[20] Prüfung
Es wird schlagartig still, als Meister Wihwa den vollen Raum des Lernens betritt.
Gemütlich schreitet er die Stufen zu seinem Platz hinauf, während die Hwarang immer nervöser werden. Der erste Test steht an.
Beide Schriftrollen, Wasser und König, hängen zu Meister Wihwas Seiten hinab.
"Ihr strebt nach Autorität? Ihr wollt Beamte werden?", fragt er, "Wäre das nicht großartig? Ihr hättet keine Verantwortung, aber unglaubliche Macht. Werdet ihr Beamte, dann gehört Silla euch für den Rest eures Lebens."
Ich bekomme Silla auch auf anderen Wegen. Bessere, denkt sich Miyu.
"Strebt ihr nach Höherem, nach einer höheren Position, wollt ihr euren Status schützen oder wollt ihr einfach nur überleben, müsst ihr bestehen. Nur so bekommt ihr, wonach ihr euch sehnt."
Meister Wihwa tritt einen Schritt nach vorne und verschränkt seine Arme hinter seinem Rücken.
"Ich wiederhole", nennt er die Bedingungen der Prüfung, "Erläutert die Idee des Königs als Wasser. Jedoch basierend auf Tao Te Ching. Ihr dürft nun beginnen."
Mit einem Wink mit den Händen startet er den Test.
Miyu schreibt fleißig ihre Sicht auf. Ihr Koreanisch ist sehr gut, aber das Schreiben ist dennoch etwas ungewohnt. Daher gibt sie sich besonders Mühe, ihre Zeichen gewohnt aussehen zu lassen und nicht den Schwung der japanischen Schrift mit einfließen zu lassen. Kurz vor dem Ende ihres Aufsatzes blickt sie zu Jinheung, der gemütlich das Muster an der Wand betrachtet. Dann ergänzt Miyu noch einen letzten Satz.
Die anderen Hwarang haben mit etwas anderem Probleme. Anstatt die Aufgabe zu erfüllen und mit dem Tao Te Ching zu argumentieren, haben sich die meisten eine Abschrift angefertigt, die sie nun ohne das Bemerken von Meister Wihwa lesen und abschreiben müssen.
Denkstütze hat es Sooho genannt. Sein Zettel klebt an Yeowools Rücken und an seinem eigenen rücken prangt die Denkstütze von Hansung. Müssen Hwarang nicht alles gemeinsam machen und zusammenarbeiten?, denkt Sooho und schreibt ohne schlechtes Gewissen die Zeichen auf Yeowools Rücken nach.
Andere Hwarang linsen auf ihre Handinnenfläche, den Hosenbund oder auf ihre Spicker bei anderen Hwarang. Wer nicht gelernt hat, holt es mit der Kreativität der Täuschversuche auf.
Als Meister Wihwa sich erhebt, ist die Prüfung zuende. Nachdem er sie Blätter eingesammelt hat, blickt er nahezu eine Ewigkeit auf die Antworten. Dann seufzt er unzufrieden.
"Diese Person kopierte das dritte Kapitel des Tao Te Ching", erklärt Wihwa und legt Hansungs Schreiben auf Seite.
"Das Herrschen über Menschen ist schwer, weil sie klug sind. Daher müssen wir die Menschen dazu bringen, wie Wasser zu sein. So klar wie Schlamm."
Soohos Augen werden aufmerksam und er richtet sich auf, aber fällt in dem Moment wieder in sich zusammen, als Meister Wihwa missbilligend sein Pergament zu den restlichen schob.
Wihwa nimmt sich das nächste Papier und ist erstaunlich still. Ohne ein Kommentar legt er es auf die andere Seite, weg von den korrigierten Abgaben.
"Jeder König ist wie Wasser", liest Wihwa das nächste Blatt, "Aber es gibt gutes und schlechtes Wasser. Gutes Wasser näht die Menschen, schlechtes tötet sie. Das Wasser ist der König, aber nicht der König alleine bestimmt das Wasser. Wer die Macht zu nutzen weiß, kann in das Wasser des Königs seinen eigenen Willen mischen. Man kann es vergiften und die Menschen trinken das gemischte Wasser. So war es, so ist es und so wird es bleiben. Und manche Menschen mögen Tee."
