Vorstellungsgespräche und Eulenkekse
Draco blickte neugierig auf Ceres, die sehr untypisch am frühen Morgen auf Severus Frühstückstisch landete. Draco hatte sich zu Severus eingeladen, um aus seinen Zimmern herauszukommen und den anderen von seinem gestrigen Vorstellungsgespräch zu erzählen. "Ceres!", mahnte der dunkle Zauberer auch sofort und dennoch schwankte eher eine Sorge in seiner Stimme mit als Unmut. Die Eulendame schien es jedoch nicht sonderlich zu interessieren, denn sie streckte ihren Körper und streckte Severus demonstrativ ihre Brust hin, um die ein Brief hing. Sanft nahm Severus ihr diesen ab, damit die Eulendame vom Tisch verschwinden musste und nicht weiter im Augenwinkel auf Severus Speck schielte.
"Wer schreibt dir so früh und dann auch noch mit Ceres?", fragte Draco und schielte wohl genauso neugierig auf den Brief, wie Ceres nun auf das Ei, das mehr in ihrer Reichweite war als der Speck. Doch ganz entgegen Dracos Neugier antwortete Severus nicht sofort, sondern legte den beiseite.
"Harry schreibt mir. Es ist seine Antwort auf meine Einladung", erklärte der dunkle Zauberer dann doch und Draco spürte, wie seine Augen größer wurden. Severus hatte Harry noch einmal eingeladen? Und bekam so früh am Morgen sogar eine Antwort? Das restliche Frühstück zog sich. Severus schwieg beharrlich über den Brief und seine Einladung, ganz gleich wie sehr Draco nachhakte. Ceres hatte sich genauso schmollend - sie war von Severus dann doch noch vom Tisch gescheucht worden, bevor sie etwas vom Ei ergattern konnte - auf der Stange niedergelassen, die Severus extra für die beiden Eulen in der Ecke des Esszimmers aufgehängt hatte, wie Draco sich fühlte. Er und die Eulendame mussten nur einen Blick wechseln und wussten, sie fühlten sich gerade ähnlich hintergangen.
"Der Tisch ist abgeräumt", bemerkte Draco überflüssigerweise, um Severus eindeutig seinen Unmut darüber kundzutun, so lange gewartet haben zu müssen. Der ehemalige Tränkelehrer seufzte, dann hob er jedoch den Brief auf und deutete Draco ihm ins Wohnzimmer zu folgen. Überrascht starrte Draco auf den Strauß Blumen, der noch immer auf dem Wohnzimmertisch in einer Vase stand. Es war ganz eindeutig der, den Harry Severus geschenkt hatte. Sie hatten nicht mal Anzeichen vom Welken und Draco wusste sofort, dass Severus die Blumen unter einen Zauber genommen hatte. Harry war dem dunklen Mann also deutlich wichtiger, als Draco angenommen hatte. Die Blumensprache, was auch immer Harry gesagt hatte, war Severus so wichtig, dass er diese Nachricht aufhob. Urplötzlich fragte sich Draco, ob er die Blumen auch unter Stasis gesetzt hätte. War ihm Harry genauso wichtig? Wäre ihm eine stille Nachricht von Harry genauso wichtig gewesen, wäre er an Severus' Stelle gewesen? Sein Herz klopfte, als er sich auf dem Sofa niederließ und Severus beobachtete, wie dieser einen Brieföffner aus dem Regal zog.
Das leichte Kratzen des Papiers jagte eine Gänsehaut über Dracos Arme, als Severus den Klebestreifen sanft löste. Er spürte, wie angespannt er war. So wie kurz vor dem Flug, bevor Harry ihn aufgelockert hatte, bevor er ihn vergessen ließ, dass Draco Angst vor der Höhe entwickelt hatte. "Ich habe Harry gefragt, ob er mit mir Brauen möchte", erklärte Severus und zog die Antwort von Harry heraus. Von dieser Neuigkeit überrascht wich die Anspannung von Dracos Körper und er lehnte sich zurück. "Brauen?", fragte er und Severus nickte stumm. "Du hast ihn zum Brauen eingeladen?", wiederholte Draco nochmal. irgendwie konnte er es nicht so ganz glauben, dass Severus mit jemand anderem zusammen brauen wollte. Der ehemalige Tränkelehrer ließ sich ja nicht mal dazu überreden, zusammen mit Draco zu brauen, wieso lud er also Harry dazu ein?
"Du erinnerst dich an unsere Magietheorien?", begann Severus und legte den Umschlag beiseite. "Dass er Angst haben könnte? Oder, dass er sie nicht mehr unter Kontrolle hat? Du hast mit dem Fliegen bewiesen, dass er noch Magie besitzt. Ihr seid geflogen und er hatte nichts dagegen, aber fliegen ist etwas, bei dem der Besen bestimmt. Ein guter Flieger, braucht eine gute Bindung zu seinem Besen, das hat aber nichts mit der Menge der Magie zu tun, die man besitzt." Draco bewunderte Severus dafür, solche Dinge zu wissen, doch er verkniff sich die Frage, woher der ältere Zauberer das nun wieder wusste. Severus zog sich langsam zurück und lehnte sich an, während er Harrys Antwort auseinander faltete.
"Beim Brauen jedoch ist das anders. Der Magier gibt Magie in den Trank ab. Beim Umrühren mit dem Zauberstab zum Beispiel oder der Bestimmung über die Flamme mit der Magie. Auch eine magische Verarbeitung der Zutaten führt dazu, dass man Magie aktiv benutzt, nicht zu vergessen das aktive Binden des Trankes mit einem Spruch. Einige schlechte Tränkebrauer sind nur Zauberer oder Hexen, die keine angeborenen inneren Instinkt dafür haben, wie viel Magie sie für einen Trank benutzen müssen." Draco schluckte, als ihm klar war, was Severus ihm offenbarte. Das waren Geheimnisse der Tränkebrauer, Teile des Wissens, dass man erst beim tieferen Eintauchen über Zaubertränke erfährt. "Warum lernt man das nicht in der Schule?", fragte er leise.
"Ich weiß, was du denkst, einigen Schülern würde es gut tun, das zu wissen und ihre Magie dementsprechend feinfühliger zu erlernen, aber dafür ist in der Schule zum einen keine Zeit, zum anderen ist das Wissen, das gefährlich werden kann." Draco würde Severus eigentlich nie aufhalten, näher auf diese Thematik einzugehen, doch nach dem dritten Mal, in dem es Draco nicht so ganz verstand, gab er auf. Er hatte jedoch begriffen, dass es schwer war bewusst zu erlernen und dass man einiges an Schaden anrichten konnte, wenn man etwas anderes als Tränke mit dieser Instinksmagie, wie Draco für sich beschloss sie zu nennen, begegnete. "Du möchtest also wissen, ob Harry diese Magie noch beherrscht?", fragte Draco also und Severus nickte.
"Die Frage ist damit auch, ob Harry Magie noch beherrscht. Ist sie unkontrolliert, würde der Trank, den ich mit ihm brauen möchte, misslingen, selbst wenn er die Zutaten richtig zubereitet und umrührt. Bei dem anderen müssen Zauber gewirkt werden." Severus wandte nun den Blick von Draco ab und blickte jetzt zum ersten mal auf die Zeilen von Harry, obwohl er den Brief bestimmt schon über eine halbe Stunde offen in der Hand hielt. Dem Hellhaarigen schwirrte der Kopf. Severus' Informationen und Idee waren ihm etwas zu viel, sie schwappten in seinem Kopf umher und eröffneten neue Möglichkeiten. Neue Ideen. Er schob seine Gedanken beiseite, als der dunkle Magier rau auflachte und das Papier in seiner Hand sinken ließ.
