18. Kann ich Ihnen helfen?
Draco Malfoy p.o.v.
~*~
Meine Schritte hallen von den Wänden wider, als ich aus Grangers Büro verschwinde und mich in den Krankenflügel begebe, damit sie Ruhe gibt. Die meisten Schüler befinden sich wahrscheinlich aufgrund des schönen Herbstwetters am See, jedenfalls begegne ich nur vereinzelt ein paar Gruppen, die durch das Gebäude spazieren.
Ärgerlich streiche ich mit einer Hand über meinen Bauch, der wegen Grangers Haken mehr als nur empfindlich ist. Blöder Angsthase, konnte nicht für einen Moment daran denken, dass ich es sein könnte, der sie abholen wollte. Einmal mehr denke ich, dass es besser wäre ihr aus dem Weg zu gehen, nur wird das schwer umsetzbar sein.
Ich stoße die Tür zu Poppys Krankensaal auf. Momentan hält sich hier kein einziger Patient auf, was es mir angenehmer macht. Die Heilerin hat mich anscheinend kommen gehört und kommt sofort auf mich zu.
≫Guten Morgen. Kann ich Ihnen helfen?≪, Poppy und ich pflegen ein eher distanziertes Verhältnis. Sie hat mich noch nie wirklich ernst genommen.
≫Könnten Sie sich meinen Bauch ansehen?≪, frage ich beiläufig.
≫Setzen Sie sich.≪, weist sie mich an und schiebt mich zu einem Bett. Ich ziehe erst meinen Umhang, dann Pullover und Hemd aus. Zischend zieht sie die Luft ein, als sie das violette Ungetüm entdeckt. ≫Was haben Sie denn angestellt?≪
≫Möchte ich nicht drüber reden.≪, murre ich, schließlich ist es das zweite Mal, dass Granger mich ernsthaft verletzt hat und das ist irgendwie peinlich.
≫Wie Sie wollen. Ist es durch einen dumpfen Schlag entstanden?≪, ungehalten drückt sie auf meinen Oberbauch, worauf mir kurz die Luft wegbleibt.
≫Autsch! Ja! Kein Grund absichtlich eine Magenblutung auszulösen!≪, schnappe ich. Mit einem unangenehmen Blick richtet sie sich auf und betrachtet mich weiterhin.
≫Legen Sie sich hin. Ich werde einen Trank besorgen und ein paar Zauber anwenden, dann können Sie gehen. Wann ist das passiert?≪
≫Gestern.≪
≫Da Sie noch aufrecht gehen und sitzen können, wird es nicht weiter schlimm sein und weitgehend von allein abheilen.≪, beendet sie und verschwindet kurz an einen ihrer vollgestapelten Schränke. Kurz, aber wirklich ganz kurz, bemitleide ich mich selbst und frage mich, wieso diese Dinge ausgerechnet mir passieren müssen. Vor allem, weil ich seit Jahren keiner Seele etwas zuleide getan habe. Unter mittelstarken Qualen lasse ich mein Gesicht in meinen Händen ruhen und warte auf Poppys Rückkehr.
≫Dieser Trank ist gegen die Schmerzen und stoppt eventuelle Blutungen. Ich werde kurz ein paar Zauber ausführen.≪, sie reicht mir einen kleinen Becher, dessen Inhalt ich angeekelt schlucke. Die Konsistenz ist äußerst fragwürdig und fühlt sich in meinem Magen wie ein Nadelhaufen an. Nachdem sie mich noch ein paar schmerzhaften Flüchen, meiner Meinung nach, unterzogen hat, kann ich endlich gehen.
Ich erinnere mich auf meinem Weg in die Kerker an den vorherigen Nachmittag, an dem wir nach unserer Rückkehr gemeinsam im Bett eingeschlafen sind, nachdem Granger mich ‚untersucht' hatte. Ihre klaren Ansagen haben mich dermaßen verwirrt, dass ich sie nur anstarren konnte. Es war nicht unangenehm, ihre warmen Hände haben sich, wenn sie nicht gerade auf meinem Magen herumgedrückt hat, fast schon zärtlich angefühlt. Immer wieder merke ich, in welch unangenehme Richtung meine Gedanken abdriften, aber das ist noch nicht alles.
Die Begegnung mit der Acromantula und Grangers Untersuchung waren sehr stressig gewesen, weshalb ich mich zu einer Runde Schlaf entschieden hatte, während sie unter der Dusche unseres Zimmers in der Herberge stand. Aufgewacht war ich allerdings nach ein paar Stunden, aufgrund eines mobilen Heizkessels, der den Namen Granger trägt und sich an mich geklammert hatte. Das Schlimme an der ganzen Sache ist nicht mal, dass sie halb auf mir lag, sondern dass ich im Schlaf ihre Umarmung erwidert hatte und mich, abgesehen von den 40 Grad Körpertemperatur (so kam es mir zumindest vor), wohl gefühlt hatte. Auch wenn ich mich jetzt daran erinnere, spüre ich eine trügerische Hitze in meinem Gesicht, die davon zeugt, dass Grangers weiche Haut sich fantastisch anfühlt. Und ich kann diese Erinnerung nie wieder los werden, nicht einmal durch ein paar Drinks. Glaubt mir, ich habe es ausprobiert.
Zum Glück ist heute Samstag und ich kann mich ohne Zwischenstopp in meine Gemächer begeben. Ich hoffe darauf, dass Granger mir nicht in der nächsten Stunde meine Kleidung vorbeibringen will und lege mich daher in Unterwäsche in mein Bett. Noch immer spüre ich einen dumpfen Druck in meinen Schläfen, der vom Whisky des vorherigen Abends zeugt. Und fast drifte ich in den Schlaf ab, da dringt ein fernes Klopfen an mein Bewusstsein. Nicht jetzt. Verschwinde einfach. Denke ich und drehe mich auf die Seite. Wenige Sekunden später wird die Tür zu meinem Zimmer geöffnet und ich habe genug. Kann man in dieser gottverdammten Schule nicht einmal seine Ruhe haben? Sauer setze ich mich auf und sehe wie Granger, wer auch sonst, in meiner Tür steht und irgendwie besorgt aussieht.
≫Das sind meine privaten Räume. Was willst du?≪, knurre ich.
≫Ich wollte dir deine Sachen bringen und dachte, nachdem du nicht geöffnet hast, dass es dir vielleicht doch schlecht geht und ich nach dir sehen sollte.≪, äußert sie beleidigt. Diese Frau ist unverbesserlich. Will immer ihr Helfersyndrom ausleben.
≫Es geht mir gut. Leg die Sachen hin und lass mich schlafen, es ist Wochenende.≪, verärgert sehe ich sie an. Sie scheint mit ihrem Gewissen zu vereinbaren, ob sie einfach gehen kann oder nicht.
≫Hat sich Poppy um dich gekümmert? Warst du im Krankenflügel?≪, fragt sie skeptisch und kommt neben mein Bett. Dieses Zimmer ist eindeutig ein Ort, der nur mir gehört und deshalb fühlt es sich an, als würde sie ungefragt in meine Privatsphäre eindringen... was sie im Prinzip auch tut.
≫Jaah doch.≪, stöhne ich und hoffe, dass sie endlich geht.
≫Lass sehen, leg dich hin.≪, bestimmt drückt sie mich auf die Matratze und ich gebe nach. Es hilft ja doch nichts. Granger sollte wirklich darauf achten nicht zu herrisch in meiner Gegenwart zu sein, sonst könnte ich die Stimmung ganz schnell umschlagen lassen. Und direkt nachdem ich diesen Gedanken habe, ekele ich mich vor mir selbst. Never fuck with the company.
Sie setzt sich auf meine Bettkante und inspiziert meine Haut genau, die sich langsam von violett in blau verfärbt. Zart legt sie ihre Hand knapp über meinem Bauchnabel ab. Gebannt fixiere ich ihre Finger, die vorsichtig Druck ausüben.
≫Tut das weh?≪, fragt sie leise. Wir wechseln einen Blick und ich habe das Gefühl, dass es zwischen uns knistert. Wo kommt das auf einmal her? Noch immer streichen ihre Finger über meinen Bauch.
≫Granger...≪, flüstere ich heiser, ≫Was tust du da?≪
Ihre Augen weiten sich, verschreckt zieht sie ihre Hand zurück und steht auf. ≫Es scheint dir ja gut zu gehen.≪, sie räuspert sich, ≫Ich verschwinde dann jetzt.≪
Sie geht zu meiner Kommode legt meine feinsäuberlich gefalteten Sachen darauf ab und verschwindet so schnell, wie sie erschienen ist. Ich bin verwirrt. Und irgendwie... geil. Was mich noch mehr verwirrt.