Unter den wachsamen Augen von Miyu legt er auch ihr Dokument auf den hohen Stapel zu seiner linken Seite.
Die nächsten Schriften werden unter dem Murmeln von "wieder eine Kopie" auf den linken Stapel gelegt.
"Glaubt ihr, ich verschwende Papier, um diese Antworten zu lesen?", fragt er enttäuscht.
"Mit dieser Aufgabe wollte ich eure Vorstellung der Welt kennenlernen. Aber zu meiner Überraschung habt ihr kaum neue Ideen."
Als der Lehrmeister alle Pergamente durchgesehen hat, hebt er zwei Exemplare hoch und fragt: "Welche zwei Hwarang haben diese gedankenlosen Antworten geschrieben?"
Sunwoo und Jidwi erheben sich stumm.
"Wolltet ihr beide scheitern? Oder habt ihr nachgedacht?"
Nach einer kurzen Stille antwortet Jidwi: "Ich glaube nicht, dass Lao Tse diese Frage schriftlich beantwortet hätte." Erstaunt wandern die Blicke zwischen dem Hwarang und seinem leeren Blatt hin und her. Er hat tatsächlich nur seinen Namen auf das Pergament geschrieben.
"Seine Philosophie steht nicht für die Ausübung von Gewalt."
Seine Antwort akzeptierend dreht sich Meister Wihwa zu Sunwoo: "Stimmst du ihm zu?"
"Ich kann nicht schreiben, was ich will. Deshalb wollte ich es in Worten ausdrücken, Meister."
"Wer möchte anfangen?", fragt Wihwa und legt die beiden Schriftrollen vor sich hin. Beide Hwarang melden sich gleichzeitig.
"Der, der das leere Blatt eingereicht hat, darf beginnen."
So erklärt Jidwi: "Das Gesetz von Silla ist das Knochenrangsystem. Der Pfad des Wassers. Er ist das Gesetz, sein natürlicher Verlauf. Doch es gibt nirgendwo Wasserwege. Manche Länder sind trocken, andere überflutet. Folge dem Pfad von fließendem Wasser. Dort herrscht Harmonie und die ungestörte Kraft des Nichts. Dort gilt das Gesetz des Königs auf seinem Weg."
Harmonie und Frieden, denkt sich Miyu, Das ist vielleicht Lao Tses Wunsch, aber nicht die Realität.
"Das ist Unsinn", stimmt ihr auch Sunwoo zu, "Demütige sind die Wurzel des Adels. Hohe benutzen die Niederen. Das ist also Unsinn."
"Willst du etwa sagen, das Tao Te Ching sei Unsinn?"
Ja, denkt sich Miyu, aber bleibt still. Es ist nicht ihre Aufgabe, den alten Mann über die Realität aufzuklären.
"Ein Wasserweg befördert Wasser vom Hochland in die Ebene. Wie kann etwas auf der Ebene seinen eigenen Weg finden?", fragt er. "Ein Pfad von unten nach oben. Wasser fließt von oben nach unten. Aber wir brauchen einen Wasserweg, der trockene Länder erreicht. Im Tao Te Ching fand ich darauf keine Antworten. Kein Pfad begann einst als Pfad. Man muss darauf laufen, damit er dazu wird. Man muss das harte Land durchstoßen, damit das Wasser hindurchfließen kann. Wenn das Gesetz das trockene Land ignoriert, und das der Weg eines Königs ist, sollte dieser König kein König sein."
Es ist still. Noch nie hat einer der Hwarang solche Widerworte gegeben und dennoch schmerzt der Funken Wahrheit in seinen Worten, den jeder Hwarang erkennt.
Meister Wihwa blickt noch einmal über alle Abgaben.
"Kim Gibo", liest er den Namen vor. "Durchgefallen."
Schwungvoll stempelt er das Urteil mit roter Farbe neben die Antwort und zieht sogleich das nächste Blatt zu sich.
