[09] Königsparade
Als der Tag der Geburtstagsparade ansteht, ist die Königin nicht überrascht, die Meister nicht aufgestellt zu sehen. Aber sie ist wütend. Am liebsten würde sie die gesamte Veranstaltung abblasen, aber das würde für noch mehr Aufmerksamkeit sorgen, die für ihren Sohn tödlich enden kann.
"Schon wieder eine leere Sänfte", beschweren sich die Menschen.
Wie in den Jahren davor versammeln sie sich eifrig am Straßenrand, um immer wieder erneut enttäuscht zu werden. Einige sind nur traurig. Die Existenz des Königs, die es zweifelhaft gibt, verwandelt sich allerdings stetig zu einer ehrfürchtigen Legende. Andere lachen über ihre Enttäuschung hinweg. Der große König wird in ihren Augen immer kleiner. Ist er so feige, dass er nicht an seinem eigenen Geburtstag erscheint?
Banryu und seine Freunde hören die nahenden Trommeln, die die Parade anführen. Mit ihren Ellbogen bereiten sie sich einen Weg durch die Zuschauer, bis sie plötzlich auf die Straße gedrängt werden.
"Macht Platz, die Königin wird gleich kommen", grummelt sofort einer der Wächter und schiebt ihn zu einem weniger vollen Platz in der Menge.
"Verdammt", meint Banryu verstimmt, als er in sein Lieblingsgesicht für Boxtrainings blickt, und wendet sich trotzig ab.
"Bleib hier", meint Sooho trocken, "Denkst du, ich stehe gern hier?"
Durch einen strengen Blick des Wächters stellt Banryu sich neben seinen Erzfeind.
Nach einer kurzen Stille, in der sie in der Enge so weit Abstand wie möglich zueinander suchen, ergänzt Sooho: "Kneif bloß nicht heute Abend. Sonst bist du tot"
"Genau meine Worte", antwortet Banryu eisern, "Wie dem auch sei, du freust dich bestimmt, deine geliebte Königin zu sehen."
Sooho seufzt leicht und lächelt in gespielt mitleidig an: "Ich bin dem Königshaus eben treu ergeben. Rebellen wie du werden das nie verstehen."
Banryu bemerkt die unterschwellige Bedeutung dieser Worte und setzt noch einen drauf: "Du hast die Königin nie getroffen?"
Verletzt murmelt Sooho ein "Na und?", aber fügt stumm ein abgehobener Arsch hinterher.
Banryu grinst nur in sich hinein. Ein unbedeutender Welpe der Königin.
Der Klang der Trommeln wummert in ihren Herzen, als die Parade an den Jungen vorbeizieht. Als die Sänfte der Königin näher kommt, sinken sie auf die Knie und schauen zu Boden.
Du hast die Königin nie getroffen?, schießt Banryus Stimme durch Soohos Kopf. Wie sehr er es hasst, dass von den Beiden Banryu das Privileg hatte, die Königin persönlich kennen zu lernen, wenn er sie gar nicht verehrt.
Er ist treu! Er verehrt die Königin. Aber manchmal zerbricht die Treue an der Treue selbst. So hebt auch Sooho seinen Blick, obwohl es für die Königin ein Zeichen mangelnden Respekts zeigt. Er muss sie bloß einmal sehen!
Der Blick der Königin ist kalt, als sie über ihr Volk sieht und den widersässigen Blick des Jungen findet. Sie kann ihn dafür bestrafen, aber ihre Stimme bleibt stumm, während ihre Sänfte stetig nach vorne getragen wird.
Atemberaubend schön, ist der einzige Gedanke, den Sooho dazu fassen kann. Staunend blickt er ihr nach. Erhaben und mächtig. Kein Mädchen - eine Frau.
***
Während Königin Jiso alleine auf der Geburtstagsparade herumgeführt wird, sucht König Jinheung das Gespräch mit Meister Wihwa. Er belächelt das Verhalten der Königin, aber weiß genau, dass er nicht länger stumm in der Hauptstadt leben kann. Wenn er König sein will, muss er handeln.
"Sagt mir, wer seid Ihr?", fragt Meister Wihwa auf seine Frage.
Ich bin der König, schießt es Jinheung durch den Kopf, aber die Wahrheit kann er nicht bieten. So bleibt er stumm.
"Ich kann keine Fremden in Hwarang aufnehmen. Ob eine Halb-Wahrheit oder Lüge - könnt Ihr mir nicht sagen, wer Ihr seid, ist der Antrag abgelehnt."
Die Diskussion geht noch länger, aber letztendlich muss König Jinheung unzufrieden gehen. Er wird nicht den Hwarang beitreten können, wenn er nicht eine neue Identität annehmen kann.
***
Der falsche Sunwoo.
Miyu besucht wie jeder in der Hauptstadt die königliche Parade, aber als sie ihr gegenüber ein bekanntes Gesicht entdeckt, ist die Königin nebensächlich. Neugierig beobachtet sie den Bauern im Adelspelz.
Mit mächtigen Trommeln kündigt sich auch bei ihnen die Königsparade an. Miyus Augen schweifen bloß kurz über die laufenden Menschen, um sich danach wieder auf Sunwoo zu konzentrieren.
Er sieht wütend aus.
Wütend ist Gaesae zurecht. Sein bester und einziger Freund ist gestorben. Seit diesem verhängnisvollen Tag läuft sein Tod immer wieder als Dauerschleife ab.
Er sieht Makmoon fallen. Er fällt auf ihn.
