»Sometimes in our lives we all have pain, we all have sorrow«
Die Männer hatten nichts dagegen, dass Sebastian mitspielte - allerdings stießen sie sich gegenseitig an und lachten, als freuten sie sich bereits dem blonden Jungen sein Geld aus den Taschen zu ziehen.
Sebastian setzte sich einem Typen mit Drei-Tage-Bart gegenüber und Jim nahm neben ihm Platz. Sofort wurde das allgemeine Lachen noch lauter.
„Wie alt seid ihr eigentlich, Jungs?", fragte der Mann, dem sie sich gegenüber gesetzt hatten.
„Achtzehn", entgegneten Jim und Sebastian gleichzeitig. Sebastian lächelte unschuldig, was er, wie Jim fand, lieber hätte lassen sollen.
Der Mann ihnen gegenüber grinste Sebastian an und zeigte dabei eine Reihe absurd weißer Zähne. „Also dir glaube ich das vielleicht. Aber dem Kleinen da nicht. Der sieht aus wie zwölf."
Jims Züge verdüsterten sich. „So langsam wird's wirklich nervig und wirklich beleidigend!" Er sah fassungslos zu Sebastian, der unter seinem Blick zu lachen begann und abwehrend die Arme hob.
„Sieh mich nicht so an! Ich habe dir gesagt, du hast die kleine-Bruder-Ausstrahlung", gluckste er und Jim verschränkte die Arme. Er fand nicht, dass er so viel jünger aussah. Er besaß die Durchschnittsgröße und hatte beinahe die gleichen Gesichtszüge wie Richard und der wurde zumeist eher älter als jünger geschätzt. Jim glaubte, es lag einfach daran, dass heutzutage jeder Jugendlicher älter aussah, als er eigentlich war - also war es nicht Jims Schuld.
„Ich bin achtzehn!", fauchte Jim die Männer einfach an und lehnte sich dann auf seinem Stuhl zurück.
Die Männer grinsten einander an, dann nahm der Kerl, der ihnen gegenüber saß, den Kartenstapel an sich und begann diesen noch einmal zu vermischen. „Ich hoffe, du kannst spielen. Wir spielen nämlich mit Einsatz." Er zwinkerte und schob seinen Einsatz in die Tischmitte. Sebastian überlegte kurz, dann zog er aus seinem kleinen Rucksack ebenfalls Geld hervor und legte es hinzu.
„Jim ist mein Berater", entschied Sebastian und deutete mit dem Daumen auf den Iren neben sich. Jim, der sowieso nicht hatte mitspielen wollen, hob nur die Schultern und nickte. Wenn er Sebastian dabei helfen konnte, diesen Dummkopf, der ihn indirekt beleidigt hatte, zu schlagen, dann würde er das nur zu gern tun.
„Okay. Dann viel Glück, ihr Beiden." Der Mann lächelte so hinterhältig, dass Jim Sebastians Sieg nur noch dringender wollte.
Der Tag, an dem er nicht bekam, was er wollte, war nicht dieser.
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Die nächste Stunde war, Jims Meinung nach, einfach nur grandios. Sebastian gewann Runde um Runde und er hörte ohne Widersprüche auf Jims Ratschläge (die sich jedes Mal bewährten), was ihm irgendwie ein gutes Gefühl gab. Er hatte sich also nicht geirrt - Sebastian war genau der Richtige. Er wäre der perfekte Partner.
Partners in crime, dachte Jim und musste leicht bei der Vorstellung grinsen. Er müsste Sebastian nur irgendwie einführen.
„Hey, Jim", flüsterte Sebastian ihm zu und hielt ihm seine Karten hin, sodass niemand außer sie Beide hinein sehen konnte. „Soll ich die hier ablegen...?" Jim schüttelte den Kopf und warf dem Mann, der sie mit zusammen gekniffenen Augen beobachtete, einen schnellen Blick zu.
„Nein, lieber die hier", schlug er vor und Sebastian zuckte mit den Schultern und legte die Karte ab.
Aus dem Augenwinkel sah Jim, wie ein Mann unauffällig näher an sie heranrückte - vermutlich um besser in Sebastians Karten sehen zu können. Grinsend drehte er sich zu ihm um: „Gib deinem Freund lieber ein paar Tipps, weil wir hier nämlich gerade wieder gewinnen."