Severus lachte. Draco blinzelte. Starrte auf das Schauspiel vor sich, welches ihm schon fast zu kurz vorkam. Der Zauberer vor ihm sollte öfter Lachen, öfter ungezwungen sein, so wie in dem Augenblick, bevor er sich räusperte und mit einem lächelnden Augenwinkel zu Draco herüber blickte. "Harry beschwert sich über Eulenkekse!" "Was?" "Harry nimmt nur meine Einladung an, wenn ich verspreche, keine Eule mehr zu schicken oder einen Sack Eulenkekse." "Er nimmt die Einladung an?!" Dracos Stimme überschlug sich, er hatte nicht erwartet, dass Harry dem zustimmte. Ihn hatte es doch schon völlig aus der Bahn geworfen, als er dem Fliegen zugesagt hatte, doch dem Brauen?
"Wow...", sagte er ruhiger. "Wir scheinen wohl alles richtig zu machen." Es war eine ruhige Erkenntnis, eine, die in Dracos Brust etwas regen ließ, das er nicht so erwartet hatte. Harry begann sich ihnen anzunähern. Mit ihnen zu schäkern, wie die Eulenkekse - und Severus Lachen - bewiesen. Der zurückgezogene junge Mann vertraute seine Zeit ausgerechnet ihnen beiden an. Unterschwellig spürte Draco einen leichten Schmerz, als ihm klar wurde, dass Harry seine Zeit mit ihnen beiden lieber verbrachte als mit Ron oder Hermine, seinen eigentlich besten Freunden, die krank vor Sorge um ihn waren. Sorge, die er hautnah miterlebt hatte, als er sich vor seinem Vorstellungsgespräch mit der Muggelstämmigen kurz getroffen hatte, um sich über solche Vorstellungsgespräche zu informieren. Vielleicht gab es Dinge, die er auf keinen Fall zu einem Muggel sagen sollte.
Er hatte nichts über sein Treffen mit Harry erzählt und auch nichts über Severus' Treffen mit ihm. Natürlich hatte sich Hermine gefragt, wieso Draco wissen wollte, wie er Bus fuhr, doch auch hier hatte er andere Gründe vorschieben können. Bei keinem Treffen hatte sie nicht darüber geklagt, dass Harry sich einmummelte, doch bei der Hartnäckigkeit, die Hermine an den Tag gelegt hatte, hatte Draco ihr geraten, Harry doch ein bisschen Zeit der Erholung vom miserablem Fest zu gönnen. Es war auch Dracos Einladung gewesen, die Hermine dazu berufen hatte sich in der nächsten Zeit etwas mehr zurück zu halten, da sie scheinbar wirklich erkannt hatte, dass Harry einfach noch nicht so weit war.
"Ich habe im Übrigen", begann Draco nun zu erzählen, "mein Vorstellungsgespräch erfolgreich überstanden! Sie meinten, ich sei bisher die beste Partei und würden sich bis zum Ende der Woche bei mir melden, ob ich den Job habe!"
Draco sah, wie Severus überrascht eine Braue hob. Es lag Anerkennung in seinem Blick, die Dracos Seele gut tat. Severus sah das nicht als eine Herablassung an, dass er sich einen Muggeljob besorgte, sondern als mutiger Schritt. Außer Hermine und Severus wusste sonst auch keiner von seiner Idee, zu der ihn Harry inspiriert hatte. Wenn er arbeiten ging, verdiente er wieder Geld, kam aus dem Haus und hatte endlich wieder etwas zu tun. Er wusste zwar schon, dass er in dem Job einiges lernen musste, doch das wäre für ihn kein Problem. Draco würde das schaffen, er würde lernen und er würde stolz auf sich sein, weil er das gewagt hatte.
"Erzähl mir davon!", forderte Severus ihn auf und Draco gab bereitwillig nach.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro