Kapitel 3: Können wir damit noch warten?
Der Tag ist gut geglückt - Ich weiß, dass das Kerlchen sich morgens früh an der Bahn aufhält und habe damit einen ersten Anhaltspunkt. Zuhause tüftle ich mir einen Plan aus, wie ich mir den Jungen über das Ding reißen kann. Er ist von mir weg gerückt, als er bemerkt hat, dass ich neben ihm stehe und scheint nicht sehr gesprächig bei Fremden zu sein.
Fazit: Er ist die erste Zeit schüchtern und eventuell etwas misstrauisch, ich weiß noch nicht.
Bei solchen Personen muss man Komplimente machen und ihnen von Anfang an das Gefühl von Sicherheit geben, das weiß ich schon. Umso schneller sie dir vertrauen und denken, dass du sie attraktiv findest, umso eher fühlen sie sich wohl und spreitzen die Beine für dich.
Morgen werde ich also wieder zur Bahn gehen, mich nett mit der Oma unterhalten und Angel sagen, dass er sehr gut fahren kann und wie toll ich das finde. Ist nur teilweise gelogen, denn er kann wirklich sehr gut auf dem Eis fahren - besser als viele, die sehen können. Daher meinen Respekt, aber dass ich das toll finde ... Eigentlich ist es mir egal, ob er irgendetwas besonders gut kann, was er mag und eben nicht ... Das ist nur solange wichtig, bis ich Ray eine Audio mit unseren erregten Stöhnen schicken kann.
Wie gestern gehe ich morgens um halb sieben den eisigen Weg entlang und schlüpfe unter der Absperrung der geschlossenen Eisbahn hindurch. Ich sehe die Dame bereits von weiten, winke und rufe ihr freundlich ein "Guten Morgen!" zu. Doch bevor ich näher zu ihr kann, fährt Angel, der hier übt, zu ihr an den Rand und sagt ihr irgendetwas. Sie nickt und beide gehen, gefolgt von mir, auf die Bänke, wo Angel sich sofort daran macht, sich die Schlittschuhe auszuziehen.
Ich setze mich direkt neben Angel und mache meine Pläne wahr. "Du fährst richtig, richtig gut. Schon wie ein Profi." Er antwortet mir nicht, sondern zieht sich mit unnatürlicher Eile die Schuhe aus und hält sie dieses mal in die richtige Richtung. Die Dame kichert und nimmt sie, während sie an seiner Stelle zu mir spricht: "Angel fährt tatsächlich bei Wertkämpfen mit und hat schon einiges gewonnen!"
Ich runzle kurz die Stirn und rücke dichter an Angel heran, welcher noch schneller seine Straßentreter zusammenbindet und die Schlittschuhe in ihren Koffer packt, nachdem er diese seiner Oma abgenommen hat. "Wirklich? Und das blind? Respekt!"
Als ob ich nicht bemerken würde, dass Angel so schnell wie möglich von mir weg will ... Warte es nur ab, Junge! Bald wirst du dir wünschen mich in dir zu spüren!
Wieder tut Angel so als hätte er mich nicht gehört, nimmt seinen Blindenstock und verlässt die Eisbahn.
Die Frau lächelt mich an und winkt ab. "Nimm es nicht persönlich", murmelt sie lächelnd. "Er ist bei Fremden immer so. Bis dann."
Auch sie geht und lässt mich alleine hier sitzen. Dass Angel bei Fremden so ist, hatte ich auch schon ohne deine Hilfe gewusst.
Ich sehe mich um und seufze. Der Tag hat sich nicht wirklich gelohnt, nein. Morgens um sechs aufstehen und zur Eisbahn laufen, nur um ignoriert zu werden ... Schon blöde. Ich denke nicht, dass Angels Reaktion auf mich morgen anders aussehen wird, also muss ich mir wohl etwas anderes überlegen, als ihm bloß zu sagen, dass er gut Eislaufen kann.
Ich bin ziemlich optimistisch, dass Angel sich noch um mich reißen wird, doch die Anfangsphase einer solchen Sache ist immer so nervig ... Man muss immer solange herumreden, anfänglich kuscheln und sich gelegentlich ein "Können wir damit noch warten?" reinziehen ... Hier geht es jedoch um meine Würde und so muss ich wohl oder übel dran bleiben.