Er sieht das Blut, das goldene Armband.
Er sieht seine letzten Atemzüge.
Aber noch viel schlimmer ist der Schmerz, den er immer wieder aufs Neue durchlebt. Und um seinem Leid die Krone aufzusetzen, muss er den Kommandanten mit erhobenem Haupt durch die Stadt reiten sehen. Es war sein Schwert, das es getan hat. Die Worte des Königs, aber sein Schwert.
Tränen steigen ihm in die Augen und sein eigener Griff ums Schwert wird fester. Makmoon ist gestorben, aber er muss damit weiterleben. Wofür? Makmoon war alles in seinem Leben. Nun hat er keinen Grund mehr. Bloß einen - sich an den Mördern rächen.
Miyu sieht erschrocken dem Wutausbruch des jungen Mannes zu. Was war der Auslöser?
Während Sunwoo sein Schwert mit denen der königlichen Wache kreuzt, zucken die Zuschauer ängstlich zurück. Nur Miyu bleibt starr auf ihrer Stelle stehen und schaut dem Spektakel zu.
Er hat doch keine Chance.
Als er die Mauer der Fußsoldaten durchbrochen hat, greift er den Kommandanten an. Für dich, Makmoon.
Aber wie von Miyu erwartet, verliert Sunwoo bei diesem Kampf schnell sein Schwert - aber nicht seinen Kampfgeist.
Bis zum Ende schlägt er verzweifelt mit den Fäusten auf die bepanzerten Soldaten ein. Dann wird er erbarmungslos zu Boden gedrückt. Mit dem Gesicht zu Boden erinnert sich Gaesae erneut an den Tod seines Freundes. Warum musste er sterben und ich nicht? Warum muss ich ohne ihn leben?
Seine Tränen verschwimmen seine Sicht. Warum?
Mit einem Wink steigt die Königin aus ihrer Sänfte und sieht sich den Angreifer an. Er ist nicht außergewöhnlich. Und auch kein Attentäter Youngshils.
"Wer bist du?", fragt sie, aber im Inneren kocht die Angst. War er auf Jinheung aus?
"Wer bist du?", wiederholt sie eindringlicher, aber auch dann bekommt sie keine Antwort.
"Sieht aus, als wöllte er stumm sterben", meint sie und nickt dem Kommandanten zu. "Töte ihn."
Während sich die Königin schon wieder abwendet, holt der Kommandant weit mit seinem Schwert aus.
"Eure Hoheit!"
Die Königin und ihr Kommandant halten in ihrer Bewegung inne. Was wird das, fragt sich Miyu. Die Stadt ist wohl voller Spektakel.
Sie erkennt den Arzt, als er durch die Menge nach vorne tritt und sich demütig beugt.
"Er ist mein Sohn." Er spielt meinen Sohn, trifft es eher.
"Dein Sohn?", fragt die Königin erstaunt und tritt näher an den Arzt. In ihr wächst Zweifel. Sie kann den Sohn töten, aber der Arzt weckt Gefühle der Vergangenheit in ihr, die sie lieber in der Vergangenheit ruhen lassen will. Zitternd hört sie seine Erklärung.
"Ich verlor ihn, als er klein war, und habe ihn endlich gefunden. Er lebte ein grausames Leben ohne Vater und beging vor Euch eine schwere Sünde. Tötet lieber mich. Wenn Ihr wollt, dass ich sterbe, sterbe ich."
Warum hat das Schicksal es so mit uns gemeint? Damals wie heute.
"Du begehst ständig Todsünden gegen mich", flüstert sie dem knienden Mann zu und nimmt aufgebracht das Schwert des Kommandanten. Mit bebender Brust hält sie es an seine Kehle. Sie will es nicht tun, aber er macht sie emotional und wütend zugleich.
"Ein Vater muss für seinen Sohn büßen."
Als Gaesae dies hört, reißt er verzweifelt an seiner Freiheitsentziehung. Ihm ist es egal, ob er bei seiner Rache stirbt, aber er will nicht für den Tod eines anderen Mannes verantwortlich sein. Er will sterben! Gaesae, nicht Meister Ahnji!
"Was tut Ihr da? Ich habe nichts mit ihm zu tun. Tötet mich!"
"Ein Vater stirbt für seinen Sohn. Pass auf, was wegen dir mit deinem Vater passiert. Trifft ihn das Schwert, wird er sterben."
Mit diesen Worten werden beide Männer am Boden gefesselt und abgeführt. Ihr Schicksal wartet im Palast auf sie.
Miyu verlässt die Straße, als die Königin ihren Weg fortführt. Die Parade ist nicht sonderlich beeindruckend - besonders, wenn sie König Jinheung nicht erneut um ein paar Münzen erleichtern kann. Der Kampf von Sunwoo hat wenigstens etwas Spannung in den öden Lauf gebracht.
Vor einem Laden mit edlen Gewändern hält sie. Vielleicht ist die Zeit des Taschendiebstahls vorbei. Das hier wird der Letzte sein. Sie betritt den Laden.
Mit neuen Stiefeln tritt Miyu wieder aus ihm heraus. An ihr hängt nicht mehr ein heller Hanbok, sondern eine schlichte, aber edle Reisekleidung der Männer. Ihr Haar hat sie nach oben gebunden und mit passendem Schmuck bestückt. Bloß die Binyeo, die goldene Haarnadel, die sie seit Beginn trägt, hat sie behalten.
Mit festem Schritt ist sie auf dem Weg zu dem blinden Minister.
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