~35~
Jisung P.O.V.
Natürlich entging mir nicht das Messer, welches er in die hintere Hosentasche verschwinden ließ, sobald er mir ins Auto half. Ich hatte es zuvor nicht bemerkt, denn er hatte es zu gut hinter seinem breiten Rücken versteckt. Erst als er mir die Autotür aufhielt, dabei jedoch nur eine Hand verwendete, schaute ich auch auf die zweite. Die silberne Klinge dieser Waffe war von glänzendem Blut beträufelt.
Einige Tropfen zogen sich an der Spitze entlang, jedoch war ein Großteil schon fast eingetrocknet. Meine Augen blieben so lange daran hängen, bis Minho ebendiese in seine Tasche gleiten ließ. Ich befand mich wie in einer Starre, ich konnte mich nicht beherrschen. Meine Augen waren erschrocken geweitet, selbst noch, als ich in dem schwarzen Ferrari drin saß. Das Polster schmiegte sich kühl und sanft an meinen Rücken, welcher nur durch ein schwarzes gigantisches T-Shirt bedeckt war.
Meinen Rucksack und meine Jacke hatte ich vorhin schon in den Fußraum gestellt, wo er mich nicht stören konnte. Generell, die gesamte Zeit welche ich auf meinen Hyung hier im Auto gewartet hatte, hätte ich nutzen können, um Hausaufgaben zu machen. Stattdessen saß ich nur zappelig auf meinem Sitz, wackelte wie vorhin im Unterricht schon viel mit den Beinen und besah mir das Auto oder die Umgebung genauer.
Was arbeitete eigentlich Minho, dass er sich so ein teures Auto leisten konnte? Oder hatte er es geklaut? Ich wollte mir soetwas gar nicht vorstellen, aber andererseits könnte ich es ihm tatsächlich zutrauen. Wenn er schon Menschen offensichtlich verletzte, dann war er doch auch kriminell genug einen Gegenstand zu stehlen, oder? Minho stieg neben mir ein, schloss seine Autotür mit der linken Hand um sich schließlich seufzend in den Sitz zu lehnen.
Ich betrachtete ihn verstohlen von der Seite, wie er dort saß. Wütend, die Augen genervt geschlossen. Ich sah ihn an, und bemerkte etwas, was ich vermutlich schon die ganze Zeit hätte sehen sollen. Nämlich eine Frage, die mir nun völlig den Verstand raubte. Eine Frage, die ich mir vielleicht hätte stellen sollen, bevor ich ihm blind vertraute. Wie gut kannte ich den Mann neben mir eigentlich wirklich? Minho war im Prinzip nur ein fremder Erwachsener, welcher es sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht hatte mich zu beschützen.
Ich wusste rein gar nichts über ihn. Weder, wer oder wo seine Eltern waren, noch wo er zur Schule gegangen war. Ich wusste nicht wie er soviel Geld verdient hatte, warum er so ein plötzliches Interesse für mich hegte oder was seine Vergangenheit war. Minho- oder der Mann, welcher sich selbst so nannte- beugte sich zu mir rüber, nahm den schwarzen Gurt zwischen seine Finger und schnallte mich an. Als wäre ich ein kleines Kind, und könnte dies selbst nicht.
Ich hatte keine Ahnung, was seine Wünsche, seine Träume oder Ängste waren. Minho schien überhaupt keine Ängste zu besitzen. Je länger ich sein makelloses Gesicht betrachtete, umso suspekter schien es mir. Wie konnte jemand, der so unfassbar liebenswürdig aussah, etwas so schreckliches hinter seiner Fassade beherbergen? Diese wunderschönen, leuchtenden Augen, die einen so durchdringend Mustern könnten.
Die vollen Lippen, oder diese seidigen Haare. All das konnte doch keinem Menschen gehören, welcher ein Auto oder so klaute. Das konnte einfach nicht sein. Aber ich hörte nicht auf ich anzusehen. Er war mir nun nur in einem anderen Blickwinkel ausgesetzt. Hatte dieser Junge schon immer so unnormal kriminell ausgesehen?
"Wir könnten uns jetzt noch den ganzen Tag anstarren, Kleiner. Aber wir haben gleich noch einen Termin beim Friseur, den ich nicht unbedingt verpassen will." lächelte mich Minho sanft an. Verwirrt, aber zeitgleich überrascht blinzelte ich, fand langsam in die Realität zurück. Vor mir saß kein Krimineller. Oder ein Dieb oder Fremder. Vor mir saß einfach nur Minho, der Junge, welcher mich soeben vor den ganzen Mobbern beschützt hatte.
