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Eichhornschweif betrachtete die hellen Sterne und genoss den warmen Wind, der ihr kurzes Fell zerzauste. Endlich war die harte Blattleere einer angenehmen Blattfrische gewichen und auch der Frischbeutehaufen füllte sich zusehends wieder. Unter diesen Umständen war die Nachtwache wesentlich angenehmer als sonst. Natürlich konnte es jederzeit wieder zu einem Kälteeinbruch kommen, oder zu einem beinahe noch mehr gefürchtetem Gewitter, das oft entstand, wenn es wieder wärmer wurde. Eichhornschweif aber versuchte optimistisch zu sein und hielt den klaren Himmel für ein gutes Zeichen.
Plötzlich platschte ihr eine Ladung klatschnasser Schneematsch auf den Rücken. Sie schüttelte sich verärgert und begann sich zu putzen. Dieser Schneematsch überall war wirklich lästig und gefährlich noch dazu, denn er konnte jederzeit von irgendwelchen Bäume herunterrutschen.
Ein Geräusch ließ die Kätzin herumfahren. Sie kniff die Augen zusammen und erkannte im Licht des Vollmondes eine Silhouette, die Silhouette einer Katze. Vorsichtig pirschte sie sich an sie heran, bis die Kätzin sich umdrehte und sie sie erkannte. "Distelzweig! Was machst du denn hier?" wollte Eichhornschweif von ihrer Schwester wissen.
Distelzweig sah sie erschrocken an. "Oh, ich wusste nicht, dass du Nachtwache hast. Ich mache nur meinen nächtlichen Spaziergang..." antwortete sie unruhig.
Eichhornschweif sah ihrer Schwester prüfend in die Augen. "Was ist los? Da ist doch noch etwas. Verbirgst du etwas vor mir?" fauchte sie scharf.
Distelzweig sah sich hektisch um. "Nicht hier!" flüsterte sie. "Und sei nicht so laut!"
Eichhornschweif sah sie beunruhigt an. "Was zum SternenClan hast du angestellt?" fragte sie verwirrt, folgte ihrer Schwester aber in deren Bau.
Im Heilerbau war es warm und gemütlich und es duftete nach verschiedenen Kräutern. Distelzweig hatte ihn stets für sich allein, denn seit zwei Monden war die zweite Heilerin, Salbeiblüte, spurlos verschwunden und die Heilerschüler hatten ihren Bau woanders.
"Also, was ist los?" forderte Eichhornschweif ihre Schwester auf.
"Ich erwarte Junge." Distelzweig wich ihrem Blick aus.
"Junge?" Fassungslos starrte Eichhornschweif ihre Schwester an. "Du erwartest...Junge? Du bist eine Heilerin! Du hast das Gesetz gebrochen! Warum hast du das getan? Wie lange ist das schon so? Wann kommen sie?"
Distelzweig sah schuldbewusst zu Boden. "In einem halben Mond" sagte sie leise. "Ist dir denn nichts aufgefallen?"
Eichhornschweif musterte sie. Tatsächlich, seit ein paar Wochen wirkte ihre Schwester dicker als vorher, aber sie hatte es unbewusst der reichlichen Beute zugeschoben, die nun wieder für alle zu Verfügung stand. "Nicht wirklich. Ich hoffe, dass die anderen es nicht bemerkt haben...Aber was willst du denn tun? Farnstern wird dich töten oder zusammen mit deinen Jungen verbannen!"
"Ich weiß!" Unglücklich sah Distelzweig sie an.
"Aber wer..." weiter kam Eichhornschweif nicht, Distelzweig schnitt ihr das Wort ab. "Das ist egal. Es geht um die Jungen!" fauchte sie. Eichhornschweif wich einen Schritt zurück. Okay, wem auch immer ihre Schwester die Jungen verdankte, offenbar war sie nicht gut auf ihn zu sprechen.
"Aber was willst du mit ihnen machen? Vielleicht sollten wir fliehen?" schlug sie vor, auch wenn die Vorstellung schmerzte, von ihrem Gefährten Goldfunke Abschied nehmen zu müssen.
"Eichhornschweif, du bist so ein Mäusehirn! Ich kann so nicht fliehen!" fauchte Distelzweig sie an.
Gekränkt schaute Eichhornschweif zu Boden. "Mach doch, was du willst!" fauchte sie und wollte den Bau verlassen, doch Distelzweig hielt sie zurück.
"Es tut mir leid. In letzter Zeit bin ich ziemlich gereizt. Du hast ja recht. Aber ich kann so nicht fliehen! Wir müssen uns etwas anderes überlegen..." mit einem schnellen Blick in das Gesicht ihrer Schwester fügte sie hinzu: "Aber ich will dich und Goldfunke nicht da hineinziehen. Mir fällt bestimmt noch etwas ein..." Hoffentlich.
"Nein, Du bist meine Schwester, ich habe unserer Mutter versprochen, dir immer beizustehen. Wr finden eine Lösung!" Zuversichtlich sah Eichhornschweif ihre Schwester an.
"Ich danke dir." Distelzweigs Augen glitzerten im Mondlicht.
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