"Kim Shin, durchgefallen. Suk Hansung, du hast das dritte Kapitel abgeschrieben. Durchgefallen."
Miyu sieht, wie der junge Hwarang in ihrer Nähe enttäuscht zu Boden blickt. Nur nebenbei hört sie weitere Namen, die durchgefallen sind.
"Kim Minho. Deine Worte beschreiben eine sehr düstere Seite der Menschheit. Das Tao Te Ching aber steht für die Befreiung von Gewalt, Armut und das harmonische Zusammenleben. Deine Antwort gefällt mir nicht. Durchgefallen."
Miyu hätte wahrscheinlich enttäuscht sein müssen, aber bei ihrer Bewertung regt sich nichts in ihr. Sie möchte keine Beamte von Silla werden oder die Gunst Wihwas gewinnen. Für ihre Deckung reicht es, wenn Minho an der Prüfung teilnimmt.
Letztendlich haben nur Banryu und Jidwi bestanden. Mit enttäuschten Worten des Lehrmeisters werden alle fortgeschickt.
***
Miyu sitzt auf der Treppe zum Trainingsplatz und überlegt. Wie kann sie die Samurai, die ihr gefolgt sind, überzeugen? Sie werden sich sicherlich nicht mit Miyu auf eine Tasse Tee treffen, über ihr Vorgehen plaudern und anschließend zurück nach Japan verduften.
Ich werde weich, denkt sich Miyu missmutig, als sie bemerkt, dass sie ein Teekränzen dem Schwertkampf vorziehen würde. Es ist einfacher, für einige Zeit unbemerkt zu verschwinden als zusätzlich blutige Kleidung und Kampfwunden zu vertuschen.
"Minho", singt ein Hwarang hinter ihr und schlingt seine Arme um sie. Dann setzt sich Hansung neben sie und blickt sie mit einem Schmollmund an.
"Ich dachte, wir beide würden bestehen."
Belustigt zieht Miyu eine Augenbraue nach oben. Welche Hoffnung hat er in sich gesetzt?
"Haben wir aber nicht", meint sie trocken, "Du hast einfach das Kapitel abgeschrieben."
Peinlich berührt stößt Hansung ihre Schulter an.
"Und du hast Unsinn geschrieben. Ein König kann sich nicht einfach vergiften lassen." Du wärst überrascht.
Aber anstatt auf Hansungs Aussage einzugehen, schließt Miyu ihre Augen und legt den Kopf nach hinten. Sie genießt die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Wie lange wird sie diese noch erleben können?
"Du bist nicht traurig?", fragt Hansung erstaunt, worauf er bloß ein Kopfschütteln bekommt.
"Aber du bist durch die erste Prüfung gefallen."
"Das", sagt Miyu und wendet sich wieder zu Hansung, "sind fast alle. Bloß Banryu und Jidwi haben bestanden und das macht uns andere gleich." Meister Wihwa wird wohl kaum ganz Hwarang entlassen, bloß weil die erste Prüfung schlecht ausgefallen ist. Will er ein Zwei-Personen-Heer für Silla aufstellen? Sie sind keine Samurai!
***
Nachdem Miyu weitere Fragen von Hansung überstanden hat und ihn sogar zu einem Schwerttraining überzeugt hat, stehen sie sich nun mit Schwertern gegenüber.
Dass Hansung dabei genauso viel redet wie davor, erkennt Miyu erst jetzt.
"Warum kannst du das so gut?", fragt Hansung nach einem schnellen Schlag von Miyu. Wissbegierig scheitert er an dem Versuch, ihre Bewegung nachzuahmen, und blickt erwartungsvoll zu ihr.
"Das Handgelenk muss erst ganz nach hinten geknickt sein und dann bleibt es hier gerade", erklärt Miyu und zeigt erneut den Schlag.
"Bewegung im Handgelenk gibt dir mehr Freiheit, aber für den Schlag muss es gerade und stabil sein. Ohne ein festes Handgelenk verletzt du dich mehr als deinen Gegner", erklärt sie und korrigiert Hansungs Position.
