Kapitel 25: Hilf mir
Kirishimas PoV
Die Diskussionen zogen sich in die Länge und mir schwirrte allmählich der Kopf. Die Art wie Katsuki argumentierte und an die gesamte Problematik heranging zeigte mir, wie viel Verständnis er eigentlich für die politische Situation hatte. Mich jedoch verwirrten die vielen Vorschläge und mir wurde bewusst, dass ich, auch wenn ich bald Kaiser sein würde, dennoch erschreckend wenig über dieses Amt wusste.
Nach einigen Stunden der Diskussion jedoch lehnte sich Katsuki seufzend im Sessel zurück und verschränkte die Arme. Er betrachtete die Notizen auf seinem Schoß und las noch einmal alles durch. Seine Handschrift war sauber und grazil und offenbarte seine Fingerfertigkeit, die im solchen Gegensatz zu seinem hitzigen Gemüt stand.
Er nickte und ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich finde diesen Ansatz gut soweit. Das wäre tatsächlich umsetzbar. Aber ich glaube, dass Eijirou seine Rede zuerst halten sollte. Ich glaube die Leute hören mir danach bereitwilliger zu."
Ich zuckte bei der Erwähnung meines Namens kurz zusammen. Ich hatte mich aus den Diskussionen größtenteils herausgehalten, weil ich nicht das Gefühl hatte, groß etwas beitragen zu können. Aber auch ich sollte eine Rede halten. Katsuki glaubte fest an mich. Glaubte das meine Geschichte die Leute berühren würde, genauso wie es bei Temaro und ihm selbst gewesen war. Mich machte das unheimlich nervös. Noch nie hatte ich vor einer großen Menge gesprochen und ich hatte das Gefühl, wenn ich versagen würde, würde das immensen Einfluss auf Katsukis Plan haben. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum.
Katsuki jedoch warf mir ein aufmunterndes Lächeln zu und flüsterte mir ein leises „Du schaffst das schon." zu, ehe er sich wieder den anderen zuwandte. „Gut, wir werden uns sicherlich die nächsten Tage noch einmal sprechen, aber ich habe jetzt gleich Unterricht und ich glaube diese Sitzung war erfolgreich genug, dass wir hier einen Schlussstrich ziehen können." Damit stand er auf und ich tat es ihm gleich.
Wir verabschiedeten uns von den anderen und machten uns auf den Weg zu unseren Gemächern.
„Kannst du mir gleich deine Notizen geben, Kat?", fragte ich ein wenig unsicher. „Ich glaube ich muss mir das alles noch einmal ansehen. Diese Diskussion eben hat mir bewusst gemacht, wie wenig ich eigentlich von diesem ganzen politischen Kram verstehe."
Mein Verlobter nickte und lächelte mir zu. „Natürlich. Keine Sorge, auch wenn du Kaiser bist musst du nicht alles verstehen. Dafür sind immer noch die Berater und vor allem ich da. Du wächst da schon rein." Er gab mir die sauber zusammengefalteten Notizen. „Aber lass sie nicht offen in unseren Gemächern herumliegen. Nicht, dass sie jemand findet, der kein Mitglied der Organisation ist."
Ich seufzte „Schon klar, ich will sie nur ein wenig durcharbeiten."
„Na wen haben wir denn da?", fragte eine Frauenstimme plötzlich zu unserer Seite. Ich zuckte zusammen und auch Katsuki versteifte sich umgehend.
Aus dem Flur zu unserer linken trat Misaki Bakugou heraus. Ihre kalten roten Augen musterten uns abschätzig und blieben dann kurz an unseren verschränkten Händen hängen.
„Was willst du Misaki?", knurrte Katsuki mit feurigem Blick.
„Völlig wertungsfrei ...schaue ich mir an, mit was für einer Person unser zukünftiger Kaiser verkehrt. Meinst du nicht, dass die öffentliche Zuschautragung eurer Beziehung dem Ruf unser Familie schadet?", fragte sie süffisant.
„Nur weil du sagst deine Aussage sei wertungsfrei, heißt das weder das es stimmt, noch macht es sie besser!", schimpfte Katsuki. „Vergisst du eigentlich mit wem du hier redest? Mir ist es egal, was du für eine diskriminierende Einstellung gegenüber uns Cyborgs hast!"
„Katsuki, nicht so laut!", flüsterte ich, um ihn daran zu erinnern, dass man uns hören konnte. Zwar war weit und breit niemand zu sehen, aber wir mussten dennoch vorsichtig sein.
Misakis Augen funkelten zu mir herüber. „Genau Katsuki, wir wollen doch nicht, dass jemand von deiner Andersartigkeit erfährt. Mein zukünftiger Kaiser, selbst dein kleiner Sklave hat das verstanden."
Ich spannte mich an, doch es war Katsuki der auf ihren Kommentar antwortete. „Pass auf wie du mit ihm spricht. Nicht nur ich bin der zukünftige Kaiser! Wir werden schon bald heiraten und schon in zwei Wochen werden wir beide gekrönt!"
Misaki erstarrte und biss die Zähne zusammen. Sie warf mir einen erneuten eiskalten Blick zu, sodass ich erschauderte. Unwillkürlich musste ich an ihre Drohungen mir gegenüber zurückdenken. „Ich hoffe, du weißt was du tust.", zischte sie. Es war eine Antwort auf Katsukis Äußerung, doch so wie sie mich dabei ansah, hörte ich etwas ganz anderes aus ihren Worten heraus. Ich hoffe du weißt, was für Konsequenzen das für dich haben wird.
Ich schluckte und umklammerte Katsukis Hand fest. Doch der Prinz beachtete seine Tante nicht weiter und zog mich mit sich, nicht länger gewillt dieses Gespräch mit ihr zu führen. Auf dem ganzen restlichen Rückweg zu unseren Gemächern fluchte er leise vor sich hin.
Als wir die Tür hinter uns schlossen, atmete er tief durch, doch zitterte noch immer vor Wut. „Dieses Miststück.", knurrte er leise.
„Alles gut, Kat.", sagte ich beruhigend, obwohl mein Herz noch immer schneller schlug, als es sollte. „Denk daran: In zwei Wochen kann sie uns nichts mehr anhaben. Es sind nur zwei Wochen, und uns stehen alle Türen der Welt offen. Kein Versteckspiel mehr. Wir beide können etwas verändern. Es sind nur zwei Wochen."
„Nur zwei Wochen.", wiederholte er, als wäre es ein Mantra. Kurz schloss er die Augen und als er sie wieder öffnete, stahl sich ein Lächeln auf seine Lippen. „Du hast ja recht."
Ich beugte mich vor und gab ihm einen kurzen, aber intensiven Kuss. „Und jetzt geh zu deinem Unterricht.", flüsterte ich leise, als ich mich wieder von ihm löste.
Katsuki verdrehte die Augen, suchte aber seine Sachen zusammen. „Bis nachher.", sagte er und gab mir einen weiteren schnellen Kuss, ehe er wieder durch die Tür verschwand und mich alleine in unseren Gemächern zurückließ.
Ich seufzte und fuhr mir durch die Haare. Wieso musste denn alles so verdammt kompliziert sein? Auch ich war froh, wenn wir die Krönung in zwei Wochen hinter uns gebracht haben und somit ein freies Leben führen konnten.
Ich faltete Katsukis Notizen auseinander und setzte mich auf die Fensterbank. Dieser Ort war schnell zu meinem Lieblingsplatz im ganzen Palast geworden. Generell begleitete mich in Katsukis und meinen Gemächern immer ein Gefühl von Sicherheit und Zuhause. Und der Ausblick aus dem Fenster über den Palastgarten und den angrenzenden Teil der Stadt war wunderschön, sodass ich mich gerne auf den breiten Sims setzte.
Ich legte mir Katsukis Notizen auf die Knie und sah sie durch. Hauptsächlich ging es darum, wie man mit einer plötzlichen Stoppung der Cyborg Versklavung umgehen sollte. Die Fragen waren also: Was passierte mit den bereits versklavten Cyborgs? Und was passierte, wenn eine lebenswichtige Operation, wie beispielsweise die meine, notwendig war und der Betroffene nicht zahlen konnte?
Stirnrunzelnd las ich noch einmal alle Vorschläge durch. Katsuki hatte im Zuge der Diskussionen Vorschläge durch Pfeile miteinander verknüpft, Dinge ausgestrichen und andere umkreist. Es waren keine Notizen, die einen fertigen Plan sauber strukturiert darlegten, aber dennoch half es mir alles noch einmal in Ruhe und nur für mich Revue passieren zu lassen, sodass ich allmählich dahinter stieg.
Ich weiß nicht wie lange ich so da saß und einfach die Vorschlage wieder und wieder durchlas und darüber nachdachte, doch nach einiger Zeit riss mich ein leises zaghaftes Klopfen aus meiner Konzentration.
Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits vier Uhr nachmittags war. Ich stand auf und ging zur Tür, um nachzusehen, wer es war.
Davor stand ein zierliches sommersprossiges Mädchen. Sie wirkte ziemlich jung, trug eine Dienstbotenuniform und hielt vor sich ein Tablett mit Kuchen ausgestreckt. „B-bist du Kirishima?", fragte sie schüchtern.
Ich lächelte und nickte. „Ja, der bin ich. Ist der etwa für mich?" Katsuki ließ mir manchmal etwas zu essen bringen. Oft genug vergaß ich es oder ich wartete lieber bis er zurück war. Das Mädchen nickte noch immer recht eingeschüchtert und reichte mir das Tablett. „Wir kennen uns noch nicht, oder?", fragte ich, um das Eis zu brechen.
„Nein, mein Herr. Mein Name ist Yuna, ich bin ganz neu im Palast.", sagte sie verlegen.
„Schön dich kennenzulernen. Das heißt, wir werden uns mit Sicherheit öfter wiedersehen. Danke für den Kuchen.", sagte ich freundlich.
Sie lächelte mich an und machte einen höflichen Knicks, ehe sie wieder verschwand.
Ich schloss die Tür, während ich das Tablett mit einer Hand balancierte. Noch immer konnte ich mich nicht daran gewöhnen, dass mir Dinge einfach so gebracht wurden. Mein Herr. Dieser Respekt des Mädchens war mir beinahe unangenehm gewesen. Doch ich wusste, dass ich zukünftig lernen musste damit umzugehen, auch wenn mir ein persönlicher und informeller Umgangston deutlich besser gefiel.
Ich trug das Tablett zur Fensterbank und beugte mich wieder über meine Notizen. Während ich noch einmal alles durchlas, aß ich genüsslich den Kuchen. Er hatte in der Mitte eine dünne Sahneschicht und war mit frischen Erdbeeren verziert. Auch an das vorzügliche Essen hatte ich mich noch immer nicht gewöhnt, weshalb ich jede Mahlzeit zelebrierte, als würde ich nie wieder etwas zu essen bekommen.
Seufzend schob ich das Tablett zur Seite, als ich fertig gegessen hatte. Nur noch ein letzten Mal wollte ich einen Punkt auf Katsukis Notizen durchgehen, doch dann blinzelte ich verwirrt. Die Schrift schien mit einem Mal verschwommen.
Ich kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu kriegen. Doch die Bewegung verursachte genau das Gegenteil. Mir war mit einem Male unfassbar schwindelig und ich musste mich am Rand der Fensterbank abstützen. Meine Finger fühlten sich auf einmal klamm an und kalter Schweiß lief mir den Rücken hinunter.
Die ganze Welt drehte sich und plötzlich überkam mich eine Welle von Panik. Was war hier los? Zitternd versuchte ich Luft zu holen, doch es war, als würde ein Fels auf meinem Brustkorb liegen und mich am Atmen hindern. Mit einem Schlag wurde mir eines klar: Ich wurde vergiftet!
Hilfe. Ich brauche Hilfe!, dachte ich schwach und versuchte von der Fensterbank hinunter zu steigen. Doch meine Glieder verkrampften sich und ich fiel herunter, ohne dass ich meinen Sturz abfangen konnte. Panisch versuchte ich mich zu bewegen und bis zu dem Schalter zu gelangen, mit denen ich das Personal rufen konnte! Oder wenn ich bis zum Nachschrank kam, könnte ich jemanden mit Katsukis Tablet verständigen!
Doch der Versuch war aussichtslos. Ich konnte mich nicht richtig bewegen, das Gift lähmte mich. Das Atmen fiel mir immer schwerer und Sterne tanzten vor meinen Augen, da ich nicht richtig Luft bekam.
Katsuki. Hilf mir.
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