Seventy-four
Seventy-four:
Jetzt – nach all den Jahren – konnte ich nachvollziehen, wie es war, wenn einem das eigene Leben am inneren Auge vorbeizieht.
Nur war bei mir der Unterschied, dass es bisher nicht viel gab, woran ich mich erinnern konnte. Das einzige, was actionreich war, war, als mich die Mädchen in meiner Grundschule hatten verprügeln wollen.
Langsam – und unter dem Knacken der Knochen meines Rückens – richtete ich mich auf und sah eine Person auf mich zuschreiten.
>Wo sind die anderen, wenn man sie braucht?
<Auf Ibiza und Urlaub machen.
>Du bist echt gemein, weißt du das? Denn das ist keine Hilfe!
Und die sagten, man war immer für einen da. Ich würde nie wieder Menschen vertrauen, die ich erst fünf Tage kannte!
Ich wollte aufstehen. Doch das wurde mir abgenommen. Diese Person zog mich an meinen Haaren höher, womit ich aufschrie. Das nicht einmal Passanten uns ansahen.
Wo war Aaron?!
Ich umfasste die Hände, wollte mich verteidigen, doch die Hände verschwanden ruckartig, ehe sie meinen Hals umfassten, zudrückte und nach oben zogen, mich hochhoben, ohne das meine Füße überhaupt noch den Boden berühren konnten. Mir wurde die Luft so natürlich abgeschnürt, während ich wie eine Irre vor der Person herumzappelte.
„Bitte...nicht...", krächzte ich und spürte, wie mein Hirn langsam unter Sauerstoffmangel doch zu sehr zu leiden begann. Schwarze Punkte fingen an, an den Rändern meines Blickfeldes zu tanzen. Doch gleich darauf hörte man ein Fauchen.
„Finger weg!"
Dann sah ich einen schwarzen Schatten, der an mir vorbeisprang und wurde ruckartig losgelassen, sodass ich zurück in das Gemisch aus Schnee und Dreck fiel.
Man hört die Person aufschreien. Es war definitiv eine weibliche Person. Doch dann sah man, wie mein eigener Kater an mir vorbeiflog und gegen den Zaun krachte, nur, um dort liegenzubleiben.
„Krappie!", keuchte und röchelte ich, versuchte, aufzustehen.
Klappte nicht. Desegen krabbelte ich los, zu ihm. Als erste hob ich ihn vorsichtig in meine Arme, sah hektisch zur Person, die sich ihre Hand an den Hals presste und die mir den Rücken zugewandt hatte. Und als nächstes stellte ich fest, dass der Kater – Gott sei Dank – noch atmete.
Mein Blick fiel wieder auf die Person vor mir. Auch nur, weil ich hörte, wie sie sich aufrichtete. Diese Maske war anscheinend durch mein Haustier abgefallen. Denn vor mir stand eine Frau mit hochgewachsenen Wangenknochen und blasser Haut, außerdem einer fast schon zu perfekt geraden Nase. Ihre braunen Augen sahen mich hasserfüllter denn je an, womit mir Tränen in die Augen traten und mein ganzer Körper zu kribbeln und jucken begann. Oh, und der fette Kratzer von der Pfote meines Katers zog sich von ihrer linken Wangenhälfte hinunter bis zum Dekolleté.
<Grandiose Arbeit geleistet, Kätzchen.
„Ein Schlammblut wie du hat es nicht verdient, zu leben!", sagte sie gerade lautgenug, damit es bei mir ankam.
Ich sah mich mit verschwimmendem Blick kurz im Garten um. Aaron schien...benebelt? Unter Medikamenten?
Er schüttelte jedenfalls den Kopf, immer und immer wieder. Oh, und er versuchte, sich aufzurichten, doch anscheinend knickte er auch hierbei wie ich am Anfang immer wieder ein.
Sollte das bei mir etwa auch so sein?
Wenn ja...war dann etwas mit mir nicht in Ordnung?
„Was hab ich Ihnen nur getan?!", schluchzte ich als sie vor mir zum Stehen kam.
„Das fragst du auch noch!", lachte sie hysterisch, ihren Stab auf mich gerichtet. „Wegen dir ist er tot! Du hättest es trinken sollen! Nicht er!", schrie sie mich an.
>Was?
„Wegen dir hab ich meine beste Freundin umbringen müssen.", ich versuchte, die Tränen wegzublinzeln. „Schon mal daran gedacht, was es für ein Aufwand ist, alles monatelang zu inszenieren, damit man dich genau jetzt hier hat, wo man dich braucht? Du hättest dieses verdammte Gift einfach schlucken sollen wie eine richtige Frau.", ich presste die Lippen zusammen."
„Haben Sie geglaubt, ich hätte das gewollt?", rief ich panisch.
>Kommt schon, Nachbarn. Ruft die Polizei!
„Du weißt doch noch nicht einmal, wer er überhaupt war!", die Tränen wurden stärker. „Er war alles, nur kein Unschuldsengel, so wie du ihn darstellst.", meinte sie kühl. „Du bist ohne ihn besser dran." sagte sie noch einmal vollkommen gefühlskalt.
„Bitte, Sie müssen das nicht tun.", flehte ich, sah zu meinem Kater hinab.
„Doch.", ich kniff die Augen zusammen als ich Aaron keuchen hörte. „Sonst stirbt er."
„Bitte...", schluchzte ich kopfschüttelnd.
