SEVEN
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Leise schleiche ich durch die Flure des Palastes, um mir in der Küche, die ich vor drei Tagen entdeckt habe, etwas essbares zu holen. Mit den anderen zu essen möchte ich nicht. Ich möchte keines der Gesichter sehen, welche mir beim Essen sonst begegnen würden.
Seit vier Tagen bin ich nicht mehr aus meinem Zimmer gekommen, habe mit niemandem mehr gesprochen und bin kurz davor, meine Sachen zu packen.
Mich hält hier absolut nichts. Ich möchte nicht Prinzessin Charlottes Herz für mich gewinnen und mich keinesfalls mit den anderen Männern in die Haare kriegen. Ich möchte wieder zu Dylan und mein Studium fortsetzen, welches in einer Woche wieder begonnen hätte.
Ich möchte Jura studieren, mein Leben in Wales fortsetzen und nichts mit dem Königshaus zu tun haben. Ich möchte Prinz Louis nicht kennen und auch nicht seine Schwestern. Ich möchte nicht täglich im Streit zu den anderen Auserwählten leben, sondern einfach mein vorheriges Leben weiterführen.
Noch zwei Flure, dann habe ich die Küche erreicht. Den Wachen entkomme ich leider nicht, weshalb ich sie nur freundlich grüße und so tue, als sei nichts gewesen.
Die Versuche der anderen, mit mir zu reden, habe ich kontinuierlich verweigert und habe selbst den König einmal abgewiesen. Wenn man mich das nächste Mal sieht, fliege ich bestimmt, aber das wäre okay für mich. Ich würde keinen unnötigen Platz mehr belegen und die Prinzessin kann sich auf alle anderen konzentrieren, die wirklich gewillt sind, ihr Herz zu gewinnen und ihr Ehemann zu werden. Taghg oder Niall zum Beispiel.
„Mister Styles?" Wie angewurzelt bleibe ich stehen und drehe mich langsam zu der Stimme um. Einer der Wachmänner steht einige Meter von mir entfernt und will gerade seinen Walkie-Talkie betätigen, als ich loslaufe und mich hinter der nächstbesten Tür verschanze.
Nicht wissend, was sich in diesem Raum befindet, gehe ich erst sicher, dass die Tür abgeschlossen ist, ehe ich mich gegen diese lehne und den Raum betrachte. Ein Büro, welches ziemlich altmodisch eingerichtet ist. An einer Wand erstreckt sich ein großes Bücherregal, welches beinahe aus allen Nähten platzt. Daneben ein gemütlich aussehender Sessel mit einer flauschigen Decke über der Armlehne.
Ein Teppich schmückt den Bereich der Leseecke, während die andere Seite des Raumes ein reines Büro ist. Ein Tisch mit einem großen Monitor, Ablagefächern und vielen Zetteln, die auf dem dunklen Holz verstreut sind.
„Mister Styles, Sie dürfen nicht in diesen Raum! Kommen Sie sofort dort raus oder wir müssen zu härteren Maßnahmen greifen!" Ich antworte nicht, während eine Tür an der linken Raumseite ihre Aufmerksamkeit auf mich zieht, da sich diese gerade öffnet und eine Frau ins Büro kommt.
Geschockt schaue ich zu ihr, wie sie mit einem Stapel von Büchern in den Raum kommt und mich noch nicht bemerkt hat. „Nein.", bringe ich hervor und schnappe nach Luft, als ihre Augen plötzlich in meine Seele schauen. Das gleiche braun, die gleiche blasse Haut und die gleichen braunen Haare, die jedoch jetzt viel länger sind, als dass ich sie in Erinnerung habe. Jedoch bringt mich ihr Babybauch komplett aus der Fassung, sodass ich mir ein weiteres Keuchen nicht verkneifen kann.
Die junge Frau schaut ebenfalls ziemlich geschockt drein und zuckt genau so wie ich zusammen, als es an der Tür hinter mir klopft. „Mister Styles! Kommen Sie dort raus, sonst kommen wir rein!", droht mir eine Stimme hinter dem starken Holz, jedoch kann ich mich nicht einen Millimeter bewegen.
Ich befinde mich in einer Schockstarre, bei der ich nur atmen und blinzeln kann. Alles andere funktioniert nicht. Kein Sprechen, kein Bewegen.
