[36] Baekje
Danse schließt beschämt seine Augen, als ihn erneut ein Schlag seines Großvaters trifft. Mit zusammengebissenen Zähnen erträgt er die Prozedur, bis sein Großvater mit einer letzten Warnung zu Hansung verschwindet.
Er kann seinem jüngeren Halbbruder nicht in die Augen sehen, doch er spürt seinen entsetzten Blick auf ihm.
"Hör auf ihn", sagt er bloß und richtet sich unter Schmerzen wieder auf. Es ist nicht das erste Mal, dass er für Hansungs Fehler bestraft wird.
Dann sieht er ermutigend in das Gesicht des jungen Mannes. Er hasst diese Erniedrigung. Doch für seinen kleinen Bruder würde er alles über sich ergehen lassen.
***
Während Danse in der Hauptstadt Sillas seinen Frust mit dem Schwert auslässt, tritt sein Meister über die Grenze der Hauptstadt Baekjes.
Sunwoo hat mit den anderen Hwarang des Auftrages die Prinzessin sicher in das andere Land geleitet. Bloß die Geschenke als Tribut für das stärkere Reich sind verloren.
Eine Wache führt sie in einen Gartenteil des Palastes. Dort sitzt umgeben von seinen Bediensteten der Kronprinz gemütlich essend.
"Eure Hoheit", spricht der Heerführer des Landes, "Die Delegation aus Silla."
Mehr muss der Krieger seinem Herrn nicht sagen. Mit einem Schritt tritt er zur Seite und gibt der Prinzessin und ihrem Gefolge die Sicht auf den Prinzen frei.
"Ich bin Sookmyung", erklärt die Prinzessin und streicht sich vorsichtig über ihr lilafarbenes Kleid, "Die Prinzessin von Silla. Ich möchte das Missverständnis zwischen uns klären."
Geduldig sieht sie zu Prinz Chang. Dieser jedoch beißt kräftig in sein Hähnchen hinein, als würde er alleine im Garten sein.
"Ignoriert er uns?", fragt Sooho empört und tritt einen Schritt vor, "Das ist nicht in Ordnung."
Hwarang Jidwi hält ihn jedoch davon ab, etwas gegen den Kronprinzen zu unternehmen. Jeder noch so kleiner Fehltritt in den Augen des Prinzen kann zu einem Krieg führen.
"Ich warte, bis Ihr mit Essen fertig seid", erklärt die Prinzessin und verbeugt sich leicht.
"Ganz wie Ihr wollt", meint der Prinz kurz angebunden, ohne seine Mahlzeit zu unterbrechen oder zu der Prinzessin zu blicken.
Eine Prinzessin lässt man nicht warten, denkt sich Miyu und tritt von einem Bein auf das andere. Je mehr Zeit vergeht, desto unruhiger wird sie. Verdammt, was mache ich hier? Sie ist eine Assassine. Sie wartet nicht, bis ihr Ziel wohlgenährt bereit für den Empfang ist. Dennoch bleibt Miyu stumm.
Wie gerne würde sie dem Prinzen das spitze Ende des Hühnerknochens in den Rachen jagen. Abgehobenes Schwein.
Aber Miyu bleibt stumm. Sie sollte Silla stürzen, aber ihr dummes Herz traf auf den König und nun hilft sie ihm, Silla gegen äußere Gefahren zu verteidigen. Dummes dummes Herz.
Erst mit einem Wink des Prinzen regt sich die Gesellschaft im Garten. Die Bediensteten tragen die goldenen Teller hinaus, während der Prinz in völliger Ruhe sich den Mund abtupft.
Mit einem weiteren Wink gebietet er Sillas Prinzessin hervorzutreten.
"Also", fragt er gelangweilt, "was bringt Ihr mit? Wenn Ihr Freundschaft wollt, habt Ihr Geschenke dabei, die mein Interesse wecken. Nicht wahr?"
Entschuldigend verbeugt sich die Prinzessin kurz: "Ich bin hier, um Silla zu vertreten. Ich möchte Euch unter vier Augen sprechen."
