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P.o.V.: Harry
Der letzte Tag bei Louis' Familie verging viel zu schnell und kaum das ich mich richtig daran gewöhnen konnte saßen Louis und ich gegen fünf Uhr abends schon wieder in seinem Auto auf dem Weg zu mir nach Hause.
Jetzt, wo es nur noch ein paar wenige Minuten waren, bis wir bei mir zuhause ankommen würden viel mir wieder ein, was Morgen erneut auf mich zukommen wird. Bei dem Gedanken an die Schule wurde mir ganz unwohl im Bauch. Ich hatte Louis immer noch nicht davon erzählt, was dort los war und wie es mich beschäftigte. Ich war über das Wochenende so glücklich, dass ich nicht mal einen Gedanken an Montag verschwendet hatte.
Nie hatte ich auch nur daran gedacht, dass mir mal unwohl werden würde, wenn ich in die Schule musste. Klar, ich mochte die Schule nicht wirklich sehr und würde nicht freiwillig gehen, wenn ich nicht müsste aber normalerweise war ich jemand, der einfach die Zähne zusammenbiss und alles über sich ergehen ließ. Ob es nun der Lernstress war, der selbst mich mal überrumpelte oder die vielen Hausaufgaben, die wir an manchen Tagen bekamen.
"Du bist plötzlich so leise. Ist alles okay?", fragte Louis plötzlich, sah kurz zu mir rüber und legte dann seine Hand sanft auf meinen Oberschenkel. Ich legte meine Hand auf seine und verschränkte unsere Finger ineinander. "Alles perfekt", gab ich zurück und setzte ein Lächeln auf.
Jetzt war es doch sowieso zu spät um ihm davon zu erzählen. Es würde viel zu lange dauern und ich war mir ziemlich sicher, dass ich es nicht schaffen werde ihm das alles zu erzählen ohne in Tränen auszubrechen. Ich weiß. Ich bin schwach. Aber ich war einfach noch nie in so einer Lage. Und jetzt nach bereits ein paar Tagen mit dem Drama war ich schon am Ende. Ich wollte gar nicht wissen, wie lange das noch so weiter gehen würde. Werden sie überhaupt irgendwann ein neues Gesprächsthema an der Schule finden, das interessanter ist als der schwule Harry in der Abschlussklasse.
"Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst", meinte Louis. Sanft drückte er meine Hand, was mein Herz sofort erwärmte. "Natürlich. Aber mach dir keine Sorgen", versicherte ich ihm.
Louis nahm das ganze so hin, worüber ich um ehrlich zu sein auch froh war. Ich wollte ihn glaube ich auch einfach nicht mit meinen Problemen nerven. Vielleicht reagiere ich auch einfach über mit dem ganzen Drama und eigentlich würde es niemand so schlimm finden, wie ich. Woher sollte ich auch bitte die Erfahrung haben. Das ist mein erstes mal, dass ich von allen schräg angesehen werde und mir dumme Kommentare an den Kopf geworfen werden. Ich wusste von Anfang an, dass es nicht gut enden würde, wenn ich mich outen würde. Genau deshalb hatte ich auch nicht geplant mich in der Schule zu outen. Wer bitte ging denn auch freiwillig so ein Risiko ein?
Es dauerte vielleicht noch zwei Minuten, bis Louis am Straßenrand vor dem richtigen Haus parkte. Er stieg noch mit aus um mich zur Tür zu bringen und begrüßte auch meine Mutter mit einer herzlichen Umarmung. Sie war froh, dass ich und Louis wieder alles geregelt hatten. Das sah ich ihr an. Außerdem war ich froh, dass sie Louis keine Vorwürfe machte. Sie mochte ihn noch genauso sehr wie vor unserer Auseinandersetzung.
"Sehen wir uns nächstes Wochenende wieder?", fragte Louis. Sofort nickte ich. "Willst du dann zu mir?", fragte ich zurück. Louis zuckte die Schultern. "Dann muss ich weniger fahren" Ich lachte kurz und zog ihn in einen Kuss. "Ich liebe dich und danke für das tolle Wochenende. Deine Familie ist echt toll", flüsterte ich. "Ich liebe dich auch", erwidert er sanft. "Aber glaub mir. Wir sind nicht immer so organisiert. Die wollten nur einen guten Eindruck hinterlassen" Louis lachte und strich mir eine Strähne aus der Stirn. Ich lächelte breit. "Ist mir egal. Ich mag sie trotzdem. Schreib mir, wenn du zuhause angekommen bist" Ich küsste ihn nochmal. Louis schmunzelte und nickte. "Werde ich. Tschau Tschau" Er gab mir einen letzten Kuss und ging dann winkend zurück zu seinem Auto.
Ich sah Louis' Auto noch so lange hinterher, bis er um die Ecke bog und ich ihn so nicht mehr sehen konnte. Ich schloss die Haustüre und nachdem ich meiner Mutter alles von dem Wochenende erzählt hatte, was nebenbei bemerkt bestimmt eine halbe Stunde dauerte, ging ich in mein Zimmer und legte mich in mein Bett. Gleich darauf machte ich für Ben eine lange Audio und erzählte ihm ungefähr das, was ich soeben schonmal erzählt hatte.
P.o.V.: Zayn
"Zayn, du weißt, dass wir noch nicht zu deinen Eltern müssen, oder..?", sprach es Liam schon wieder an. "Ob ich es nun jetzt beichte oder erst in fünf Jahren macht auch keine Unterschied mehr. Sag mir lieber, ob ich halbwegs akzeptabel aussehe", lenkte ich ab. Liam seufzte leise, stellte sich dann aber dichter vor mich, nur um mir meine Haare zu richten.
Ich wusste, dass ich sie vor Nervosität die ganze Zeit durcheinander brachte anstatt sie zu ordnen. Zugeben würde ich das allerdings nie. Liam brauchte sich nicht noch mehr Sorgen um mich machen. "Aber-", versuchte er es wieder. "Liam es ist gut jetzt. Bitte", unterbrach ich ihn und sah nochmal in den Spiegel.
Ich war bei meinen Eltern zum Essen eingeladen. Sonntag abends. Sie wollten mich mal wieder sehen und irgendwie wussten sie, dass ich nicht ohne einen Grund vorbeikommen würde. Wieso auch? Ich war erwachsen und hatte eine eigene Wohnung und außerdem würden sie mich gleich sowieso nicht mehr akzeptieren. Wieso ich das ganze dann trotzdem über mich ergehen ließ wusste ich nicht so ganz. Vielleicht sollte ich gleich danach noch nach einem besser bezahlten Job suchen. Ja, im Gegensatz zu Louis, der seine kleine Wohnung tatsächlich bezahlt bekommt, verdiente ich tatsächlich dreimal die Woche mein eigenes Geld. Zwar unterstützten mich meine Eltern ein bisschen, denn all zu viel verdiente ich nun auch wieder nicht aber wenn ich jetzt nach ihrer Meinung in die Hölle komme, werden sie mir ganz sicher den Geldhahn zudrehen.
"Zayn, ich seh doch, wie scheiße es dir gerade geht", fing Liam wieder an. "Was soll ich denn jetzt deiner Meinung nach tun? Einfach Absagen?" Ich lachte sarkastisch und reichte ihm seine Jacke, damit wir los konnten. "Nein aber du könntest sagen, dass du ohne Begleitung kommst", schlug er vor. Trotzdem zog er sich seine Jacke über.
Ja, eventuell hatte ich meinen Eltern sogar gesagt, dass ich jemanden mitbringen würde. Natürlich nahmen sie an, dass ich eine Freundin habe, selbst wenn ich keine spezifischen Pronomen genannt hatte. Jedenfalls waren sie am Telefon schon Feuer und Flamme dafür, dass ich endlich jemanden hatte und wollte mich schon da Ausfragen, wie SIE denn ist und wie SIE heißt und wie SIE aussieht. Alle ihre Erwartungen und Hoffnungen werden enttäuscht werden. Von der einen auf die andere Sekunde.
