Kapitel 9: Ich bin da
Bakugous PoV
Obwohl Mina und ich uns direkt zusammengesetzt hatten und ich ihr die unausgegorenen Pläne darlegte, die ich bereits entworfen hatte, dauerte es noch drei weitere Tage, bevor wir meine Flucht in die Tat umsetzten konnten. Es war ja keine richtige Flucht, denn ich hatte vor wieder zu kommen. So sehr ich meine Aufgaben am Hof auch hasste, war hier mein Zuhause und ich wollte meinen Laborplatz bei Maijima nicht aufgeben. Wenn alles nach Plan lief, würde man noch nicht einmal bemerken, dass ich weg gewesen war.
Doch ich musste einfach zu Eijirou. Ich wollte nicht, dass er dachte, ich würde ihn einfach so fallen lassen. Ich hatte ihn geküsst und hatte versprochen wiederzukommen.
Der Plan war letztendlich ganz simpel, doch ohne Mina hätte ich ihn nicht umsetzten können. Mina war als Teil des Personals regelmäßig dazu verpflichtet Besorgungen für das Herrscherhaus zu erledigen. Dies kam durch die Anzahl der zuständigen Personen nicht sehr häufig vor, aber heute war einer dieser Tage. Ich war froh, dass ich nicht zu lange warten musste, denn mir fiel es zunehmend schwer nicht einfach loszustürmen, wenn ich an den rothaarigen Sklaven dachte.
Ich musste einfach nur unauffällig in den Hover gelangen, ohne dass jemand etwas davon mitbekam. Die hofeigenen Hover-Cars befanden sich alle in einem tiefgelegten Geschoss unter dem Palast. Von meinem Zimmer war diese Parkgarage maximal weit entfernt, schließlich gab es für mich normalerweise keinerlei Grund dort hinzugehen. Dennoch wurden wir nicht aufgehalten, als wir gemeinsam in den anderen Palastflügel gingen.
Es war früh am Morgen und das Personal war mit allerlei Vorbereitungen für den Tag beschäftigt. Ich war unfassbar müde gewesen, als ich in dieser Herrgottsfrühe aufstehen musste. Doch inzwischen schlug mein Herz voller Aufregung und Vorfreude.
Wir gingen die letzten Stufen hinab in das Untergeschoss. „Bleib einen Moment hier, ich sehe nach, ob die Luft rein ist.", flüsterte Mina, eher sie die schwere Tür in die Garage öffnete. Ich befand mich schon offiziell im Flügel, in dem die Bediensteten lebten und arbeiteten, aber ich hätte mir eine Ausrede einfallen lassen können, warum ich beschlossen hatte in diesen Teil des Palastes zu gehen. Doch bei der Garage war es etwas anderes. Jeder würde sofort auf die Idee kommen, dass ich fliehen wollte.
Nervös trat ich vor einem Fuß auf den anderen. Es war nicht gut, wenn mich hier jemand herumlungern sah. Kurz hielt ich den Atem an, als ich Stimmen am Treppenabsatz hörte, doch sie zogen vorüber und ich entspannte mich wieder.
Wenige Minuten später, auch wenn es mir wie eine halbe Ewigkeit vorkam, öffnete Mina die Tür erneut und winkte mich herein. Die Garage zeigte nichts von dem Glanz des Palastes. Schnöder Beton zierte die Wände und die Hover standen sauber aufgereiht an ihren Ladeplätzen. Zielgerichtet führte Mina mich zu dem Hover an Ladestation 6 und öffnete den Kofferraum.
Ich seufzte kurz ehe ich mich dazu herabließ in den dunklen engen Raum einzusteigen. Aber ich konnte mich bei meiner Flucht schlecht auf den Beifahrersitz setzten. Also legte ich mich hin und zog Ellenbogen und Knie ein, bevor Mina die Tür senkte und sie sich mit einem leisen Klicken verriegelte.
Unbehaglich zog ich die Schultern hoch. Man konnte die Hand nicht vor Augen sehen und ich bekam ein wenig Platzangst. Ich konzentrierte mich auf meinen Atem und erinnerte mich daran, weshalb ich das alles auf mich nahm. Ich würde gleich Eijirou wiedersehen.
