9. Und du hast heute Morgen einen Clown gefrühstückt?
Hermine Granger p.o.v.
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Heute Morgen beim Frühstück bin ich erneut meinen Plan durchgegangen und hätte mich bei Dracos Anblick beinahe an meinem Tee verschluckt. Sein Umhang war zerknittert, die Krawatte schief und seine Haare mehr als durcheinander. Und er sah noch genervter, als an den letzten Tagen aus. Das Ganze nahm ich grinsend zur Kenntnis und dachte mir dabei meinen Teil. Ich wollte nicht darüber nachdenken, aus welchen Gründen er vielleicht schlaflos gewesen war.
Die Stunde Geschichte der Zauberei hingegen war weit weniger spannend gewesen. Es hatte sich nichts an Cuthbert's Art zu Unterrichten geändert und er würde sie wahrscheinlich auch nicht verändern, wenn ich ihm sagen würde, dass es mir so nicht passt. Daher fiel meine Beurteilung objektiv betrachtet nüchtern aus.
Umso mehr freute ich mich deshalb auf Verteidigung gegen die dunklen Künste, mit zügigem Gang und Vorfreude in den Gliedern marschierte ich in die Kerker und stehe nun neben dem verschlafenen Ex-Todesser, der sich den Kopf im Schrank anschlägt, weil ich ihm auf die Schulter getippt habe.
≫Und du hast heute Morgen einen Clown gefrühstückt, oder was?≪, mürrisch zieht er seine Augenbrauen zusammen, eine Hand liegt noch immer auf dem Bücherstapel.
≫Nein, aber du scheinst heute verschlafen zu haben. Siehst du immer so durch den Wind aus? Wenn ja, dann muss ich das wohl in meine Beurteilung schreiben.≪, sage ich halb tadelnd, halb scherzend. Neben seiner üblich grummeligen Art wirkt er sehr nervös. Aber wenn er seinen Unterricht gut macht, hat er eigentlich keinen Grund dazu. Noch immer sieht er mich wütend an. ≫Wo darf ich sitzen?≪, frage ich, um ihn abzulenken, er fährt damit fort ein paar Bücher zu stapeln und antwortet mir währenddessen, zum Schrankinneren gewandt.
≫Mir egal, nimm zumindest keinem anderen Schüler den Platz weg.≪
Unentschlossen drehe ich mich um und beobachte die Schülermasse, die sich schleppend im Zimmer verteilt. Kurz vor Unterrichtsbeginn, bis dahin habe ich Draco beim Austeilen der Bücher beobachtet, nehme ich mir den leeren Sitzplatz in der zweiten Reihe am Fenster und mache mir Notizen. Heute handelt es sich um eine sechste Klasse mit gemischten Häusern für den UTZ im nächsten Schuljahr. Wie ich von Septima erfahren habe, lässt Draco nur Schüler zu, die wenigstens ein ‚Erwartungen übertroffen' in ihrem allgemeinen Zaubergrad erhalten haben.
≫Würdet ihr bitte leise sein? Danke.≪, ich bin beeindruckt, denn es ist sofort still. Anscheinend wird er als Autoritätsperson wahrgenommen. Teilweise verträumte Schülerinnen zeigen auch, dass er mehr als nur der gefürchtete, ehemaliger Todesser ist. Ich muss mich wirklich anstrengen, um nicht mit meinen Augen zu rollen, weil ich das ein wenig albern finde.
Dennoch nehme auch ich ihn noch einmal genauer in Augenschein. Wahrscheinlich hat er nach dem Frühstück einen Zwischenstopp vor einem Spiegel gemacht, denn seine Krawatte ist inzwischen gerichtet, die Haare gekämmter, aber auch zur Hälfte von einem dunkelgrünen Spitzhut verdeckt. Seinen zerknitterten Mantel hat er auf seinem Pult abgelegt, also trägt er nur noch eine Anzughose und ein weißes Hemd mit grüner Nadelstreifen-Krawatte, die Ärmel zur Hälfte hochgekrempelt.
Kurz vergesse ich wohl unsere gemeinsame Vergangenheit und gebe mich komplett der Betrachtung seines Erscheinungsbildes hin. Gerade bin ich bei seinen Schuhen angekommen, da bemerke ich eine verdächtige Stille im Raum. Nach kurzem Blick auf die Schüler sehe ich, dass es eine Aufgabe im Buch gab und Draco mich mit erhobener Augenbraue ansieht. Ist das peinlich. Ich schüttele kurz meinen Kopf, damit er klarer wird und tue so, als würde ich mir Notizen machen. Noch einmal sehe ich zu ihm nach vorn, mit neutralem Gesichtsausdruck zeigt er mit seinem Zauberstab auf die Tafel, an der die Seite im Buch steht, die zu bearbeiten ist. Verlegen nicke ich und überfliege ebenfalls kurz die Seite zu Incubus und Sukkubus, dem heutigen Thema der Stunde. Dracos Stimme unterbricht meine Gedanken nach einiger Zeit.
