19. Verschwindet!
Hermine Granger p.o.v.
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Zerstreut haste ich durch die Korridore, die zu meinem Büro führen. Ich kann es einfach nicht fassen, dass ich Draco so ungeniert betatscht habe. Und dann hat sich die Luft so aufgeladen wie nach einem von Weasleys wildfeurigen Wunderknallern angefühlt. Oh nein, das ist alles ganz schlecht. Denke ich und setze meinen Weg fort, verfalle fast in einen Lauf, weil ich mich nicht beherrschen konnte, als ich auf Dracos Bettkante saß. Was ist nur mit mir los? Ständig starre ich ihn an und jetzt kommt noch dazu, dass ich ihn anfasse. Langsam habe ich das Gefühl, dass jemand Eisenspäne in meinem Essen versteckt und Malfoy der dazugehörende Magnet ist. Er ist ein blonder Scheißkerl, der mein Kollege ist. Ich sollte das alles schleunigst unterbinden, bevor es die Überhand gewinnt. Immerhin bin ich die Chefin und er der Angestellte ehemalige Todesser, der mich jahrelang beleidigt und schikaniert hat. Genau. Entschlossen nicke ich mir selbst zu und betrete mein Büro.
Dass ich mit Draco noch über die andere Ausgabe des Buchs der verbotenen Abteilung reden wollte, ignoriere ich einfach und beschäftige mich stattdessen mit ein paar Unterlagen, die sich in den letzten beiden Tagen auf meinem Schreibtisch gestapelt haben. Ein Antrag für Teleskope da, ein Brief des Ministeriums hier. Ich sehe noch immer kein Ende, was meine Arbeit betrifft, aber ich denke, ich werde der Bibliothekarin Irma einen Besuch abstatten und sie wegen des Zaubers befragen, der die Bücher der verbotenen Abteilung schreien lässt.
Am Nachmittag begebe ich mich dafür in den vierten Stock und schlüpfe durch die prunkvolle Holztür. Geradewegs steuere ich Irmas Pult an, das momentan verlassen ist, weil sie im Gang für Wahrsagen ein paar Schüler zusammenfaltet.
≫Verschwindet! Ihr bekommt für eine Woche Hausverbot!≪, wettert sie ungestüm.
Ein wenig verblüfft beobachte ich die Situation und die drei Schüler, die mit verängstigten Gesichtern die Flucht ergreifen. Irma meint es mit ihrem Beschützerinstinkt immer etwas zu gut, vielleicht sollte ich diesbezüglich ein Wort mit ihr wechseln? Als sie mich sieht nickt sie geschäftig und wendet sich zum Pult. Anscheinend rechnet sie nicht damit, dass ich wegen ihr gekommen bin.
≫Mrs. Pince!≪, rufe ich, worauf sie stehen bleibt und mich fragend ansieht. ≫Ich würde Sie gern etwas fragen... es betrifft die Bücher der verbotenen Abteilung.≪
≫Moment, wir gehen in mein Hinterzimmer.≪, antwortet sie mystisch und geht voran. Ich folge ihr auf dem Schritt und schließlich stehen wir in einem hübschen Büro, dass ein großes Fenster mit Blick auf die Wälder offenbart. ≫Welche Frage haben Sie?≪
≫Ich denke Sie werden davon gehört haben, dass vor nicht allzu langer Zeit ein paar Schülerinnen in der verbotenen Abteilung erwischt wurden.≪
≫Ja. Es ist mir ein Rätsel, eigentlich ist die Tür immer gut verschlossen.≪, sie schüttelt ihren Kopf fassungslos.
≫Was Draco und mir noch aufgefallen ist... die Bücher haben nicht auf sich aufmerksam gemacht. Ich war seit mehreren Stunden in der Bibliothek und habe keinen Mucks gehört.≪, grübelnd streiche ich über mein Kinn. ≫Vielleicht gibt es einen Zauber, der neben einer Erlaubnis den Schutz durch unbefugtes Aufschlagen außer Kraft setzt?≪
≫Natürlich gibt es den. Es gibt kaum einen Zauber, für den es keinen Gegenzauber gibt.≪, schnippisch steht sie auf und verlässt ihr Büro. Ich halte ihr Verhalten für höchst eigenartig, folge ihr aber dennoch zu ihrem Pult im Lesesaal. Sie öffnet eine der Schubladen und wühlt darin herum, offenbar auf der Suche nach einem Blatt Pergament. Nachdem sie es nach mehrmaligem Blättern nicht finden kann, dreht sie sich schnaubend um, bedeutet mir ihr zu folgen und wir kehren zurück in das Hinterzimmer. Penibel achtet sie darauf, dass die Tür komplett geschlossen ist, sie fährt mit leiser Stimme fort.
≫Jemand muss es gestohlen haben.≪
≫Was gestohlen?≪
≫Die Pergamentrolle mit dem entsprechenden Zauberspruch. Ich bewahre ihn für Notfälle auf, falls ich ihn vergesse, was natürlich nie passiert. Jedenfalls müssen mich ein paar Schüler abgelenkt und ihn gestohlen haben.≪, sie sieht sehr wütend aus, als sie das sagt.
≫Gab es in den letzten Wochen auffällige Vorkommnisse?≪
≫Es gibt immer wieder Schüler, die der Meinung sind mit ihren, vom Pudding klebrigen Fingern-≪
≫Nein, nein. Ich meine größere.≪
≫Vor zwei Wochen hat jemand versucht eines meiner Bücher anzuzünden. Es ist unfassbar! Haben es einfach auf dem Boden in Flammen aufgehen lassen. Natürlich kann das meinen Büchern nichts anhaben, weil sie feuerfest sind, aber-≪
≫In welcher Abteilung war das? Haben Sie die Schuldigen erwischt?≪, ich unterbreche sie, jedes Mal fällt sie in Rage über Kleinigkeiten, die überhaupt nicht wichtig sind. Säuerlich verzieht sie den Mund.
≫Es war in der Abteilung für Zauberkunst. Und nein, leider nicht. Haben sich direkt aus dem Staub gemacht und mich das Feuer löschen lassen. Wenn ich die in die Finger bekomme...≪, aufgebracht schlägt sie mit einer Faust auf den Schreibtisch zu ihrer Rechten. Diese Frau ist eindeutig jähzornig.
≫Vielen Dank auf jeden Fall... Würden Sie die Tür zur verbotenen Abteilung neu sichern und mir Ihre Maßnahmen dann mitteilen? Ich muss auch die anderen Lehrkräfte darüber informieren.≪
≫In Ordnung.≪
≫Noch eine Sache: Woher könnten die Schüler von der Existenz des Gegenzaubers wissen?≪, langsam will ich mich wirklich aus ihrer Gegenwart entfernen, die ist nämlich nicht wirklich angenehm. Andererseits sorgt sie mit 150 prozentiger Wahrscheinlichkeit dafür, dass niemand die Bücher beschädigt und das ist sehr lobenswert.
≫In Geschichte Hogwarts' gibt es möglicherweise einen Abschnitt darüber, aber nur in einer sehr alten Ausgabe. Der wurde später entfernt.≪, geschäftig rückt sie die Brille auf ihrer Nase höher.
≫Vielen Dank.≪, wir nicken uns zu und ich verlasse Irmas Büro so schnell es geht.
Auf meinem Weg durch das Schloss denke ich über alles nach. Wahrscheinlich haben sie durch Zufall von dem Gegenzauber gelesen, Irma dabei beobachtet, wie sie etwas in ihrem Pult verstaut und dann das Ablenkungsmanöver genutzt, um den Zauberspruch zu entwenden. Mit Glück konnten sie sich Zugang zur verbotenen Abteilung verschaffen und haben dann mit dem Zauber die Bücher lesen können, ohne Aufsehen zu erregen. Aber was haben sie herausgerissen? Ich muss morgen unbedingt in eine Bibliothek außerhalb dieser Mauern reisen und nach einem zweiten Exemplar suchen. In der British Library, die nebenbei bemerkt die größte Sammlung verschiedener Werke der Welt ist, gibt es zusätzlich eine Abteilung des Zaubereiministeriums, die ebenfalls die größte der Welt darstellt und sich über die Etagen -6 bis -20 erstreckt. Weitere Außengebäude, die kleine spezielle Teile magischer Literatur beinhalten befinden sich an anderen Standpunkten der British Library. Da die Sammlung jedoch so ein immenses Ausmaß hat, muss ich Draco wohl oder übel um seine Begleitung bitten. Neville könnte ich zwar auch fragen, aber seine Art zu recherchieren ist mir aus diversen Gründen nicht gründlich genug. Außerdem ist Draco so involviert, dass ich ihm neue Erkenntnisse nicht verwehren möchte.