Mit einem Nicken des Prinzen verlassen sie gemeinsam den Garten und Prinzessin Sookmyung lässt die Hwarang und ihre Wachen widerwillig am Empfangsort zurück.
***
Miyu schließt ihre Augen und atmet tief ein. Ihre Füße schmerzen und die Sonne brennt in ihrem Nacken. Dennoch weicht sie nicht aus ihrer Haltung.
"Habt ihr das gehört?", fragt Sunwoo plötzlich, als ein leiser Schrei das Rufen der Vögel durchbricht.
"Was denn?", fragt Sooho neben ihm verwirrt. Doch kurz darauf hört auch er einen Schrei. Nickend will er zu einer Antwort ansetzen, als einer der königlichen Wachen, der zuvor die Gemeinschaft für den Abort verlassen hat, abgehetzt durch das Gartentor tritt.
"Es gibt ein Problem", spricht er stoßweise, "Fräulein Ahro wurde von Soldaten weggebracht."
Sofort läuft Sunwoo gefolgt von Jidwi und Sooho nach draußen. Miyu blickt seufzend den verwindenden Hinterköpfen nach, ehe sie sich auch in Bewegung versetzt. Warum helfe ich Silla nochmal?
"Halt!", ruft eine Wache und bedroht die Hwarang mit einem Speer. Geschickt wendet sich Sunwoo unter der Waffe durch und stößt dem Mann seinen Ellbogen in die Seite. Dann greifen auch die anderen an. Mit unheimlicher Präzision zielt Miyu auf die ungeschützten Körperteile, doch schnell steht sie Rücken an Rücken mit ihren Freunden und bekommt eine Schwertspitze an den Hals gedrückt. Wütend funkelt sie den Träger der Waffe an.
Neben ihr zuckt Sooho zu seinem eigenen Schwert, doch Jinheung hält ihn auf.
"Keine Schwerter", bestimmt er, "Ziehst du jetzt das Schwert, bedeutet es Krieg."
Zögernd löst Sooho seinen Griff um sein Schwert.
"Wer würde in der Unterzahl Krieg führen?", fragt er dennoch grimmig. Ich habe schon viel unbedeutendere Gründe erlebt, merkt Miyu. Den Kampf in Baekje können die Hwarang gewinnen, doch den Krieg in Silla nicht.
"Entweder Schwert oder Freundschaft", deutet Jinheung erneut.
"Ergreift sie!", ruft eine Wache.
Miyu wehrt sich nur leicht, als der Mann, der sie bedrohte, sie aus dem Kreis der Hwarang zieht und ihren Arm auf den Rücken dreht.
Doch ehe er sie vollständig bewegungslos macht, erscheint Banryu mit gezogenem Schwert.
"Was ist los?", fragt er und blickt zwischen den Wachen und den Hwarang hin und her.
"Sicher ein Missverständnis", versucht Jinheung die aufkommende Wut der Wachen zu lindern.
Doch Banryu wird mit einem "Greift an" schnell zum neuen Ziel der Baekje-Schwerter erwählt. In dem Moment, in dem auch die Wache hinter Miyu seine Aufmerksamkeit auf Banryu richtet, schießt ihr Kopf nach hinten. Nach hinten taumelnd löst sich der Griff der Wache und wendig reißt sich Miyu sein Schwert an sich und lässt es kurz darauf auf die Waffe eines anderen sausen.
Auch die anderen Hwarang ziehen ihre Schwerter, doch schnell werden sie entwaffnet.
Erneut drückt man Miyu eine Schwertspitze gegen den Hals. Mit langsamen Schritten tritt der Heerführer Beakjes zu der Gruppe junger Männer.
"Macht keinen Ärger mehr", droht er.
Warum bin ich nochmal hier?, fragt sich Miyu.
***
Nach einem Befehl des Heerführers wird die kleine Gruppe von Sillas Kriegern abgeführt. Unter strenger Bewachung laufen sie über einen Hof, stetig näher zu dem Gefängnis von Baekje.
