Kapitel 8: Hörspiel
Gemeinsam am Tisch bombadiere ich Angel dann eben genau mit diesen Fragen. "Woher weißt du, wann die Tasse denn voll ist, mhm?", frage ich, während ich den warmen Kakao zu mir nehme und höre sein leises Kichern. "Ich hoffe es stört dich nicht, dass du ein Getränk trinkst, in dem ich schon meine Finger hatte", gibt er dann mit einem leeren Blick auf seine heiße Schokolade zurück. "Stört mich nicht", sage ich bloß, da spricht er weiter. "Ich lege einfach einen kleinen Teil meines Fingers bis kurz unter den Rand. Wenn die Tasse voll ist, berührt das was drin ist natürlich meinen Finger und ich weiß, dass ich aufhören muss."
Dies ist einer der Momente, in denen ich mich nicht sonderlich intelligent besetzt finde. Eigentlich hätte ich mir so etwas oder ähnliches denken können.
"Oh..."
"Ja."
"Ich bin froh, dass ihr beide euch versteht", freut sich das Ömchen wie so oft darüber und schließt immer die Augen beim Lachen, was sie noch zerbrechlicher und sympathischer macht. "Ich auch. Vielleicht gehen wir zusammen mal irgendwohin?", frage ich keck, höre dann jedoch ein einfaches "Nein."
"Warum?"
Angel schenkt mir keine Antwort, sondern nimmt den letzten Schluck seines Kakaos. Bei so etwas kommen Hassgsfühle in mir hoch, weil ich denke einen Schritt zurück getan zu haben. Ich kann nicht einschätzen, ob Angel einfach so ist oder mir nur nicht antwortet, weil er mich nicht leiden kann.
"Also ich finde, dass das eine schöne Idee ist", mischt sich das Ömchen wieder ein. "Es würde dir mal gut tun, mit einer anderen Person außer Haus zu gehen. Heute gibt es doch so viele Dinge für die Gemeinschaft, die man so machen kann. Das Kino zum Beispiel. Oder einfach mal gemeinsan Zuhause etwas schönes unternehmen."
Als Angel wieder nichts sagt, legt sie die Hand auf seine. "Bitte, für die Oma."
Der Eiskunstläufer seufzt und stellt seine leere Tasse auf den Tisch.
"Warum denn so unbedingt?"
"Es würde dir mal gut tun. Vielleicht gefällt es dir ja!"
Mit unbegeisterten Blick erhebt Angel sich und nimmt unsere ebenso leeren Tassen, um diese in die Spüle zu bringen. "Na klar...", murmelt er dabei und nickt, als würde er es annehmen.
Was würde ich bloß ohne diese alte Frau tun!? Ehrlich gesagt wäre ich ohne sie noch keinen Schritt voran gekommen, doch das muss Ray nicht wissen. Dennoch kratzt und zerrt es an meinem Selbstvertrauen. Auch wenn ich es meinen besten Freund nicht sage, so kenne ich selbst die Wahrheit. Ich bin der verbitterte Typ, dem eine Oma beim Aufreißen ihres Enkelsohnes helfen muss ... Welch ein unangenehmer und peinlicher Gedanke.
Wenn mein Umfeld das wüsste, dann könnte ich mich verabschieden und im besten Fall wäre es mit einem Umzug getan. Schrecklicher Gedanke.
Als Angel sich wieder zu uns setzt, überschlage ich die Beine und stütze den Kopf auf meiner Hand. "Das fände ich gut", sage ich wieder. "Alles klar", gibt Angel zurück. "Aber wir machen was ich will, ansonsten werde ich wirklich noch in ein Kino geschleppt, weil vergessen wird, dass ich nicht sehen kann."
"Ich dachte, es gibt dafür Extravarianten", murmelt das Ömchen. "Ja, aber die laufen glaube ich nicht im öffentlichen Kino, Großmutter", sagt Angel ganz ruhig und legt den Kopf auf den Tisch, als ob er müde sei. "Auf einer DVD gibt es aber diese Funktion", erinnere ich die beiden, doch Angel weiß es ohnehin schon. Es ist ein wenig komisch wenn man weiß, dass man im Grunde unerwünscht ist.
Angel lässt mich seine Unlust spüren.
Sicherlich will er mir signalisieren, dass er wirklich nicht möchte und es nur für seine Oma tut. Ich muss irgendetwas machen, damit er mich lieber hat und meine Anwesenheit nicht mehr als störend empfindet.
"Ich will ein Hörspiel hören", murmelt Angel, während er mich in sein Zimmer hier führt. Es ist nicht sehr groß, aber darauf kommt es ihm wohl auch nicht an. Hörspiele sind nicht so meine Stärke, aber danach könnte ich mit ihm darüber reden und wir hätten ein Gesprächsthema. "Du kennst hier wohl jede Wand auswendig", sage ich freundlich gestimmt und setze mich auf seine Erlaubnis hin auf das unglaublich weiche Bett. Es ist weiß bezogen und einen kleinen Kleiderschrank mit irgendeinem komischen Gerät daneben hat er auch. Auf einem Tisch vor dem Bett steht ein silberner CD-Player, daneben viele CDs. "Was ist das?", frage ich und sehe auf das Ding am Schrank, doch er kann ja nicht sehen, was ich meine ...
Daran werde ich mich wohl noch gewöhnen müssen.
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