Beim Abendessen führe ich zunächst über eine halbe Stunde ein Gespräch mit den anwesenden Lehrern, darunter Neville, über den Ausflug in Irland, bei dem Draco, Neville und ich vor einer Acromantula geflüchtet sind. Irina ist wie immer mehr als desinteressiert, Hagrid dagegen verpasst Neville vor Lachen einen, so wie es aussieht, schmerzhaften Schlag gegen die Schulter. Die Geschichte mit meinem Ellenbogenhieb in Dracos Magen lasse ich sicherheitshalber außen vor, immerhin will ich nicht von ihm dafür gelyncht werden. Als etwas Ruhe eingekehrt ist beobachte ich die Ravenclaw Mädchen besonders genau. Leider sitzen sie ziemlich weit von mir entfernt und das macht es nicht gerade einfach.
≫Wen beobachtest du denn da?≪, fragt mich Septima unerwarteterweise.
≫Harris und Price. Die Mädchen, die vor ein paar Nächten in der verbotenen Abteilung waren. Sie haben eines der Bücher beschädigt und Informationen entwendet.≪, erkläre ich mit gesenkter Stimme.
≫Ist doch nicht weiter schlimm. Sie werden durch das Nachsitzen schon verstehen, dass sie dort nichts zu suchen haben.≪
≫Ich weiß noch nicht welche Informationen es waren, vielleicht waren sie umsetzbar?≪, mit gehobener Augenbraue mustere ich die Ältere.
≫Frag sie doch, was sie gestohlen haben.≪, auf diese Bemerkung kann ich nur freudlos auflachen.
≫Meinst du sie sagen die Wahrheit und geben mir, wonach ich suche?≪
≫Auch wieder wahr. Halt mich auf dem Laufenden.≪, damit ist das Gespräch für sie beendet und sie schneidet weiter an ihrem Hackbraten herum. Ich widme mich wieder meinem eigenen Essen, das aus einer Kürbispastete besteht.
Nachdem ich den letzten Bissen vertilgt habe, lehne ich mich noch kurz zurück, denn mein Glas mit Wein ist noch halbvoll. Zufrieden lasse ich meinen Blick über die Schüler schweifen, die harmonisch an ihren Tischen sitzen und sich unterhalten. Irgendwann habe ich das Gefühl beobachtet zu werden und wende mich intuitiv nach rechts, um dann in Dracos graue Augen zu sehen. Die unangenehme Begegnung des Vortags spielt mir noch übel mit und ich überlege kurz, ob ich ihn nicht einfach ignorieren soll. Dann macht er allerdings eine ruckende Bewegung mit seinem Kinn zur Tür. Ich nehme an, das heißt ‚komm, ich muss mit dir reden' . Fragend lege ich meinen Kopf schief, da wiederholt er die Geste energischer und gestikuliert zusätzlich mit Händen und Schultern. Verstohlen sehe ich mich um, ob jemand dieses merkwürdige, nonverbale Gespräch verfolgt und nicke ihm dann zu. Ich leere mein Glas in einem Zug, stehe auf und mache als ich ihn passiere eine Handbewegung: ‚folge mir'. Was er auch tatsächlich tut.
Wir verlassen gemeinsam die große Halle. Nachdem die Tür hinter uns ins Schloss fällt, einige wenige Schüler beobachten das interessiert, macht er einen Vorschlag:
≫Lass uns in deinem Büro reden, ich muss dir was erzählen.≪
≫Okay.≪, sage ich schulterzuckend und nehme seinen Arm. Wir apparieren direkt vor die Tür, betreten den runden Raum und setzen uns an meinen Schreibtisch.
≫Ich muss dir auch was erzählen.≪, füge ich an seine Bemerkung von vor einer Minute an.
≫Dann fang an.≪
≫Irma sagt es gibt einen Gegenzauber. Sie hat ihn auf einem Blatt Pergament in ihrem Pult aufbewahrt, das ist jedoch verschwunden. Wahrscheinlich wurde sie während eines Ablenkungsmanövers bestohlen. Und sie hat vor die Abteilung besser abzusichern, damit nicht Schüler nicht nochmal unbefugt eintreten.≪
≫Jaah... also was das angeht...≪, verunsichert verzieht er seinen Mund und runzelt seine Stirn. Resignierend seufze ich.
≫Nun sag schon.≪, in Erwartung an eine Erklärung bette ich meine Stirn auf meiner Hand, die ich auf meiner Armlehne abstütze.
≫Ich glaube ich habe am Wochenende davor nicht richtig abgeschlossen, deshalb konnten sie so einfach rein. Dass Irma das nicht bemerkt hat, wundert mich allerdings.≪
≫Ok, fein. Das geht hiermit auf deine Kappe. Haben die Mädchen eigentlich schon einen Termin zum Nachsitzen?≪
≫Filius hat sie bereits gestern ins Pokalzimmer gescheucht, als ich ihn heute danach gefragt habe.≪, wenigstens das klappt.
