✧.* - Kapitel 25
Freitag/ Samstag, 19. / 20. September
Meine Haare waren noch feucht, als ich in das Schlafzimmer trat und ich rieb mir schief grinsend über die nicht ganz trockenen Strähnen, während ich zu Mingi hinsah, der sich auf seiner Seite des Bettes bereits in die Decke gewühlt hatte und mich von dort still musterte.
Auch ich sagte nichts, kniete mich schweigend auf meine Bettseite, krabbelte ein Stück auf ihn zu und blieb dann wieder auf den Fersen hocken. Jetzt musste ich doch lachen.
„Weißt du, ich fühle mich gerade wie ein unbeholfener Teenie", murmelte ich mit einem Schmunzeln.
Mingi lachte leise, was mich überraschte, dann setzte er sich auf und blinzelte mich an, die Zähne in die Unterlippe gegraben.
„Ich auch", gab er flüsternd zu und lachte schon wieder.
„Das ist dämlich oder?
„Ein bisschen. Aber auch irgendwie ..." Statt den Satz zu Ende zu führen, zuckte er jetzt mit den Schultern und sah mich wieder an. Da war etwas in seinem Blick – Nervosität? Aufregung? Angst? – das ich nicht wirklich deuten konnte.
Ohne ein Wort kroch ich also noch ein Stück näher an ihn heran, bemerkte dabei auch, wie sein Blick auf meinen Mund abrutschte, also küsste ich ihn. Zunächst war das nur eine unbestimmte Berührung, gar kein richtiger Kuss, aber Mingi kam mir entgegen. Er legte sogar eine Hand an meine Wange, während er den Kuss fast ebenso vorsichtig erwiderte, dann strichen seine Finger auf meinen Hals hinab, von dort in meinen Nacken und mittendrin krabbelte er halb über mich und verschränkte die Arme in meinem Nacken.
Ich schwankte, löste meinen Mund von seinem und schmunzelte. „Besser?"
„Viel besser."
Unsere Blicke trafen sich und Mingis Augen waren so dunkel, dass ein Schauer über meinen Rücken jagte. „Du sagst mir, wenn irgendwas nicht okay ist?"
Still nickte er.
Wir küssten uns erneut und dieses Mal stellt sich ein leises Kribbeln in meinem Körper ein. In meinem Kopf spielte zwar immer noch alles verrückt und meine wirbelnden Gedanken ließen sich nicht ganz abstellen, aber mein Körper wollte zumindest bereits die Führung übernehmen. Vielleicht war das gut, womöglich konnte ich dann endlich aufhören, alles zu zerdenken.
Mingi war nie Derjenige gewesen, der mit Samthandschuhen angefasst werden wollte und er murrte auch jetzt recht schnell, wenn meine Berührungen zu zaghaft waren. Er würde mir sagen, wenn er irgendwas nicht wollte, darauf musste ich vertrauen.
Ich schlang die Arme um seine Mitte, strich über den dünnen Stoff seines T-Shirts und spürte seine Körperwärme. Gleichzeitig zog ich ihn ein Stück näher und hörte Mingi nun leise an meinem Mund seufzen. Ich konnte fühlen, wie sich seine Muskeln unter meinen Händen anspannten. Mingis Atemzüge waren hart und schnell. Verdammt.
„Alles okay?"
Er nickte, sah mich aber nicht an und erst nach einer ganzen Weile hob er den Kopf.
„Wir ... müssen das nicht überstürzen."
Stumm nickte Mingi, beugte sich dann zu mir und küsste mich. Es wirkte vorsichtig, wie jede Berührung von ihm, gleichzeitig war es wohl das Mittel zum Zweck, damit ich nichts mehr sagen konnte. Mein Körper reagierte auf jede noch so kleine Berührung hypersensibel. Ich war so ausgehungert, nach jeder Form von Zärtlichkeit, dass ich heulen wollte, jetzt wo es tatsächlich geschah.
Ich spürte, wie seine Hände sich behutsam unter den Stoff tasteten und über nackte Haut fuhren, bevor ich mithalf, mein Shirt abzustreifen. Und ich wartete, als Mingi den Kopf schüttelte, als ich nach dem Saum seines T-Shirts griff. Für einen Moment sah er weg, atmete tief ein und wieder aus, bevor er es schließlich selbst abstreifte und fallen ließ. Ich sah auf und traf seinen Blick.
„Darf ich dich anfassen?"
Erneut stimmte er schweigend zu, legte seine Hand über meine, als ich seine Brust berührte und ich spürte, wie wild sein Herz schlug. War das Aufregung oder Panik? Da er mich jedoch nicht aufhielt, machte ich weiter und während meine Finger über die weiche Haut glitten, mischte sich unter seine hektischen Anzüge, das ein oder andere sehnsuchtsvolle Keuchen. In meinem Kopf schaltete irgendwas um.