Entgeistert drehe ich mich auf die Seite und versuche diese Situation zu vergessen. Leider bin ich nun hellwach, also stehe ich auf und nehme eine kalte Dusche.
Danach ziehe ich mir einen Schwung frische Klamotten an und gehe nach draußen an den schwarzen See. Meinen Umhang lasse ich aufgrund des angenehmen Wetters zurück. Ich gehe entlang des Ufers auf einem Trampelpfad durch den Wald und genieße die schöne Aussicht Schottlands, die mich immer wieder begeistert. Hin und wieder denke ich an Grangers Finger, die meine Haut fast schon zärtlich berührt haben und noch immer kann ich keine Erklärung dafür finden. Die Situation wird sich hoffentlich bald klären, denke ich und widme mich gedanklich dem Buch über keltische Mythen, das mir einen Gegenzauber für Banshees verspricht. Irgendwoher muss ich Ausführung und Spruch in Erfahrung bringen können. Ich könnte in der verbotenen Abteilung ein Buch über Marvin den Bösen suchen, sicher gibt es eins, das die Information enthält, nach der ich suche. Wenn die aktuelle Situation nämlich noch länger anhält, könnte es früher oder später Probleme geben.
Ich passiere eine kleine Holzbrücke, die über einen Bach führt, der vom See abzweigt und sich durch die Wälder schlängelt. Aus ein paar Metern Entfernung höre ich eine Gruppe Schüler, die sich auf mich zu bewegen, in der Hoffnung, dass es sich um die Ravenclaws oder Slytherins handelt, die mich interessieren, verstecke ich mich hinter einem der Bäume am Wegesrand und lausche.
≫Wenigstens das habt ihr hinbekommen.≪, sagt eine weibliche Stimme ärgerlich.
≫Das war gar nicht so einfach, du solltest dich lieber bedanken!≪, meckert eine männliche.
≫Na hör mal, wer von uns war denn dabei Vielsafttrank zu mischen, nur um-≪
≫Psscht! Sei leiser, hier sind manchmal auch andere unterwegs. Willst du, dass uns jemand erwischt?≪, zischt eine andere weibliche Stimme, die mich stark an die von Price erinnert. Ein gewinnendes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, zur Abwechslung bin ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
≫Okay, wir haben euch geholfen. Ich bin dafür, dass ihr uns jetzt in Ruhe lasst, aber nicht vergesst, dass ihr uns noch ein Date schuldet.≪, ich spähe um den Stamm herum. Vier Schüler bleiben nahe der Brücke stehen und heute meint es das Glück gut mit mir: es handelt sich um Price, Harris, Dunn und Wilson. Gerade hat Wilson, der große Hagere, es mit den Mädchen aufgenommen. Seine schwarzen kurzen Haare lassen ihn wie einen Pinsel aussehen. Die blasse Rothaarige Harris mischt sich ein:
≫Erst, wenn unser Vorhaben erfolgreich war. Ihr müsst den Eingang bewachen, damit uns niemand erwischt. Im Notfall müsst ihr einen Patronus zu uns schicken.≪
Harvey Dunn hat anscheinend keine Lust mehr auf dieses Gespräch. Genervt stößt er seine Atemluft aus, mit einer seiner großen Hände streicht er sich über sein Gesicht. Seine Uniform sitzt ihm aufgrund seines Gewichts etwas zu eng und sein Umhang sieht abgewetzt aus. ≫Ich hoffe wirklich, dass wir auf euch zählen können.≪, bemängelt er säuerlich.
≫Natürlich. Wenn ihr uns helft schweigen wir wie Gräber.≪, bestärkt ihn Price, die ihren Zopf, der aus den schwarzen, gekräuselten Haaren besteht, erneuert.
≫Wenn irgendwas schief geht, werden wir euch verpfeifen.≪, fügt Wilson zu und verschränkt seine Arme. Die Gruppe setzt sich wieder in Bewegung.
≫So sollen wir euch vertrauen?≪
Das Misstrauen von Price wurde geweckt. Sie diskutieren weiter über irgendwas, das ich nicht hören kann, weil sie inzwischen zu weit weg sind. Ich lehne mich mit dem Rücken an den Baum und sinke daran nach unten. Grübelnd lege ich meine Unterarme auf meinen Knien ab.
Ich habe gerade einige wichtige Informationen erhalten.
~*~
A.N.: Ich wünsche euch einen schönen ersten Advent, falls ihr Weihnachten feiert. Falls nicht: Habt einen schönen Sonntag!
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