Erneut vollführt er den Angriff, aber wechselt unter Miyus Kopfschütteln zu einer defensiven Position. Miyu greift ihn wieder an und sie trainieren weiter. Für die junge Samurai ist der Schwertkampf mit Hansung nicht anstrengend. Sie übt eher ihre Reflexe auf seine Angriffe, während ihre Gedanken ihren Geist forttragen. Fort zum König, zu den Samurai und nach Japan.
Erst spät am Abend trennen sich ihre Wege vor den Schlafräumen.
Für Miyu ist es ungewöhnlich still, als sie vor ihrer Zimmertür steht. Zu still. Kurz blickt sie auf die grauen Holzschilder, die am Rand der Tür hängen. Niemals sind ihre Mitbewohner so ruhig! Aber um diese Uhrzeit, sollten sich alle in ihren Zimmern befinden.
Argwöhnisch legt sie ihr Ohr an die Tür. Stille.
Ihr Griff um das Schwert wird fester, als sie letztendlich doch die Tür öffnet und ihr Zimmer betritt.
Sooho liegt auf dem Holzboden neben seinem Bett. Ein dicker Stiefel drückt ihn zu Boden. Sunwoos Gesicht wird in dem Schwitzkasten eines anderen Vermummten blau. Den anderen schwebt ein Katana vor den Augen.
Sofort zieht Miyu ihr Schwert und knallt die Tür hinter sich zu.
Zwei Samurai. Zwei Samurai stehen vor ihr und bedrohen ihre Mitbewohner.
Mit schnellen Blicken analysiert sie den vorherigen Kampf. In der Ecke liegt ein Schwert ohne Hülle. Die anderen sind mit ihrer Halterung zu Boden gestürzt. Außer ein kleiner Schnitt an Jidwis Schläfe scheint keiner verletzt zu sein.
Sie wurden überrumpelt. Sooho hat es wahrscheinlich noch zu einem Schwert geschafft, aber keiner von ihnen ist einem Samurai gewachsen.
"Ihr seid spät", bemerkt Miyu kalt.
Ohne weitere Worte schießt sie auf den Samurai zu, der Sooho und Yeowool bedroht. Mit metallischem Klirren treffen die Schwerter aufeinander. Die Samurai drücken ihre Gefangenen hinter sich und kämpfen nun beide gegen die junge Kriegerin.
Unglaublich still tänzeln sie aneinander vorbei. Bloß das Aufeinandertreffen ihres Schwertes mit einem Katana stört die Stille. Wie in einem Tanz duckt sie sich unter einem Tritt, wehrt die herabbrausende Klinge ab und greift anschließend selbst an. Mit einer Drehung am Boden und einem Salto bringt sie sich außer Reichweite, bevor sie erneut in einen tödlichen Kampf verwickelt wird.
Die männlichen Hwarang drücken sich dagegen eng an das Bett und schauen ungläubig dem Kampf zu. Was sind das für Gestalten und warum kämpfen sie mit Minho?
Dass er ein guter Kämpfer ist, wissen sie schon, aber diese Eleganz, Geschwindigkeit und Präzision übertrifft alles, was sie bisher von der Kampfkunst gesehen haben.
Jidwi wagt es, aufzustehen und sich seinen Weg zu den Schwertern zu bahnen, doch kaum nach einem Schritt, wird er von dem kämpfenden Hwarang in die Brust getreten und zurück zu den anderen auf seinem Bett geschubst. Den enormen Druck auf seinem Brustkorb spürt er danach noch nach.
Minho schwingt sich über einen Samurai in die Ecke, in der das zweite Schwert liegt. Während er seine Klinge gegen ein Katana drückt, zieht er mit dem Fuß das am Boden liegende Schwert heran und lupft es in die Luft. Mit seiner freien Hand fängt er es auf, dreht sich unter dem Katana weg und schneidet mit beiden Schwertern dem Samurai in den Bauch. Dann steht schon der zweite Samurai vor ihm und drängt ihn zurück.