Ich ließ mich umfallen, zog ihn mit mir und es war okay so. Für den Moment war ich gewillt, ihm die Führung zu überlassen. Und es war schön, ihn wieder zu spüren, so nah bei mir zu haben, all die vertrauten Augenblicke neu aufleben zu lassen.
Schlussendlich war Mingi weitaus mutiger als ich und zeigte viel weniger Scheu, mich zu berühren, als umgekehrt. Etwas, das mich im Übrigen völlig aus dem Konzept brachte, weil ich vor lauter Vorsicht, ihn nicht zu überfordern, selbst ständig überrumpelt wurde.
Als seine Finger sich unter meine Schlafanzughose schoben, fuhr ich regelrecht zusammen und stieß wohl einen seltsamen Laut aus, denn mittendrin lachte Mingi heiser. Sein Mund streifte meinen.
„Geht's dir gut?"
Ich nickte hektisch, umfasste sein Gesicht und stöhnte mit der nächsten Berührung in unseren Kuss. Scheiß ja, es ging mir nie besser.
Es war Wahnsinn, mein Körper spielte völlig verrückt und ließ sich überhaupt nicht mehr kontrollieren. Ich bebte und zitterte unter Mingis Händen, als wäre es mein erstes Mal. Das war beinahe peinlich. Andererseits genoss ich es auch, denn es ging nicht nur schlicht um den intimen Moment, den wir teilten, sondern vor allem um die Nähe, die damit zwischen uns entstand. Jetzt erst wurde mir auch bewusst, wie weit wir uns tatsächlich schon voneinander entfernt hatten, sei es aus Angst oder Rücksichtnahme. Anders konnte ich das Gefühl, das in meinem Inneren vorherrschte, nicht beschreiben. Ich konnte seinen Geruch einatmen, seine warme Haut unter meinen Finger fühlen, den schlanken Körper, an meinen gepresst, sehnsuchtsvoll, ruhelos und war wie berauscht.
Und ich denke, es war genau diese Euphorie, die mich eine ganze Weile in seinem zärtlichen Überfall schwelgen ließ, bevor ich merkte, dass doch nicht alles okay war. Zunächst war es nur eine minimale Bewegung, mit der er etwas von mir abrückte, die mich zunächst irritierte und womöglich etwas aus dem Konzept brachte. Dann ein fast gehauchtes „nicht", als ich mich wieder näher zu ihm hinschob und die Hand an seinem Körper hinabgleiten ließ.
Aber dieses gehauchte „nicht", war wie eine Alarmsirene in meinem Kopf, wenn sie auch mit etwas Verspätung einsetzte. Seine Hand lag an meiner Hüfte und drückte mich vorsichtig, aber bestimmt weg.
Ich zog die Hand zurück, blinzelte und war irritiert genug, um zunächst um Worte zu ringen. Mein Denken hinkte dem Begreifen gerade meilenweit hinterher, auch wenn ich längst kapiert hatte, worum es ging. Denn während ich mit meiner wachsenden Erregung kämpfte, war bei Mingi davon nichts zu bemerken, sprichwörtlich gar nichts.
Ich nahm mir einen kurzen Moment um durchzuatmen, während Mingi leise ächzend auf den Rücken rollte und die Hände auf die Augen presste.
„Fuck", hörte ich und war schon versucht nach seinem Arm zu greifen, ließ es aber. Ich war doch selbst ein Kerl und ich wusste ganz genau, dass jedes „nicht so schlimm" alles nur noch schlimmer machte.
Schließlich rückte ich doch wieder an ihn heran, zog behutsam seine Hände weg und küsste ihn vorsichtig. Meine Stirn strich über seine Schläfe und ich verharrte.
„Okay, was soll ich tun?", murmelte ich. „Sag mir, was du brauchst." Und ja, in diesem Moment hätte ich wohl alles für ihn getan, aber Mingi wiegelte nur kopfschüttelnd ab. Am Ende strampelte er sich beinahe rabiat aus meiner Umarmung und schob mich weg.
„Gib mir einen Moment, bitte ...", raunte er dumpf und wandte sich dabei ab.
Ich rückte ein Stück ab, setzte mich dabei auf und schließlich verließ ich sogar das Schlafzimmer, weil er sich partout weigerte, mit mir zu reden oder mich überhaupt anzusehen.
Unwillig tappte ich hinaus, immer noch angespannt und alle Nerven regelrecht flirrend für den Moment. Doch kaum hatte ich die Schwelle zum Wohnzimmer erreicht, machte ich auf dem Absatz kehrt und lief stattdessen ins Bad.