≫Und was wolltest du mir sagen?≪, abwartend mustere ich ihn. Er hängt genauso entspannt wie beim letzten Mal in dem Stuhl mir gegenüber, hält sich im Gegensatz dazu nur den Bauch. Die Schmerzen scheinen ihn noch immer zu beschäftigen.
≫Ich habe die Schüler Harris, Price, Dunn und Wilson heute im Wald belauschen können. Die Erkenntnisse, die ich aus dem Gespräch ziehen konnte sind durchaus spannend.≪, er lächelt schelmisch und verschränkt seine Hände, die auf seiner Magengegend ruhen.
≫Die wären?≪
≫Das Acromantula Gift haben sie erfolgreich besorgt. Dafür wollten die Jungen offenbar ihr Date einlösen, aber Harris und Price haben noch etwas vor und brauchen jemanden, der für sie aufpasst. Und anscheinend wissen sie davon, dass Dunn und Wilson Vielsafttrank brauen wollten und erpressen sie damit. Wilson meinte, wenn der Plan in die Hose geht, werden sie sie auf jeden Fall verpfeifen.≪
≫Das sind viele Erkenntnisse. Klasse.≪, ich nicke beeindruckt. ≫Jetzt müssen wir nur noch rausfinden, was sie vorhaben. Ich hatte das ja eigentlich für heute geplant, aber aufgrund der Vorkommnisse wollte ich nun morgen den Ausflug in die British Library machen. Ich will nach einer anderen Ausgabe der Autobiografie von Herpo dem Üblen zu suchen und ich will, dass du mich begleitest.≪, Erkenntnis erscheint in seinem Gesicht, als würde er das erste Mal davon hören. Schnell hat er das jedoch überspielt.
≫Willst du nicht lieber Neville mitnehmen?≪, fragt er zweifelnd. Oh ja, den würde ich lieber mitnehmen, aber leider ist er mir nicht ernsthaft genug.
≫Der hat keine Zeit.≪, jetzt lüge ich auch noch. Aber ich will ihm nicht erklären müssen, dass er ein angenehmerer Arbeitspartner ist. Gleichgültig zuckt er seine Achseln.
≫Soll mir recht sein. Wann?≪
≫10:00 Uhr?≪
≫Werde ich dafür extra bezahlt?≪, belustigt zuckt sein Mundwinkel nach oben. ≫Entscheidend ist, dass ich den ganzen Tag mit dir verbringen muss, ich finde das ist schon was wert.≪
≫Dein Ernst? Das kannst du vergessen.≪, ich kann mich nicht zurückhalten und werde ein bisschen lauter. Dann beruhige ich mich direkt wieder, als mir ein weiterer Gedanke kommt: ≫Wenn man bedenkt, dass du dieses Gebäude nie verlässt, wofür willst du extra Geld?≪, jetzt war es an mir, ein Grinsen zu unterdrücken.
≫Für... Dates vielleicht?≪, ach ja?
≫Dates also. Mit wem denn so?≪, ich steige in seine Lüge ein. Ich weiß einfach, dass es eine ist.
≫Weißt du, sie ist seeeehr schüchtern und würde es nicht mögen, wenn ich das meiner Chefin erzähle.≪, überdeutlich und mit erhobenen Augenbrauen nickt er mir zu. Ich erwidere es schmunzelnd.
≫Bei Gelegenheit musst du sie mir vorstellen.≪
≫Vielleicht mache ich das ja.≪
≫Wir würden uns bestimmt gut verstehen.≪, frage ich weiter.
≫Vielleicht würdet ihr das, ja.≪, steigert er sich hinein.
≫Aber, wenn sie doch nichts für dich ist, kannst du auch mich fragen.≪, warte was?! Halt! Stopp! Nein!
≫Vielleicht mache ich das ja!≪, schnarrt er herausfordernd.
≫Ach ja?≪
≫Ja!≪
≫Wirklich?≪, meine Stimme ist durch diesen abstrusen Wortwechsel einige Oktaven höher und ziemlich piepsig.
≫Nächsten Freitag?≪, provozierend lehnt er sich nach vorn. Falls er davon ausgeht ich würde ablehnen, hat er sich geschnitten.
≫Okay, 20:00 Uhr, du holst mich ab.≪
Draco blinzelt verwirrt. Damit hat er nicht gerechnet.
~*~
A.N.: KA-POW! Da hat sich aber jemand reingesteigert. Ich hoffe ihr hattet ein schönes Wochenende und einen schönen 2. Advent!
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