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P.o.V.: Zayn
Nach dem Abendessen hatte ich meinen Eltern geholfen die Küche sauber zu machen, während meine kleine Schwester mit Liam ins Wohnzimmer verschwand. Ich wollte gar nicht wissen, was sie Liam alles für Fragen stellte.
"Nächstes mal musst du aber wirklich deine Freundin mitnehmen. Wieso konnte sie denn eigentlich nicht kommen?", fragte meine Mutter, als ich gerade dabei war den letzten Topf abzuspülen. "Ehm- Sie hatte privat einen Notfall", log ich. Lange werde ich das ganz sicher nicht mehr mitmachen. Ich war nicht gut in Ausreden finden. Vor allem nicht, wenn ich sofort antworten musste. Eigentlich müsste es doch viel zu auffällig schon mittlerweile sein, oder? Sogar Safaa hat es schon in der ersten Sekunde geschnallt, dass Liam mein Freund ist.
Ich atmete tief ein und aus und stellte den Topf sobald er trocken war dort hin, wo er hingehörte. Den Lappen hing ich zurück an seinen Hacken und dann sah ich zu meinen Eltern. Mein Vater war irgendwie immer noch so ruhig. Ob er immer noch skeptisch war? Verübeln würde ich es ihm nicht. Ich glaube meinen Ausreden ja nicht mal selbst.
Aus dem Wohnzimmer hörte ich das Lachen von Liam und Safaa. Ich bin froh, dass sich wenigstens die beiden gut verstanden. "Wieso bist du nicht einfach alleine gekommen?", fragte mein Vater. Ich blinzelte kurz ein paar mal um die Frage zu realisieren. Er war also definitiv noch skeptisch. "Das ist doch egal. Liam ist ein guter Junge", meinte meine Mutter und putzte den Tisch ab. Ich nickte leicht. "Wieso hast du ihn mitgenommen?", fragte mein Vater weiter. Leicht schluckte ich. Weil er eigentlich schon fast bei mir wohnt? Die komplette letzte Woche war er bei mir zuhause. Er hatte am Montag nach der Uni ein paar Sachen von sich geholt, war dann aber die ganze Zeit über bei mir. Weil er immer um mich herum ist? Weil ich von Anfang an geplant hatte, dass er mit kommt? Natürlich konnte ich nichts davon sagen.
Ich überlegte viel zu lange. Mir viel nichts glaubwürdiges ein! Er setzte mich unter Druck und es machte mir Angst! Schon als ich Liam unnötigerweise vorgestellt hatte, hat sich wieder herausgestellt, dass meine Eltern immer noch genauso homophob waren, wie schon immer.
Einmal, da hatte ich in meiner Schulzeit einen ziemlich guten Freund. Wir waren vielleicht höchstens in der 8. Klasse aber man hatte ihm eben - in den Augen meiner Eltern - angesehen, dass er schwul ist. Es hatte ihnen nicht gefallen, dass ich mich mit ihm traf und ich durfte auch nicht mehr mit ihm etwas unternehmen. Sie hatten zwar mit der Annahme recht gehabt, dass er schwul ist, oder mal werden würde. Jetzt hatte er nämlich eine glückliche Beziehung soweit ich weiß, aber das hieß noch lange nicht, dass man jemanden bereits in der 8., oder vielleicht war es sogar in der 7. Klasse als schwul abstempelt.
"Ich hab keine Ahnung", meinte ich schnell, bevor ich noch länger nachdachte. "Wie, du hast keine Ahnung?", hackte er nach. Ich nickte. "Yaser, lass jetzt gut sein", warf meine Mutter wieder ein, aber mein Vater hörte nicht auf sie.
"Hast du überhaupt eine Freundin?", fragte mein Vater langsam etwas wütend. Er verlor gerade definitiv die Geduld. "Yaser! Natürlich hat er eine Freundin!" Meine Mutter stellte sich schützend vor mich. Ich wünschte ich könnte ihre Worte erwidern und meine Eltern nicht enttäuschen..