Im Laufe des Tages ruft Ray mich an und rülpst zur Begrüßung laut in den Hörer. Es ist eine Mischung aus Erbrechen, Aufstoßen und Rauschen, als hätte er sich das Telefon in den Rachen gesteckt. Ich lache und lasse mich auf die kuschelige, warme Coach vor meinen Fernseher fallen.
"Hast ihn schon über'n Pisser gerissen?", ist das erste, was er fragt. Angel wird Gesprächsthema Nummer Eins, genau wie die sonstigen Gewetteten davor. Ray und ich reden bei so etwas über fast gar nichts anderes mehr!
"Nope, hat noch kein Wort mit mir gewechselt und tut auf dem geheimnisvollen Stillen. Ey, ey! Halt dich fest, alter", lache ich laut und gestikuliere, obwohl Ray nur am Telefon ist. "Er heißt ... Angel!"
Ray lacht ebenso. Ich wette, dass er sich gerade zurückwirft. "Dein Ernst?"
"Ja, mann! Sein Name ist Angel und er ist Eiskunstläufer und der fährt immer morgens früh, wenn du dir deine Morgenlatte noch wegreiben musst!" Wir können uns kaum halten vor Lächterei.
"Na ja, noch mag er mich nicht, aber das kommt", sage ich nach einer Weile außer Puste und mit Bauchschmerzen vom vielen Lachen.
"Klar, sonst bist du ein Ehrenloser ohne echte Eier. Kein schleimiges Fötzchen der Welt, außer die einsamen bepickelten, die niemand will, wird sich noch um deinen Magicstick zoffen." Ich seufze und schon bald legen wir auf. Ich werde dir schon zeigen, wie gut ich im Herumkriegen bin.
Wieder an der Eisbahn, morgens früh, sage ich nicht laut Hallo, um mich nicht anzukündigen und Angel auf mich aufmerksam zu machen - sonst läuft er wieder vor mir weg. Ich habe die Nacht noch überlegt, wie ich mir Zeit verschaffen kann mit ihm zu sprechen und habe recht schnell eine Lösung gefunden. Ich lade seine Oma zum Tee oder Kaffee ein und er muss zwangsläufig mitkommen ... Hehe. Vielleicht nicht besonders kreativ, aber wahrscheinlich sehr wirkungsvoll. Vielleicht kann ich sie auch mal irgendwie besuchen und mich dann an Angel dran hängen.
Die alte Frau sieht mich erst, als ich genau neben ihr stehe und scheint sich kurz zu erschrecken. "Oh, der junge Mann von Neulich", lächelt sie mir zu und sieht auf das Eis zu Angel, der wie immer seine Runden dreht und dabei fehlerfrei elegante Sprünge und andere Tricks macht, wie auf nur einen Bein zu fahren und sich das andere über den Rücken auf die Schulter zu legen. Oh, also ist er gelenkig. "Dann sollte er die Beine ja ganz breit kriegen", kichere ich und stoße auf einen fragenden Blick. "Wie bitte?"
Fuck, habe ich etwa laut gedacht?
"Äh.." - "Angel ist sehr gelenkig, ja. Aber das ist viel Übung und für die Wettbewerbe muss er auch Spagate können." - "Ja! Cool!"
Wäre es peinlich gewesen, hätte ich mich herausreden müssen ... "Ich würde Angel gerne näher kennenlernen", gehe ich einfach in die Offensive und ändere damit meine Taktik. Nichts mit Kaffee mit Omis saufen. "Ach?", sie lacht auf und zur selben Zeit stockt Angel. Er hat sie wohl gehört.
"Ist das so?"
"Ja", gebe ich zurück, kratze mich bewusst am Hinterkopf und sehe verlegen weg, als ob es mir unangenehm wäre, das auszusprechen und ich damit niedlicher gegenüber dieser Alten rüberkomme. "Ihr jungen Leute", kichert sie. "Ich frage ihn gerne."
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