Weihnachtszauber & Kobold Rebellionen
Noch nie waren zwei Wochen so schnell an Aviana vorbeigezogen. Die Schritte der Schüler und Lehrer in den Gängen hallten in schnelleren Rhythmen nach. Das Licht im Schloss kam durch den Tag immer mehr von den Fackeln und die wolligen Extradecken waren seit einigen Tagen auch im Einsatz. Selbst die Hauselfen waren vermehrt im Gemeinschaftsraum anzutreffen, keiner der Kamine hielt nicht mindestens 20 Zentimeter hohe Flammen für durchgehend 24 Stunden.
Die überdimensionalen Kürbisse in der Großen Halle waren von Hagrid wieder entfernt worden und Aviana war sich sicher, dass in einigen Tagen Tannenbäume an deren Stelle stehen würden.
Auch die Schulstunden wurden immer chaotischer und es kam nicht selten vor, dass Schüler aus dem Unterricht geschickt wurden, oder ihnen Nachsitzen aufgebrummt wurde. Gabriel schien dabei diese Liste anzuführen.
Sogar die sonst sehr gelassene Professor Sprout hatte scheinbar eine Pause nötig, denn als der Hufflepuff Gemeinschaftsraum nach dem Sieg des gelben Quidditch Teams vergangenes Wochenende auch nach Mitternacht noch belebter und lauter war als an jeglichen regnerischen Tagen, da wurde ihre Hauslehrerin etwas aufbrausend.
Nun saß Aviana bei ebenjener Lehrerin im Unterricht und fragte sich zum hundertsten Mal, ob sie Professor McGonagall morgen tatsächlich die richtige Entscheidung mitteilen würde.
„Hast du dich schon entschieden, was du machen wirst?" Anouk's Stimme war nicht mehr als ein Flüstern, um Professor Sprout's Aufmerksamkeit nicht auf sie zu lenken.
Aviana fuhr sich übers Gesicht und massierte sich den Nacken. Das Multiple-Choice-Quiz lag fertig ausgefüllt vor ihr, während Merle gerade bei den letzten zwei Fragen angekommen war und Cal neben der gelangweilten Anouk schwer seufzend die Pergament-Rolle nach oben schob.
Die feuchtwarme Luft im Gewächshaus zwei half Aviana nicht dabei, einen klaren Gedanken zu fassen. Nicht, wenn sie gestern noch so lange wach war, um die Charaktereigenschaften einer Teufelsschlinge aufzuzählen und alle möglichen Einsatzmöglichkeiten von Eisenhut nachzuschlagen und aufzulisten.
Ihre Entscheidung, nicht mit Lucas und Anthony in ihrem Gemeinschaftsraum Zauberschach zu spielen, hatte sich gelohnt. Das meiste, was sie mit Merle und Cal nochmals durchgegangen war, war von Professor Sprout heute abgefragt worden. Dass sie dabei die Chance auf einen Blick in den See durch ein Fenster bei den Slytherins verpasste, fuchste sie dennoch.
Seit Anthony ihr von den Meermenschen und dem Kraken im schuleigenen See erzählt hatte, wollte sie beide Dinge und die grundsätzliche Stimmung, die in diesem Gemeinschaftsraum herrschen musste, mal erleben.
Ohne wirklichen Fokus ließ Aviana ihre Augen nochmals über das Pergament gleiten und wandte sich dann ihrer Ravenclaw-Freundin zu.
„Daddy meint, ich solle hierbleiben. Es gäbe die nächsten Jahre noch genügend Möglichkeiten, Weihnachten gemeinsam zu verbringen, aber mein erstes Weihnachten in Hogwarts sollte nicht bis nächstes Jahr warten müssen."
Die Eule, die sie für den Antwortbrief benutzt hatte, war um einiges schneller gewesen, weswegen Aviana auf ihre vorsichtige Nachfrage betreffend der bevorstehenden Feiertage auch bereits nach zehn Tagen erneut einen Brief aus Wales erhalten hatte.
Darin hatte ihr Vater außerdem geschrieben, dass er ein Weihnachtsfest für alle Nachbarn organisierte, die ansonsten keines feiern würden. Und obwohl sie wusste, dass er nun nicht allein sein würde, fühlte sie sich dennoch etwas egoistisch.
Das erklärte sie nun auch Anouk, die einen kleinen Wirbelsturm auf ihrer Zauberstabspitze balancierte.
„Ach was. Dein Dad sagt dir, dass du deine Zeit hier genießen sollst. Außerdem hat er recht, Weihnachten in Hogwarts solltest du unbedingt erleben. Ich geh auch nur, weil meine Eltern endlich mal gemeinsam Ferien haben und wir darum meine grand-maman besuchen gehen."
Schlussendlich war Charles derjenige, der ihr zeigte, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Als Aviana nach den Flugstunden eine Woche später ihre Freunde wieder einholen wollte, da sie noch zurückgeblieben war, um Madam Hooch einige Fragen zu stellen; da hörte sie ihren Namen hinter sich. Sie sah Merle und Cal soeben im Eingangstor verschwinden, weshalb sie sich auf dem gepflasterten Weg umdrehte und den jungen Jäger der Gryffindors über den Innenhof schreiten und ihr zuwinken sah.
„Hey", grüßte er sie, als er zu ihr aufgeschlossen hatte. Hinter ihm betraten soeben Freddie und Thomas den Innenhof.
Seine dunkelblonden Haare lagen mit dem nächsten heftigen Windstoß noch zerzauster auf seinem Kopf und die ledernen Handschuhe quietschten, als er sie sich von den Händen zog.
„Hey", erwiderte Aviana. „Ich dachte, Thomas wäre nicht im Team?"
Sie nickte in Richtung seines Hauskollegen und suchte in ihrer Erinnerung nach der Information, dass beim Schul-Quidditch Ersatzspieler zugelassen waren.
Charles folgte Aviana's Kopfnicken zu seinem Freund, während er die Handschuhe in seiner Manteltasche verstaute.
„Ist er auch nicht. Aber Manson ist in seinem siebten Schuljahr. Das heißt, dass wir nächstes Jahr wieder einen Jäger brauchen werden. Freddie und ich haben angeboten, mit ihm zu trainieren, damit er selbstbewusster und sicherer wird."
Aviana winkte den beiden anderen Gryffindors zu, als sie mit schnellen Schritten, dem immer stärker aufkommenden Wind trotzend an ihnen vorbei im Schloss verschwanden.
„Können wir vielleicht auch ins Schloss zurück? Ich hab das Gefühl, dass es mich hier nächstens wegpustet", bat sie Charles, der sich bei ihr entschuldigte und ihr kurze Zeit später das Tor aufhielt.
Sie traten zu der nächsten Fackel, die nicht bereits von mehreren Schülern umzingelt war und wärmten sich die Hände an der kontrollierten Flamme.
„Ich hab dich vorhin fliegen gesehen." Den Ausdruck auf seinem Gesicht hätte Aviana mit Freude beschrieben, aber da lag auch noch etwas Anderes darin. Bewunderung? Das konnte fast nicht sein, denn sie war sich sicher, dass sie nicht annähernd so gut flog wie er.
„Außerdem bleibst du über Weihnachten, oder?"
„Ja?" Aviana konnte ihm nicht folgen. „Worauf willst du hinaus?"
„Nun, ich dachte, dass du vielleicht an ein paar Flugsessions interessiert wärst."
Charles McLaggen bot ihr tatsächlich Flugstunden außerhalb des Lehrplanes an. Warum? Die Flammen verteilten die Schatten auf seinem Gesicht sekündlich neu und doch konnte Aviana den Eifer in seinen Augen erkennen.
„Ist das erlaubt? Erstklässler dürfen doch gar kein Quidditch spielen?"
Seine grünen Augen lachten mit, als seine Mundwinkel nach oben wanderten und Aviana wusste, dass er mit ihrer Gegenfrage gerechnet hatte.
„Die Regeln sagen bloß, dass Erstklässler nicht ins Team aufgenommen werden dürfen – wobei dies ja selbst von den Lehrern nicht immer eingehalten wurde."
„Ich bin ziemlich sicher, dass da auch steht, dass Erstklässler nur unter Aufsicht auf einen Besen steigen dürfen", entgegnete Aviana mit einem Grinsen.
„Du wärst ja unter Aufsicht", erwiderte Charles leise. Er hatte sich etwas vorgelehnt, sodass es nicht jeder Schüler im Vorraum mitbekam.
Der Gedanke an eine persönliche Rückmeldung verglichen mit den doch sehr kurzen Feedbacks von Madam Hooch, die sich auch auf die restlichen Schüler konzentrieren musste, ließ Aviana wenig an die Grauzone denken und hätte sie beinahe direkt fragen lassen, wann sie sich denn treffen würden. Doch dann wanderten ihre Gedanken plötzlich zu Merle. Ihre Freundin wünschte sich wohl nichts mehr, als dass ihr jemand mit Geduld und Fokus helfen konnte, sicher auf einem Besen zu fliegen. Es fühlte sich falsch an, sein Angebot anzunehmen, wo sie doch wusste, dass sie die Sportart in den Augen ihrer Freunde bereits sehr gut beherrschte.
„Unter einer Bedingung." Charles hob die Augenbrauen und signalisierte, dass sie diese nennen sollte. „Nach Neujahr kann auch Merle dazukommen. Und bevor du fragst, nein, sie kann nicht Freddie fragen."
„Abgemacht!" Die Antwort kam so schnell, dass Aviana nicht sicher war, ob er überhaupt ihren ganzen Satz gehört hatte. „Ich schlage vor, dass wir uns am sechsundzwanzigsten knapp nach Sonnenaufgang unten beim Quidditch Feld treffen."
„Ehm ..." Am sechsundzwanzigsten? Am Abend davor würde sie bereits mit Gabriel durch das Schloss ziehen und wenn sie seine ominösen Andeutungen auch nur ein bisschen gewichtete, dann würde sie ganz sicher eher wenig Schlaf kommen, wenn sie am nächsten Morgen wieder um neun Uhr auf der Matte zu stehen hatte. Anderseits waren die Lehrer dann ganz bestimmt noch nicht wirklich erpicht darauf, Polizei zu spielen.
Somit blieb ihr gar nichts Anderes, als die Antwort zu liefern, um die sie nicht rumkam und dennoch sicherlich in wenigen Wochen aufgrund von Schlafmangel bereuen würde: „Klar."
„Dann ist das fix." Der Gryffindor grinste breit und machte sich dann auf den Weg zu den großen Treppen. „Bestell Merle einen lieben Gruss von Freddie und mir, ja?"
Den Gruß hatte sie bereits am gleichen Abend wieder vergessen und hatte ihn schließlich erst ausgerichtet, als es schon beinahe zu spät war. Als sie vor vier Tagen gemeinsam mit Cal von Anthony, Merle und Freddie am Bahnsteig verabschiedete, war es ihr wieder eingefallen.
Die Reaktion von Merle entsprach jedoch alles andere als Aviana's Vorstellung.
„Von Charles?", hatte sie leicht verwirrt gefragt. „Warum solltest du mir einen Gruß von ihm ausrichten?"
„Er hat mir Flugstunden angeboten und ich hab' ihm gesagt, dass ich dies nur annehmen würde, wenn er dir ebenfalls welche gibt."
Merle's Lächeln darauf hatte etwas steinern ausgesehen und Aviana hatte nicht raten müssen, weshalb dies so war. „Lieb von dir, aber ich weiß nicht, ob ich das möchte."
Obwohl diese Antwort Aviana verwirrte, war ihr keine Zeit geblieben, um nachzufragen. Der Pfiff der Lokomotive hatte durch den Bahnsteig gehallt und sie umarmten sich darauf alle hastig, während sie einander frohe Weihnachten wünschten.
Auch zwei Tage später ergab Merle's Reaktion in Aviana's Augen nicht mehr Sinn, aber sie hatte kaum Zeit noch weiter daran herumzuknobeln, denn das Frühstück des ersten Weihnachtstages war so anders als jeder andere Morgen an der Schule bisher, dass sie sich nur staunend in der komplett umdekorierten Halle umsah.
Die letzten Schüler waren gestern Mittag abgereist und so blieben heute nur noch knapp dreißig Personen, von denen zirka zwei Dutzend heute Morgen anwesend waren. Das bedeutete, dass alle Anwesenden an einem der langen Häusertische Platz fanden und somit die restlichen drei verschwunden waren. Selbst die Lehrpersonen gesellten sich zu den Schülern an den Tisch.
Der sonst von den Professoren besetzte Esstisch war gerade noch so hinter den sieben leuchtenden Weihnachtsbäumen erkennbar. Aviana schätzte, dass diese von den Hauselfen geschmückt waren, denn hier und da fand sich eine Socke oder ein kleiner Puppenhut an den Ästen. Anthony hatte ihr mal erklärt, dass es einige Elfen gab, die damit ihre Dankbarkeit gegenüber dem ehemaligen Schulleiter und Professor McGonagall ausdrückten.
Die Hauselfen schienen allgemein viel zu tun gehabt zu haben über die vergangene Nacht, denn neben den sieben Bäumen vor dem Lehrertisch standen auch je vier an den Außenwänden entlang, die geschmückt worden waren. Hinzu kamen die großen Weihnachtsmann-Strümpfe, die von den Kaminsimsen hingen und die vielen goldenen Kugeln in verschiedenen Größen, die abwechselnd zwischen den Kerzen unter der Decke schwebten.
Dass dies die Flugbahn der Post-Eulen um einiges einschränkte, war dabei augenscheinlich nicht bedacht worden, denn als drei dieser Tiere einige Kunststücke vollführen mussten, um nicht mit einer Kugel zu kollidieren, die beinahe gleich groß war, wie sie selbst; und sie danach unsanfter als sonst auf dem Tisch landeten, war sich Aviana sicher, dass sie Weihnachten nicht so sehr genossen, wie die Schüler.
Zu Aviana's Erstaunen, war eines der Pakete für sie. Da sie direkt nach dem Aufstehen bereits ein Geschenk von ihrem Vater und einen Brief von Anthony am Bettende entdeckt hatte, war sie sich sicher gewesen, dass sie sich nun einfach noch auf die Gemeinschaft freuen konnte.
Die anderen beiden Eulen flogen zu je einem Professor, wodurch nun die Aufmerksamkeit der restlichen Schüler am Tisch auf Aviana und ihrem Paket lag.
„Na, mach schon auf!", drängte Gabriel, der sich ihr gegenüber hingesetzt hatte.
Auch Cal und Teddy Lupin, der Junge mit den blauen Haaren neben ihm, sahen gespannt zu ihr.
Sachte wog sie das Paket in ihrer Hand und ging aufgrund des Gewichts und der Form von einem Buch aus.
Die Schnur rann ihr durch die Finger und das unauffällig braune Papier fiel zur Seite und enthüllte ein ebenso schlichtes Buch. Lediglich der goldene Schriftzug im braunen Einband gab Auskunft über den Inhalt.
„Kobolde und ihre Rebellionen, Erzählungen der letzten 1'000 Jahre", las Charles vor. „Wer hat es dir geschickt?"
Aviana zuckte mit den Schultern. Es lag kein Brief dabei und auch ein kurzes Durchblättern zeigte keine Notiz. Sie hielt es an den Kartonenden und drehte es kopfüber, doch es war kein Zettel dabei.
Vielleicht war es von Merle. Sie wusste, dass Aviana fasziniert war, wenn es um alle anderen magischen Wesen und Kreaturen in dieser Welt ging, denn sie hatte ihrer Freundin damals in der ersten Schulwoche erzählt, wie spannend sie den Besuch in Gringotts fand. Weshalb Merle aber nicht mindestens eine kleine Notiz mitschicken würde, war Aviana ein Rätsel.
Da sie das jedoch lieber selbst herausfand, als sich hier von jedem zweiten Schüler reinreden zu lassen, band sie das Papier wieder notdürftig um das Buch und meinte: „Wahrscheinlich von Merle. Sie wusste, dass ich mehr über Kobolde wissen wollte."
Zurück in ihrem Gemeinschaftsraum wollte sie sich das Buch nach der dritten verlorenen Runde Zauberschnippschnapp gegen Cal, nach der sie gnädigerweise von Teddy abgelöst wurde, nochmals etwas genauer ansehen.
Beim Kamin hatte sie das meiste Licht und konnte zudem noch etwas Wärme tanken vor dem nächtlichen Ausflug. Ihr Afro sprang auf und ab, als sie sich auf das Sofa direkt davor fallen ließ und das Buch lag schwer auf ihren gekreuzten Beinen.
Langsam blätterte sie jede Seite um und versuchte auf alles zu achten. Das Einzige, was ihr jedoch auffiel, waren einige Kaffeeflecken und umgeknickte Ecken, die darauf schließen ließen, dass das Buch bereits einmal jemandem gehört haben musste. Ansonsten war nichts Außergewöhnliches zu erkennen, das nicht zum Buch gehören sollte.
Auch die letzte Seite zeigte neben einer grausigen Skizze eines Koboldes mit einem blutigen Dolch nichts und so ließ sie die Seiten wieder zurückfallen. Bevor der hintere Karton jedoch bedeckt war, fielen ihr durch das Flackern des Feuers zwei kleine Buchstaben auf und sie schlug es wieder auf.
Da, in der unteren rechten Ecke, wo bisher ihr Daumen lag, um das Buch offen zu halten, stand in sauberer Handschrift ein „H" und ein „G".
Und obwohl die erste Reaktion über die Entdeckung Begeisterung war, folgte die Ernüchterung schnell darauf. Wie sollte sie herausfinden, was HG bedeuten sollte? Waren es Initialen? Wenn ja, von wem? Sie war sich sicher, dass Holly Gosset, eine Hufflepuff in ihrem vierten Jahr, nichts mit dem Buch zu tun haben konnte. Holly war eines der wenigen Hufflepuff-Mädchen, das Aviana nicht sehr gerne mochte. Sie drückte sich jedes Mal vor den Hausarbeiten und fragte immer wieder neue Leute, ihr doch bitte mit dem Pflanzengießen zu helfen, bevor sie sich dann verdrückte und man allein alle 50 oder mehr Pflanzen für sie goss.
Sonst kannte Aviana niemand, mit diesen Initialen. Aber, was, wenn es keine Initialen waren? Es konnte ja auch etwas ganz Anderes sein. Eine Abkürzung für einen Ort oder eine Sache. Oder es ist ein Code, bei dem die Chancen, dass sie ihn knacken würde bei ungefähr 0.1 Prozent lagen.
Dennoch ließ es sie nicht los und so holte sie sich den warmen Pullover und den Schal aus dem Schlafsaal, erklärte Cal und Teddy, dass sie sich beim Weihnachtsessen wieder sehen würden und eilte dann aus dem wohligen Gemeinschaftsraum vier Stockwerke hoch in die verlassene Bücherei.
Madam Pince saß mit spitzen Lippen hinter ihrem kleinen Tresen und bedachte Aviana mit ihrem typisch warnenden Blick. Wenn Sie nicht ruhig sind, werde ich Sie nicht lange dulden.
Aviana fragte sich jedes Mal, ob diese Frau auch irgendwann mal lächelte. Denn in ihrem Gesicht, das den Buchseiten um sie herum gar nicht so unähnlich war in Farbe und Optik, konnte sie keine der tiefen Linien erkennen, die sich zum Beispiel in Professor Sprouts braun gebranntes und Sommersprossen besetztes Gesicht gruben.
Schlussendlich war die Bibliothekarin an diesem Weihnachtstag ohne guten Grund steif und angespannt, denn Aviana war die einzige hier und tat nichts Anderes als ein Buch nach dem anderen zu wälzen.
Von Erzählungen zur Entstehung der magischen Welt, über Werke, die Beziehungen zwischen Magiern und Menschenähnlichen Wesen beschrieben, bis hin zu Auflistungen der berühmtesten Kobolde.
Keines der Bücher gab Aufschluss über die beiden Buchstaben. Und als ihr die Idee kam, dass es eventuell eine Abkürzung sein konnte, die mit einem Zauberspruch zu tun hatte, teilte ihr Madam Pince in ihrer barschen Stimme mit, dass sie nun zum Festessen oder zu ihrem Gemeinschaftsraum zurückzukehren hatte.
Mit geschürzten Lippen tippte sie die Feder an, die Aviana und das ausgeliehene Buch 'Magie der Kobolde und Elfen' im offenen Planer eintrug und schloss das Eisengitter, kaum hatte Aviana's linker Fuß den obersten Treppenabsatz verlassen.
Aviana's Magen knurrte und sie wusste, dass sie heute nicht mehr wirklich weiterkommen würde, also stopfte sie das ausgeliehene Buch zu dem Geschenk in ihrer Umhängetasche und genoss das köstlichste Weihnachtsessen, das sie je gegessen hatte.
Der Abend war lang, denn das Essen war nicht bereits um acht Uhr fertig wie sonst jeweils. Die Hauselfen vollführten eine leicht abgeänderte Variante der Weihnachtsgeschichte und die Geister sangen in einem überraschenderweise harmonischen Choral die Weihnachtslieder dazu.
Nach neun Uhr wurden die Geister durch Hagrid's kräftigen und lallenden Singsang ausgewechselt und sogar Professor McGonagall tänzelte in ihrem Stuhl zu dem aus dem Rhythmus geratenen Darbietungen.
Als die meisten Schüler schließlich in ihre Gemeinschaftsräume verschwunden waren und Professor McGonagall auch die verbleibenden fünf in einem für die Schulleiterin atypisch heiteren Ton aus der Halle schickte, spürte Aviana eine Hand auf ihrem Rücken, die sie schnell in Richtung Treppen steuerte.
„Bist du bereit?", hörte sie Gabriel's Stimme und sah ihn schließlich neben ihr.
Er trug das verschmitzte Lächeln, das in sein Gesicht gemeißelt sein musste und sah sie herausfordernd an. Aviana schob sich ihre Umhängetasche auf der Schulter zurecht und nickte, während sie die Stufen hochstiegen.
„Was macht ihr denn? Zu den Hufflepuffs geht's rechts runter."
Es konnte kein Vertrauensschüler sein, denn die waren alle nach Hause gegangen, und doch fuhren sowohl Aviana als auch Gabriel auf der zweiten Treppe etwas zu schnell herum, als dass man ihnen unschuldige Verwirrung hätte anrechnen können.
Charles holte mit großen Schritten zu ihnen auf und sah argwöhnisch, aber auch neugierig zwischen den beiden hin und her.
„Nichts, was einen Quidditch-Star was angeht. Du willst dir ganz sicher nicht deine reine Weste versauen, sollte dich Filch erwischen, oder?"
Für eine Sekunde sah es so aus, als würde er dagegenhalten wollen. Stattdessen schob sich der Gryffindor an ihnen vorbei und erinnerte Aviana nochmals leise an ihr Treffen am nächsten Morgen. Danach verschwand er in einem Seitengang, der hinter einem der Wandvorhänge lag.
„Viel Spaß beim Aufstehen morgen, denn, wenn du siehst, was ich entdeckt habe, wirst du ganz sicher nicht so schnell einschlafen", neckte Gabriel und führte sie zwei Treppen weiter nach oben, wo sie durch einen weiteren Geheimgang hinter einem Portrait über eine Wendeltreppe die restlichen Stockwerke erklommen, schließlich erneut durch ein Portrait kletterten und vor einer großen Wand zum Stehen kamen.
Der dunkelhaarige Junge begann davor auf und ab zu gehen und als er das dritte Mal die Wand passiert hatte, geschah etwas Unglaubliches.
„Gabriel, die Wand schmilzt. Was ... wie ...?" Aviana konnte ihre Augen nicht von den zerfließenden Wandsteinen nehmen, hörte den Ravenclaw Jungen jedoch glucksen.
„Das hier, Pelver, ist der Eingang zum Versteckte-Geheimnisse-Raum."
Nun konnte sie es sehen. Dort, wo die Wand weggeschmolzen schien, konnte sie immer deutlicher eine Tür erkennen, die, als sie noch weiter auf sie zutrat, komplett auszumachen war.
„Bevor wir reingehen, habe ich noch eine Frage", sagte Gabriel leise.
Als sie sicher war, dass die Tür nicht gleich wieder verschwinden würde, sobald sie wegsah, blickte sie zu ihm und sah, wie er den Kopf leicht schräg hielt und sie musterte.
Aviana wandte sich ihm ganz zu, gab ihm zu verstehen, dass sie ein offenes Buch war. Gabriel las diese Bewegung richtig und meinte: „Ich dachte, du wärst muggelstämmig? Anouk hat mir erzählt, dass du aus einer Muggel-Familie stammst."
Vor den Kopf gestoßen und etwas sprachlos sah sie zwischen seinen grau-blauen Augen hin und her und fragte sich, was er damit meinte. Warum sollte sie nicht muggelstämmig sein? Und warum hatte Anouk mit ihm über sie gesprochen?
Sein prüfender Blick wandelte sich langsam wieder in den altbekannten süffisanten Ausdruck und er griff nach dem Türgriff und drückte ihn hinunter.
„Was ... warum ...?" Aviana kriegte keinen Gedanken zu fassen, zu viele stürmten ungebremst auf sie ein.
„Warum du lügen solltest? Das wüsste ich auch gerne", und damit stieß er die Türe auf trat in den versteckte-Geheimnisse-Raum.
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Uuuh, here we go, friends! Da scheint Gabriel ja etwas gefunden zu haben.
Was es wohl sein mag?
Wer hat Bock da etwas mehr herauszufinden?
Wie sieht es mit den Flugstunden mit Charles aus? Kommt das gut?
Hat jemand eine Idee, weshalb Merle auf Aviana's Vorschlag so seltsam reagiert hat?
Oh, und was ich auch noch fragen wollte: Ist Merle wohl gerade an einer grossen Weasley-Weihnacht, oder doch eher bei einem ruhigen und heimeligen Beisammensein?
Ich freue mich, langsam aber sicher etwas in den Plott zu tauchen mit euch. Who's with me?
Bis zum nächsten Mal könnt ihr ja vielleicht Aviana etwas helfen mit ihrem Buchrätsel. Ich bin mir sicher, dass sie sich mit einem oder zwei Yorkshire-Puddings erkenntlich zeigt ;)
Vorher geht's aber erstmal in den Raum der Wünsche.
Ready? - C u there.
Glg
Eure Stephie
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