Ich wollte zu Aaron schauen. Doch ich sah nicht Aaron. Sondern jemand anderen. Wahrscheinlich einmal mehr jemand Toten.
Dieser legte mir seine Hand aufs Knie. „Es ist schnell vorbei, Isabella.", sagte sie. „Ich verspreche es dir."
Ich blinzelte. „Ich mag nicht sterben."
Ihre Lippen bildeten sich zu einem leichten Lächeln. „Darin besteht der Sinn des Lebens, Bella. Wir werden geboren und wir werden sterben."
„Avada-", ich kniff die Augen nun fest zusammen, kuschelte mich an Krappie, der zusammenzuckte.
„Stup-", mehr hörte ich nicht, da noch jemand anderes Aaron ins Wort fiel und ich einen riesigen Knall direkt neben meinem Ohr hörte, ehe der Schatten vor meinen geschlossenen Lidern verschwand und man hörte, wie Holz zersplitterte.
Blinzelnd, weinend, öffnete ich die Augen, sah direkt auf die Stelle, an der eben noch diese Frau gestanden hatte.
Doch da stand jemand anderes. Mal wieder.
„Lils meinte nur, das wir irgendwann sterben.", zwinkerte er. „Nur du nicht hörte, Püppchen."
Ich weinte, ehe plötzlich jemand direkt durch den Mann vor mir lief und er verschwand, womit ich aufschrie und nach hinten stolperte, mir schön den Kopf am Gartentisch stieß. Au.
„Nicht!", hob ich schwach eine Hand als sich jemand vor mich hinkniete.
„Belle, was redest du da?", drückte die Person meine Hand hinunter. „Ich tue dir nichts. Niemals würde ich das wagen.", vorsichtig umfasste die Person meine Hand. „Ich tu dir nichts.", ich sah in graue Augen. „Wirklich nichts.", meine Sicht verschwamm wieder.
„Alles in Ordnung? Irgendjemand tot oder verletzt?", resigniert sah der Braunschopf die Frau mit orangefarbenem Haar an. „Entschuldigung.", nuschelte sie hinterher, während ich zu Aaron sah, der den Kopf in den Nacken gelegt hatte.
„Ich hasse Flüche.", nuschelte er hinter der Erbsenpackung hervor.
„Marvin ist mit Cassandra bei sich, Amany ist gerade hinterher.", seufzte Cornelius und schwang den Stab, während sich alles auch im Wohnzimmer wieder zusammensetzte. „Das war geplant."
„Es hat jemand im letzten Moment einen Rückzieher gemacht und geplaudert.", seufzte die Frau. „Daher wussten wir auch so schnell bescheid."
„Und Verstärkung wäre zu viel gewesen, oder wie?"
„Ja.", sagte der Mann.
„Wo ist Fred?", fragte Cornelius und sah in den Flur. „Ja, das sieht ihm ähnlich.", meinte er daraufhin resigniert. „Der gute hat die Treppe weggesprengt."
„Fred, geht's dir gut?!", schrie der Mann die Treppe hinauf.
„Man, ich bin beschäftigt, Lupin!", brüllte Fred. „Hier verblutet nämlich gleich ein Idiot."
„Ah...", machte Aaron. „Und der Idiot bist du?"
Nur vier Sekunden später kam die Nachricht bei mir an und ich wollte losrennen. Doch stattdessen rollte ich vom Sessel und erst mal direkt gegen den nun nicht mehr zerbrochenen Couchtisch, wo ich mir die Nase heftig anstieß.
Zwei Stunden später:
Ich saß mit Fred und Marvin in einem Zaubererkrankenhaus und wartete darauf, dass endlich jemand kam – vorzugsweise vielleicht mal meine Mom, die ich seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte – und sagte, wie es um meinen kleinen Bruder stand. Er hatte sich vor Mom geworfen als ein Fluch sie beinahe erwischt hätte. Und der dazugehörige „Todesser" war auch noch entkommen.
Nach einer weiteren halben Stunde, die ich angefangen hatte, herumzutigern, kam eine Frau mit blaufarbenem Trank zu mir. Wahrscheinlich nochmal eine Untersuchung oder ein Beruhigungstrank.
„Miss Cambell?", fragte sie und ich nickte, hörte auf, herumzulaufen. „Das ist ein Erinnerungstrank.", ich runzelte die Stirn als ich das Glas entgegennahm. „Wir wurden durch Mr. Weasley über Ihren Unfall informiert und hatten vor einigen Stunden einen ähnlichen Vorfall hier bei uns, weswegen wir noch etwas übrighaben."
>Will ich eigentlich mein altes Leben zurück?
<Naja, vielleicht war es ja nicht so toll, wie du es mir ausmalst?
>Stimmt. Vielleicht hatte es einen sehr guten Grund gegeben, mir alles zu verheimlichen.
Dennoch trank ich den Trank einfach schulterzuckend in einem Zug leer. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich würde nie erfahren, wie mein altes Leben war, wenn ich mich nicht erinnern tat.
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Endlich kriegt sie ihr Gedächtnis wieder :)
Langsam müsste ich mich echt mit Protagonisten auskennen, die keinerlei Ahnung haben, wer sie sind xD
Ich glaube, vier meiner bisher selbsterschaffenen Protagonisten hatten bereits schon Amnesie xD
Doch kann es wie Früher weitergehen?
Was meint ihr dazu?
überarbeitetes Kapitel: 07.05.2017 22:06 Uhr
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