Minho schwingt beide nun blutigen Schwerter im Kreis und wartet auf den nächsten Angriff. Erneut stoßen Klingen aneinander. Lange Minuten ziehen sich, in denen seine Mitbewohner bangen, ehe Minho in das Tuch, das den Mund und die Nase des Samurai bedeckt, schneidet. Der Verletzte taumelt nach hinten, als Minho bei seinem letzten Angriff unerwartet am Fuß festgehalten wird.
Mit einem Blick nach unten erkennt sie den festen Griff des sterbenden Samurai. Er reißt sich von ihm los, aber diese kleine Unaufmerksamkeit reicht aus, Minho eines der Schwerter aus der Hand zu schlagen.
Aus dem Konzept gebracht stolpert er ein paar Schritte zur Seite und blockt einen Schwerthieb ab, aber wird danach unsanft vor die Füße seiner Mitbewohner geschubst. Auch das zweite Schwert entgleitet seiner Hand und als er kniend danach greifen will, spürt er den Schmerz seinen Rücken herablaufen. Anschließend überfällt ihn eine unglaubliche Kälte.
***
Jinheung kann durch den Tritt, mit dem Minho ihn zurück zu den anderen Hwarang befördert hat, kaum atmen.
Aber als er sieht, wie Minho entwaffnet und für seine Exekution bereit vor ihm kniet, hindert ihn ein ganz anderer Schmerz vom Atmen ab. Entsetzt blickt er auf den Hwarang hinab, der erschöpft auf dem Boden kniet und den Holzboden anstarrt. Sie können ihn nicht umbringen! Er darf nicht sterben!
Jinheungs Sicht verschwimmt leicht, als sich die ersten Tränen in seinen Augen bilden. Er darf nicht sterben.
Wie in Zeitlupe sieht er den vermummten Angreifer hinter Minho das Schwert heben. Es wird eine Exekution vor seinen Augen! Aber so erstarrt wie er ist, kann er nichts tun, als mit entsetztem Blick auf den Hwarang zu gucken. Er darf nicht sterben!
Erschrocken greift sich Jinheung in das fest, was er neben sich auf dem Bett findet. Ob es seine Bettdecke oder der Arm eines anderen Hwarang ist, nimmt er nicht wahr. Er kann nur auf das herabsinkende Schwert sehen. Er darf nicht sterben!
Jinheungs Atmung wird schneller, aber gleichzeitig scheint es ihm an Sauerstoff zu mangeln. Es schnürt ihm die Kehle zu.
***
Das Schwert trifft Miyus Schulter, bohrt sich durch ihre Kleidung und zieht sich quälend langsam die Wirbelsäule entlang. Wie bei einer Zwiebel schälen sich die Stoffschichten von ihrem Körper und enthüllen Schicht für Schicht ihre Haut. Stück für Stück lösen sich die Stoffe, die Miyu bis dahin für einen Mann aussehen lassen haben.
Kurz bevor der letzte Stoff fällt, drückt sie es schnell an ihre Brust. Panik überkommt sie, die sogar den Schmerz ihrer Wunde übertönt.
Sie wurde enttarnt. Ihre Deckung ist aufgeflogen! Ohne den Blick zu heben, der unweigerlich auf ihren Mitbewohnern liegen würde, spürt sie deren geschockte Blicke.
Verdammte Scheiße, flucht sie und sucht panisch nach einem Ausweg. Aber es ist zu spät. Miyu kniet halbnackt vor den Hwarang. Bloß ihre Hose und den Fetzen Stoff, den sie sich an die Brust drückt, verdecken sie. Scheiße, Scheiße, Scheiße!
Hinter ihr hört sie das Röcheln des sterbenden Samurai und das zufriedene Zurücktreten des anderen. Verdammte Scheiße, flucht Miyu. Dieser Bastard!
Ungeheure Wut strömt durch Miyu, als sie mit geschlossenen Augen tief einatmet und vorsichtig ihre rechte Hand von dem Stoff löst. Sofort hört sie, wie der Mann hinter ihr sein Katana auf sie richtet. Du mieser Bastard, du wirst sterben. Sterben, sterben, sterben. Du hast keinen schnellen Tod verdient, elendige Ratte!
"Bleib still", droht der Mann auf japanisch und Miyus Hand hält auf Kopfhöhe.
Stirb.
Blitzschnell zieht sie ihr Binyeo, die Haarnadel, aus ihrem Zopf und wirft sie in einer Drehung von sich.
Aufrecht steht Miyu in der Mitte des Zimmers und blickt kalt zu dem Samurai. Dieser lässt sein Katana aus der Hand fallen und kippt leblos nach hinten. Ihre Haarnadel hat sich durch sein Auge direkt in sein Gehirn gebohrt.
Es ist still. Keiner regt sich.
Miyu spürt die Blicke der Hwarang auf sich. Langsam fließt ihr das Blut über den Rücken und saugt sich in den Hosenbund. Aber Miyu wagt es nicht, sich zu ihnen zu drehen. Mit ihrer linken Hand drückt sie sich den Stoff an ihren Körper und nutzt die Ruhe, um sich zu sammeln.
Verdammte Scheiße. Vor ihr liegen zwei tote Samurai und hinter ihr stehen fünf geschockte Hwarang, die ihr Geschlecht nun kennen.
Erst das Husten des ersten tot geglaubten Samurai weckt sie aus ihrer Starre. Mit eisigem Blick verfolgt sie die Bewegungen des Mannes. Dieser zieht sich am Fuß von Soohos und Banryus Stockbett nach oben.
Miyu wendet ihren Blick von dem Mann ab und räuspert sich.
"Ich spüre, dass ihr mich anstarrt."
Wie auf Kommando schauen die Hwarang überall hin, bloß nicht zu der Frau in ihrem Zimmer. Diese zieht schnell ihre zerschlissene Kleidung über und bindet mit einem Stoffstreifen, der einst ihre Brust beschützt hat, ihr Gewand zu. Der Stoff brennt auf ihrer frischen Wunde, aber sie muss sich vorerst um wichtigere Dinge kümmern.
Entschlossen dreht sie sich um und mustert die geschockten Hwarang. In allen Gesichtern ist der Unglaube geschrieben - manchmal gemischt mit Schock, manchmal mit Angst.
"Du bist eine Frau", findet Yeowool zuerst seine Stimme.
"Das bin ich", bestätigt Miyu und wendet sich von den jungen Kriegern auf des Königs Bett ab. Wenn einer von ihnen sprechen kann, haben sie den größten Schock überwunden. Ihre Schritte führen sie zu dem Samurai mit der Bauchverletzung. Kurz vor ihm bleibt sie stehen und blickt auf ihn hinab.
Langsam hebt sich auch sein verzweifelter Blick, doch Miyu lächelt ihn an.
"Wir haben noch eine Verabredung", erklärt sie auf japanisch und richtet ihn stützend auf.
Ihr Lächeln verwandelt sich in das Grinsen des Teufels, als sie ihn auf die Leiche seines Komplizen schubst.
"Eine Verabredung mit dem Tod für euch", ergänzt sie und legt eine eiserne Maske auf ihr Gesicht.
Miyu nimmt sich eines der blutigen Schwerter und weist damit dem noch lebenden Mann den Weg. Während er sich geschlagen zu der Tür schleppt, nimmt Miyu den Leichnam am Oberarm und zieht ihn hinterher.
An der Tür wird sie aufgehalten.
"Wer bist du?", fragt Sooho, doch Miyu dreht sich nicht mehr um.
"Jemand, dem ihr vertrauen könnt", sagt sie ehrlich.
Und seit diesem Tag ist es ehrlich.
Miyu ist als Assassine der Samurai Hwarang beigetreten, aber nun verlässt sie das Zimmer als einer von ihnen.
Vor dem Tod kniend, zwischen den Samurai und Hwarang hat Miyu eines erkannt. Sie ist nicht mehr die Auftragskillerin eines Königs ohne Titel. Sie steht nun für sich selbst und sie hat Freunde in Hwarang.
Und deswegen helfe ich dir bei allem, hört sie Hansungs Worte.
Sie muss sich jetzt der Prüfung der Samurai stellen und bestehen.
Doch Miyu ist zuversichtlich, denn sie hat Freunde, die hinter ihr stehen.
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