Okay, dass ich regelrecht aus seiner Nähe geflohen war, war sicher nicht die glücklichste Lösung gewesen, andererseits hätte ich es wohl keinen Moment länger ausgehalten. Meine Haut prickelte, überall wo er mich berührte hatte und der feurige Knoten in meinem Unterbauch wollte auch nicht verschwinden. Im Gegenteil, mittlerweile drückte meine Erregung hart und unangenehm gegen den Stoff meiner Wäsche. Da half weder kaltes Wasser in meinem Nacken, noch das vehemente Verleugnen. Ich vermisste ihn so sehr, seine Berührungen, seinen nackten Körper an meinem, all die Intimitäten, die wir geteilt hatten. Keine Tabus, keine verklemmte Scham. Wir waren doch so jung gewesen, als wir zusammengekommen waren, jung und neugierig. Wir hatten uns ausprobiert, gelacht, getobt und uns dreckige Fantasien zugeflüstert. Es hatte nie etwas gegeben, was wir voreinander versteckt hatten. Und jetzt? Zu dem heißen Feuerball in meinen Eingeweiden kam ein ungeheurer Druck auf der Brust, den ich nicht zulassen wollte, weswegen meine Hand nun beinahe wie von selbst über den Stoff meiner Schlafanzughose glitt und damit auch über die harte Beule, die sich unter dem Stoff abzeichnete.
Ein leises Stöhnen entkam mir und ich riss die Augen auf. Hatte er mich gehört? Verdammter Mist! Ich grub die Zähne in meine Unterlippe, konnte aber meine Hand nicht von mir lösen, zu gut fühlte es sich an. Sekundenlang traf ich meinen eigenen aufgewühlten Blick im Spiegel, dann senkte ich ihn und zerrte eiligst meine Hose samt Unterwäsche ein Stück hinab. Ich brauchte doch nur ... ein wenig Erleichterung.
Unter der Dusche wäre es vermutlich angenehmer gewesen, allerdings scheute ich mich, jetzt wieder zu duschen, weil ich mir sicher war, dass Mingi dann ganz genau wusste, was ich hier drinnen trieb. Nun, möglicherweise wusste er es so auch, aber ... Ich spuckte in meine Hand und umfasste mich selbst.
Fuck! Schon bei der ersten Berührung fielen meine Augen zu und die Tatsache, dass ich meine eigene Berührung so sehr genoss, sagte doch bereits aus, wie bedürftig ich in dieser Beziehung tatsächlich war. Ich stellte mir nicht vor, wie es war, mit ihm zu schlafen, aber ich ließ mich in die Empfindung fallen, die mich vor wenigen Minuten noch so aufgewühlt hatte, als er mich noch berührt, wir uns geküsst hatten. Damit brauchte es so lächerlich wenig Stimulation! Fest und schnell glitten meine Finger über meinen harten Schaft und bereits nach kurzer Zeit spürte ich das vertraute Ziehen in meinem Unterbauch, das meinen Orgasmus ankündigte. Ich wollte es auch nicht verzögern, oder irgendwie auskosten, ich wollte nur diesen erlösenden Moment erleben und er überrollte mich so schnell, dass ich selbst überrascht war. Mit schnellen Bewegungen rieb ich über die feuchte Spitze meines Gliedes, dann kippte ich bereits nach vorn, eine Hand neben dem Spiegel abgestützt. Ich kam in das Waschbecken – traurig genug, das zu sagen – unterdrückte dabei das befreite Stöhnen, das unbedingt herausbrechen wollte und sank nun auch mit der Stirn gegen die geflieste Wand. Meine Hand fuhr noch ein paar Mal auf und ab, dann waren die Wellen meines Höhepunkts abgeflaut und ich konnte endlich zitternd einatmen.
„Scheiße", murmelte ich kaum hörbar. Ich schämte mich nicht, aber ich kam mir armselig vor, während ich meine Kleidung wieder richtete und schließlich das Wasser aufdrehte, um mir die Hände zu waschen und die Spuren zu vernichten.
Armselig, dass ich mir als erwachsener Mann wieder irgendwo allein und versteckt einen runterholen musste. Und dabei ging es weniger um die Selbstbefriedigung an sich, als um die Tatsache, dass es auf so verschämt-heimliche Weise geschehen musste.