≫Also ich nehme an, ihr habt nun die Aufgaben bearbeitet. Wer kann mir die Unterschiede zwischen Incubus und Sukkubus nennen?≪, geschäftig lehnt er sich an sein Pult, den Zauberstab in der Hand, um Stichworte an der Tafel zu notieren.
Eine braunhaarige Schülerin meldet sich, mit einer Handbewegung bedeutet er ihr zu sprechen: ≫Ein Incubus ist ein männlicher Dämon, der als Stellvertreter Satans gilt und sich nachts mit schlafenden Frauen paart. Eine Sukkubus ist der weibliche Gegenpart, der den Samen von schlafenden Männern stielt. Die Sukkubus ist schön und menschenähnlich, besitzt jedoch Hörner, einen Schwanz und kleine Flügel.≪, während sie spricht nickt er zustimmend und notiert entsprechende Informationen an die Tafel.
≫Sehr gut, sehr gut, Miss Grant. Fünf Punkte für Hufflepuff. Wer kann mir sagen, wie man sie in die Flucht schlägt?≪, interessiert wandert sein Blick über die Menge und bleibt an mir hängen. ≫Professor Granger? Wie wäre es, wenn Sie meine Frage beantworten.≪, er möchte also meine innere Streberin kitzeln, das kann er haben.
≫Sehr gern, Professor Malfoy. Da sowohl Incubus als auch Sukkubus den schlafenden Menschen angreifen, wirken aktive Zauber nicht. Er könnte zwar von einem Dritten ausgeführt werden, allerdings greifen die Dämonen nicht an, wenn sich eine wache Person im Raum befindet. Es empfiehlt sich daher die Anwendung von verschiedenen Schutzzaubern, die während der Nacht bestehen oder auch die Verwendung diverser Salze, Kerzen und Weihwasser um den Schlafraum zu reinigen. Besonders gut eignet sich ein Altar mit Bergkristallen und indigofarbenen Kerzen.≪
≫Wie ich sehe sind Sie noch immer in Form Professor, fünf Punkte für Gryffindor.≪, anerkennend kreuzt er seine Arme vor der Brust, denn die Antwort seiner Frage befindet sich erst am Ende des Kapitels, das nicht zur Aufgabe gehört und das deshalb auch noch niemand gelesen hat. ≫Nun, knüpfen wir an die von Professor Granger erwähnten Abwehrmaßnahmen an und beschäftigen uns mit Schutzzaubern, schlagt bitte Seite 415 auf und das ohne zu reden Mister Walsh!≪, einzelne Schüler beginnen zu flüstern nachdem ich fünf Punkte für mein altes Haus erzielt habe und verstummen, weil Draco sie ermahnt. Niemand scheint sich ihm widersetzen zu wollen und das plättet mich noch mehr. Eifrig notiere ich meine Beobachtungen und folge der restlichen Stunde mit Begeisterung.
Nie hätte ich gedacht, dass er einen so guten Unterricht halten würde. Er war zwar bei weitem nicht herausragend, aber er erläuterte den Schülern alles Wissenswerte und ließ keinen Fakt unbeachtet. Sicher war er nicht super begeistert bei der Sache, aber wer ist das schon, wenn er über Jahre immer wieder den gleichen Unterrichtsstoff aufbereiten muss. Verteidigung gegen die dunklen Künste ist leider auch überwiegend auf Theoriestunden angewiesen. Lupin handhabte das zwar anders, aber er war damit leider die Ausnahme.
Nach der Stunde reiche ich ihm eine Kopie meiner Aufzeichnungen. Die Schüler sind bereits gegangen und Draco sortiert seine Pergamentrollen.
≫Du unterrichtest ziemlich gut, die Schüler hängen regelrecht an deinen Lippen.≪, lobe ich ihn. Er sieht zu mir.
≫Findest du? Minerva hat immer gesagt mein Unterricht sei in Ordnung. Nicht mehr und nicht weniger.≪, schulterzuckend verstaut er die Rollen in einer Umhängetasche.
≫Sie hat vielleicht auch einfach mehr Erfahrung. Oder hatte.≪, bedrückt knibbele ich an meinem Fingernagel und räuspere mich.
