Destiny
Ich war 11, als meine Eltern bei einem Autounfall starben. Wäre mein großer Bruder, Declan, nicht zu dem Zeitpunkt bereits 19 gewesen, wäre ich in ein Kinderheim und vielleicht in eine Pflegefamilie gekommen. Aber Declan hat sich dafür eingesetzt, dass ich bei ihm bleiben kann. Er hat sein Studium aufgegeben, einen Job als Kellner angenommen und mich vor allem beschützt. Jetzt, mit jungen 16 Jahren, möchte ich nichts lieber, als meine Freiheit in jungen Jahren zu genießen. Doch Declan hat es sich zum Ziel gemacht, mich vor allem Bösen zu beschützen. Ich weiß, dass er nur das Beste für mich will, doch wenn ich mich rausschleichen muss, um mit Freunden auf Partys zu gehen, merke ich wieder, wie sehr ich mir wünsche, dass Declan keinen viel zu ausgeprägten Beschützerinstinkt vorweist.
Heute ist wieder einer der Tage, an dem meine beste Freundin mich auf eine Party eingeladen hat. Ich habe Declan davon erzählt, doch er wimmelt mich, wie immer, ab, mit der Begründung, ich sei zu jung, um zwischen Leuten meinen halbnackten Körper umher zu schwingen. Also warte ich darauf, dass mein Bruder, der immer früh ins Bett geht, um ausgeschlafen zur Arbeit zu gehen, schläft. Geduscht habe ich bereits und meine Haare sind schon trocken, weshalb ich mir ein schwarzes, mattes Kleid anziehe, welches mir gerade so über den Po geht und schwarze, hohe Schuhe dazu kombiniere. Meine Haare binde ich in einen hohen, unordentlichen Pferdeschwanz. Zu guter Letzt trage ich ein wenig Makeup auf, bevor ich mein Fenster öffne und hinausklettere. Ich werde besser. Beim ersten Mal habe ich mir den Arm verstaucht, als ich aus dem Fenster des zweiten Stockes geklettert bin. Jetzt schaffe ich es sogar, ohne meine Schuhe auszuziehen, auf den Boden zu gelangen. Es schneit und sanft fallen Schneeflocken auf meine Haare. Das Licht der Scheinwerfer bringt den fallenden Schnee zum Glänzen. Ich lausche dem Knistern des Schnees, während ich zur Straße gehe, damit ich bei Lauren bin, bevor sie hupt und Declan auf mich aufmerksam wird. "Hey Süße", begrüßt Lauren und zieht mich zu sich. "Hey. Lass uns losfahren", lächle ich. Lauren nickt und drückt mir eine Flasche Bourbon in die Hand. Ich nehme einen Schluck, lasse den Alkohol meine Kehle hinabfließen.
Den Bass spüre ich in meinem Bauch, die Musik dröhnt in meinen Ohren. Ich tanze ausgelassen, wobei ich schon eine Menge Alkohol getrunken habe und meine Sicht ein wenig verschwimmt. Ich torkle hin und her, bis ich gegen jemanden stoße. "Oh. Entschuldige", lalle ich und sehe auf, zu dem jungen Mann, dessen muskulöse Burst sich unter meinen Fingerspitzen anspannt. "Oh wow. Da hat wohl jemand zu tief ins Glas geblickt", grinst er. Ich weiß nicht, ob es der Alkohol ist, oder ob der Mann tatsächlich so attraktiv ist, aber seine starken Arme, die sich um meine Hüfte schlingen und mir Halt schenken, lassen mich ein wohliges Gefühl fühlen. "Soll ich dich nach Hause bringen?" Seine braunen Augen funkeln freundlich. "Nach Hause? Der Abend ist doch noch so lang", nuschle ich leise und grinse frech. "Ach ja? Es scheint nämlich so, als wäre dein Abend schon ziemlich lang. Na komm. Ich bringe dich nach Hause." Mürrisch lasse ich mich von dem attraktiven Mann nach draußen begleiten.
Er führt mich zu einem silbernen Audi und setzt mich auf den Beifahrersitz. "Soll ich dich anschnallen?", fragt er leise. "Nein. Das kann ich alleine", meine ich müde und versuche an den Anschnallgurt zu kommen. Der Unbekannte lacht leise und rau. "Na komm." Er beugt sich über mich und schnallt mich an. Mein heißer Atem prallt an seiner Wange ab. Er will sich zurückziehen, als sein Blick auf meinen trifft. Er hält in seiner Bewegung inne. "Wie heißt die Fremde, die ich nach Hause bringen soll. Und wo soll ich die Fremde hinbringen?" Sein Atem an meinen Lippen raubt mir meinen Atem. "Ashley." Der Mann lächelt. "Und wie sieht es mit deiner Adresse aus?", fragt er hauchend. "Die verrate ich dir, wenn du mir deinen Namen und dein Alter nennst", entgegne ich grinsend. "David. Und ich bin 19." Ich nicke. Mein Blick schweift zwischen seinen Lippen und seinen Augen auf und ab. "107 Auburn Street", erkläre ich leise. Anstatt mir eine Antwort zu geben, küsst er mich. Seine raue Stimme spiegelt seine sanften Lippen absolut nicht wieder. Der Geschmack von Bier mischt sich mit dem Geschmack von Bourbon. "Du hast auch getrunken", stelle ich fest, als er sich zurückzieht. "Keine Sorge, ich bin absolut nüchtern genug, um zu fahren", versichert er leise. Er schließt die Tür und setzt sich auf den Fahrersitz, um loszufahren.