Vor diesem verheerenden Einschnitt in unser Leben, wäre das niemals ein Thema gewesen. Weil Bedürfnisse eben unterschiedlich waren und auch der verständnisvollste Partner nicht immer dasselbe Begehren teilte. Ich hatte gewusst, dass Mingi sich gerne mal in der Dusche selbst befriedigte, vermutlich genauso oft wie ich. Und es war okay. Manchmal war ich zu ihm unter den warmen Wasserstrahl geschlüpft und hatte frech meine Hilfe angeboten. Hin und wieder hatte er den Spieß umgedreht. Gelegentlich hatten er oder auch ich den jeweils anderen im Bett, auf der Couch, wo auch immer, mit einem schlichten, guten Handjob zufriedengestellt ohne eine Gegenleistung zu fordern, einfach weil es gerade so passte, wie es war. All das war nie etwas gewesen, worüber ich mir Gedanken gemacht hätte, weil wir in dieser Beziehung immer völlig offen miteinander umgegangen waren. Aber jetzt war die Tatsache, dass ich Lust auf Sex hatte, dass es mir fehlte, plötzlich zu etwas Unaussprechlichem geworden. Im Gegenteil, die Vorstellung, dass ich darüber reden sollte, fühlte sich gerade an wie ein Tabubruch.
Ich kehrte auch nachdem ich aus dem Bad kam, nicht ins Schlafzimmer zurück, das konnte ich einfach nicht, sondern schlurfte ins dunkle Wohnzimmer, um mir Wasser einzuschenken. Ich trank es dort im Stehen, an den Tresen gelehnt, im Dunkeln, als plötzlich Mingi über die Schwelle gegeistert kam.
Unangenehm berührt sah ich weg, fühlte mich ertappt, doch Mingi gab nicht viel auf meine abweisende Haltung. Er trat einfach an mich heran, lehnte sich an mich und umarmte mich. Sein Kopf ruhte auf meiner Schulter.
Etwas umständlich, mit dem Wasserglas in der Hand, erwiderte ich die Umarmung und rieb meine Wange an seinen Haaren.
„Bist du böse auf mich?", flüsterte er.
„Ach Quatsch." Ich stelle das Glas weg und umschloss ihn fester.
„Aber enttäuscht?" Bevor ich antworten konnte, seufzte er leise. „Es wäre okay, wenn du enttäuscht bist."
„Mingi", seufzte ich und rieb erneut mein Gesicht ein wenig in seinen frisch gewaschenen Haaren. Er roch so gut. „Ich bin nicht enttäuscht. Es ... war einfach zu früh, hm?"
Er brummelte leise, dann murrte er.
„Ich glaube es liegt an den scheiß Tabletten", raunte er. „Ohne kann ich keine Nacht schlafen und mit ist alles in mir tot."
Es war das erste Mal, dass er es auf diese Weise ausdrückte und auch so krass benannte. Und es machte mir Angst, weil er auch diese Aussage mit wenig Emotion machte. Ich war verunsichert, doch wenn er das Thema anschnitt?
„Wie lange ist das schon so?", fragte ich leise geflüstert in seine Haare. „Ich meine, wie lange geht das schon, mit den Nebenwirkungen?"
„Ach", murmelte er schwach. „Eigentlich von Anfang an, aber es hilft am besten gegen die Angst."
Auch diese Art Offenheit war neu. Ich wusste ja, dass er mit Angst- und Panikattacken zu kämpfen hatte, mit Schlafstörungen, Albträumen, aber gerade nahm das alles eine andere Dimension an.
„Und ohne geht es gar nicht?"
Schulterzucken antwortete mir. Ich befand mich also auf vermintem Terrain. Vorsicht war geboten.
„Hast du mit deiner Ärztin gesprochen, vielleicht gibt es andere Medikamente, die du versuchen könntest?"
„Hm", machte Mingi. „Ich wusste nicht, wie schlimm es ist."
„Es ist nicht schlimm." Ach verdammt! Jetzt hatte ich doch gesagt. Am liebsten hätte ich mit dem Kopf gegen den Hängeschrank gehauen. „Was ich meinte, ist, wichtig ist, dass es dir gut geht, alles andere kriegen wir schon wieder hin. Ich lass dich nicht allein und du lässt mich nicht allein, hm?"
„Mhm", machte Mingi wieder. „Ich rede mit ihr. Nächstes Mal."
Für einen Moment blieben wir noch so stehen, dann befreite ich mich aus einem Zugriff und sah ihn an. „Wollen wir dann wieder ins Bett?"
Mingi nickte schwach. „Geh schon, ich trink noch was."
Ich ging, hörte das leise Gluckern des Wasserspenders, als ich durch den Flur lief und gleich darauf das leise Klappen der Schublade. Da fühlte ich mich wie vor den Kopf gestoßen. Es war, als hätte es das Gespräch von gerade eben nie gegeben. Mein Ärger flammte auf, aber ich schluckte ihn hinunter, weil ich nicht mitten in der Nacht eine Diskussion über seinen Medikamentenkonsum anzetteln wollte. Stattdessen verkroch ich mich ins Bett, schwieg, als Mingi ins Schlafzimmer trat, schwieg immer noch, als er ins Bett krabbelte und zu mir heranrückte, umarmte ihn und strich sanft durch seine Haare.
In mir brodelte ein Sturm.
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