In dem Moment donnerte Sebastians Gegner seine Faust auf den Tisch. „Das reicht! Ihr Beide!" Er deutete mit Zeige- und Mittelfinger auf Jim und Sebastian - letzterer sah ihn verschreckt an, während Jim nur unbeeindruckt die Augenbrauen hob. „Ich weiß genau, dass ihr schummelt! Ich will mein Geld zurück!"
„Dann verdiene es dir doch", antwortete Jim, bevor Sebastian etwas Dummes sagen konnte.
Zur Antwort schlug der Mann noch einmal auf den Tisch. „Heißt das, Sie geben auf?" Jim kreuzte die Arme.
„Es heißt, dass ich weiß, dass ihr schummelt!"
Jim verdrehte die Augen. Menschen waren so einfältig - glaubten sie wirklich, sie könnten alles einfach als unfair abstempeln? Als würde das Leben fair mit ihnen umspringen. Jim wäre gern dabei, wenn sie auf den kalten Boden der Tatsachen aufschlugen. „Sie haben Recht", sagte Jim mit einem spöttischem Grinsen. „Wir haben hier unter dem Tisch unseren Supercomputer versteckt, mit dem wir jeden Schritt, den sie machen, berechnen und voraussagen können."
Der Mann warf einen schnellen Blick unter den Tisch und Jim hoffte wirklich, dass er angetrunken war und nicht mehr klar denken konnte. Ansonsten war dieser Typ einfach nur dämlich und mit Dummköpfen wollte er seine Zeit nicht vergeuden.
„Ich glaube, das reicht für heute mit dem Spielen", sagte Sebastian langsam und legte seine Karten auf den Tisch. Jim warf ihm einen kurzen Blick zu. Er war beinahe enttäuscht - wieso stellte Sebastian sich nie einer Herausforderung? Immer zog er sich vorher zurück.
„Meinetwegen", knurrte Jim und sah zur Bar, dann zurück zu Sebastian. „Deine Freunde sind weg."
„Was?!" Sebastian wirbelte auf seinem Stuhl herum und als er vor der Bar niemanden außer einem Mann mit Vollbart entdeckte, sprang er auf. „Die müssen draußen sein."
Jim folgte ihm, als er auf den Ausgang des kleinen Pubs zusteuerte.
„Ich will mein Geld zurück!"
„Hör mit dem Glücksspiel auf, dann hast du welches, du Loser!", rief Jim über seine Schulter und er hörte dumpfes Poltern und Gegrunze und als er sich kurz umblickte, sah er, dass Sebastians Gegner von seinen Begleitern gewaltsam auf den Stuhl gedrückt wurde, als er versucht hatte, aufzuspringen und zu Jim zu gelangen.
Jim grinste und zwinkerte ihm zu. Dann folgte er Sebastian hinaus in die kühle Nacht.
Auch vor dem Pub sahen sie die anderen Jungen nicht. „Tja", sagte Jim, „Dann sind sie wohl weg - wirklich schade. Was machen wir jetzt?"
Sebastian ignorierte ihn, was Jim ganz und gar nicht gut fand. „Warte! Ich glaube, während der Spielens hat mein Handy geblinkt, vielleicht..." Er zog sein Mobiltelefon aus der Hosentasche und wischte über den Bildschirm. „Aha!", machte er triumphierend und hielt Jim sein Handy unter die Nase, der wegen des grellen Lichts kurz die Augen zusammen kniff.
Sevvy und ich bringen kurz Toby nach Hause. Freundin macht Stress. Sind bald wieder da.
Die Nachricht war offensichtlich von Cat und Sebastian schien zu erwarten, dass Jim sie kommentierte. „Es verringert die Potenz, wenn man das Handy in der Hosentasche ausbewahrt."
Sebastian ließ den Arm mit dem Handy sinken und hob eine Augenbraue. „Ist das dein Ernst?"
Jim zuckte mit den Schultern und lehnte sich an die kühle Wand hinter sich. „Was denkst du, wie lang »bald« ist?"
Sebastian schien kurz zu überlegen, dann leuchteten seine Augen kurz auf, als er eine Idee hatte - wirklich, es war, als könne man die Glühbirne über seinem Kopf aufflackern sehen.