Banryu starrt verärgert auf Soohos Hinterkopf vor ihm in der Reihe, als ihn ein bekanntes Gesicht kreuzt.
Dogo, erkennt er ihn. Starr sieht er, wie auch Dogo die Gruppe Hwarang erkennt. Höhnisch verbeugt er sich vor den Gefangenen.
Das Metall knallt, als das eiserne Schloss ihre Gefängnistür verriegelt.
"Befehl des Kronprinzen", verkündet der Heerführer, "Verhaltet euch ruhig."
Während die Hwarang die Innenausstattung ihrer Zelle - bestehend aus Stroh auf dem Boden - betrachten, überreicht Dogo stolz die erbeuteten Geschenke an den Kronprinzen. Im Gegenzug erfährt er von einer neuen Nachricht, die den Prinzen mit den Hwarang erreicht hat: Der König Sillas ist unter ihnen.
***
"Vergebt mir", bittet Sooho, sobald die Prinzessin an die Zellentür tritt, "Sie haben Ahro eingesperrt. Wir mussten handeln."
Miyu blickt aus dem Augenwinkel auf den gebeugten Krieger herab, bevor sie ihn mit einem Stoß in die Kniekehle wieder aufrichtet. Sie haben nichts falsch gemacht. Er muss sich für nichts entschuldigen und als stolzer Hwarang muss er auch nicht knien.
"Wen kümmert es, ob sie die Ärztin einsperren oder töten?", entfährt der Prinzessin ihre Wut, "Weißt du, welche Behandlung ich mir für Silla bieten lassen muss? Doch die Hwarang, die mir helfen sollten, machen so einen Ärger."
Genervt wendet sie sich ab.
"Wenn das so ist", hält Sunwoo sie auf, "dann kämpft. Wenn ihr für das Volk kämpft, sorgt dafür, dass es sich nicht wiederholt. Ihr müsst keine Ungerechtigkeit ertragen. Ihr seid für Silla hier - also weder Angst noch Schuldzuweisungen. Sagt es ihm selbst."
Ohne etwas auf seine Worte zu erwidern, verschwindet die Prinzessin aus dem Zellentrakt.
Miyu seufzt und lässt sich an der Wand auf den Boden herab.
Warum bin ich hier? Soll die Prinzessin diesen Idioten doch heiraten, wenn es Silla rettet.
***
Noch am gleichen Tag werden die Hwarang wieder aus der Zelle geführt. In der Mitte eines größeren Hofes werden sie aufgestellt. Vor ihnen ragt eine Treppe in die Höhe, zu deren Spitze der Thron des Kronprinzen steht. Links von ihm sitzt die Prinzessin von Silla auf einem simplen Stuhl umgeben von ihren Begleitern.
Was wird das?, fragt sich Miyu und sieht sich unauffällig um. Zu ihrem Missfallen entdeckt sie etliche Wachen, die unauffällig im Schatten postiert sind.
"Ich hörte, der König von Silla sei unter euch", kommt der Kronprinz mit seinem Anliegen direkt auf den Punkt.
Sooho und Jidwi, die zu den Seiten von Miyu aufgestellt sind, spannen sich an. Nicht gut.
"Darum möchte ich, dass er sich zeigt und die Verantwortung übernimmt."
Mit einem Nicken bedeutet er seinem Heerführer, das Tor zu öffnen und alle gefangenen Einwohner Sillas, die beim Plündern auf Baekjes Boden erwischt worden waren, hineinzuführen. Miyu sieht in deren Gesichter. Es gibt junge und alte. Von dem gebrechlichen Bauer bis hin zum Säugling im Arm seiner Mutter ist alles dabei. Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, tragen jedoch eine Gemeinsamkeit: Hungersnot trieb sie in die Arme des brutalen Kronprinzen und nun steht ihnen die Angst ins Gesicht geschrieben.
Bloß eine junge Frau sticht aus der Masse heraus. Die trägt die selbe Angst in ihrem Gesicht, aber das blaue Leuchten ihrer Gewandung lässt sie in dem trostlosen Meer aus Bauernbraun erstrahlen.
