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Kapitel 10 - Stift und Papier

Für. Gegen. Conny schaute die beiden noch leeren Spalten der Tabelle an, die sie gerade angelegt hatte. Den Block aus ihrer noch nicht allzu lange in der Vergangenheit liegenden Schulzeit hatte sie aus der Schublade ihres voluminösen Schreibtischs geholt und nun lag er vor ihr und forderte, beschrieben zu werden. Aus dem selbst bemalten Glasbecher fischte sie sich einen der zahlreichen dort deponierten Stifte und dachte nach.

Zuerst Gegen. Was sprach gegen Sam? Oder besser gesagt, was sprach dafür, dass er die Frau überfahren hatte? Das war verwirrend. Wogegen sollte sie jetzt genau Argumente sammeln? Conny ergänzte über der Tabelle die Frage: Ist Sam unschuldig? Jetzt passte es. Also gut, Argumente gegen Sams Unschuld.

Dazu musste sie gar nicht lange überlegen. Conny schrieb auf: Sam ist ein Raser, zwei Zeugen haben ihn gesehen, Sam ist auch bei dem Unfall mit der Schaufensterpuppe einfach weggefahren. Beim letzten Punkt stutze sie. Konnte man denn dadurch wirklich darauf schließen, dass Sam auch eine lebende Frau schwer verletzt zurücklassen würde? Konnte Conny wirklich von dem Vorfall mit der Puppe darauf schließen, dass Sam sich der Frau gegenüber genauso verhalten hätte wie gegenüber einem Stück Plastik? Wohl kaum. Sie setzte den letzten Punkt in Klammern.

Jetzt Für. Welche Punkte würden Sam entlasten? Nun ja ... Conny klopfte mit dem Stift auf dem Block herum und dachte nach. Ihr fielen nur emotionale Argumente ein. Wie zum Beispiel der Klassiker: er würde so etwas nie tun. Das war das Einzige, das ihr dazu einfiel. Gab es denn sonst keine Beweise für seine Unschuld?

Conny ließ ihren Blick durch ihr Zimmer schweifen. Er blieb an der Staffelei mit der Leinwand hängen, die sie in die Ecke des Raumes gestellt hatte. Die Leinwand hatte Conny selbst bespannt und grundiert. Zum ersten Mal. Das Bild hatte etwas ganz Besonderes werden sollen. Es war so gut wie fertig. Nach dem Abi hatte sie viel Zeit gehabt, zu malen. Nur ein paar Details fehlten noch.

Das Bild zeigte Conny und Sam, beide zusammen, Hand in Hand auf dem Feldweg. Hinter ihnen die müde Abendsonne, die noch ein paar Momente lang ihr weiches Licht schenkte, ehe sie sich für diesen Tag verabschiedete und der Mond die Nachtschicht übernahm. Die beiden lächelten sich gegenseitig an und wirkten so, als wären sie in diesem Augenblick nur zu zweit auf der Welt. Ein Augenblick des absoluten Glücks.

Dieses Motiv hatte sich Conny nicht selbst ausgedacht. Als Vorlage hatte sie ein Foto verwendet, das Danny von den beiden gemacht hatte. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, denn es war nicht länger als ein halbes Jahr her. Es war das Ende eines langen Nachmittags gewesen, an dem sich Sam, Danny und Conny bei Sam zuhause zum Lernen verabredet hatten. Sie hatten alle zusammen versucht, sich die literarischen Stilmittel in den Kopf zu drücken, hatten Lernkärtchen erstellt und sich gegenseitig abgefragt.

Als ihre Köpfe geraucht hatten und überhaupt nicht mehr aufnahmefähig gewesen waren, hatten sie beschlossen, den Tag mit einem Spaziergang zu beenden. Ein wenig frische Luft schnappen nach dem vielen Büffeln. So waren sie auf den nahegelegenen Feldweg gegangen. Danny hatte irgendwann sein Handy gezückt und das besagte Foto von Sam und Conny gemacht.

Das Foto suggerierte eine denkbar glückliche Beziehung frei von Sorgen. Die Leichtigkeit und der Optimismus strahlte förmlich aus den beiden lachenden Gesichtern. Wenn Conny das Bild jetzt betrachtete, dann kam es ihr vor, wie gemalter Zynismus. Sie hatte das Bild für Sam gemalt, es sollte eine Überraschung zu seinem zwanzigsten Geburtstag werden, der in einem Monat sein würde.

In den Knast werde ich es dir wohl nicht schicken können, dachte Conny. Dabei wollte sie solche Gedanken eigentlich gar nicht erst kultivieren. Solche Gedanken waren Ausgeburten des Pessimismus, in dessen Fängen sie sich gerade befand. Insbesondere, wenn sie einen Blick auf die Für-Gegen-Liste warf, bei der die Für-Argumente sehr mager waren.

Missmutig ließ sie den Stift auf den Block fallen und stützte den Kopf mit der Hand ab. Conny wurde klar, dass sie viel zu wenig über die genauen Umstände wusste, um Sams Schuld oder Unschuld beurteilen zu können. Entmutigt legte sie den Stift zurück in den Becher, drehte den Block mit der beschriebenen Seite nach unten und schaltete die Schreibtischlampe aus. Zum Duschen hatte sie keine Energie mehr, also warf sie sich direkt ins Bett.

Beim Abendessen hatte sie sich schrecklich gefühlt. Sie hatte mit ihren beiden Eltern am Tisch gesessen, das waren normalerweise die Momente, die sie sonst so sehr genoss. Aber nicht heute. Sie hatte ihnen ja kaum in die Augen sehen können. Die beiden waren so gelöst gewesen und das locker-leichte Geplauder hätte Conny an jedem anderen Tag mit dem Gefühl, dass alles gut war, sanft eingelullt.

Unter dem weichen Licht der tief über dem Esstisch hängenden Deckenlampe hatten ihre Eltern munter ihre Spaghetti auf ihren Gabeln aufgedreht und sich in einem Gespräch verloren, in das Conny nur spärlich mit eingestiegen war. Sie hatte sich ein paar Mal die Augen gerieben und sich so verhalten, als sei sie extrem müde, damit keine Nachfragen darüber kamen, was mit ihr los sei.

Der Abend hätte einer von den schönen sein können. Wenn da nur nicht dieses verdammte Geheimnis gewesen wäre. Und als ob das nicht gereicht hätte, waren da noch die nagenden Sorgen um Sam. Dabei wusste Conny gar nicht, worüber sie sich mehr Gedanken machen sollte; dass ihr Freund ein potenzieller Straftäter war oder darüber, dass er eventuell zu Unrecht in Untersuchungshaft saß. Sie wusste nur, dass sie ein drückendes Gefühl im Bauch hatte, wenn sie an ihn dachte.

So viel Kummer wie Sam hatte ihr wohl noch nie ein Mensch bereitet. Und das Schlimmste an der Sache war, dass man es ihm ja gesagt hatte. Dass das Auto ihn ins Unglück stürzen würde, so ein Gefühl hatte Conny bereits gehabt. Als es dann aber wirklich eingetroffen war, hatte sie es aber doch nicht recht glauben wollen.

Entgegen ihren Erwartungen driftete Conny in dieser Nacht schnell in die Welt der Träume. Am nächsten Morgen verpasste sie sogar, dass ihre Eltern das Haus verließen. Erst die Türglocke weckte Conny aus dem gnadenvollen Schlaf. Sie fühlte sich antriebslos und drehte sich auf die andere Seite, um weiter zu schlafen, aber wer auch immer da unten an der Tür stand, wollte sich nicht abwimmeln lassen.