Ich hörte gedämpft wie Mina einstieg und sie die Tür schloss. Dann vernahm ich das leise Summen, als die Elektronik des Hovers ansprang und spürte wie sich das Gefährt in einer sanften Aufwärtsbewegung wenige Zentimeter vom Boden erhob. Schließlich fuhr Mina los.
Wir kamen noch einmal an den Palasttoren zum Halten. Ich wusste, dass Mina dort ihre ID vorlegen musste und der Hover registriert wurde, mit dem sie unterwegs war. Dennoch wurde ich nervös. Aber anscheinend hatte ich keinen Grund dazu, denn kurze Zeit später fuhr das Gefährt wieder an und an der Art wie Mina beschleunigte erkannte ich, dass sie auf die Hauptstraße fuhr. Ich entspannte mich. Jetzt war ich außerhalb des Palastgeländes. Wir hatten es geschafft.
Einige Minuten später kamen wir wieder zum Stehen und kurz darauf wurde die Kofferraumtür geöffnet. Mina grinste mir entgegen, als ich mich stöhnend aus dem engen Kofferraum herauswand. Ich streckte mich und sah mich um, um mich zu orientieren.
„Ich muss noch ein Stück weiter, aber ich dachte ich lass dich vorher raus, damit du keinen so weiten Weg hast.", sagte sie lächelnd. Dann überlegte sie kurz und sah auf die Uhr an ihrem Handgelenk. „Ich hole dich in zwei Stunden wieder hier ab. Also bleib nicht zu lange, sonst fliegen wir auf."
Ich nickte seufzend. Mir wäre es lieber, wenn ich nach hinten keinen Zeitdruck gehabt hätte, aber es war notwendig, wenn wir diesen Ausflug mehr als einmal wiederholen wollten. Mina stieg wieder in den Hover und fuhr davon und schließlich machte auch ich mich auf den Weg.
Da wir schon ein gutes Stück in die Stadt reingefahren waren, brauchte ich nur etwa zehn Minuten bis ich in der Straße angekommen war, in der sich auch das Bordell befand, in dem Eijirou lebte und arbeitete. Es war noch immer relativ früh am Morgen, die Luft war kühl und feucht und es waren kaum Leute auf der Straße. Schließlich kam ich vor der roten Tür des Bordells zum Stehen.
Als ich in den Vorraum eintrat stand niemand am Tresen. Stirnrunzelnd sah ich mich. Hatten sie vielleicht noch gar nicht geöffnet? Ich biss auf meiner Unterlippe herum. Selbst wenn Eijirou noch freihatte, wollte ich ihn doch unbedingt sehen.
Zögernd trat ich in den Flur ein, der zur Treppe nach oben führte. Dann hörte ich leise Stimmen aus einem der Hinterzimmer. Ich war mir nicht ganz sicher, aber ich meinte, dass ich Mindys Stimme erkannte. Bei ihr musste ich mich sowieso noch entschuldigen.
Unsicher, ob ich jetzt nicht gerade einen für Besucher unzugänglichen Bereich des Etablissements betrat, ging ich an der Treppe vorbei und folgte dem Flur. Die Stimmen wurden lauter und nun hörte ich die tiefe Stimme des Mannes, mit dem Mindy diskutierte.
„Wir müssen irgendetwas machen, Tsumo! Er lässt mich nicht mal seine Handgelenke versorgen. Ich weiß noch nicht einmal wie schlimm ist, weil es sie mir nicht zeigt. Er lässt niemanden an sich heran!" Mindys Stimme war aufgebracht.
„Er ist nicht der einzige mit dem Schaden! Den Kunden sehen wir nie wieder, dabei war er ein Stammkunde! Und dann auch noch diese Arbeitsausfälle, wenn er sich weiter so benimmt!", die raue Stimme wirkte unbeeindruckt von Mindys Äußerungen.
„Wie kannst du nur so-" Mindys Stimme erstarb und sie starrte mich an, als ich im Türrahmen der kleinen Küche erschien, in der die beiden sich stritten. Der Mann vor ihr drehte sich stirnrunzelnd um, als er ihren Blick bemerkte. Er hatte zurückgegelte schwarze Haare und trug ein Sakko, das nicht so recht in seiner Größe zu sein schien.
„Prinz Bakugou?", fragte Mindy überrascht.