Sie haben Ahro.
"Ist der König unter euch, so trete er vor und gebe sich zu erkennen", befiehlt der Kronprinz, "Ansonsten köpfen wir jemanden und schicken den Kopf nach Silla. Alle fünfzehn Minuten."
Übliche Drohung, denkt sich Miyu, aber in ihrem Magen macht sich ein unbekanntes Gefühl breit. Bevor sie ihren ersten Schritt auf Sillas Boden gemacht hat, hätte sie nun die Menschen gezählt und gewusst, wie lange sie Zeit hat, um dem Kronprinzen selbst sein Haupt zu fällen, doch nun spürt sie einen Hauch der gleichen Angst, die spürbar in der Luft hängt. Es sind Menschen Sillas. Menschen, die Hwarang mit ihrem Auftrag zu schützen versuchen.
Die Gefangenen schreien bei der Nachricht laut auf, doch keiner von ihnen wagt es, sich gegen die umstehenden Wachen zu behaupten. Niemand möchte der Erste sein.
König Jinheung, dessen politisches Geschick nun mehr denn je gefragt ist, ballt die Fäuste. Es ist meine Pflicht, die Menschen zu beschützen, dennoch wird er sterben, sobald er einen Schritt nach vorne tritt.
Ruhig greift Miyu nach einer Faust. Sie drückt die Hand des Königs kurz und streicht zweimal mit dem Daumen über den Handrücken. Jinheung darf nichts unüberlegtes machen. Sein Tod schwächt Silla stärker als der Tod aller anderen auf diesem Hof zusammen.
Auch die anderen Hwarang schweigen. Die Anspannung ist nahezu greifbar, als mit einem Wink Bauern aus der Menge gefischt und vor jeden Hwarang gesetzt werden. Vor Miyu weint ein Junge. Er ist älter, aber er hat sicherlich noch nicht seine Mündigkeit erreicht. Gedämpft hört Miyu das Flehen der anderen und die Schreie der zurückgeblieben Freunde und Familienmitgliedern. Überlegend starrt sie in die hellen Augen des Jungen. Was kann sie tun? Kann sie in der nächsten Viertelstunde den Kronprinzen töten, ohne dass die Wachen danach ein Massaker auslösen?
Unabsichtlich hält sie die Hand des Königs fester. Miyu wurde noch nie die Aufgabe gestellt, Leben zu retten. Sie weiß nicht weiter.
"Der König von Silla soll sich zeigen und zugeben, dass er der König ist", wiederholt Prinz Chang.
Nach einer kurzen Pause, in der sich keiner der Hwarang bewegt, nickt der Prinz und zwei seiner Wachmänner treten an den Seiten der aufgereihten Bauern hervor und köpfen einen nach dem anderen. Blut spritzt auf die rote Amtskleidung der Hwarang. Rot wird auch Miyus Hand, die noch immer schützend um die des Königs gelegt ist. Miyu sieht wie die Hoffnung aus den Augen des Jungen verblasst und sein Kopf vom Hals rollt, ehe der Körper leblos zu Boden geht.
"Oh weh", lacht der Kronprinz spöttisch, "Das waren noch keine fünfzehn Minuten."
Er wendet sich an seinen Heerführer: "Zu schnell?"
Weitere fünf Bauern werden unter noch verängstigteren Schreien aus der Masse gezogen. Doch nun kniet auch Ahro in dem Blut ihres toten Vorgängers und sieht zu Sunwoo hinauf.
"Ich gebe euch jetzt acht Minuten Zeit", droht der Prinz. Acht Minuten. Vorher waren es auch keine Fünfzehn. Ahro kann jederzeit sterben.
Ein Ruck fährt durch König Jinheung, als er den ersten Fuß vom Boden hebt, doch ein weiterer Ruck durchfährt ihn, als Miyu ihn eisern zurückzieht und stattdessen Sunwoo an Ahro vorbei nach vorne tritt.