„Ich denke, es ist lang genug, um dir einen Drink aufzuzwingen", behauptete er und warf einen kurzen Blick auf den Pub, aus dem sie soeben gekommen waren. „Aber lieber nicht hier."
Jim rührte sich nicht vom Fleck. „Ich dachte, du hast jetzt eine gute Idee", murrte er unwillig.
Sebastian verdrehte die Augen: „Das ist eine grandiose Idee. Komm schon! Ich hab heute auch noch keinen Tropfen gesehen! Und ich habe das letzte mal vor einer Woche was getrunken und das ist viel zu lang her!" Er zog einen Schmollmund und blickte den jungen Iren dann flehend an.
„Vielleicht solltest du den Sitzungen der anonymen Alkoholiker beiwohnen."
Sebastian gab es auf, Jim mit seinem Hundeblick erweichen zu wollen. „Nun, komm schon! Oder hat Cat Recht und du bist wirklich ein Spaßverderber?!" Damit wollte er Jim wohl provozieren, bewirkte allerdings nur, dass dessen Laune zum Keller sank.
„Fragen wir ihn das doch. Vielleicht solltest du ihn gleich lieber fragen, ob er sich mit dir besaufen geht. Daraus scheint eure Freundschaft doch sowieso zu bestehen: Drogen, Alkohol, Autos vollkotzen und das Geld deines Daddys ausgeben, weil du irgendeine komplexe Vater-Sohn-Beziehung hast", fauchte Jim genervt, der es langsam wirklich leid war, den ganzen Abend den Idioten spielen zu müssen. Wenn das hier nicht nach seinen Regeln lief, dann sollte es lieber gar nicht laufen!
Sebastians Gesicht verdüsterte sich bei Jims letzten zwei Sätzen. „Hör auf von Sachen zu reden, die du nicht verstehst, Jim", sprach er nur und dass er nicht mehr zu Jims Tirade sagte, machte diesen nur noch rasender.
„Augustus Moran!", platzte er heraus. Sebastian riss die Augen auf und starrte ihn schockiert an, wollte etwas sagen, aber Jim redete schon weiter: „Der ist dein Vater, oder? Der Verteidigunsminister? Wirklich, Sebastian, du machst aus allem so ein Drama! Die ganze Zeit habe ich überlegt und dann ist das Ergebnis so langweilig!" Jim schüttelte den Kopf. Sebastian starrte ihn wortlos an.
„Wer hat es dir gesagt?", fragte er schließlich und Jim ließ einen genervten Seufzer hören: „Niemand! Niemand hat es mir gesagt. Gott, nicht jeder ist zu dumm, um die irischen Politiker mit Namen Moran durchzugehen!"
Dabei wusste Jim gar nicht, seit wann er es wusste. Vielleicht war es ihm bereits während des Kartenspielens eingefallen oder davor oder erst eben als Sebastian das Thema indirekt in diese Richtung gelenkt hatte. Jetzt, wo Jim das Rätsel gelöst hatte, war er nur enttäuscht. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber es war, als hätte er sich all die Mühen umsonst gemacht. Und letztendlich kam Sebastian ihm doch nicht mehr so interessant vor. Er fand ihn ungeheuer einfältig, wie er ihn so anstarrte; den Mund leicht geöffnet, als wäre seine Zunge plötzlich zu schwer für seinen Kiefer geworden.
Doch dann erholte Sebastian sich von seinem 'Schock' - er schüttelte einmal kurz benommen den Kopf und fuhr sich durch die blonden Haare, als suchte er irgendwo Halt. „Gut. Wenn das jetzt geklärt wäre, kommst du dann mit mir was Trinken? Du kannst ja Wasser bestellen."
Einem Moment war Jim zu verblüfft um zu antworten. Wie schaffte es dieser Junge nur, dass er seine Meinung über ihn in Sekundenschnelle neu überdenken musste? Wie kam es, dass Sebastian Jim verärgerte und im selben Moment darüber hinwegsah, sodass Jim den Spaß am Wütendsein verlor?
Jim schloss kurz die Augen und sammelte sich. Dann öffnete und verleierte er sie. „Meinetwegen. Du bezahlst."
