[3]
Sie öffnete die Tür zu ihrem Elternhaus. Es war Besuchswochenende und sie durfte vom Internat zu ihren Eltern. Ihre Jacke und ihre Schuhe legte sie in den Flur und lief dann in Richtung Wohnzimmer. Mit einem knarren schob sie die Tür auf und stockte. Blut. Überall. Die Polster der Möbel waren Blut verschmiert und Handabrücke aus Blut waren zu sehen. Auf dem Boden formte das Blut ein Schuhprofil. Geschockt folgte sie der Spur und scgaffte es nicht ihren Blick von den blutigen Schuhabdrücken zu lösen. Sie führten gradewegs zum Schlafzimmer ihrer Eltern. Voller Angst was sie erwartet drückte sie langsam die Klinke runter und schob die Tür auf. Kalte Dunkelheit empfing sie und sie tastete an der Wand nach dem Lichtschalter. Als sie etwas kaltes, nasses an ihren Fungern spührte hielt sie den Atem an. Sie betätigte den Schalter und dämmriges Licht erfüllte den Raum. Vater hat die Lampe wohl noch immer nicht ausgetauscht. Sie starrte auf ihre Blut verschmierten Hände. An den Wänden waren Blutspritzer und am Lichtschalter klebte schon eine kleine Kruste. Immernoch starrte sie ihre Hände an in der Erwartung, dass sich alles ändern würde. Dass das alles nur ein Traum sei und sie gleich erwachen würde. Doch das war es nicht.
Ein leises Tropfen holte sie zurück in die Realität. Das Tropfen von Blut welches von der Hand ihrer Mutter auf den Boden fiel. Langsam hob sie den Kopf, löste ihren entsetzten Blick von ihren Händen und sah in die Mitte des Raumes. Auf dem Bett, das mit einst weißem Laken bezogen war, lagen ihre Eltern. Reglos. Mit vor Angst geweiteten Augen. Ein Schrei war zu hören. Ihr Schrei. Aus der Starre gelöst stürzte sie auf ihre Eltern zu und fühlte ihren Puls. Nichts. Sie öffnete ihren Mund doch kein weiterer Schrei wollte ihrer Kehle entweichen. Sie hockte neben dem Bett. Sie wollte und konnte es nicht glauben. Wollte nicht wahrhaben wie es war und konnte der Tatsache nicht ins Auge sehen. Der Boden der Tatsachen ist hart, hatte man ihr gesagt doch niemand hatte es ihr erklärt. Niemand hatte es je für nötig gehalten sie einzuweihen. Immer wurde sie abgeschirmt vor Trauer, Wut und Hass. Nie konnte sie Erfahrungen machen. Und nun saß sie neben ihren toten Eltern auf dem Boden. Leise Tränen fielen ihr Gesicht hinab und verwischten das getrocknete Blut an ihren Händen. Auch ihre Kleidung war von Blut getränkt und ein metallischer Geruch erfüllte den Raum. Langsam aber sicher sickerte das Geschehene zu ihr durch. Es rüttelte sie wach und nur schwer stand sie auf. Zitternd ging sie aus dem Zimmer und lief zurück ins Wohnzimmer. Auf dem kleinen Beistelltisch stand ein Telefon. Zögernd nahm sie es in die Hand. Vorsichtig, als würde eine falsche Bewegung sie töten, wählte sie. Auch die Tasten des Telefons waren nun mit Blut verschmiert und es rutschte ihr aus der Hand. Der laute Aufprall lies sie zusammen zucken. Wie in Zeitlupe streckte sie ihre Hand danach aus und hielt es sich ans Ohr. Ein schnelles und wortkarges Gespräch später stellte sie das Telefon zurück auf den Tisch und schlich wieder in das Zimmer ihrer Eltern. Erneut hockte sie neben dem Bett ihrer Eltern. Ihre zitternden Händ klammerten sich an die ihrer Mutter. Sie weinte ohne einen einzigen Laut von sich zu geben. Lautlos.
Wie durch einen dicken Schleier vernam sie das Klingeln der Tür doch sie reagierte nicht. Sie reagierte genauso wenig wie als die Tür zum Schlafzimmer aufgestoßen wurde und Rettungskräfte hinein stürmten. Sie sahen das Mädchen. Sie sahen sie mit ihren blutverschmierten Händen weinend auf dem Boden hocken. Einer der Rettungskräfte lief auf sie zu und kniete sich neben sie. Er sprach sie an doch von ihr kam keine Reaktion. ,,Schuldig."
Das Mädchen wurde von hinten gepackt und ihre Arme wurden ihr auf den Rücken gedrückt. Immernoch zeigte sie keine Reaktion. Langsam stand sie auf und folgte den Beamten aus dem Haus. In ihrem Blick lag nichts als leere. Sie stieg in das Auto und wurde angeschnallt. Bewegungslos starrte sie nach vorne. Nichts von dem, was um sie herum geschah, bekam sie mit. Versunken in ihrer Welt aus Trauer. Gedanken schwirrten in ihrem Kopf. Es brachte sie zum Verzweifeln.
Warum sie? Warum nicht wer anders? Warum ich? Was habe ich getan? Was haben sie getan? Sie waren nette und hilfsbereite Menschen. Sie hatten es nicht verdient. Warum?!?
Sie wurde abgeschnallt und aus dem Wagen gezerrt doch das bekam sie nicht mit. Sie hing in ihren Gedaken. Kam nicht los von ihnen. Sie wurde in ein Zimmer gebracht und setzte sich auf das Bett. Die Tür schloss sich und ein Schlüssel wurde umgedreht. Reglos saß sie auf dem Bett und starrte in die Leere.
~Zeitsprung~
,,Mrs. Smirnova?" Sie hob den Kopf. Ihr undurchdringbarer Blick bohrte sich in den ihres Gegenüber. ,,Wie geht es Ihnen?" Die Stimme des Wärters kalt wie ihr Blick. Kein Antwort. Stille. ,,Warum? Warum haben sie das getan?" Die ahnungslose Frage brannte sich in ihr Gedächtnis. Sie war es nicht. Wollte sich währen, sich verteidigen, sich beschützen. Unfähig schwieg sie. So lange bis er aufgab. Sie allein ließ und die Tür schloss.
Es klopfte an der Tür. Stille. ,,Luna?" Schweigen. ,,Hör zu. Ich weiß das du es nicht warst. Bitte vertrau du mir." Die Klinke drückte sich nach unten, die Tür öffnete sich. Leer. Ein geschockes Gesicht. Das Klirren des Tablets auf dem Boden. Nix. Schimmernde Glasscherben auf dem Boden. Das Fenster zerbrochen. Leere. Angst, Furcht vor dem Ungewissen. Was wird geschehen, was nicht?
Ein Schatten, ein Schrei. Stille. Erneutes klirren und ein Fenster brach. Die Scherben spiegelten das Licht der Mondes und der Sterne. Nacht. Dunkelheit. Blut floss auf dem Boden. Legte eine Fährte eine Spur zu ihm. Auf seinem Mund tropfte Blut und seine Augen waren weit aufgerissen. Furcht. Aber vor was? Vor dem, was sich durch das Fenster einen Weg nach draußen gebrochen hat? Sich von den Scherben schneiden lassen hat? Vor ihr?
Der Tod? Ohne Bedeutung. Für sie.
Die Morde? Eine Genugtuung. Für sie.
Das Blut? Leben. Für sie.
Das Leben? Nichts. Für sie.
Das Messer in ihrer Hand näherte sich der Stelle seines Herzen. Das Kind schrie. Raue Worte des Abschieds entflogen dem Mund des Mannes. Dann riss das Messer ein Loch in sein Herz.
Angst.
Schmerz.
Tod.
Tränen.
Schmerz.
Ende
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro