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Lesenacht Teil 6/6:
P.o.V.: Harry
"Hmm.." Langsam ließ ich mich auf meinem Stuhl nieder. "Oh fuck", fluchte ich leise vor mich hin. "Nein, oder?" Ben neben mir begann zu lachen. "Kein Kommentar!", warnte ich ihn. "Ihr habt gestern tatsächlich noch-" Schnell hielt ich ihm meine Hand vor den Mund. "Erstens sagte ich kein Kommentar und zweites sei gefälligst leiser.", zischte ich. Nebenbei versuchte ich noch eine angenehmere Position zum Sitzen zu finden.
Ben entfernte meine Hand von seinem Mund. "Also ist das ein ja?", fragte er. "Gott, nach was sieht es denn aus?!" Ich verdrehte die Augen und rutschte weiter mit meiner Hüfte auf dem Stuhl herum, doch irgendwie schien keine Art zu Sitzen nur annähernd bequem zu sein.
Ja vielleicht bin ich Louis gestern so sehr verfallen, das es doch am Ende mehr wurde als nur ein simpler Blowjob. Aber mal ehrlich. Wer könnte Louis bitte widerstehen? Wenn er einen von oben herab mit purer Lust in den Augen ansieht und dazu noch ein breites grinsen auf den Lippen trägt, nebenbei noch deine eigene Lust mit nur wenigen Berührungen stillt und ab und zu heiße Wörter direkt ins Ohr flüstert.
Es wäre gelogen, wenn meine Mutter gestern Abend nichts gehört hätte. Das hat sie nämlich definitiv. Auch wenn Louis und ich versuchten leise zu sein, sind die Wände nunmal nicht die dicksten und Louis Bewegungen nicht die sanftesten.
Dennoch hat sie mich zum Glück nicht mehr darauf angesprochen, als Louis dann doch schließlich gegen 10 Uhr abends gefahren ist.
Leicht schüttelte ich meinen Kopf. Es darf nicht jetzt dazu kommen, dass die Gedanken vom gestrigen Abend in meinem Kopf überlaufen und frei herumschwirren. Es reicht schon, wenn das zuhause ausartet! Aber definitiv nicht hier und nicht jetzt. Ich sollte sowieso mal ein bisschen runterfahren mit meinen Bedürfnissen. Es heißt nicht, dass Louis und ich jetzt jedesmal erstmal miteinander schlafen, sobald wir uns wiedersehen.
Ben kicherte leise neben mir, während sich das Klassenzimmer mit immer mehr Leuten füllte. Komischerweise spürte ich mit jedem, der in den Raum gelaufen kam Blicke auf mir haften, aber sobald ich mich umsah, sah jeder zurück auf seinen Platz und unterhielt sich weiter mit seinen Freunden.
Ich ignorierte es so gut ich konnte, blieb die ganze Zeit über einfach still sitzen und hoffte, dass der Tag schnell vorbei sein wird, damit ich so schnell es ging wieder in mein Bett zurück konnte.
"Ist das ein Knutschfleck?"
Sofort hielt ich mir die Hand an meinen Hals um mögliche offensichtliche Flecken zu verdecken. "Wirklich?", fragte ich etwas panisch. Ich hatte heute früh im Spiegel doch alle möglichen so gut es geht überdeckt mit meinem Pullover. Ganz sicher würde ich dafür nicht das Make-Up meiner Mutter verwenden. Ich hatte doch nicht mal eine Ahnung, wie man das überhaupt benutzt und zudem hat sie einen ganz anderen Hautton, als ich. Man unterscheidet doch das Make-Up nach Hautton, richtig? Oder kann sich sowas auch individuell anpassen? Verurteilt mich nicht! Ich bin ein Mann. Ich hab davon doch keine Ahnung. Und eine Schwester hab ich auch nicht.
"Dein Pulli ist gerade ein bisschen verrutscht. Da sind mehr, oder?", fragte Ben lachend. Ich zeigte ihm den Mittelfinger und zog den Kragen meines Oberteils etwas höher. "Vielleicht. Wir haben währenddessen halt einfach nicht daran gedacht, dass es offensichtlich sein könnte. Das passiert halt mal", versuchte ich mich rechtzufertigen. Wobei das bei Ben eher schwierig ist. Er findet immer etwas um das letzte Wort zu haben. "Natürlich. In den Gedanken war der kleine Harry eben nur bei seinem Loverboy" Ben lachte leise. "Halt jetzt die Klappe. Es muss nicht die ganze Klasse wissen.", zischte ich leise und war wirklich froh, als der Lehrer dann pünktlich zum Unterrichtsbeginn in den Raum stolziert kam.
"Schiebt eure Tische auseinander. Wir schreiben einen Test über das, was wir in der letzten Stunde alles besprochen haben und wirklich ausführlich diskutiert haben", kündigte er an. Sofort sah ich panisch zu Ben, doch dieser hatte den selben Blick drauf, was mich nur noch mehr beunruhigte. "Was haben wir letzte Stunde gemacht?", fragte er verzweifelt und leise, während er langsam seinen Tisch von meinem entfernte. Ich guckte abwechselnd zu Ben und dann wieder zu unserem Lehrer. "Ich hab doch keine Ahnung. Ich war gestern doch nur bei Louis in Gedanken. Ich hab von gar nichts eine Ahnung" Meine Hände wurden schwitzig, was das alles überhaupt nicht besser macht. Ich werde gleich nicht mal meinen Stift zwischen meinen Fingern halten können, wenn das nicht sofort aufhört.
"Eure Tische stehen zu nah beieinander", sprach uns unser Lehrer an, welcher plötzlich zwischen meinem und Bens Tisch stand. Ich nickte leicht und rutschte noch ein bisschen von ihm weg, bevor ich ein umgedrehtes Blatt auf meinen Tisch gelegt bekam.
Ein letztes mal sah ich verzweifelt zu Ben rüber. Der Lehrer verteilte die restlichen Blätter an die restlichen Schüler und gab uns ein Zeichen, sobald wir alle unsere Blätter umdrehen durften.
Ich las mir die Aufgaben durch. Irgendwas, wovon ich keine Ahnung hatte. Ich versuchte einfach das hinzuschreiben, was für mich persönlich am meisten Sinn machte. Ob es im Endeffekt richtig ist werde ich dann schon sehen, aber ich bin da eher pessimistisch.
"Die Hälfte der Zeit ist rum", erinnerte uns unser Lehrer, welcher langsam mit den Händen hinter dem Rücken zusammengefaltet durch das Klassenzimmer schlich. Es machte mich verrückt! Zusätzlich kamen mir seine Schritte auf dem Boden noch so unnormal laut vor und schnienen immer lauter mit jeder vergangenen Sekunde zu werden. Konnte er nicht einfach vorne auf seinem Stuhl sitzen bleiben und uns mit seinen Augen beobachten?! Es nervte mich und setzte mich unter Druck, wenn ich weiß, dass ich beobachtet und angestarrt werde, weil man von mir als eigentlich immer Klassenbester eine bestimmte Leistung erwartet. Aber dieses mal nicht. Diesmal werde ich es vermasseln. Die erste Note in diesem Jahr und direkt eine schlechte.
Apropo Druck. Diese scheiß Uhr an der Wand machte mich langsam auch verrückt. Sie tickte und tickte. Viel zu laut. Viel zu gleichmäßig. Es machte mich unglaublich fertig. Diese Töne um mich herum.
Gerade, als ich den Stift weglegen wollte und meine Handflächen an meiner Hose abwischen wollte, da sie mehr als verschwitzt waren, gab mein Handy den typischen Nachrichtenton von sich. Nein. Bitte. Bitte hab es nicht gehört. Doch es passierte noch ein zweites mal. Alle. Wirklich alle Blicke lagen auf mir. Auch der meines Lehrers.
Er kam auf mich zu, ohne den Blick von mir abzuwenden. "Harry, du weißt, dass Handys im Unterricht und vor allem während Arbeiten ausgeschaltet sein sollten.", meinte er streng. Ich nickte leicht. "Es tut mir leid.. Ich hab es heute früh wohl vergessen auszumachen..", murmelte ich und blickte entschuldigend auf mein Blatt.