Schwerfällig tappte Conny die Stufen nach unten und öffnete die Tür. Ihre müden Augen schauten mit einem Mal mit einem wachen Blick voll Erstaunen, als sie sah, dass Danny vor der Tür stand. Sie konnte sich denken, weswegen er gekommen war. Sein Gesicht gab zwar keine Gefühlsregung preis, aber es konnte nur einen Grund haben, dass der beste Freund ihres Freundes morgens bei Conny vor der Tür stand.

"Danny, du bist aber früh dran ...", meinte sie.

"Darf ich rein kommen?", fragte er.

"Klar. Warte am besten im Wohnzimmer, ich gehe schnell nach oben, um mir etwas anderes an zu ziehen", wies Conny ihn an. Sie hielt Danny die Tür auf und sprang dann, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hoch in ihr Zimmer. Sie griff sich das Erstbeste, das ihr in die Finger kam und das war ausgerechnet das rote Kleid, das sie auch gestern getragen hatte. Gestern, als sie sich eigentlich mit Sam hatte treffen wollen.

Im Wohnzimmer hatte Danny bereits auf der Couch Platz genommen, als sie wieder die Treppe herunter gelaufen kam. Conny machte noch einen Abstecher in die Küche, um zwei Gläser und eine Flasche Wasser zu holen.

"Willst du vielleicht einen Kaffee?", erkundigte sie sich, als sie die Gläser und die Flasche auf dem kleinen, runden Couchtisch abstellte.

"Nein, danke", erwiderte Danny. Conny setzte sich ihm gegenüber und wollte auch direkt zur Sache kommen. Sie wollte ohne Umschweife auf Sam zu sprechen kommen, denn sie war froh, dass jemand da war, mit dem sie darüber reden konnte. Die Geschichte mit der Schaufensterpuppe würde sie allerdings auch Danny gegenüber zumindest vorerst zurückhalten.

"Hast du mitbekommen, was mit Sam passiert ist?", fragte sie.

"Nein. Ich weiß nur, dass er nicht auf meine Anrufe reagiert. Und das ist echt ungewöhnlich. Gestern Vormittag habe ich ihn zwei Mal angerufen. Am Nachmittag auch zwei Mal. Er hat mir nicht einmal eine kurze Nachricht geschrieben. Was ist denn passiert?"

"Er wurde festgenommen. Gestern. Deshalb konnte er auch nicht an sein Handy", berichtete Conny und wunderte sich selbst darüber, wie gefasst sie dabei blieb.

"Was? Also ist es jetzt doch passiert?", hakte Danny nach und stützte sein Kinn auf die Hand. Er sah eher aus wie jemand, dem man gerade den heißesten Tratsch des Tages erzählt hatte und nicht wie jemand, der gerade erfahren hatte, dass sein Freund festgenommen worden war.

"Was soll deiner Meinung nach passiert sein?", fragte Conny spitzfindig. Ihr gefiel der Ton, den Dannys Stimme angenommen hatte, gar nicht. Als würde eine Priese Schadenfreude darin schwingen. Für Conny war das absolut unverständlich. Reagierte so ein bester Freund?

"Conny, das müssen wir doch nicht erörtern. Wir wissen es doch beide. Hast du gedacht, Sam wird sein Leben lang auf der Überholspur fahren und dann auch noch damit durchkommen? Sag mir bitte nicht, dass du das ernsthaft gedacht hast", sagte Danny suggestiv.

"Was soll das jetzt heißen? Natürlich habe ich das nicht gedacht! Aber hast du überhaupt eine Ahnung, weswegen er festgenommen wurde? Du hast es dir doch noch gar nicht angehört!" Conny war von der Couch aufgesprungen und stand nun über Danny. Ihre ungekämmten Haare flogen ihr ins Gesicht.

Danny schüttelte den Kopf, als wäre Conny ein kleines Kind, das nicht verstehen würde, was er ihr sagen wollte. Er stand seinerseits auch auf und machte sich vor Conny breit. So ein Verhalten kannte sie von ihm gar nicht. Klar, Sam überspannte den Bogen. Regelmäßig. Immer wieder. Aber nichtsdestotrotz war Dannys Reaktion ziemlich kalt.

"Ich kann es mir schon denken. Conny, ich glaube, ich will mir die Geschichte gar nicht genauer anhören", lenkte Danny ein und seine Lippen wurden zu einem schmalen Strich.

"Und warum bist du dann hier? Dann geh doch, geh und lass deinen besten Freund im Stich. Muss ich dich daran erinnern, dass ihr das einmal wart? Beste Freunde? Existiert das noch in deinem Vokabular?" Conny schrie Danny förmlich an. Sie war ihm immer näher gekommen und stand nun dicht vor ihm und schaute zu ihm hoch. Er war mindestens einen Kopf größer als sie, aber in diesem Moment, in dem Conny von Wut angefeuert war, kam sie sich doppelt so groß vor wie Danny. Ihr Körper bebte.

"Conny, ich glaube, du solltest die rosarote Brille auch mal absetzen. Du siehst doch, was er macht! Warum bleibst du selbst jetzt noch bei ihm? Wie viel muss denn noch passieren, bis du ihn endlich gehen lässt?", fragte er in einem seifigen, mitleidigem Tonfall.

Conny starrte Danny einen Moment lang verblüfft offen ins Gesicht. Dann fasste sie sich mit beiden Händen an den Kopf und wurde von einem hysterischen Lachanfall übermannt.

"Wer steckt dahinter? Wer hat dir das eingeredet? War es Ella?", rief sie.

"Das braucht mir keiner einzureden. Sam hat es schon oft genug bewiesen. Allein durch die Aktion gestern. War das der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt? Keine Ahnung. Aber nein, Ella hat damit nichts zu tun. Ich habe selber Augen im Kopf und kann selber denken. Und wenn du das auch tun würdest, dann wärst du nicht mehr mit Sam zusammen", sagte Danny und verließ mit großen Schritten das Wohnzimmer. Conny wollte ihm hinterher rennen, wollte ihm auf den Rücken springen und ihm ins Ohr schreien, aber sie konnte sich nicht von der Stelle bewegen.

Regungslos und ebenso blass wie eine Marmorstatue stand sie mitten im Wohnzimmer und hörte die Haustür zuschlagen. Danny war weg. Ein rauschender Abgang. Aber das, was er Conny hinterlassen hatte, waren Berge von Anschuldigungen in alle Richtungen. Ihr war speiübel, wenn sie darüber nachdachte, wie Danny mit ihr geredet hatte. Und was er gesagt hatte. Was er über Sam und über sie gesagt hatte.

War sie denn die Einzige, die an noch irgendwie Sams Unschuld glaubte? Selbst Sams eigene Mutter war vor diesem Problem resigniert, obwohl sie tat, als erwäge sie Sams Unschuld. Sogar Sams bester Freund war nahezu felsenfest von seiner Schuld überzeugt. Was wog dann noch Connys Meinung? Welches Gewicht hatte es, dass sie Sams Unschuld annahm?

Conny alleine stand gegen die beiden Beamten, Sams Mutter und Danny ... und sicherlich auch Ella ..., die alle in höherem oder geringerem Maße von Sams Schuld überzeugt waren. Hatten sie am Ende vielleicht doch Recht? War er es am Ende vielleicht doch gewesen? Und sie, Conny, versuchte eifrig Beweise zu finden, die einen Kriminellen entlasten sollten?

Weinend brach Conny auf der weinroten Couch zusammen. Sie schluchzte in das samtige Sofakissen hinein, dessen Stoff sich von ihren Tränen dunkel färbte. Der Tränenstrom wollte gar nicht mehr versiegen. Ebenso wenig wollte das Gedankenkarussell aufhören, sich zu drehen. Schuldig, unschuldig, schuldig, unschuldig ... immer im Kreis herum.

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