"Ich will es von ihm hören. Sag, hast du eine Freundin? Guck mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede!"
Ich schluckte erneut und hob meinen Kopf an. Ich sah ihm direkt in die Augen. Ich konnte nicht lügen. Ich konnte meine Eltern noch nie belügen. Vor allem nicht unter solchen Bedingungen.
Gerade, bevor ich etwas sagen konnte, kamen meine Schwester und Liam zurück in die Küche. "Wollen wir etwas spielen?", fragte sie und lächelte liebevoll. Die beiden hatten bestimmt gehört, dass es hier zwischen uns nicht wirklich friedlich zuging. Liam sah etwas unsicher aus. Ich konnte ihn verstehen und es tat mir so unendlich leid, dass ich ihn damit reingezogen hatte. Ich hätte einfach alleine gehen sollen.
"Gute Idee", meinte meine Mutter und lächelte auch. Unentschlossen sah ich zu Liam. "Nein", murmelte ich und sah wieder zu meinem Vater. "Ich habe keine Freundin"
Sofort wich das Lächeln von den Lippen meiner Mutter. Sie sahen mich beide mit dem gleichen Blick an, wie vor dem Essen, als ich vor ihnen stand und Liam hinter mir.
"Hat sie Schluss gemacht, bevor ihr gekommen wärt?", fragte meine Mutter. Sie klang hoffnungsvoll. Ich schüttelte erneut den Kopf und wich ein paar Schritte zurück. Ich wollte gehen bevor etwas passieren würde. In den Augen meiner Mutter sammelten sich Tränen. Tränen der Enttäuschung, das wusste ich sofort. Es waren definitiv keine Freudentränen. Jetzt war es auch mehr als offensichtlich, dass Liam der ist, der meine Begleitung in Form von einer festen Beziehung ist.
"Tut mir leid", flüsterte ich. Schnell griff ich nach Liams Hand und zog ihn aus der Küche raus.
"Warte im Auto", meinte ich knapp. "Halt!", rief mein Vater und kam mir hinterher gelaufen. Liam schnappte sich seine Schuhe und ging zum Glück nach draußen. Ich schloss die Türe hinter ihm und räusperte mich. Ich bin erwachsen, was soll schon passieren?
"Was ist? Wollt ihr mich jetzt schlagen? Die "Sünden" aus mir raus prügeln? Ich bin erwachsen. Und es tut mir leid, dass ich euch enttäuscht habe. Aber wenn ihr damit nicht klar kommt, dann sagt mir das einfach und ich gehe. Ohne Streit!", schrie ich meinen Vater an, bevor er etwas sagen konnte. Schnell zog ich mir meine Schuhe an und stellte mich wieder an die Türe. "Behalte eins in deinem Kopf", begann mein Vater und kam mir nahe. "Hier in diesem Haus will dich keiner mehr sehen" Er hob seine Hand an, aber ich wehrte sie an. "Wag es nicht mich auch nur anzufassen!", zischte ich und drückte sie runter. "Du wirst das bereuen. Du wirst dich daran erinnern, wie wir dich erzogen haben, wenn du verlassen wirst! Jemand wie du kann nicht geliebt werden! Das ist keine Liebe! Das ist nicht echt! Sowas existiert nicht! In welcher Welt lebst du, in der du denkst, dass du durch so etwas glücklich werden kannst?! Wer hat dich zu dem gemacht, der du geworden bist?!", schrie er mich an.
Im Hintergrund hörte ich meine Mutter weinen. Wieso musste man da denn bitte anfangen zu heulen?! Ich weiß, dass ich kein schlechter Mensch bin! Da wird mich mein Vater - wenn ich ihn überhaupt noch so nennen konnte - ganz sicher nicht beeinflussen. "Gut. Dann gehe ich jetzt. Wir werden ja sehen, was noch aus mir wird" Ich ließ seine Hand los und öffnete die Türe. "Zayn! Du bist von allen guten Geistern verlassen!" Er packte mich an der Hand. Sein Griff war fest. "Ich bin glücklich!", schrie ich. "Ich bin glücklich mit ihm und du brauchst gar nicht hoffen, dass du mich mit deinem dummen Gerede vom Gegenteil überzeugen kannst! In was für einer Welt lebst du eigentlich?! Wo bitte lebst du, wenn du denkst, dass das, was ich auslebe und liebe und das, was mich glücklich macht falsch ist?! Denk du mal nach! Nur für eine Sekunde! Und entscheide dich, was dir wichtiger ist. Ein Sohn, der glücklich mit einem anderen Mann ist oder kein Sohn!"
"Zayn, du-", begann meine Mutter. Allerdings wurde sie von ihrem Mann unterbrochen.
Ich war mir klar, dass er sagen würde, dass ich mich erst wieder hier blicken lassen sollte, wenn ich zur Vernunft gekommen bin - also nie. Genau deshalb war es für mich auch nicht mehr nötig jemanden wie ihn meinen Vater zu nennen. Wieso auch? Eltern sollten dafür da sein um ihre Kinder zu lieben. Scheiß egal, was auch immer sie "falsch" gemacht haben. Auch wenn ich nicht mal etwas falsch gemacht hatte. Ich war einfach nur ich selbst und wenn das in den Augen meiner Eltern nicht richtig ist, dann kann ich auch nichts machen. Die einzigen, die hier zur Vernunft kommen müssen waren sie.
"Dann geh jetzt! Bevor mir meine Hand doch noch ausrutscht", zischte er. Ich lachte kurz. "Denk bloß nicht ich hätte keine Reaktionen, nur weil ich jetzt schwul-" - "Sag das Wort nicht!" Ich lachte noch mehr. "Lächerlich. Echt erbärmlich. Tut mir echt leid für dich, wenn du jetzt angegriffen fühlst, wenn dein "Sohn" urplötzlich schwul ist. Ja, mein Lieber. Ich bin schwul. Ich war es vielleicht sogar schon immer. Ich stehe auf Männer. Ich liebe Liam und ich werde mein Verhalten ganz sicher nicht überdenken. Ich-"
Er hatte nicht gelogen, dass ihm seine Hand ausrutschen würde. Ich hatte ihn nur unterschätzt, denn ich hatte es irgendwie nicht kommen sehen. Er hatte mich wirklich geschlagen, um mich davon abzuhalten noch mehr zu sagen. Sofort hielt ich mir die Wange. Es war feste und es schmerzte mehr, als es mir lieb war und jemals zugeben würde.
"Verschwinde!", schrie er.
Ich ließ meine Hand sinken und sah nochmal kurz zu meine Schwester. Sie weinte auch. "Ich hab dich lieb, Safaa. Tut mir-" - "Geh!", unterbrach er mich erneut. Ich schluckte. "Ich hab dich auch lieb, Bruderherz", flüsterte sie. Schnell rannte sie nach oben. Vermutlich in ihr Zimmer. "Sieh nur, was du mit deiner liebsten Tochter gemacht hast. Zum Weinen hast du sie gebracht!", warf ich ihm vor. Doch bevor er noch mehr sagen konnte öffnete ich die Türe erneut und verschwand. Ich sagte nichts mehr. Ich blickte auch nicht mehr zurück. Ich knallte sie hinter mir wieder zu und rannte zu meinem Auto.
Liam saß auf dem Fahrersitz, weshalb ich daneben einstieg. Er wusste genau, dass ich jetzt nicht im Stande sein würde anständig Auto zu fahren. Ich hatte viel zu viel Wut in mir.
Sobald ich auch die Autotür zuschlug spürte ich Liams Lippen auf meinen. Ich seufzte leise und augenblicklich war schon die Hälfte tief in mir vergraben, die mich so in Rage gebracht hat.
Sanft strich er mir über meine gerötete Wange und löste sich sanft. Er sah mich etwas besorg an, schien aber nichts zu sagen.