"Du kennst die Regeln. Du bist hier schon sehr lange auf der Schule.", sprach er weiter und griff nach meinem Blatt. Ich sah ihn mit großen Augen an. "Aber- Ich hab es doch nicht mal bei mir. Es ist in meinem Rucksack. Ich hab es doch nicht mal berührt", versuchte ich mich zu verteidigen, doch es war zwecklos. Er beachtete mich gar nicht und nahm mir mein gerade voll geschriebenes Blatt weg. "Du kennst die Regeln", wiederholte er nur und ging weg. Um mich herum kicherten die Leute, was mich wütend machte. Es hörte sich wieder so laut an. Es drang in meinen Kopf ein. Das verspottende lachen der Leute um mich herum. Die Aufmerksamkeit lag auf mir. Niemand konzentrierte sich mehr auf seine Arbeit. Selbst Ben sah mich an. Dennoch blieb er still. Nicht wie die anderen, bei denen es sich anhörte, als würden sie mich auslachen.
"Ruhe! Ihr habt noch 3 Minuten!", brachte der ältere Mann die Klasse wieder zum Schweigen.
Ich war sauer. Richtig sauer. Auf meinen Lehrer und vor allem die Person, die auf die grandiose Idee kam mir während dem Unterricht Nachrichten zu schicken!
Da ich jetzt eh nichts mehr noch schlimmer machen konnte, nahm ich mir mein Handy, stand auf und ging aus dem Raum. Ich hatte die Nase voll! Der konnte mich jetzt mal. Ich hasse ihn. Ich habe ihn davor zwar auch noch nicht leiden können, weil er einer der strengsten Lehrer ist, den ich kannte, aber jetzt hasste ich ihn noch mehr.
Ich ging aufs Klo und öffnete Whatsapp. Louis. Louis du kleines- Ich fuhr mir durch die Haare und atmete tief ein und aus. Komm runter, Harry. Er hätte es ja nicht wissen können.
Heyyy!
Ich hab langeweile an meinem zweiten Tag! Ich will nicht mehr, hol mich hier raus!!!
Was hast du geradeeeee?
Ernsthaft, Louis? Ernsthaft? Es war nicht mal etwas wichtiges, was er zu sagen hatte und das hatte mir jetzt meine aller erste Arbeit in dem Jahr versaut! Danke! Danke für nichts!
Schreib mir nie wieder, während ich in der Schule bin.
Oh oh XD bist du sauer?
Ja. Verdammt sauer sogar
Ach komm schon, Hazza. No risk no fun!
Spar dir das jetzt. Wegen dir hab ich jetzt ne 6 auf meine Arbeit bekommen. Danke. Danke für nichts, Louis.
Oh..
Aber das konnte ich ja nicht wissen.. Tut mir leid, dass dir meinetwegen dein Blatt abgenommen wurde..
Aber dafür wird die nächste Arbeit wieder besser.. Da bin ich mir ganz sicher..
Hmm. Klar.
Harry.. Sei nicht sauer.. bitte.. Ich will nicht, dass du sauer bist..
Ich muss jetzt wieder zurück in die Klasse. Bin einfach aufgestanden und gegangen
Ja. Richtig so. Was nimmt dir der Spast auch einfach dein Blatt weg? Das ist so längerlich.
Ist es auch, aber was will man machen?
Ich hätte mich sofort beschwert.
Ist jetzt auch egal. Kann man jetzt auch nicht mehr ändern. Ich bin halt einfach verdammt sauer auf das Arschloch.
Ich kann dich verstehen.. Hab noch nen schönen restlichen Tag.. Ich hoffe er wird trotzdem noch besser. Ich liebe dich.. Tut mir leid, dass ich der Auslöser dafür war..
Ist schon gut.. Ich liebe dich auch..
Ich war froh, dass ich hier auf den Toiletten der einzige war. Ich verschwand in einer der mehreren Kabinen und schloss mich ein, nur um mich dann auf den Klodeckel zu setzen. Vorsichtig lehnte ich mich nach hinten an und sah nach oben. Ich hasste schlechte Noten. Die Note, die ich darauf bekommen hätte wäre zwar sowieso nicht die beste gewesen, aber wenigstens keine 6, nur weil ich angeblich versuchen könnte zu spicken. Ich hatte noch nicht mal eine Ahnung davon, dass wir das Thema gestern besprochen haben!