"Wir kommen zu spät, Liam" Ich sah auf mein Handy. Eigentlich hätten wir schon vor fünf Minuten los sollen. "Du willst es wirklich?", fragte er nochmal. Ich seufzte. "Natürlich will ich nicht, dass sie mich hassen werden, aber ich will es einfach weg haben. Glaub mir, ich trag das "Geheimnis" schon länger mit mir rum, als du denkst" Liam sah mich fragend an. Ich seufzte. "Ist auch egal..", murmelte ich. Liam schüttelte den Kopf. "Nein nein. Ich weiß, was du meinst. Ich war gerade nur kurz überrascht"
Sanft hob er meinen Kopf an. "Zayn. Ich liebe dich, okay? Und egal, was heute passiert.. Ich werde immer hinter dir stehen", flüsterte er. Ich nickte leicht und schluckte. "Ich will einfach nicht noch länger in einer Lüge leben", murmelte ich. "Und ich versteh das. Aber ich will dich auf der anderen Seite nicht so verletzt sehen" Er strich mir sanft über die Wange. "Ist schon gut. Ich liebe dich auch", erwiderte ich. Liam lächelte kurz und küsste mich dann sanft.
Sofort war für einen kurzen Moment die Last von meinen Schultern gefallen. Ich schloss meine Augen und genoss den Augenblick, selbst wenn er nur kurz war.
Wir lösten uns sanft voneinander und stiegen dann in mein Auto ein. Ohne viel zu Reden fuhren wir über eine halbe Stunde und waren am Ende noch 10 Minuten später da als abgemacht.
Im Auto atmete ich noch kurz tief ein und aus, gab Liam einen Kuss und stieg zusammen mit ihm aus. Da ich den Schlüssel zu dem Haus hatte, in dem ich aufgewachsen bin, sparte ich mir zu klingeln. Anscheinend wurden wir gar nicht bemerkt. Es lief Musik aus dem Radio in der Küche. Anscheinend schienen sie gute Laune zu haben..
Liam und ich zogen unsere Schuhe aus und hingen unsere Jacken an den Haken an der Wand neben der Türe. Zuerst traute ich mich gar nicht einen Schritt nach vor zu laufen, doch im Endeffekt wusste ich, dass ich jetzt keinen Rückzieher mehr machen konnte. Vielleicht hätte ich doch auf Liam hören und einfach alleine zum Familienessen erscheinen sollen.
Langsam ging ich vor. "Mum? Dad? Ich bin da", kündigte ich mich an und ging dann schließlich in die Küche, wo ich alle vermutete. Zugegeben roch es extrem gut hier. Das ich womöglich nicht mal dazu kommen werde mich an den gedeckten Tisch zu setzen versetzte mir einen Stich ins Herz.
Ich wusste, das Liam dicht hinter mir stand. Genau deshalb lag auch sofort die Aufmerksamkeit auf ihm. Die Blicke meiner Eltern war unbeschreiblich. Ich konnte es nicht deuten. Egal was ich versuchte daraus zu lesen. Es ging einfach nicht. Meine kleine Schwester Safaa, welche schon am Tisch saß hatte ein lächeln auf den Lippen. Wobei ich bei ihr auch keine anderen Erwartungen hatte. Sie war neutral und lebte nicht mehr im Mittelalter mit ihren Gedanken.
Bevor meine Eltern was sagen konnten, ergriff ich das Wort. "Das ist Liam- ein Freund von der Uni. Meine- Begleitung hat kurzfristig abgesagt", log ich. Meine Stimme war zittrig. Es war eine Notlüge. Ich wusste nicht mal, wieso ich jetzt doch einen Rückzieher gemacht hatte. Ich glaube ich konnte die Blicke meiner Eltern nicht ertragen. Ich wollte nicht, dass es noch schlimmer wurde.
Ich spürte, wie Liam von hinten leichte seine Hand an meinen Rücken lehnte. Er würde mitspielen, das wusste ich.
Sobald ich ausgesprochen hatte schienen meine Eltern erleichtert. Anscheinend hatten sie wirklich geahnt, dass Liam meine Begleitung in Form von meinem festen Freund sein würden. Falsch lagen sie zwar nicht. Aber ich konnte einfach nicht anders. Dabei fiel mir auf, dass es unnötig war Liam vorzustellen. Sie kannten ihn. Liam war nicht das erste mal bei mir zuhause. Genau das sprach auch meine Mutter an.
"Aber Zayn, das wissen wir doch. Ich war gerade nur so überrascht. Ich dachte-" Sie wurde von meinem Vater unterbrochen. "Sprich es nicht aus und lasst uns essen. Ihr habt auf euch warten lassen", bemängelte mein Vater schroff und stellte einen Topf auf den Tisch. Leicht schluckte ich und setzte mich neben meine kleine Schwester. Kurz nahm ich sie in den Arm und schenkte ihr ein Lächeln. Ich vermutete, dass ihr eine bestimmte Frage auf der Zunge lag. Wahrscheinlich wird sie die auch sofort aussprechen, sobald wir unter uns waren. Sie sah jetzt nämlich weniger erfreut aus.
Das Essen schmeckte lecker und ehrlichgesagt war ich irgendwie erleichtert, dass ich jetzt doch hier saß und mich normal mit meinen Eltern unterhielt. Auch Liam wurde in die Gespräche mit einbezogen. Liam war schon immer der, der in jeden Augen einer Mutter ein Musterbeispiel für einen guten und wohlerzogenen Freund war. Nie hatte sie ein Problem, wenn Liam vorbei kam, da er immer der brave war. Wenn sie nur wüsste, dass auch Liam ihre Erwartungen sofort in den Keller ziehen würde..
Auch wenn ich wirklich versuchte mich von meinen Gedanken abzulenken, tauchten sie immer wieder auf. Ich konnte an nichts anderes denken, als dass ich hier mit Liam, meinem Freund, bei meinen Eltern zum Essen saß und die absolut keine Ahnung davon hatten. Es fühlte sich falsch an und irgendwie nagte das schlechte Gewissen an mir, das ich meine Eltern belogen hatte. Ich wurde schon immer so erzogen, dass man nicht lügen soll und vor allem konnte ich mir nie vorstellen, dass ich meine Eltern mitten ins Gesicht gelogen hatte. Genau deshalb werden sie umso enttäuschter von mir sein, wenn sie wissen, dass sie belogen hatte. Allein heute mehrere male.
Natürlich fragten sie mich über meine "Freundin" aus. Ich erzählte ihnen einfach von Gigi, auch wenn ich damit Liam keinen Gefallen tat. Er mochte sie noch immer nicht. Ich konnte ihn nicht verstehen. Ich mochte sie. Sie war nicht sofort wie andere Frauen. Und außerdem weiß sie jetzt auch, dass Liam und ich zusammen sind. Hätte sie ein Problem damit, wäre sie doch schon längst nicht mehr bei uns jeden Tag in den Mittagspausen.
"Wie lange seit ihr schon zusammen?", fragte meine Mutter. "So richtig erst seit einer Woche, aber ich weiß einfach, dass sie die richtige ist" Natürlich meinte ich damit Liam und unauffällig legte ich ihm kurz meine Hand auf den Oberschenkel. Meine Mutter schenkte mir ein Lächeln.
"Und wissen s-ihre Eltern schon von euch?", fragte meine kleine Schwester. Fast hätte sie sich versprochen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass sich Liam fast an seinem Wasser verschluckte, was mich um ehrlich zu sein auch fast zum Lachen brachte.
Ich wusste ganz genau, dass Safaa mir die Ausrede nicht abgekauft hatte. Von Anfang an hatte sie Zweifel.
Meine Eltern schienen allerdings nichts davon mitbekomme zu haben und sahen mich nur fragend an. "Eh- Nein. Nein noch nicht. Aber ich denke, das wird nicht mehr lange dauern", meinte ich schnell.
[2248 Wörter]
Wie wohl der Abend weiter verlaufen wird?
~D 💕
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