Ich sollte ihn nicht so böse sehen, er hatte gar nichts getan. Ich sah vermutlich einfach zu viele schlechte Horrorfilme. Stumm nickte ich, doch wandte meinen Blick sofort wieder vor mir aus dem Fenster. Minho seufzte tief, setzte sich dann jedoch hinter das Steuer und fuhr an. Er kurvte irgendwie von dem Parkplatz herunter, in die Innenstadt. Während der langwährenden Fahrt zwischen den hohen Gebäuden, begann es leicht zu regnen.
Das gleichmäßige, leicht quietschende Geräusch des Scheibenwischers war das einzig zu vernehmende während der Fahrt zum Friseursalon. Warum auch immer Minho dahin wollte. Der triste, graue Vorhang des Regens prasselte auf das Autodach, und schien auch nicht aufhören zu wollen. Nach einigen weiteren Minuten der Stille wagte ich es, vorsichtig in Minhos Richtung zu schauen.
Dieser saß regungslos hinter seinem Steuer, seine Mimik zeigte absolut gar nichts von seinen Gedanken. Ab und zu zuckten seine Augen umher, wenn er nach in den Rückspiegel blickte oder soetwas. Dann setzte er den Blinker. Wir bogen von der Hauptstraße ab. "Alles in Ordnung, Honey? Du bist so still." fragte er dann plötzlich. Sofort sah ich wieder gerade aus. Ich wollte nicht, dass er mich darauf ansprach.
"W-was meinst du?" fragte ich unschuldig. Nervös begann ich umher zu schauen. Mal auf meine Hände, dann auf das Armaturenbrett oder wieder auf die Straße. "Du hast die ganze Autofahrt schon nichts gesagt. Ist irgendetwas?" Seine Stimme klang irgendwie verwirrt. Von der Seite warf er mir einen besorgten Blick zu, bevor er erneut den Blinker setzte um sich einem Kreisverkehr anzuschließen. Ich seufzte.
"Ja, aber ist nicht so wichtig..." murmelte ich leise. Bedrückt sah ich wieder aus dem Fenster. Es hörte langsam auf zu regnen, die ersten Sonnenstrahlen erwärmten den nassen Asphalt. Von Minho kam keine Antwort, und somit fuhren wir schweigend weiter. Sollte ich es ihm denn wirklich sagen? Was ist, wenn ich mir das Messer oder auch nur das Blut daran wirklich eingebildet hatte.
Er würde mich für verrückt erklären. Aber was war, wenn er Haechan wirklich etwas angetan hatte? Klar, dieser hatte mich immerhin oft genug verprügelt, aber ich war es nicht wert, dass Minho zu einem Straftäter wurde. Ich legte den Kopf aufgelöst gegen die Kühle Scheibe, welche langsam durch meinen Atem beschlug. "Hyung?" fragte ich leise. Es war nichts zu hören, außer die letzten Tropfen welche auf das Autodach trafen, und der summende Motor des Wagens.
"Ja?" Seine Stimme klang hoffnungsvoll, er schien glücklich darüber zu sein, dass ich auch endlich Mal etwas sagte. Leicht musste ich lächeln, aber dieses Grinsen verschwand, sobald ich an meine Frage dachte. Stattdessen schluckte ich hart, und sah wieder ängstlich auf die Finger in meinem Schoß. "Was hast du mit Haechan gemacht? Ich... Also... Da war Blut an dem Messer..." murmelte ich leise. Aber er hatte dies trotzdem gehört. Minho setzte ein weiteres Mal den Blinker, und fuhr an die Seite ran. Dort stellte er den Motor aus.
"Jisung." Ich wurde noch nervöser, meine Hände begannen zu zittern. Er nannte mich selten bei meinem Vornamen, und wenn, dann hatte es immer etwas schlechtes zu bedeuten. Ich hörte ihn seufzen, und hoffte darauf, dass er mir nicht gleich erzählen würde, dass er meinen Mobber umgebracht hatte. "Jisung es... Da war nichts. Er hat mich auch bedroht, und als ich mein Messer gezückt habe, ist das ganze eskaliert, und er ist auf mich los gegangen. Er ist nicht ernsthaft verletzt, hat lediglich einen kleinen Kratzer, wirklich. Aber die Hauptsache ist doch nur..."