Ich konnte noch nie damit umgehen, wenn ich eine schlechte Note bekommen habe. Ich wusste, dass es absolut erbärmlich ist, wenn man wegen schlechten Noten anfängt zu weinen, aber ich hasste es einfach, weil ich es ganz einfach vermeiden könnte. Ich hätte heute früh einfach nicht so aus dem Wind sein sollen. Ich hätte einfach mein Handy ausmachen sollen. Ich hätte einfach im Unterricht aufpassen sollen und auf das verzichten, was Louis und ich hatten. Nur deshalb war ich heute morgen noch so verwirrt und auch überhaupt nicht ausgeschlafen.
Erneut fuhr ich mir durch die Haare und machte sofort mein Handy auf lautlos, als erneut eine Nachricht seine Laute hinterließ. Ich ging erneut auf Whatsapp. Diesmal war es nicht von Louis. Diesmal kam die Nachricht von einem aus meiner Klasse. Sein Name ist Oliver. Er sitzt hinten in der letzten Reihe und hat mindestens eine so große Klappe wie Louis, wenn es um den Stress mit Lehrern geht.
Er hatte mir ein Bild geschickt.
Wusste gar nicht, dass du einen Loverboy hast
Ich ignorierte die Nachricht und ging sofort aus dem Chat raus. Scheiße. Das war gestern.. Das war, als Louis plötzlich bei mir auftauchte. Fuck! Wieso hab ich nicht aufgepasst! Es war doch so klar, dass uns an so einer offensichtlichen Stelle jemand sehen würde! Vor allem hier in der Umgebung!
Keine drei Sekunden später bekam ich eine private Nachricht von Vanessa. Ein Mädchen aus meiner Klasse. Sie schickte das gleiche Bild nur mit einem anderen Text darunter.
Du hast einen Freund?! 😍
Woher hast du das..?
Sophia hat es mir geschickt. Aber ich glaube nicht, dass es von ihr ist
Also hast du einen Freund?! Gott, das Bild sieht so süß aus
Da bist du die einzige, die so denkt..
Was? Nein nein, niemals! Das kann man doch nur süß finden!
Ich antwortete nichts mehr und bekam gleich darauf schon von mehreren Leuten auf einmal das gleiche Bild geschickt. Aber nicht von einem Mädchen. Von Olivers Clique. George, Noah und Jack.
Alle drei hatten mir gleichzeitig eine Nachricht geschickt.
Einer der drei schrieb: Der unschuldige Harry wurde über die Ferien zur Schwuchtel 😂
Der nächste schrieb: Über die Ferien viele Schwänze gelutscht?
Und der letzte schickte mir nur '🍆🍑'.
Ich ignorierte alle drei Chats und winkelte meine Beine an. Ich will nicht wieder zurück. Ich will, dass es aufhört. Ich will einfach verschwinden. Einfach vom Erdboden verschluckt werden oder hier auf der Toilette verrotten.
Ich sah auf mein Handy. Ich hatte unzählige ungelesene Nachrichten, von so ziemlich allen aus meiner Klasse. Die schrieben mich an. Texteten mich zu und beleidigten mich. Sie verspotteten mich über das Internet und nahmen keine Rücksicht auf das, was ich fühlte. Ich war jetzt die neue Lachnummer. Der, der vor den Sommerferien noch unschuldig war und immer die besten Noten hatte, den schlechten aus der Klasse gerne die Hausaufgaben erklärt hat ist jetzt eine Schlampe. Lässt sich vögeln von einem Typen, den er im Urlaub kennengelernt hat. Jemand, der um knapp drei Jahre älter ist, wo viele denken, dass es widerlich ist, wenn man selbst noch nicht mal volljährig ist. Verliebt sich in jemanden innerhalb von ein paar Tagen und vertraut auf die Liebe des Lebens. Naiv. Naiv und nutzlos.
Bitte.. Bitte an irgend jemanden, der mich in meinen Gedanken hören kann. Mach, dass es aufhört. Mach, dass die Leute um mich herum aufhören mich für das zu verurteilen, der ich bin! Für das, was ich liebe! Und für den Menschen, der ich sein möchte!
Stop!
[2275 Wörter]
Joa... Kapitel 61 kommt die Tage dann 😉
Ahhh ich liebe es euch einfach mit so einem cut sitzen zu lassen 🤭 ich bin so lieb, i knoooow!
~D 🏳️🌈
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