"Ich bin der König", ruft der Bauernjunge, "Ich bin der König von Silla!"
Gaesae, der Hundevogel, hat viel in Silla verloren. Doch in seinem Leid hat der die Schönheit einer jungen Frau gefunden, die er niemals verlieren möchte. Eher nimmt er das Risiko auf sich, selbst zu sterben. Er fürchtet den eigenen Tod nicht.
"Das soll ich glauben?", fragt der Prinz und mustert den jungen Mann am Fuße der Treppe.
"Ihr sagtet, ich solle vortreten. Was soll die Frage, wenn Ihr mir nicht glaubt?", erwidert Sunwoo.
"Oho", grinst der Kronprinz von den Worten überrascht, "Bewundernswert kühn."
***
Die Hwarang stehen gespannt in ihrer Zelle. Sunwoo wurde auf ein privates Gespräch mit Kronprinz Chang weggeführt und ist noch nicht wieder zurückgekehrt.
Angespannt läuft Sooho in dem kleinen Zellenraum auf und ab. Er hätte sich melden müssen. Es war der Auftrag der Königin persönlich, den König zu schützen. Wird er zurückkommen? Oder liegt er schon aufgeschlitzt vor den Füßen von Chang?
"Wir müssen etwas tun", murmelt er zum wiederholten Male, "Sie töten ihn sonst."
Banryu lacht kurz auf: "Glaubt ihr, der Idiot sei der König?"
Miyu sieht mit einem Seitenblick zu Jidwi. Sunwoo ist kein König. Aber Sunwoo wird nun den König spielen müssen, solange wir in Baekje festsitzen. Aber sowohl Miyu als auch Jidwi bleiben still.
"Warum zweifelst du?", zischt Sooho und baut sich vor Banryu auf. Obwohl er seit seinem Eintritt in Hwarang Banryu mehr versteht, bleibt er in Soohos Augen ein empathieloser Idiot.
"Mal angenommen, es stimmt", fängt Banryu ruhig an. Auch er kennt Sooho nun besser, doch für Banryu bleibt er ein hirnloser Idiot.
"Was können wir tun? Niemand kann etwas tun. Willst du kämpfen? 'Die Hwarang, die Krieg vermeiden sollten, griffen Baekje an.' Willst du das hören? Willst du einen Krieg?"
Geschlagen lässt sich Sooho auf den Boden fallen. Zu seinem Missfallen stimmen Banryus Worte. Einen Kampf können sie nicht wagen. Das Schicksal Sillas liegt in Sunwoos Händen.
Die gefangenen Hwarang warten in Gedanken versunken auf die Rückkehr ihres vermeintlichen Königs. Banryu und Sooho sitzen gelangweilt in entgegensetzen Ecken. Hwarang Minho und Jidwi lehnen gegenüber des Zelleneingangs. Miyu hat den Kopf leicht in den Nacken gelehnt und meditierend die Augen geschlossen. Wäre sie alleine, wäre die Zellentür genauso wie die Wachen am Ausgang pulverisiert worden. Doch sie ist nicht mehr alleine. Sie hat Menschen in ihr Leben gelassen, die ihre Moral verändert haben.
Konzentriert überlegt sie sich wie die anderen Hwarang einen Ausweg aus dieser Situation. Unter der Anspannung in der Zellenluft spürt sie allerdings nicht die eindringlichen Blicke ihres Nebenmannes.
Erst das metallische Klicken des Türschlosses hebt ihre Augenlider. Sunwoo ist zurück.
"Alles okay, Sunwoo?", fragt Sooho sofort und steht eilig auf.
"Ich meine", korrigiert er und verbeugt sich kurz, "Eure Majestät?"
Der neu angekommene Hwarang ignoriert allerdings die Frage und setzt sich zu seinen Kumpanen auf dem Boden.
"Bist du der König?", fragt Banryu skeptisch, doch auch er erhält keine Antwort. Ungeduldig setzt er sich auf und beugt sich zu dem Schweigenden vor: "Ob du der König bist?"