"Hier wohnst du? Du siehst aus, als würdest du in einer Villa wohnen", meint David lächelnd. "Meine Eltern sind früh gestorben und mein Bruder hat alles für mich aufgegeben", erkläre ich, auch wenn ich mich nicht rechtfertigen muss. "Du musst dich nicht erklären. Ich würde dich gerne wiedersehen." Frech grinsend sehe ich ihn an. "Du weißt wo ich wohne. Komm und hol mich, wenn dir danach ist", grinse ich und steige aus, klettere das Regenrohr hoch und gelange so in mein Zimmer, ohne großen Lärm zu machen.
Am nächsten Morgen wache ich mit einem heftigen Kater auf. Sobald ich an gestern Abend denke, werden meine Kopfschmerzen noch schlimmer. Wie peinlich! Schnell schwinge ich meine Beine aus dem Bett. Gott sei dank ist Heute Samstag, in der Schule könnte ich mich zumindest nicht konzentrieren. Ich halte mir den Kopf, während ich in die Küche gehe, wo Declan bereits wartet. "Schon wieder Kopfschmerzen? Wir sollten wirklich Mal zum Arzt, Ash." Ich schüttle den Kopf. "Nein. Ich nehme einfach eine Aspirin, das reicht." Schnell schlucke ich die Tablette und schmiere mir dann ein Brot. Kurz bevor ich meinen ersten Bissen für Heute nehmen kann, klingelt es an der Tür. Verwirrt sieht Declan mich an. "Hast du eine Freundin eingeladen?" Ich schüttle den Kopf. "Ich geh schon. Fang du erst einmal an zu essen."
Ich lausche gespannt, als mein Bruder die Tür öffnet. "Entschuldigung, kenne ich Sie?" Verwirrt runzle ich die Stirn. "Sie müssen Ashleys Bruder sein." Die Stimme erkenne ich wieder. David! "Und Sie sind?"-"David. Hat... hat Ashley nichts erzählt?" Ich springe auf. So schnell ich kann eile ich zu den beiden, bevor David etwas sagen kann, was mich in Schwierigkeiten bringt. "David! Hey. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du schon Heute kommst. Ich mache mich kurz fertig", meine ich schnell und vergesse dabei, dass ich nur in einem Nachthemd vor ihm stehe. "Klar. Ich... ich warte auf dich."
Obwohl ich innerhalb weniger Minuten fertig bin, komme ich zu spät. An Declans Blick erkenne ich, dass David bereits alles erzählt hat. "Du bist fertig. Dann können wir ja jetzt los." Zunächst will ich zustimmen. Doch dann blicke ich in das Gesicht meines enttäuschten Bruders. Er deutet mir, mich zu entscheiden. "Geh schonmal vor. Ich komme gleich nach", lächle ich und setze mich Declan gegenüber. David geht, auch wenn er mich verwirrt ansieht.
"Declan, es tut mir leid", fange ich das Gespräch an. "Was tut dir leid? Dass du dich rausgeschlichen, mir widersetzt und einen wildfremden geküsst hast?" Ich sehe schuldig auf die Tischplatte. "Du verbaust dir deine Zukunft."-"Nein! Ich genieße mein Leben. Und du versuchst mir das zu verbieten, weil ich dir deine beste Zeit genommen habe", hauche ich wütend. "So denkst du von mir? Ich habe mein Leben aufgegeben, weil ich dich liebe. Warum sollte ich so etwas tun?" Verletzt sieht mein großer Bruder an. Ich zucke die Schultern. "Keine Ahnung. Aber es ist mir auch egal. Wenn du mich entschuldigst: der Wildfremde wartet auf mich." Schnell packe ich meine Tasche und stürme aus der Wohnung.
"Was ist los? Habe ich was falsches gesagt? Deinem Bruder gegenüber?" Ich schüttle den Kopf. "Nein. Es war wohl sowieso an der Zeit, dass Declan erfährt, dass ich mich rausschleiche", meine ich schulterzuckend. David sieht mich lächelnd an. "Schon gut." David hält an einem kleinen Café an und wir steigen aus.
Der Tag verläuft schnell und ich wünschte, David würde mich nicht zurückbringen. Doch er tut genau das. Declan steht bereits an der Tür. "Wir sehen uns." David küsst mich zum Abschied. "Bestimmt." Schnell gehe ich zu Declan hinauf, möchte ihn ignorieren, doch Declan ist schneller, packt mich am Arm und sieht mich auffordernd an. "Was willst du hören, Declan? Das es mir leid tut? Ich habe mich bereits entschuldigt", fauche ich. "Ich möchte nicht, dass du dich entschuldigst. Nicht dafür, dass du dein Leben lebst. Ich möchte, dass du dich dafür entschuldigst, was du mir vorgeworfen hast." Declan sieht mich eindringlich an. Schlagartig kommen mir meine Worte wieder in den Sinn. Tränen lassen meine Sicht verschwimmen. Und das alles nur, weil ich meinen dicken Kopf durch die Wand hämmern wollte. "Es... es tut mir leid, Declan", schluchze ich verzweifelt. Mein Bruder nimmt mich in den Arm. "Ist schon okay. Es ist gut", versucht er mich zu beruhigen. "Ich hab dich lieb", meine ich leise. "Ich habe dich auch lieb, Ashley. Versprich mir nur, dass du dich nicht mehr rausschleichst." Ich nicke und ziehe meinen großen Bruder näher an mich heran.
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