Sebastian grinste und hielt einen dicken Bündel Geldscheine hoch, der bis eben noch zu dem Reichtum seines Kartenspielgegners gehört hatte. „Aber natürlich."
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„Jim?", fragte Sebastian gedehnt, der über seinem siebten Drink hing und dessen Gesicht langsam seltsam blass wurde. Jim kannte sich darin nicht so gut aus (obwohl Richard schon mehrmals betrunken nach Hause gekommen war, wenn ihre Eltern nicht da gewesen sind), aber er glaubte, dass Sebastian die Grenze zum angetrunkenen Zustand schon lange überschritten hatte.
„Was ist?", fragte Jim genervt. Die Nacht war weiter vorangeschritten und so auch seine Ungeduld. Er rührte bereits seit geschlagenen anderthalb Stunden in seinem Drink (ja, auch er hatte etwas mit Alkohol bestellt - vielleicht auch nur, um Sebastian etwas zu beweisen) und wartete darauf, dass Cat und Severin wieder aufschlugen und ihn nach Hause brachten bevor Sebastian komplett betrunken war und mit irgendwelchen seltsamen Sachen begann.
„Wieso bist du dieses Wochenende nicht nach Hause gefahren? Hast du auch Probleme mit deinen Eltern?", fragte Sebastian und seine Unterlippe zitterte, als würde er gleich los heulen. Stattdessen nahm er einen weiteren Schluck von seinem Getränk und winkte den Barkeeper heran, der ihm nachschenkte und Jim ansah, als wolle er sagen: Wenn der hier hinkotzt, dann wischst du es auf.
Jim überlegte einen Moment, ob er Sebastian antworten sollte, wo dessen Gehirn doch schon ziemlich benebelt war. Aber schließlich beschloss er, dass er sich seine Zeit auch anders vertreiben konnte, als, indem er sein Getränk weitere anderthalb Stunden umrührte anstatt es zu trinken.
„Ich habe nicht direkt Probleme mit ihnen", gab Jim zu und dafür, dass Sebastian bereits ein wenig nuschelte, hatte er einen erstaunlich klaren Blick, als er diesen aufmerksam auf den Dunkelhaarigen neben sich richtete. „Vermutlich haben sie wohl eher Probleme mit mir - sie sind manchmal einfach überfordert. Deshalb bin ich jetzt auch auf dem Internat."
Sebastian setzte erneut an und trank sein Glas in einem Zug leer. Er schüttelte sich kurz, orderte erneut Nachschub und sprach Jim dann wieder an: „Wieso sind sie überfordert?" Dann unterbrach er sich selbst und nickte wie um sich selbst zu bestätigen. „Antworte lieber nicht, ich kann es doch verstehen. Aber, warte... Ich kann es doch nicht verstehen. Ich meine, das sind doch deine Eltern? Haben die sich nicht an dein Verhalten... gewöhnt?"
Jim rümpfte die Nase. „Wieso sollte man sich an mein Verhalten gewöhnen müssen?"
Sebastian blickte ihn erschrocken an. „Naja, ähm", stammelte er, „du benimmst dich eben nicht wie andere Menschen. Du bist... ziemlich kompliziert."
„Ich sehe darin kein Problem."
„Ich ja auch nicht!", beeilte Sebastian sich zu sagen. Jim grinste - dieser Junge nahm immer alles so ernst. Und er schien sich ziemlich darum zu bemühen, dass Jim nichts Negatives von ihm dachte. Jims Grinsen wurde ein wenig breiter.
„Schon gut", sagte er, einfach, um irgendetwas zu sagen. Sebastian kippte den Inhalt seines Glases ein Mal mehr hinunter und gerade als er den Barkeeper (der leicht genervt von ihm schien) erneut heran wank, schüttelte Jim den Kopf und übergab dem Barkeeper das leere Glas. „He!", protestierte der Blonde.
„Du hattest schon genug, Sebastian."
„Nicht, dass du wieder meinen Wagen vollkotzt!", warf eine Stimme hinter ihnen ein und Jim ließ genervt seine Schultern nach vorn fallen.