Seine Rechte Hand strich mir eine lose, in die Stirn gefallene Strähne hinter mein Ohr, nachdem er seinen Oberkörper in meine Richtung gewendet hatte. "...dass er dir jetzt nichts mehr antun wird." versuchte er sanft zu erklären. Seine Hände griffen vorsichtig meine linke, und umschlossen diese vollkommen. Diese kleine Geste ließ mein Herz deutlich schneller schlagen, im Gegensatz zu meiner Atmung. Diese stockte, und schien auch erst weiter arbeiten zu wollen, nachdem mir der Ältere einen leichten Kuss auf den Handrücken gehaucht hatte. "Minho, ich-" begann ich hauchend, der Klang meiner Stimme hing schwach in der Luft.
"Es reicht jetzt mit dem Thema, Honey. Ich merke, dich belastet mehr." Schluckend wich ich seinem Blick aus. "Minho. Hyung, ich kenne dich überhaupt nicht. Du weißt alles über mich, ich weiss gar nichts." Betrübt starrte ich auf den Boden. Kurz blieb es still, der Himmel ließ leise Tropfen auf das Dach fallen.
"Du kannst mich alles fragen was du willst, ich habe nichts zu verbergen. Aber bitte, vertrau mir doch Mal." Überrascht weitete ich meine Augen, bevor ich trocken schlucken musste. "Alles?" wiederholte ich atemlos. Minho blickte kurz unschlüssig, bis er mir bestätigend zunickte und den noch immer laufenden Scheibenwischer ausstellte. "Alles was du wissen willst."
Es verwunderte mich ziemlich, denn bisher hatte der Ältere immer abgeblockt, wenn ich ihn etwas zu privates fragen wollte. Ich hatte vor, diese Chance auszunutzen. "Ist Lee Minho dein richtiger Name?" war das erste womit ich ihn durchlöcherte. Er nickte sanft. "Wo bist du geboren? Hier, in Seoul?" Als er daraufhin verneinte, wollte ich selbstverständlich auch wissen, woher er sonst stammte. "Busan. Ich bin aber lieber hier." Verstehend nickte ich, überlegte, was ich noch wissen wollte.
"Wo bist du zur Schule gegangen?" "Incheon-High." "Hast du einen Abschluss?" "Ja, ist aber nicht so super." "Irgendwelche Hobbies?" "Basketball, Skaten, Kochen und Sport." "Schonmal Drogen konsumiert?" "Ja." "Bist du noch Jungfrau?" "Schon lange nicht mehr, Honey." "Wer war dein erstes Mal?" "Ein Mädchen." "Aber wieso, wenn du schwul bist?"
"Nicht jeder wusste von Anfang an, dass er schwul ist, Jisung." erwiederte Minho etwas kälter. Seine Augen blickten mir starr entgegen, ohne irgendwelche Emotionen. Sein Blick ließ mich kurz stocken, denn es lag so etwas verletztes darin. So etwas, was mir zeigte, dass er nicht noch weiter darüber reden wollte. "Oh..." brachte ich nur peinlich berührt raus. Natürlich wusste ich, dass sich viele Jungendliche oder auch junge Erwachsene erst noch austesten mussten, was verschiedene Sexualitäten betraf. Aber da es bei mir irgendwie schon seit Beginn klar gewesen ist, hatte ich eben diesen Fakt gedanklich ausgegrenzt. "Das muss dir nicht unangenehm sein, Honey. Bloß keine Scheu, mein Kleiner. Frag ruhig weiter!" ermunterte mich der Schwarzhaarige leicht lächelnd. Zwar war ich noch immer etwas rot aufgrund meiner Unachtsamkeit ihm gegenüber, aber ich tastete mich langsam weiter voran. Mein Interesse dem Jungen gegenüber wuchs immer weiter, je mehr ich über ihn erfuhr. Es war wie ein Glas mit Salzwasser. Je mehr ich davon trank, umso mehr brauchte ich es. "Wann hast du dir die Ohrringe stechen lassen?" "Vor drei Jahren, ich fand schon immer, dass Ohrschmuck schön ist."
"Da warst du aber doch noch minderjährig, Hyung. Wussten deine Eltern davon?" Plötzlich wurde er bei dieser Frage ganz unfassbar still. Ich konnte spüren wie sich seine Haltung anspannte, und er seine Lungen hektisch mit Sauerstoff füllte. Verwirrt blickte ich ihm ins Gesicht, was nachdenklich nach draußen in den tropfenden Regen gewandt war. Eine Zeit lang geschah rein gar nichts. Aber dann sagte er etwas, was mich blass werden ließ.
"Sie sind tot." gab Minho nun leise von sich. Nichts war zu hören, außer das stetige Tropfgeräusch welches schon die ganze Zeit im Hintergrund herrschte. Zögernd, ein wenig atemlos legte ich meinen Kopf schief, um sein Gesicht näher zu betrachten. "T-tot?" wiederholte ich geschockt, aber meine Stimme blieb dennoch überraschend leise. Vermutlich war ich einfach extrem überfordert, denn langsam bildeten sich in meinen Augen leichte Tränen. Alleine der Gedanke daran, meine Eltern, Mom und Dad nie wieder sehen zu können, ließ mich erweichen.
Aber Minho hatte die beiden wirklich verloren, und das anscheinend vor nicht allzu langer Zeit. Aber er ließ keine Tränen zu. Seine Augen blieben vollkommen trocken, es ließ nichts darauf deuten, dass er traurig war. Alleine der leere Blick, welcher unbestimmt in Richtung Himmel glitt, ließ mich wissen, dass er die Wahrheit sprach.
"Oh mein Gott... Minho, das tut mir so leid. Ich wollte dich nicht erinnern..." wimmerte ich überfordert, und griff seine weiche Hand. Ein Zucken umspielte seinen linken Mundwinkel. "Es ist nicht so schlimm, Honey. Früher oder später stirbt jeder. Und meine Eltern..." Ein trauriger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. Ich konnte nur erahnen wie schwierig es für ihn war jetzt nicht die Beherrschung zu verlieren.
"Sie waren die liebevollsten Eltern die es je für mich hätte geben können. Dort wo sie jetzt sind, ist es besser als hier." Zögerlich sah er hinab, von dem langsam wieder blau werdenden Himmel, in meine Augen. "Was macht dich da so sicher?" fragte ich meinen Hyung leise, sogar ziemlich hauchend. Minho lächelte schwach. "Ich weiß es einfach." meinte er liebevoll, und ich glaubte, ihn noch nie mit so vielen Emotionen in der Stimme gehört zu haben.
Minho schaute erneut hinaus, und schien in Gedanken versunken. Geistesabwesend nahm er meine Hand wieder in seine, und begann mit dem Daumen darüber zu streicheln. Ich wollte ihn nicht aus seiner eigenen Art von Trance wecken, weshalb ich nur verstehend nickte. Wenn er Zeit brauchte, würde ich sie ihm geben. "Sie hätten dich sehr gemocht, Jisung." sagte er leise. Schluckend erwiederte ich seinen Druck welchen er auf meine kleine Hand ausübte.
Ich wollte für den Älteren da sein. Nur ein einziges Mal, so wie er auch immer für mich da gewesen ist. Und wenn ich seinen Schmerz auch nur um wenige Prozente verringern konnte, dann war mir das genug. Für den Anfang war ich wunschlos glücklich einfach nur da zu sein und irgendwie helfen zu können. "Ich will nicht weiter über sie reden. Lass uns rein gehen, wir sind sowieso schon zu spät." redete Minho nun doch motiviert. Still nickte ich, aber konnte das unangenehme Gefühl Schuld an seiner Trauer zu sein nicht abschütteln.
Gewissensbisse plagten mich, während ich aus dem warmen Auto ausstieg. Ich wollte kein Salz in Minho's Wunden streuen. Ich wollte ihm nicht weh tun. Aber ich hatte es getan, und es war eines der schrecklichsten Gefühle die ich je hatte. Mein Hyung lief um das Auto herum, zu mir auf den Bürgersteig. Anscheinend hatten wir direkt vor dem Friseursalon geparkt, was mich im Moment aber nicht so ganz interessierte.
Ich hatte nur Augen für den Schwarzhaarigen, welcher kurzerhand das Auto abschloss, und in Richtung der Ladentür lief. Nach einigen Metern bemerkte er, dass ich ihm nicht folgte, sondern auf dem schmutzigen Bürgersteig stehen blieb. Ich konnte und wollte ihm nicht in die Augen sehen, weshalb ich nur vor mich auf den Boden starrte, fasziniert von den dreckigen, nassen Steinen.
