TWENTY-THREE
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Nervös mache ich mich auf den Weg zum Herrensalon, um dort meine Schwester zu treffen. Wir gehen in den Tierpark und werden uns unterhalten. Ich werde hoffentlich erfahren, wieso sie und Mama vor acht Jahren nach dem Autounfall nicht einfach wieder nach Hause gekommen sind und mich allein gelassen haben.
Wieso ist Gemma ausgerechnet hier im Palast? Wohnt sie seit Beginn an hier oder erst seitdem sie Michal kennengelernt hat? Ich habe so viele Fragen, die mir heute hoffentlich beantwortet werden können.
„Snuggles, warte!" Ich bleibe stehen, als ich gerade um die Ecke zum Herrensalon gehen will. Louis kommt hinter mir angelaufen und drückt mich plötzlich gegen die Wand, bevor er seine Lippen auf meine presst. Für einen Moment bin ich verwirrt, fange mich jedoch wieder relativ schnell und öffne meine Lippen für Louis, als er mit seiner Zunge über diese leckt. „Du siehst heiß aus. Wehe, du sprichst mit anderen Leuten, klar? Du gehörst mir.", knurrt er an meinen Lippen und kneift in meinen Hintern, was mich stöhnen lässt.
Ich will doch einfach nur mit meiner Schwester in den Tierpark. Ich gehe auf kein Date und lerne niemanden auf sexuelle Weise kennenlernen. Nur meine Schwester, die ich längere Zeit nicht gesehen habe. „Ich gehöre dir nicht, aber ich werde mich bemühen, an der Hand meiner Schwester zu laufen. Nicht dass ich mich noch verirre.", entgegne ich sarkastisch und löse mich von Louis, der anscheinend noch nicht fertig war.
„Louis, meine Schwester wartet. Du hattest den ganzen Tag Zeit, jetzt lass mich los.", fluche ich und löse seine Hände von mir. „Ach, jetzt gefällt dir das nicht mehr? Am Samstag bist du unter mir gekommen. Du hast in mein Ohr gestöhnt. Jetzt ist deine Schwester da und ich bin dir egal? Bist du deswegen noch hier? Weil du jetzt endlich wieder deine Schwester hast? Du willst gar nichts von mir, oder? Das war alles nur Ablenkung, damit du mehr Zeit hast, Gemma zu finden!"
Er wird von Satz zu Satz lauter, jedoch halte ich ihn davon nicht ab. Denkt er wirklich so von mir? Dass ich ihn nur ausnutzen würde? Er nur als Ablenkung fungiert? Und mein einziger Plan war, Gemma wiederzufinden? Unglaublich.
„Du bist und bleibst ein Idiot, Louis. So wie du gegenüber der Paparazzi bist, das ist dein wahres ich! Das hier zwischen uns nur Show. Wie wickelt man den kleinen, naiven Harry um den Finger? Wie kriege ich ihn so schnell wie möglich ins Bett, damit ich ihn ficken und danach aus dem Palast schmeißen kann?" Ich lache bitter auf und gehe ein paar Schritte weg von ihm
„Ich will dich.", ruft er dann plötzlich aus, worauf ich inne halte. „Ich will nicht, dass du mich willst, verdammt! Ich will, dass du mich brauchst! Mich liebst, ohne mich nicht leben kannst!", entgegne ich und hebe eine Augenbraue. Er ist derjenige, der hier den anderen ausnutzt. Nicht andersrum. „Ich brauche dich, Harry!" Wenn ich es ihm glauben könnte, wäre es so viel leichter und unkomplizierter.
„Ich bin dabei, mich in dich zu verlieben, wieso bist du nur so ein Idiot, mh?" Ich lasse ihn zu keiner Antwort kommen und drehe mich einfach um.
Mir war es von vornherein klar, dass das hier nur schlecht enden kann. Louis wollte mich einfach nur ins Bett kriegen, bevor er mich hier rauswirft. Aber ich war geblendet. Von seinem süßen Lächeln, den blauen Augen und den Grübchen um seine Augen. Von seinen Händen, die sich so unfassbar gut auf meiner Haut anfühlen und seinen Umarmungen. Wieso kann er so gut umarmen? Wahrscheinlich weil das seine Masche ist. Je länger und öfters er jemanden umarmt, um so schneller landet er mit der Person im Bett oder wie?
Ich Gedanken versunken, bemerke ich gar nicht, dass ich am Herrensalon angekommen bin, wo meine Schwester schon steht und mich kommentarlos in eine Umarmung zieht. Ihre Hand an meinem Hinterkopf, welchen sie sofort anfängt zu kraulen. Sie kennt mich auch nach all den Jahren erschreckenderweise viel zu gut. „Was ist los, Hazza?", flüstert sie an meinem Ohr und hat nicht vor, mich in nächster Zeit loszulassen. „Louis ist ein Idiot. Mir war das von vornherein klar, aber es tut weh, dass es mir jetzt bewusst wird.", hauche ich und halte mich für einen Moment an Gemma fest.