„Cathal!", begrüßte Sebastian seinen Freund, der soeben aufgetaucht war und drehte sich so schnell auf seinem Barhocker, dass er beinahe umkippte. Geistesgegenwärtig packte Jim den Hocker am Leder und brachte ihn dadurch wieder ins Gleichgewicht. Der Schwung ließ Sebastian ein wenig in Richtung Jim rutschen, sodass der Oberschenkel des Blonden kurzzeitig Jims Hand berührte - blitzartig zog er sie zurück. Sebastian schien davon gar nichts mitbekommen zu haben: „Cathal! Cat! Cat!" Den letzten Teil zog er erneut lang, als würde er in Zeitlupe sprechen und dann brach er in Gelächter aus. Der Barkeeper warf ihnen einen finsteren Blick zu und Jim beschloss, dass er nun endlich nach Hause wollte. Oder besser ausgedrückt; in sein Zimmer.
„Oh, Gott. Der ist ja völlig besoffen", ächzte Cat, als Sebastian die Arme nach ihm ausstreckte und ihm entgegen fiel und der große Junge seinen Freund auffangen musste. „Wieso hast du nicht besser aufgepasst?"
Jim hob die Schultern und griff zum ersten Mal an diesem Abend nach seinem Glas, um an dessen Rand zu nippen. Er musste sich Mühe geben bei dem bitteren Geschmack nicht das Gesicht zu verziehen und setzte es sofort wieder ab. „Widerlich."
Jetzt schien der Barkeeper endgültig genug zu haben. „Würdet ihr bitte euren Freund hier rausschaffen, bevor er den Inhalt seines Magens hier verteilt?"
Jim spitzte die Lippen und sah zu Sebastian, der sich nun, ein wenig schwankend, neben Cat gestellt hatte und über etwas lachte, das Jim nicht bestimmen konnte.
„Komm schon, Seb", murmelte Cat und legte sich den Arm des Blonden um die Schulter. Dabei warf er Jim einen so bösen Blick zu, als wäre er daran Schuld, dass Sebastian nicht mehr klar denken konnte.
Verstimmt legte er das Geld auf den Tresen und lief ohne ein weiteres Wort nach draußen - Cat und Sebastian folgten ihm langsam, einer von ihnen vor sich hin glucksend.
Draußen wartete bereits Severin und nahm sofort den anderen Arm seines Zwillings als er sah, in welchem Zustand er sich befand. „Was hast du denn mit dem gemacht, Jim?", fragte er halb scherzhaft, halb ernsthaft.
Jim war gereizt - wieso gaben alle ihm die Schuld - wenn Sebastian keine Verantwortung für sich selbst tragen konnte, war das doch nicht sein Problem. „Woher soll ich denn wissen, wie viel er verträgt?", fauchte Jim genervt und sowohl Cat als auch Severin warfen ihm einen befremdlichen Blick zu. „Können wir jetzt einfach zurückfahren - ich bin müde." Das stimmte nicht ganz, aber vielleicht würden die Zwei dann eher einlenken. Da Sebastian jedoch sowieso halb bewusstlos zwischen ihnen hing, ging er davon aus, dass sie keine Einwände hätten.
„Ja, das merkt man", entgegnete Cat bezüglich Jims Aussage spöttisch und griff um Sebastians Hüfte, um diesen besser stützen zu können. „Wenn du mir dieses Riesenbaby hier kurz einmal abnehmen könntest, dann könnte ich auch die Autoschlüssel hervorholen - wir stehen gleich da drüben." Er deutete mit einem Nicken nach rechts und Jim sah den heruntergekommenen Van fünf Meter weiter unter einer Laterne stehen. „Also übernimmst du?"
Jim wich einen Schritt zurück. „Nein?", sagte er, auch wenn es eher wie eine Frage klang. „Kannst du nicht einfach in deine Tasche greifen und den Schlüssel nehmen? Du hast doch die linke Hand noch frei."
„Meinst du etwa die, die an dem Arm ist, den Sebastian gerade umklammert hält?", entgegnete Cat gereizt und hielt zum Beweis seinen linken Arm in die Luft, wodurch auch Sebastian unweigerlich seine Hand in die Luft streckte, weil er seine Finger aus irgendeinem Grund um Cats Ellenbogen geschlossen hatte.
„Warte, vielleicht kann ich nach den Schlüsseln greifen!", sagte Severin und streckte sogleich eine Hand aus, aber Cat schubste Sebastian gegen ihn, als wäre der sein Schutzschild.
„Nein, ich will nicht, dass du mir in die Hose grabschst!" Sogar in der Dunkelheit konnte Jim sehen, wie Severin rot wurde und die Hand langsam wieder sinken ließ.
„Kann nicht einer von euch beiden Genies Sebastian kurz loslassen? Er schafft es sicher auch allein für zwei Sekunden zu stehen", warf Jim ein.
„Er liegt gerade quasi auf mir", zischte Cat. „Und wenn Severin loslässt, dann kippt er wahrscheinlich um und reißt uns Beide zu Boden. Abgesehen davon, dass Severin dann immer noch in meine Hosentasche greifen müsste und das will ich nicht."
„Du bist so eine Memme", sagte Jim, obwohl er vermutlich genauso gehandelt hätte. „Ich kann dir auch die Schlüssel rausgeben."
„Igitt!", machte Cat und schüttelte sich. „Bei dir will ich schon gar nicht, dass du in meine Hose greifst!" Das wollte Jim auch nicht.
Entnervt warf er die Arme nach oben. „Na schön! Dann geh beiseite und ich nehme dir Sebastian kurz ab, aber beeil dich, bevor er mir ins Haar sabbert!"
„Deine Sorge um ihn ist wirklich rührend", befand Cat, als er sich bereitmachte, den Platz mit Jim zu tauschen.
„Halt's Maul!", knurrte der.
„Seid... schön lieb, Kinder", murmelte Sebastian und kicherte. Jim stöhnte genervt. Dann überwand er seine eigenen Grenzen und griff Sebastian unsanft unter den Arm (wobei der wieder lachte), bevor Cat ihm Sebastians restliches Gewicht auf die schmalen Schultern legte und dann schnell einige Schritte zurücktrat.
Jim ächzte als Sebastian sich nun mit vollem Gewicht auf ihn stützte. „Mach schnell, der Typ wiegt 'ne Tonne!"
Er versuchte Sebastian ein wenig mehr in Richtung Severin zu schieben, aber da legte Sebastian einfach seinen Arm um Jims Hals und ließ sich noch schwerer auf ihn sinken. Jim verspannte sich und verfluchte sich, dass er sich auf so etwas eingelassen hatte. Auf diesen ganzen Abend - er könnte gerade so viel Wichtigeres unternehmen. Oder schlafen. Er könnte schlafen - so langsam merkte er doch, wie die Müdigkeit am Rande seines Verstandes um seine Aufmerksamkeit buhlte, aber fürs Erste ignorierte er sie.
„Okay, bringt ihn ins Auto", befahl Cat und lief los, die Schlüssel in seiner Hand klimperten.
„Nimm du ihn!", presste Jim zwischen zusammen gebissenen Zähne hervor und versuchte nicht darauf zu achten, dass Sebastian andauernd versuchte, an seinen Haaren zu riechen. Dann piekste ihm der Blonde in die Wange und Jim fuhr mit dem Kopf vor ihm zurück. „Lass das!"
Sebastian gluckste. „Du bist so blass, Jim. Bist du ein Vampir?"
Jim knirschte mit den Zähnen. Wenn das hier vorbei war, würde er sich für den Rest des Wochenendes bei niemandem blicken lassen. Und wenn er dafür einen Vorhang vor sein Bett hängen musste, damit Sebastian ihn nicht nerven konnte.
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Heeey! Überraschung! Noch ein Kapitel. Damit ich euch schön nerven kann :)
Endlich weiß Jim, wer Sebastians Vater ist. Jetzt stellt sich nur die Frage, wieso Sebby etwas gegen ihn hat. Und, ob Jim sich überhaupt weiter für Sebastian interessiert, jetzt, wo er sein "Geheimnis" kennt (nah, ich denke, wir alle kennen die Antwort).
Ich muss ja sagen, dass ist eines meiner Lieblingskapitel - vor allem zum Ende hin 😝
Wie hat es euch gefallen? Denkt ihr, Jim wird sich je ändern?
Achja, und ich wünsche euch einen schönen Nikolaus! Wie war euer Tag? Habt ihr etwas geschenkt bekommen? :)
Wir sehen uns hoffentlich in den Kommentaren. :*
LG
TatzeTintenklecks
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