »Harper, du kannst gehen. Jason, du bleibst noch«, meint mein Vater streng. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen stehe ich auf und gehe in mein Zimmer, wo ich mich in mein Bett lege und sofort einschlafe.
Ein wohliges Kribbeln macht sich gleich in meinem Bauch breit, als ich am nächsten Morgen aufwache und an die Pause denke. Schnell ziehe ich die erstbesten Klamotten aus dem Schrank und laufe runter um zu frühstücken. Mutter steht bereits in der Küche und macht Rührei. »Das riecht lecker«, seufze ich und lasse mich auf meinen Stuhl fallen. Sie macht mir etwas auf den Teller und gierig esse ich mein Frühstück auf.
Die Schule kann gar nicht schnell genug vergehen und nach ellenlangen zwei Stunden entlässt unser Lehrer uns früher. Wieder stürme ich aus dem Gebäude und zu Ryders und meinem Treffpunkt. Als ich an der Sporthalle angekommen bin, werde ich von hinten überrumpelt. Mein Bruder drückt mich an die Wand und schnürt mir die Luft ab. Ich japse nichts verstehend nach Luft, schreie nach Hilfe und rüttle an Jasons Armen. Kurz bevor mir schwarz vor Augen wird, nehme ich im Augenwinkel eine Bewegung wahr. »Harper?« Ryders Stimme dringt in mein Ohr. »Sie ist deine Schwester, lass sie los!«, faucht er meinen Bruder sofort an und schlägt ihn von mir weg. Spätestens dort ist unsere Tarnung aufgeflogen. »Wirklich Harper? Der Sohn von dem Schwein King? Ich dachte ihr seid verfeindet«, schnauzt er mich an. Doch Ryder schlägt ihn erneut, bevor er weiterreden kann. »Stopp, Ryder! Hör auf damit! Jason ist mein Bruder!«, halte ich ihn auf. Doch als Jason sich aufgerichtet hat, verletzt er mich mit seinen Worten. »Nein Harper. Ich bin nicht mehr dein Bruder! Du hast unsere Familie verraten.« Geschockt sehe ich meinem Bruder nach, wie er geprügelt zurück auf den Schulhof geht. Erst als er verschwunden ist, fange ich an zu weinen. Ryder nimmt mich schützend in den Arm. »Es tut mir leid, Harper. Ich hätte es verhindern können. Aber... ich habe rot gesehen, du warst in Gefahr. Du... du bist einfach meine Schwachstelle.« Ich küsse ihn, damit er aufhört sich recht zu fertigen. »Ich verstehe das. Ich habe jetzt bloß ein gewaltiges Problem.« Ryder sieht mich mitfühlend an. »Harper, ich brauche noch ein paar Tage, in denen ich dich verleugne. Dann kann ich meinem Vater Geld für eine Wohnung abschwatzen und wir ziehen zusammen« schlägt er vor. »Ryder, ich bin 16, du bist 17. Ist das nicht viel zu früh? Ich finde schon eine andere Möglichkeit«, widerspreche ich. Ryder lächelt, legt eine Hand auf meine Wange und küsst sanft meine Stirn. »Das hast du nicht verdient. Es tut mir so leid.« Sanft streicht Ryder mir eine Träne aus dem Gesicht. »Noch ein paar Tage und wir müssen uns nicht mehr verstecken. Ich biege alles gerade.«
Zuhause fange ich an meine Sachen zu packen, bevor Jason nach Hause kommt und mich verpetzt. »Was machst du da?« Verschreckt drehe ich mich um. Meine Mutter steht im Türrahmen und mustert skeptisch meinen Koffer. »Ich packe.« Schnell lege ich auch mein letztes Shirt in den Koffer. »Aber wieso, Süße?«, fragt sie verwirrt. Seufzend schließe ich den Koffer und wende mich ihr wieder zu. Was habe ich schon zu verlieren? »Der Freund, von dem Jason sprach... es ist Ryder King.« Meine Mutter sieht mich mitfühlend an. »Oh Schatz.« Schnell wische ich mir eine aufkommende Träne weg und greife nach meinem Koffer. »Ich gehe, bevor Vater kommt.« Schnell nimmt meine Mutter mich in den Arm. »Ich gebe dir Geld für die nächsten Wochen mit. Dann kannst du fürs erste in ein Hotel gehen. Nimm deine Karte mit, ich versuche dir monatlich Geld zu überweisen. Ich unterstütze dich und Ryder.« Stürmisch umarme ich meine Mutter. »Sei vorsichtig und pass auf dich auf. Denk an die Schule und halt dich aus kriminellen Angelegenheiten raus.« Ich nicke und nehme meinen Koffer mit nach unten. Meine Schultasche habe ich geschultert, Meine Mutter gibt mir ein paar hundert Dollar und einen Kuss auf die Wange. »Und jetzt geh, bevor Jason oder dein Vater wiederkommen.« Ich nicke, umarme meine Mutter ein letztes Mal und verlasse dann das Haus.