„Louis ist ein Mann, die meisten sind Idioten. Mish auch.", entgegnet sie und dreht ihren Kopf so, um mir einen Kuss auf die Wange zu hauchen. „Aber du bist mit ihm verheiratet. Mish ist sicherlich ein netter Idiot.", beharre ich, was meine Schwester lachen lässt. „Louis ist auch ein netter Idiot, glaub mir. Manchmal denkt er nicht nach, bevor er spricht. Mach dir da nichts draus.", muntert sie mich auf, was jedoch nicht all zu gut funktioniert.
Louis' Worte tun immer noch weh. Werden sie wahrscheinlich auch noch eine Weile. Denn das, was Louis zu mir gesagt hat, das vergisst man nicht so schnell.
„Komm, wir bringen dich auf andere Gedanken. Wir fahren jetzt in den Tierpark, unterhalten uns und lachen die Affen aus, wenn sie vom Baum fallen, wenn sie sich rangeln, ja?", wechselt sie das Thema und löst sich von mir, bevor ich erst jetzt bemerke, dass wir nicht allein sind. Neben ihr steht ein kleines Mädchen, welches die gleichen braunen Haare wie Gemma hat und etwas dunklere Augen als ich.
„Willst du dich vorstellen, Süße?", fragt Gemma und nimmt ihren Pferdeschwanz in die Hand, um ihn einmal lang zu ziehen. „Ich bin Eloise.", lispelt sie, während sich ihre Wangen rot färben. „Ich bin Harry.", entgegne ich und fahre ihr vorsichtig über die Schulter. „Ist sie..." Ich lasse die Frage offen stehen, weil ich nicht weiß, wie ich sie beenden soll. Unsere Schwester? „meine Tochter, ja." lächelt Gemma und hat dieses Funkeln in den Augen, was Mama damals auch hatte, als sie über uns gesprochen hat. „Wow.", hauche ich und schlucke laut. Ich werde nicht nur Onkel, ich bin sogar schon Onkel.
Grinsend rammt Gemma meine Schulter und nimmt die Hand ihrer Tochter in ihre. „Damit hast du nicht gerechnet, oder?", will sie wissen und schaut mich lächelnd an. „Definitiv nicht. Wie alt ist sie?", antworte ich und schaue meine Nichte lächelnd an. „Vier, sie ist unser ganzer Stolz.", schwärmt meine Schwester und fährt über ihren Bauch. „Und in ein paar Monaten sind wir zu viert. Der kleine Stinker hier, Michal, Eloise und ich. Eine kleine Familie." Ich höre ihr lächelnd zu und warte, bis die beiden Damen im Auto eingestiegen sind, welches uns zum Tierpark fährt. Von Sir Andrew.
„Ich werde dir leider nie eine Nichte oder einen Neffen schenken können. Aber so süß wie Eloise wären meine Kinder wohl eh nicht geworden.", lächle ich und schaue Gemma dabei zu, wie sie ihre Tochter im Kindersitz anschnallt. „Du und Louis, oder?", fragt sie vorsichtig und schnallt sich neben mir an.
Langsam nicke ich und lasse meinen Kopf gegen die Kopflehne fallen. „Ich mag ihn wirklich, viel mehr, als dass ich es sollte, aber er ist so ein Idiot. Sein Ziel ist es doch nur, mich ins Bett zu kriegen. Danach fliege ich raus.", seufze ich. Dass Gemma mich verwirrt anschaut, bemerke ich nicht. „Ich glaube, er will dich nicht nur ins Bett kriegen, Harry. Ich kenne Louis schon ein paar Jahre und in denen hatte er keinen einzigen Freund. Ich habe ihn nie mit jemandem gesehen. Wenn er wirklich mit dir anbahnt, kann ich dir versprechen, dass er es ernst meint."
Ich drehe meinen Kopf zu ihr und hebe eine Augenbraue. „Er hat mich beschuldigt, dass ich es nicht ernst meinen würde. Dass er jetzt wieder uninteressant ist, weil du wieder in meinem Leben bist. Genau so, wie er eben zu mir war, so ist er gegenüber den Medien auch.", erkläre ich und hebe das kleine Büchlein vom Boden auf, welches die kleine Eloise fallen lassen hat.
„Ich glaube, er hat einfach Angst, dass er dich verliert. Du warst schon immer was besonderes, das sieht Louis auch in dir.", lächelt Gemma und schaut für einen Moment aus dem Fenster. „Er meinte heute, ich gehöre ihm. Ich gehöre niemandem. Ich bin ein selbstständiger Mann, der niemanden zum Überleben braucht. Ich brauche nur mich, keinen Freund, der mich besitzen will. In welchem Jahrhundert lebt er? Leute müssen besessen werden? Die Auserwählten ticken genau so. Die sind doch alle Krank im Kopf.", fluche ich und spiele mit meinen Fingern.
