Abschied
„Hier. Das gehörte mal meiner Martha." Der Mann drückte Martha ein Tuch in die Hand. Leicht verwirrt, aber dennoch gerührt über diese Geste nahm sie das Tuch entgegen und ließ es durch ihre Finger gleiten. Es war aus seidigem Stoff gefertigt und lag weich und zart in der Hand.
Luam trat neben sie und stubste Martha leicht an der Schulter an. „So gern ich bleiben würde, wir müssen wirklich langsam weiter." Nickend hob Martha den Kopf und sah dem Mann direkt in die Augen. „Ich möchte Ihnen für alles danken. Wirklich. Sie haben uns unheimlich geholfen. Und sie haben uns das Leben gerettet. Wir sind Ihnen unsagbar dankbar." Der Mann wischte sich hastig über die Augen und lächelte. „Das hat schon lange keiner mehr zu mir gesagt." Seine Stimme war seltsam rau geworden. „Ich bin überglücklich, euch kennengelernt zu haben. Ich habe euch zu danken."
Der Abschied fiel keinem der Beteiligtein leicht. In den drei Tagen war doch so etwas wie eine Freundschaft entstanden. Das Erlebte hatte sie zusammengeschweißt. Der Mann würde die beiden jeder Zeit bei sich willkommen heißen, teilte er mit.
Er gab ihnen ein wenig Wasser und Nahrung, dann machten sie sich wieder auf den Weg.
Sie waren ein Weilchen unterwegs gewesen, da bemerkten sie plötzlich ein ungewöhnliches Geräusch über ihren Köpfen. Es klang seltsam... Als sie erkannten, was diese Geräusche verursachte, verschlug es ihnen den Atem. „Sieh doch! Das ist doch der Adler!", rief Luam aufgeregt. Der Adler flog elegant über ein Wäldchen hinweg, schlug ein-zwei Mal mit den Flügeln und landete schließlich in der Nähe auf einem Ast. „Wie ein Abschiedsgruß an uns..." Martha schaute den Adler lange an, der ihr so vertrauensvoll Schutz geboten hatte. Dann machten sie sich endgültig auf den Weg. Sie hatten die Karte vorher ausgiebig studiert und wussten, wohin der Weg sie führte. Das die Karte schon älter war, war ihnen nicht bewusst.
Sie wanderten, bis sich der Tag dem Ende neigte und die ersten Sterne am Himmel über den vereinzelten Hügeln standen. Es war merklich kühler geworden. „Lass uns irgendwo Unterschlupf suchen. Ich mag wirklich nicht erfrieren, heute Nacht. Es sei denn, es kommt uns ein Adler zu Hilfe." Luam grinste Martha vielsagend an. Diese rollte nur mit den Augen und lächelte. „Ja, das war in der Tat sehr komisch... ich hatte schon immer ein Händchen für Tiere, dass sagte zumindest meine Mutter immer. Aber das der Adler... also das Martha... das war schon echt... krass."
Luam konnte nur nicken. „Ich dachte, ich träume. Das war so erstaunlich, wie der Adler das gespürt hat!"
„Ja, war es. Ich konnte es ja selber kaum glauben. Diese ganze Geschichte mit der alten Martha ist unglaublich. Wie kann es sein, dass ich das nie gemerkt habe? Dass mir meine Mutter oder auch mein Vater nie etwas gesagt hat?" Martha sprach nun mehr zu sich selbst als zu irgendwem anders.
Einem unbestimmten Instikt folgend sah sie auf und erblickte in der Ferne ein Gebäude, welches auf einem Hügel hoch über die Ebenen hinweg ragte.
„Luam! Die Burg dort oben!" Alamiert durch Marthas Tonfall sah er ebenfalls auf und folge ihrem Blick.
„Mist. Das sieht nicht gut aus."
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