Sooho zischt zu dem unmöglichen Verhalten.
Nach einer kurzen Stille spricht Sunwoo: "Ja, ich bin der König." Miyu hebt belustigt eine Augenbraue. Wirklich?
"Zumindest bist wir hier raus sind", ergänzt er. Natürlich. In Baekje kann der Bauer zum König werden, doch in Silla kann er dafür gehängt werden.
Banryu sieht ihn erstaunt an.
"Dann", überlegt er, "bist du es nicht?" Auch wenn er nicht davon überzeugt war, ist die Bestätigung, dass Sunwoo eine tödliche Lüge auf sich genommen hat, erstaunlich.
"Was hast du...", fängt Sooho an, aber stoppt sich sogleich, "Die Majestätsanrede ist so seltsam. Was habt Ihr vor?"
Nun richten sich auch Jidwi und Minho auf. Sie beide kennen die Identität des Königs, doch das Gespräch mit dem Kronprinzen ist auch für sie unbekannt.
"Es gibt einen Kampf", erklärt Sunwoo sofort, "Gegen Chang."
***
"Aussichtslos", flüstert Jinheung zu Sunwoo, "er ist kriegserprobt."
Es ist Nacht und die Hwarang haben es sich so gut wie möglich auf dem Zellenboden gemütlich gemacht. Dennoch kann weder der echte noch der selbsternannte König schlafen. Für beide hängt zu viel ihrer Zukunft am morgigen Tag ab.
"Leben zu nehmen, ist für ihn nur ein Spiel", setzt Jinheung hinterher.
Aber Sunwoo ist fest entschlossen: "Ich werde siegen, da ich jemanden zu schützen habe."
Mit einem Seitenblick auf die schlafende Miyu fragt der König: "Deine Schwester?"
Sunwoo zögert: "Ja. Und auch die Hungernden, die Angst haben, nur weil sie aus Silla sind. Du nennst sie Untertanen."
Ehe Jinheung das Gespräch fortsetzen kann, hören die beiden jungen Männer ein leises Schnauben.
Miyu, die noch immer in ihrer Rückenlage verharrt, öffnet die Augen. Sie hat eine Lösung gefunden.
"Es ist egal, ob du morgen gewinnst oder stirbst", spricht sie ruhig, "Ich kenne Männer wie Chang. Er wird eine Möglichkeit finden, euren Kampf als Kriegserklärung nutzen zu können, egal wie er endet."
Langsam dreht Miyu ihren Kopf und blickt den Hwarang direkt in die Augen. In ihrem Gesicht steht der Ausdruck purer Entschlossenheit. Schwungvoll steht sie auf und läuft entspannt zur verschlossenen Gefängnistür. Will sie ihn töten?, deutet Sunwoo das Brennen in ihren Augen.
"Ich räume die Scheiße auf, die ihr hinterlassen habt. Also wartet nicht auf mich, wenn ihr die Möglichkeit habt, aus diesem Land zu verschwinden."
Geschockt starrt Jinheung auf die junge Frau: "Was meinst du?"
"Chang ist kriegserprobt, ja. Seine unbändige Kriegswut ist furchterregend und unberechenbar."
Langsam zieht Miyu ihre Haarnadel aus dem Zopf und wendet sich mit einem tödlichen Grinsen wieder an die staunenden Männer.
"Zufälligerweise bin ich genauso. Doch es gibt eine Sache, die mich von ihm unterscheidet. Ich bin eine freie Assassine."
Miyu wendet sich zurück zur Tür und knackt mit einem schnellen Handgriff die Tür. Leise schwingt sie auf.
"Chang ist nur ein Kronprinz."
Mit diesen Worten verlässt Miyu die Zelle und läuft zielstrebig auf den Ausgang zu.
Sie ist kein Hwarang, sie ist Assassine. Sie kann nicht gefangen werden, denn sie raubt Freiheit. Sie bittet nicht um eine Audienz, sie nimmt sie sich.
Komm her, König von Baekje.
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