Gemma seufzt leise und nimmt meine Hand in ihre. „Louis ist der Thronfolger, Harry. Nimm es ihm nicht übel, er wurde so aufgezogen. Nach seinem Outing hat sein Vater ein halbes Jahr nicht mit ihm gesprochen." Verwirrt schaue ich sie an. „Aber Louis ist seit über zehn Jahren geoutet? Du bist seit acht Jahren weg.", frage ich. „Lottie hat es mir erzählt. Ich habe damals öfters auf sie aufgepasst, da kamen wir etwas ins Gespräch." Ich nicke und überlege für einen Moment.
Sie ist tatsächlich schon lange hier. Nicht erst, seitdem sie ihren Mann kennengelernt haben. Sie hat dir letzten Jahre in dem Palast gewohnt, den ich für ihren Tod verantwortlich gemacht habe. Ich hatte und habe eine mehr als negative Einstellung gegenüber dem Palast.
„Wieso bist du in den Palast gezogen? Mamas Auto wurde von einem Wagen dieser Schweine erwischt! Und du? Du bist hier hin gezogen?" Ich lache auf und mache das Fenster auf. Ich brauche dringend frische Luft. Vielleicht sollte ich Sir Andrew fragen, ob ich für einen Moment aus dem Wagen steigen kann. „Harry, ich wäre bei dem Unfall beinahe gestorben. Ich wurde auf der Beifahrerseite eingeklemmt und habe mein Gedächtnis verloren. Ich habe Monate damit gelebt, dass ich nicht wusste, wer ich war. William und Johannah haben mich bei sich aufgenommen. Sie sind meine zweiten Eltern." Ich nicke und drücke den Knopf über mir, um mit Sir Andrew zu reden.
„Halten Sie an, ich brauche Luft." Kurz ist es still, bis wir abbiegen. Auf einen Parkplatz. „Wir sind am Ziel angekommen, Harry." Noch besser. Ich schnalle mich ab und steige schnell aus dem Wagen.
„Du hättest besser nach mir suchen können. Du lebst unter dem Dach des Königs, du hättest nach mir suchen können. Nach deinem kleinen Bruder, der sich für Jahre jeden Tag in den Schlaf geweint hat, weil er seine Mama und Schwester verloren hat. Meine neue Familie war grausam. Alkohol war wichtiger als ich, ich durfte auf einer Matratze schlafen, die älter als ich ist. Das ist kein Leben! Und du hast hier im Palast gelebt, du... du..." Ich raufe mir die Haare und entferne mich ein wenig von dem Wagen.
„Du warst zwanzig, ich sechzehn. Ich war in der Pubertät und... du hättest besser nach mir suchen können, Gemma!" Für einen Moment redet sie mit Sir Andrew, der ihre Tochter zu sich nimmt und dann auf mich zukommt. „Es tut mir leid, Harry. Ich wusste selbst nicht, was ich machen sollte. Auch ich habe meine Mutter verloren. Ich wurde hier aufgenommen, durfte meine Ausbildung beenden und betreue die Kinder der Angestellten. Und die Zwillinge von William und Johannah.", erklärt sie mir und nimmt mich in die Arme. Auch wenn ich es nicht will, lasse ich es zu und klammere mich einen Moment später an sie.
Mama ist tatsächlich tot. Wegen einem Wagen des Königshauses, welcher ohne zu bremsen in das Auto meiner Mutter gefahren ist. Der Fahrer hat überlebt. Der Baum, gegen den der Wagen meiner Mama geprallt ist und sie nunmal nicht. Und ich wurde zur Halbwaise. „Wie kannst du sie so nennen? Wegen ihnen ist Mama tot. Sie haben dich mitgenommen. Mich allein zurückgelassen.", schluchze ich und will am liebsten einfach nur die Zeit zurückdrehen. Wie ich mit Gemma und Mama zusammen Spiele gespielt habe, wir zusammen im Tierpark oder in Freizeitparks waren. Wie wir noch eine eigene Familie waren. Wo alles gut war. Mama, Gemma und ich, niemand sonst.
„Es war nicht die Schuld der beiden, Hazza. Einer der Angestellten war Schuld daran. Er hat seitdem keinen Fuß mehr in den Palast gewagt und seine gerechte Strafe bekommen.", versucht meine Schwester es. Aber vielleicht brauche ich einfach ein wenig Zeit, um mich an all das zu gewöhnen. Und meiner Schwester Glauben zu schenken, dass es tatsächlich nicht die Schuld des Königs oder der Königin ist. Und dass Louis kein Arschloch ist, sondern es vielleicht doch ernst meint.
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