Mitten in der Innenstadt suche ich mir ein kleines, günstiges, aber modernes Gebäude. Sobald ich mein Zimmer bezogen habe, schreibe ich Ryder eine Nachricht.
Ich bin in einem Hotel in der Innenstadt.- Harper
Okay, soll ich vorbeikommen? Ich habe meinem Vater das Geld fast abgeschwatzt. Halte durch, bald können wir zusammenziehen.- Ryder
Nein. Schon gut. Ich mache es mir für ein paar Tage bequem und dann sehen wir weiter.- Harper
Ich lege mich auf das Bett und sehe aus dem Fenster. Ich grüble vor mich hin und packe meine Sachen aus. Doch lange kann ich nicht für mich sein, bereits nach wenigen Minuten klopft es an meiner Zimmertür. Seufzend stehe ich auf und öffne die Tür. »Hey. Tut mir leid, ich musste einfach zu dir.« Lächelnd lasse ich Ryder rein. »Schon gut.« Ryder umarmt mich und setzt sich auf das Bett. »Also willst du wirklich hier hausen?« Verwirrt lege ich den Kopf schief. »Wo sonst?« Ryder lächelt und wühlt in seiner Hosentasche. »Wie wäre es, wenn du Übermorgen unsere Wohnung beziehst?« Er hält mir lächelnd ein Foto von einem geräumigen Apartment hin. »Oh wow!« Ich nehme das Bild entgegen. »Mein Vater schließt in diesem Moment den Vertrag ab.« Ein hoffnungsvolles Lächeln umspielt meine Lippen. »Das ist ja großartig! Ich... Wir...wir ziehen also zusammen?!« Ryder nickt und mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht beugt er sich zu mir runter, um mich zu küssen. »Zwei Tage, dann müssen wir uns nicht mehr verstecken.« Lächelnd lehne ich mich an seine Brust und lasse mich erneut von seinem Duft umhüllen.
Die zwei Tage verfliegen wie im Flug. Ryder bleibt verdeckt immer an meiner Seite. Nach den zwei Tagen holt Ryder mich vom Hotel ab und geht Hand in Hand mit mir in die Schule. »Okay, wir sehen uns in der Pause. Ich hole dich am Klassenraum ab.« Ich nicke und Ryders und meine Wege trennen sich.
Nach der Schule fahren Ryder und ich in die neue Wohnung. »Bereit?« Ich nicke vorfreudig und schließe die Tür auf. »Es ist so schön!«, staune ich lächelnd und sehe auf die Stadt hinunter. Ryder legt seine Hand um meine Hüfte und sieht nickend aus dem Fenster. »Wir sind wahrscheinlich das erste Paar an der Schule, das zusammenzieht.« Ich nicke zustimmend. »Wie haben deine Eltern reagiert, als du ihnen von uns erzählt hast?« Ryder sieht zu Boden. »Harper, ich habe ihnen noch nicht von uns erzählt. Ich wollte das gleich machen, wenn du schläfst oder... oder irgendwas anderes machst.« Ich lege den Kopf schief. »Ryder, du...« Er legt den Zeigefinger auf meine Lippen und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht. »Ich mache das sofort. Wir haben nichts im Kühlschrank, willst du vielleicht einkaufen gehen? Ich gebe dir Geld.« Seufzend nicke ich. Ryder gibt mir dieses und ich lasse ihn alleine.
Nachdem ich zwei Stunden lang durch einen Supermarkt gelaufen bin und allesmögliche in den Einkaufswagen geschmissen habe, gehe ich wieder zurück zur Wohnung. Ryder sitzt auf der Couch, das Gesicht in den Händen vergraben. »Hey. Alles gut?« Ryder nickt. »Meine Mutter hat uns heimliche Unterstützung versprochen. Mein Vater hat vor mich zu enterben.« Mitfühlend setze ich mich zu ihm. »Ist schon okay. Wir suchen uns einen Job, gehen zur Schule und machen einen guten Abschluss. Dann verdienen wir selbst unheimlich viel Geld. Wir schaffen das. Vertrau mir.« Ryder lächelt mich an und küsst mich sanft.
Mehrere Jahre später haben wir es geschafft. Wir sind verheiratet, haben großartige Berufe und zwei wundervolle Kinder. Wir haben es auch ohne unsere Eltern geschafft, doch die Unterstützung unserer Mütter hat uns durchaus auch geholfen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro