Verloren
Ich trat in die Höhle ein. Es war wie eine andere Welt. Alles war staubig und meine Haut begann zu jucken.
"Hallo?", fragte ich in die Dunkelheit und musste blinzeln als die Schuppen des Titanflügler zu leuchten begannen.
"Nala?", fragte die kratzige Stimme des Drachen und er drehte langsam den Kopf. Er war von Narben entstellt und die großen Flügel waren tief eingerissen.
"Ja, ich bin hier."
"Komm mal ein bisschen näher, meine Augen sind nicht mehr die besten!", motzte der alte Drache und klopfte mit dem Schwanz auf den Boden. Vorsichtig trat ich etwas näher zu dem Drachen heran, der sich plötzlich einfach umdrehte und ein paar Steine über eine Steinplatte schob.
"Ich sehe schlechte Zeiten für den Stamm. Ein Feind, stärker als alle anderen wird kommen und uns vernichten. Du musst den Stamm in der Heimat in Sicherheit bringen!", krächzte er wärend er die Steine anstarrte. Dann drehte er sich ruckartig wieder um und stieß mir die Klaue in die Brust.
"Du musst den Stamm wegbringen! Bring ihn in die Heimat!", keuchte er und ließ die Klaue sinken.
"Nun geh. Ich brauche meinen Schlaf", befahl er und drehte sich wieder um. Das leuchten seiner Schuppen erstarb. Leise schlich ich mich aus der Höhle und hinaus ins Freie.
"Pff, den Stamm wegbringen. Was denkt der sich eigentlich? Ich kann sie doch nicht dazu bringen abzuhauen!"
"Wer denkt sich was?", fragte Morgentau und legte den Kopf schief.
"Ach, nichts. Ich hab mit mir selbst gesprochen", murmelte ich und ging an meinem Sohn vorbei in den Urwald. Plötzlich hörte ich Schreie aus Osten. Ich machte kehrt und hangelte mich durch den Wald zur Quelle der Schreie. Plötzlich ging vor mir ein Baum in Flammen auf. Ich stieg in die Luft und sah pures Chaos! Überall brannte es und die Drachen flüchteten zum Strand. Ich ließ mich über die Bäume tragen und suchte nach dem Ursprung der Flammen.
Da sah ich die Boote. Drachenjäger, sie hatten uns gefunden. Plötzlich tauchte über mir ein seltsames Fluggefährt auf. Vier Drachen, die mir unbekannt waren, trugen das Ding in dem ein Mensch stand. Da wurde ich plötzlich von etwas festgehalten. Drei Drachen der gleichen Art hatten sich an mir festgeklammert und hinderten mich am Fliegen. Ich brüllte und starrte den Mann an der mich gehässig angrinste.
"Interessant. Eine Art die ich nicht kenne." Er pfiff und einer der rotschwarzen Drachen wollte mich mit seinem Stachel stechen doch sie wurden von einer Säure getroffen. Der Titanflügler stand auf dem Boden und sah mich mit einem Ich-hab's-doch-gewusst-Blick an. Ich sah wie die Drachen in die brennenden Bäume stürzten. Ich hörte ein Zischen und konnte dem Pfeil gerade noch so ausweichen. Ich tauchte ab und flog zu den am Strand versammelten Drachen. Ich bedeutete ihnen mir zu folgen und führte sie in eine Höhle. Der Eingang war so gut versteckt, dass niemand ihn finden würde und somit waren wir sicher. Fürs erste.
"Ist jemand verletzt? Vermisst irgendwer wen?" Die Drachen schüttelten die Köpfe und sahen mich verzweifelt an. Sie sahen verängstigt aus, manche von ihnen hatten noch nie Feuer gesehen.
"Dann ruht euch aus. Ich werde Wache stehen." Der Stamm rollte sich eng aneinandergedrängt zusammen und ich setzte mich an den Eingang. Da saß ich nun. Mit einem Haufen Probleme und niemandem mit dem ich sie teilen konnte. Ich vergrub die Schnauze unter meinem Flügel.
Alraune war tot. Er war von einem Drachenjäger umgebracht worden und Wiesenblume war auf Patrouille gewesen und nicht zurück gekommen. Mit Morgentau hatte ich nie ein gutes Verhältnis gehabt. Meistens hatte Alraune sich mit ihm beschäftigt.
Jemand tippte mir auf die Schulter. Es war Eisenhut der mich ablösen wollte. Dankend nickte ich und legte mich dann auf ein kleines Plateau zum schlafen.
Als ich aufwachte schliefen noch alle. Ich glitt hinunter zum Eingang der Höhle und schlüpfte hinaus. Alles war weiß vor Asche und als ich durch den verkohlten und verbrannten Wald ging wirbelten meine Klauen Aschewolken auf. Schon nach wenigen Minuten war mein gesamter Körper von Ascheflocken überzogen. Die Luft war rauchig und ich musste oft husten. Meine Augen brannten und ich sah hier und da noch Glut und kleinere Feuer.
Ich hörte ein Husten und trabte durch den Wald. Schon bald sah ich den Titanflügler der röchelnd auf dem Boden lag.
"Oh, nein! Das darf nicht war sein! Es tut mir leid! Es tut mir leid, dass ich meinen Stamm in Gefahr gebracht habe! Es tut mir leid, dass ich so eine schlechte Königin bin!", schluchzte ich doch irgendwann hielt der Titanflügler mir das Maul zu.
"Du bist nur dann eine schlechte Königin, wenn du dein Volk in unnötige Gefahr bringst. Führe sie in die Heimat. Dort seid ihr sicher", krächzte der Drache und hustete erneut. Wellen aus Krämpfen durchzuckten seinen Körper. Dann war es vorbei. Der Titanflügler war tot und somit hatte ich meine Entscheidung getroffen.
"Wir verschwinden von hier! Wir werden die Heimat finden, wie der Titanflügler es gesagt hat! Dieser Ort ist tot. Wir müssen weg. Darum frage ich euch: Werdet ihr mir folgen? Möglicherweise bis ans Ende der Welt?" Die Drachen brüllten zustimmend und schlugen mit den Flügeln. Ich sprang von meinem Plateau und flog durch den Eingang der Höhle ins freie. Die Drachen folgten mir und wirbelten die Asche auf. Als ich einen letzten Blick auf die Smaragdinseln warf musste ich hart Schlucken. Die einst grüne Inselkette war grau geworden. Das sind nicht mehr die Smaragdinseln, das ist die Inselkette des Todes...
Ich drehte mich wieder um und folgte meinem Stamm der über die blaue See flog. Viele ließen die Klauen durch das Wasser pflügen um sich die Asche von den Klauen zu waschen, doch manche flogen einfach nur schweigend. Ich konnte sie verstehen, sie mussten die einzige Heimat verlassen die sie gekannt hatten.
Und dann konnten sie das noch nicht einmal freiwillig tun...
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