"Was ist denn, Honey? Du weißt, du kannst mir alles sagen." ertönte die sanfte Stimme Minhos direkt vor mir. Ein Zucken durchfuhr mich, da ich mich so erschrocken hatte. Aber ihm ins Gesicht schauen, wollte ich dennoch nicht. Auch sagte ich kein Wort, und blieb nur ganz leise. Selbst, als er noch einen kleinen Schritt näher trat, mein Kinn vorsichtig mit Daumen sowie Zeigefinger anhob, probierte ich noch seinem Blick auszuweichen.
"Ist es wegen meinen Eltern? Jisungie, ich habe dir doch bereits gesagt, dass es in Ordnung ist. Du sollst dich nicht schlecht fühlen. Es ist nicht deine Schuld." flüsterte er leise. Zögernd hob ich meinen Blick, um ihm unsicher in die leuchtenden Augen zu schauen."Minho-Hyung... Ich... Ich fühle mich aber so verantwortlich. Nur weil ich dieses Thema angesprochen habe, musstest du dich jetzt erinnern. Das wollte ich nicht."
Ich spürte ein leichtes Kribbeln an meiner Nasenwurzel, als ein Paar wenige Tränen aufkamen, welche ich so schnell es ging probierte hinunter zu schlucken. "Honey. Sie sind... nunja... tot. Daran kannst weder du noch ich was ändern. Ich kann nur hoffen, dass sie mich nicht vergessen, und jeden Tag ein schöneres Leben da oben haben als hier. Dad war stolz auf mich, solange er lebte. Und meine Mom auch. Sie wären furchtbar enttäuscht, wenn sie wüssten, dass jemand wegen ihnen weinen würde."
"Weinst du deshalb nicht?" fragte ich leicht schniefend. Ich konnte ein bitteres, freudloses Lächeln auf seinen Lippen ausmachen. "Nein. Sondern weil ich schon zu viel geweint habe." Ich konnte nicht anders. Seine deprimierte Stimme zu hören, dieses untröstliche Gesicht zu sehen, lösten ganz andere Gefühle in mir aus, als ich je verspürt hatte. Meine Arme legten sich um seinen Torso, ich lehnte meinen Kopf auf seine Schulter.
Zuerst kam keine Reaktion von ihm, er ließ nur seine Hände schlaff an der Seite herunterhängen. Doch irgendwann, nach etlichen Sekunde, gab er sich der Umarmung hin. Es war keine feste, eher gefühlvoll, Trost spendend und vorsichtig. Ich wollte ihn wieder lächeln sehen, nicht länger traurig oder wehmütig. Einfach nur glücklich.
Ich spürte, wie Minho behutsam seine eine Hand in meinen Haaren vergrub, die andere lag leicht auf meinem Rücken. Sachte drückte ich ihn mehr an mich, wobei ich einfach nur hoffte dass es ihn nicht störte. Doch es schien ihm gut zu tun, er erwiderte den Druck unsicher, was mich leicht lächeln ließ. Er strahlte eine eigene, intime Wärme aus. Unvergleichbar mit etwas anderem, einfach angenehm, einfach für mich da.
Ein Teil meines Bewusstseins realisierte schwach, dass es wieder begann zu regnen, aber dem Rest von mir war es egal. Ich wollte nur noch hier stehen, Minho halten und von diesem gehalten werden. Wenn ich bei Minho war, war alles gut. Die Sorgen konnte ich vergessen. Für den Moment, war die Welt in Ordnung. Nicht perfekt, aber vollkommen okay. Erleichtert ließ ich mich weiterhin von dem Schwarzhaarigen in seinen Armen halten, ausblendend, dass es um und herum immer stärker begann zu regnen.
Minho schien es ebenso wenig zu stören, denn er umhüllte mich nur fester mit seinen Armen, und schien ein gigantisches Schutzschild zu bilden. Der Geruch von Weichspüler ließ mich heimisch fühlen, ich lächelte sanft in mich hinein. "Ich hätte nie gedacht, dass sich das so gut anfühlen kann. Danke, Jisung." flüsterte mein Hyung mir entgegen. "Kein Problem." antwortete ich in der selben Tonlage. Kalter Wind riss an meinem weiten T-Shirt, als sich Minho langsam von mir löste. Ohne ein Wort folgte ich ihm nach drinnen.
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