In dem Gesicht des Mannes blitzte ein Moment der Erkenntnis auf. Mit breitem geschäftsmäßigen Lächeln, das auf mich unfassbar schleimig wirkte, ging er auf mich zu und streckte mir die Hand entgegen. „Willkommen meine Hoheit. Verzeiht die Vorkommnisse, als Sie das letzte Mal hier waren. Keine schöne Geschichte. Was kann ich für Sie tun?"
Ich betrachtete die ausgestreckte Hand kurz, nahm sie aber nicht entgegen. Dass er sich bei mir entschuldigte, obwohl ich zugeschlagen hatte zeigte nur noch einmal deutlich, dass er sich nur einschmeicheln wollte. Ich ignorierte ihn. Stattdessen sah ich zu Mindy. „Tut mir leid, dass das beim letzten Mal so ausgeartet ist, kommt nicht wieder vor. Ich möchte zu Eijirou, kann ich zu ihm?"
Der Mann räusperte sich, bevor Mindy mir antworten konnte und lenkte so meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Eijirou ist derzeit leider nicht abkömmlich. Aber vielleicht gefällt Ihnen Souta. Er ist wahrhaftig ein hübscher junger Mann."
Ich runzelte die Stirn. „Ne lass mal. Hat Eijirou einen Kunden, oder warum kann ich nicht zu ihm?" Bei dem Gedanken, dass gerade jemand in dieser Sekunde den Rothaarigen für seine sexuellen Phantasien missbrauchte, zog sich mein Magen zusammen.
Der Mann schüttelte den Kopf, wobei sein Lächeln ein wenig gezwungen wirkte. „Leider, und das bedauern wir natürlich zutiefst, gab es einen Vorfall bei dem Eijirou verletzt wurde. Er arbeitet gerade nicht."
„Warte! Ihr habt gerade über ihn geredet?", fragte ich und meine Augen wurden groß. „Wann ist das passiert?"
„Gestern Abend."
Ich fluchte und drehte mich um und lief auf die Treppe zu. Ich hörte leichtfüßige Schritte, die mir folgten, doch niemand hielt mich auf als ich die Stufen in Windeseile erklomm. Ich stürmte den Flur entlang, bis ich die Zimmernummer 108 erreichte. Einen Moment zögerte ich, bevor ich die Hand auf die Klinke legte. Was würde ich zu sehen bekommen, wenn ich eintrat?
„Er lässt niemanden an sich heran.", flüsterte Mindy. Noch immer die Hand an der Klinke drehte ich mich zu ihr um. Sie war mir bis nach oben gefolgt und stand einige wenige Schritte von mir entfernt. Der Mann war unten geblieben. Entweder er wollte seiner Hoheit nicht in die Quere kommen, oder es war ihm einfach egal was mit Eijirou passierte. „Glaub mir, ich habe alles versucht. Aber er wird sofort panisch, wenn ihn jemand anfasst."
Ich biss die Zähne zusammen. Was hatten sie nur mit ihm gemacht? Wer hatte ihm das angetan? Vorsichtig drückte ich die Klinke herunter und öffnete die Tür. Mit einem leisen Quietschen schwang sie auf.
Eijirou lag mit dem Rücken zur Tür, seine langen roten Haare leuchteten auf den schneeweißen Kissen. Eine Ecke der Decke lag über seinem nackten Körper, den Rest hielt er vor sich umklammert. „Eijirou?", fragte ich leise. Er rührte sich nicht. Mindy blieb in der Tür stehen, doch ich umrundete das Bett, um den Rothaarigen Mann ins Gesicht sehen zu können.
Obwohl Eijirous Augen weit geöffnet waren, schien er mich nicht wahrzunehmen, als ich vor ihn trat. Glanzlos schauten seine roten Augen ins Nichts und ich musste hart schlucken. Vorsichtig hockte ich mich vor ihm hin und streckte eine Hand nach seiner Wange aus. Er rührte sich nicht, doch seine Atmung wurde mit einem Mal flach und hektisch.
„Schh.", machte ich leise. „Eijirou. Ich bin es."
Als meine Finger seine Wange berührten zuckte er zusammen, doch auf einmal blinzelte er und sah mich an. Ich lächelte erleichtert als ich ein kurzes Aufglimmen in seinen warmen roten Augen sah.
„Ich bin da, Eijirou.", flüsterte ich und strich ihm eine rote Haarsträhne aus der Stirn. „Ich bin da."
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