≫Ja, das hatte sie wohl.≪, trübsinnig stützt er sich mit seinen Händen auf seinem Pult auf, den Rücken zum Klassenraum. Kurz lässt er seinen Kopf hängen, sieht mich dann aber wieder an. ≫Hör mal ich muss noch die Bücher wegräumen und dann den Raum abschließen, vielleicht gehst du lieber schon zum Mittagessen.≪
Seine Aussage verwirrt mich ein wenig, eigentlich hatte ich nicht vor noch viel länger zu bleiben, nur seine bedrückte Erscheinung hatte mich wohl davon abgehalten. ≫Ich... wollte sowieso gehen. Lies meine Notizen und wenn du Fragen hast, du weißt wo mein Büro ist.≪
Nachdem ich meinen Satz beendet habe, gehe ich aus dem Klassenzimmer zur großen Halle. Minervas Tod berührt ihn mehr als ich es erwartet habe. Gerüchte sagen, sie habe ihn dazu gebracht das Jahr zu beenden und bei ihr eine Ausbildung als Lehrer zu beginnen. Vielleicht stimmen die Gerüchte ja.
Nach dem Mittagessen wird es Zeit, dass ich mir eine Besenflugstunde bei Rolanda ansehe. Noch nie war mir beim Fliegen sonderlich wohl gewesen, daher hoffe ich einfach, dass sie mich nicht dazu zwingt ebenfalls einen Besen zu besteigen.
Pünktlich gehe ich mit wehendem Umhang in den Hinterhof zu der großen Wiese, auf der Rolanda ein paar Besen verteilt.
≫Hallo Hermine! Schön, dass du uns heute begleitest.≪
≫Freut mich auch, Rolanda.≪, lächelnd gehe ich auf sie zu. Sie wirkt genauso dynamisch und energiegeladen, wie zu meiner Schulzeit, was ich nur bewundern kann. Ob ich auch so lang durchhalten werde? ≫Was hast du heute mit den Schülern vor? Welche Klasse wird heute unterrichtet?≪
≫Heute sind es die ersten Klassen der Häuser Hufflepuff und Ravenclaw. Wir üben das Ausweichen. Dazu werde ich ein paar Felsen schweben lassen, die als eine Art Parcours dienen sollen, ich hoffe du wirst mir dabei helfen!≪, ich beobachte, wie sie zu den Felsen geht, die bereits startklar am Rand des Geländes platziert sind. An diese Stunde kann ich mich noch genau erinnern, sie war die Hölle für mich. Einmal war ich so knapp ausgewichen, dass ich fast mit Draco zusammengestoßen wäre, der mich natürlich ewig damit aufzog, ich würde etwas von ihm wollen oder dergleichen. Seufzend helfe ich Rolanda beim Schweben der Felsen. Sie erklärt den Schülern die Vorgangsweise der heutigen Stunde, mit einem Testlauf ihrer Wenigkeit, um die Manöver zu demonstrieren. Ich beobachte alles interessiert, schließlich kann ich mir erst am Ende der Stunde Notizen machen, weil ich permanent die Positionen der Felsen korrigieren muss.
Insgesamt wirken alle recht fähig. Nur ein oder zwei der Piloten erwischen mich fast mit ihrem Reisig, aber darüber kann ich hinwegsehen. Rolanda macht eine gute Arbeit. Auch ihr händige ich eine Beurteilung aus, danach gehe ich in mein Büro, da ich langsam ziemlich fertig bin. Ich frage mich, wie ich das Pensum zu meiner Schulzeit durchstehen konnte.
Dennoch ist mein Arbeitstag noch nicht vorbei und ich stürze mich auf Minervas Unterlagen, beginne die Planung meiner Stunden. Für jede Klassenstufe gibt es entsprechende Pergamentrollen. Gerade habe ich sieben verschiedene Pläne und theoretische Grundlagen vor mir liegen und versuche nicht die Fassung zu verlieren. Gleichzeitig den Unterricht für sieben Klassenstufen zu planen ist mehr als schwierig. Außerdem stelle ich fest, dass ich diverse weitere Literatur benötigen würde, denn ein paar wenige Wissenslücken weise ich doch noch auf.
~*~
A.N.: Wie habt ihr euch Dracos Unterricht vorgestellt? Unfair und hart oder ganz anders?
btw, ich habe vor zwei Wochen eine Two-Shot (gibts das eigentlich? Haha) Dramine geschrieben und werde sie zu Halloween hochladen. Sie handelt ganz zufällig ebenfalls an Halloween.
(Wird mein Kontingent an Cheesy Dramine-Ideen jemals aufgebraucht sein? Ich glaube nicht)
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