"Lass uns bitte nicht darüber reden", flüsterte ich trotzdem. Liam schenkte mir ein Lächeln und nickte. "Hatte ich nicht vor. Ist es okay, wenn ich fahre?", fragte er. "Du weißt einfach immer sofort, was gut ist. Ich möchte mich nur dafür entschuldigen, dass ich dich in die Scheiße mit reingezogen habe. Selbst wenn ich es schon wusste, dass es passieren wird, wollte ich trotzdem, dass du dabei bist. Das war scheiße von mir" Liam schüttelte den Kopf. "Nein. Gib dir dafür nicht die Schuld"
Leise seufzte ich. "Okay.."
"Zayn. Ich meine es ernst. Es ist nicht deine Schuld und ich bin auch nicht sauer deshalb. Es ist jetzt einfach so, wie es ist. Aber es wird schon wieder. Die werden sich einkriegen" Liam startete den Motor und fuhr aus der Hofeinfahrt raus.
Eigentlich schenkte ich seinen Worten keinen Glauben. Wieso sollten sie sich bitte wieder einkriegen? Das werden sie ganz sicher nicht machen. Vielleicht werden sie auf meine Beerdigung kommen, wenn sie bis dahin noch leben sollten. Aber dann auch nur aus reiner Höflichkeit. Aber entschuldigen werden sie sich ganz bestimmt nicht.
Dennoch widersprach ich Liam nicht. Ich wollte jetzt nicht weiter darüber reden. Ich lehnte mich einfach in den Sitz zurück und schloss für einen Moment meine Augen.
"Wie lange bist du eigentlich schon verliebt in mich?", fragte ich und unterbrach somit das Schweigen zwischen uns. Liam lachte und sah kurz zu mir rüber. "Wie kommst du denn jetzt darauf?", fragte er. Ich grinste leicht. "Interesse. Ich sag dir dann auch, wie lange es bei mir schon ist", versprach ich.
Liam brummte leise. "Erinnerst du dich daran, als wir in Italien geknutscht haben?", begann er. Ich nickte. "Klar"
Er meinte den einen Morgen, wo es plötzlich irgendwie dazu kam, dass wir uns küssten. Aus dem Kuss wurde dann ein bisschen mehr. Es war nachdem Harry schon abgereist war und Liam immer noch Streit mit Maya hatte. Aber eigentlich hatten wir danach nie wieder über das "Missgeschick" gesprochen. Immerhin ist Liam damit Maya reintheoretisch fremdgegangen.
"Da hat das irgendwie n bisschen überhand genommen. Davor hab ich es mir noch immer ausgeredet. Weil ich ja auch immer noch mit Maya zusammen war und irgendwie echt an ihr hing. Und dann danach als ich mit ihr schlussgemacht habe, hab ich mir auch immer einreden wollen, dass ich das nicht wegen dir gemacht habe. Aber jetzt rückblickend würde ich sagen, dass der eine Morgen in Italien der springende Punkt war, an welchem ich Zweifel hatte. Wobei.. Vielleicht auch sogar schon der Kuss in dem Hotel am Gardasee.. Irgendwann da", erzählte er.
Ich lachte leicht verlegen. "Oh. Ich glaube bei mir ist es schon ein bisschen länger", gab ich zu. "Ja?", wieder sah Liam kurz zu mir. "Ja.. ich glaube ich hatte schon immer einen kleinen Crush auf dich. Aber ich wollte es mir nie eingestehen, wegen meinen Eltern. Ich wurde einfach zu krass beeinflusst", gab ich zu. Liam legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. "Hauptsache jetzt sind wir glücklich und zufrieden"
Ich lächelte sofort und drückte seine Hand. "Bin ich"
[2161 Wörter]
Ich weiß mal wieder nicht, was ich hier sagen kann..
Meinungen?
Anmerkungen?
Kritik?
Kommentare?
:D
~D 💕
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