Eilig lief das junge Mädchen durch den Wald, rieb sich über die fröstelnden Arme, die längst eine Gänsehaut der Kälte wegen gebildet hatten. Angst spielte sicherlich ebenso eine kleine, tragende Rolle, rankten sich doch um dieses Waldstück einige Schauergeschichten. Besonders eine hatte sich tief in ihr Kopf eingebrannt. Das Schauermärchen der Baba Jaga. Eine alte Hexe, die tief im Wald in einer auf zwei Hühnerbeinen stehenden Hütte lebt.

Gruselig. Bei weitem aber nicht das Schlimmste, was man über die Alte sagte. Viele waren der Meinung sie fräße nicht nur kleine Kinder, sondern jeden, den sie in ihre langen, dürren Finger bekam. Hänsel und Gretel schienen dagegen harmlos und sie wusste genau, dass einige Dorfbewohner die alte Baba Jaga bereits gehört hatten. Ihre hinterlistige und kalte Lache. Ihr bösartiges Kichern, wenn sie mit ihrem dreckigen Fingern nach den Gesichtern griff, nach den rosigen Wangen.

Das Mädchen schüttelte sich und verzog das Gesicht. Sie sollte sich weniger Gedanken machen, lieber rasch ihren Weg fortsetzen und diesen verdammten Wald hinter sich lassen.

„Komm schon, Amelie. Hexen gibt es nicht. Schon gar keine, die Menschen frisst und auf den Namen Baba Jaga hört", tadelte sich das Mädchen lautstark selbst, während sie die Hände tief in die Jackentatschen vergrub und heftig unter einem knackenden Ast zusammenzuckte.

Ein eisiger Wind kam aus dem Nichts, wirbelte ihr feines Haar auf, ließ sie frösteln und erzittern. Tief atmete sie ein, versuchte sich zu beruhigen, während ein kreischender Rabe über ihren Kopf hinwegflog und ihr das Gefühl gab, nicht alleine zu sein.

Alles Unbehagen half nicht, sie musste weiter. Nochmals atmete sie tief durch, setzte mutig einen Fuß vor den anderen, während sie sich immer wieder nervös umsah. Kein Mensch, keine Seele, nur der Wald, Wind und die Krähe. Nicht eine Spur der Baba Jaga, die leise kichernd, dicht gefolgt von einem Raben auf ihrem Besen durch die Lüfte flog.