
Die Mission
Martha schlug die Augen auf. Die Sonne schien. Neben ihr lag Luam - noch am Schlafen. Vorsichtig erhob sich Martha und kroch an ihm vorbei aus der kleinen Hütte, die sie sich in den letzten Tagen mühevoll zusammengezimmert hatten.
Die Sonne war gerade erst aufgegangen, ein leichter Wind wehte. Ganz weit in der Ferne vernahm Martha das Zwitschern von Vögeln. Zum ersten Mal seit Tagen hörte sie wieder Leben. Sie hörte es nicht nur, sie spürte es auch. In ihren Venen pulsierte Hoffnung. Martha holte tief Luft und sog die warmen Sonnenstrahlen tief in ihre Lungen. Wie gut das doch tat.
Luam rührte sich. "Morgen.", nuschelte er im Halbschlaf. Grinsend lief Martha auf ihn zu und griff ihn an der Hand. Mit aller Kraft schleifte sie ihn aus der Hütte hinaus in die Sonne. "Sieh mal, wie schön es ist!", rief sie freudig. Luam nickte, während er sich verschlafen die Augen rieb. "Echt schön."
Ihre körperlichen Wunden verheilten gut. Luams Gesicht sah bei Weitem nicht mehr so schlimm aus wie noch vor zwei Tagen,er humpelte nur noch wenig und auch Marthas Bein verhielt sich ausgesprochen heilungsfreudig.
"Hast du Hunger?", fragte Luam sie nach einer Weile. Martha nickte. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach etwas Essbarem. Sie lebten nun schon seit vier Tagen so. Ihre Hütte hatten sie außerhalb des Dorfes errichtet, um den Gestank der Leichen und deren Anblick nicht ertragen zu müssen.
Dort in der Nähe gab es einige Sträucher mit Beeren und durch ihre Kultur hatten sie gelernt, aus einfachen Pflanzen ein nahrhaftes Mahl zu zaubern. So auch dieses Mal. Schmackhaft war etwas anderes... doch darum ging es nicht. Während sie die Beeren mit ihren inzwischen dreckigen Füßen zertrampelten, begann Matha, über ihr weiteres Vorgehen nachzudenken. Bis jetzt waren sie noch nicht wieder in ihr Dorf zurückgekehrt.
"Was machen wir denn jetzt?", fragte sie nach einer Weile. "Möchtest du noch einmal ins Dorf zurück?"
Luam schwieg eine Weile. Dann nickte er allmählich. "Ich glaube, mich interessiert es auch, was alles passiert ist. Lass uns nach dem Essen mal hingehen... aber..." er holte tief Luft. "Ich... weiß nicht... ob ich das kann..."
"Das weiß ich auch nicht...", seufzte Martha.
Doch sie entschieden sich, trotzdem ihr Dorf aufzusuchen und so machten sie sich bald auf den Weg.
"Du meine Güte!" Marthas Stimme zitterte. Erschüttert sah sich sich in den Trümmern um. Sie standen auf dem Dorfplatz, wo einmal ihre Kirche gestanden hatte. Sie war nicht nur ein Haus des Glaubens gewesen, sie war der Treffpunkt, der Ort, wo ihr Dorf zusammengetroffen war um auf ihrem Vorplatz Dinge zu besprechen und Feste zu feiern. Sie war der Mittelpunkt gewesen. Was jetzt noch übrig war? Eine Ruine aus Steinen, Holzpfälen und zertrümmerten Bänken, auf denen sich die knapp 300 Menschen des Dorfes zuvor oft versammelt hatten. Jetzt standen sie nass, verbrannt, zutrümmert und verlassen inmitten von Schutt und Asche. Plötzlich fiel es Martha siedendheiß ein. Warum wurde wohl ausgerechnet ihr kleines Dörfchen geplündert? Sie nahm ihre Beine in die Hand, beachtete die Trümmern, die ihre Beine zerkratzeten nicht weiter und rannte zu dem Teil der Kirche, der ihre wertvollsten Dinge aufbewahrt hatte. Es war eine Karte gewesen zu dem Schatz, der ihnen ein ehemaliges Oberhaupt des Dorfes hinterlassen hatte. Doch bis jetzt hatte ihn niemand gefunden, denn der Weg dorthin barg viele Gefahren. So hatten schon einige wagemutige Bewohner den Tod gefunden.
Endlich war sie an der Stelle angelangt, an der mal eine Tür gewesen war. Sie lag nun etwas weiter weg, gewaltsam aufgebrochen. Marthas Herz setzte einen Schlag aus. Langsam betrat sie den völlig zerstörten Raum, in dessen Mitte die besagte Truhe stand. Auch ihr Verschluss wieß roher Gewalt geöffnet worden. Sie stand offen - leer. Das war zu viel. In Martha brodelte die Wut wie ein Vulkan.
"Luam?", rief sie laut. "Luam!" Luam kam hereingestolpert und sah Martha schockiert an. Innerhalb von Sekunden erfasste er die Situation. "Mist." Entschlossen packte Martha Luams Hand und zog ihn mit sich aus der Kirche. "Luam: wir haben eine Mission. Wir müssen diesen Schatz zurückbekommen. Es darf nicht sein, dass er in fremde Hände gerät. Denn dann... dann können wir unser Dorf vergessen." Er schien noch zu überlegen, doch dann schaute er auf und blickte Martha in die Augen. "Dann los!"
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