Immer noch stehen wir uns schweigend gegenüber, bis erneut die Tür an der linken Seite geöffnet wird und einer der Wachmänner schnurstracks auf mich zukommt. Ohne Probleme hebt er mich über seine Schulter und öffnet die Tür hinter mir, um das Büro zu verlassen. Und somit auch die junge Frau, die sich noch immer kein Stück bewegt hat.
„Was fällt Ihnen ein, einfach in dieses Büro zu stolzieren? Das wird ernsthafte Konsequenzen mit sich führen, junger Mann.", tadelt der Wachmann mich und schleppt mich durch den halben Palast. Wohin es geht, weiß ich nicht. Dafür bin ich mit meinen Gedanken woanders.
„Sie können das jetzt schön dem König erklären. Viel Spaß dabei." Eine Tür wird geöffnet, bevor ich runtergelassen werde und leise aufstöhne. Bei der Landung bin ich unangenehm auf mein Steißbein gefallen und drehe mich auf die Seite. Die Augen halte ich geschlossen, um das Bild aus dem Büro bei mir zu halten. Ich möchte es nicht verlieren, wieder dorthin zurück und-
Weiter komme ich nicht, da ich am Kragen hochgezogen werde und geschockt meine Augen öffne. Dann erst sehe ich, dass wir im Speisesaal stehen, wo mich jeder der Anwesenden aus großen Augen anschaut.
„Der junge Mann war gerade in dem Büro von-" Ich unterbreche den Wachmann, indem ich mich schnell von dem Geschehen abwende und mich auf seine schwarzen Stiefel übergebe. Mit lautem Würgen und einer leckeren Sauerei, die sich von seinen Knien bis zum Marmorboden erstreckt. Meine Füße sind glücklicherweise sauber geblieben.
„Sie Schwein!" Direkt werde ich an den Schultern zurückgestoßen und will mich an dem Wachmann festhalten, schaffe es jedoch nicht. Ich mache mich schon auf den Fall gefasst, als mich jemand auffängt und zu sich dreht. Prinz Louis.
Während er seine Arme um mich schlingt und ich schockiert durch die Gegend blicke, brauche ich einen Moment, mich von ihm zu lösen und zurückzutaumeln. „Ich- ich will nach Hause.", bringe ich hervor und übergebe mich ein weiteres Mal auf die Schuhe des Wachmannes. Bitteschön.
„Ich bringe Sie auf Ihr Zimmer und dann erklären Sie mir, was hier los ist.", entgegnet Prinz Louis und dirigiert mich aus dem Speisesaal. Für einen Moment denke ich, ich hätte die junge Frau aus dem Büro erneut gesehen, weshalb ich erneut stehen bleibe und Prinz Louis in mich läuft.
Außer, dass er in meine Hacke gelaufen ist, ist nichts passiert. „Ich begleite euch. So langsam wird mir das hier zu bunt.", ertönt König Williams Stimme hinter uns, worauf ich kurz ins Wanken gerate. „Ich möchte nichts erklären. Ich möchte nach Hause. Es war ein Fehler, nach hier zu kommen. Ich wollte das gar nicht.", gebe ich von mir und werde von dem Prinzen gestützt, als mir etwas schwindlig wird. Seit heute Morgen habe ich nichts mehr gegessen, weshalb sich mein Magen nach etwas essbarem sehnt. Jetzt gerade vielleicht nicht, aber wenn er sich wieder beruhigt hat, dann ganz bestimmt.
„Ich würde nur gerne verstehen, was in den letzten Tagen passiert ist. Das von heute interessiert mich jedoch am meisten.", bittet der König, bevor ein Schweigen eintritt. „Geht es wieder?", fragt Prinz Louis und erhöht den Druck an meiner Hüfte einen Moment, sodass ich zusammenzucke, aber nicke.
Dann verschwindet sein Arm von mir, bevor er einen Schritt zur Seite macht. So gehen wir die letzten Meter in die Richtung meines Zimmers, wo ich als erstes eintrete.
Über die Unordnung sehe ich hinweg, klappe jedoch meinen Laptop zu und drehe mich mit verschränkten Armen zu den Royals. „Hier drinnen alles gut? Es sieht aus, als wäre hier eingebrochen worden.", fängt der König an und deutet auf mein Bett und den Boden daneben. „Ja, ich musste mich um mein Studium kümmern. Mir sind meine Unterlagen runtergefallen und ich habe sie noch nicht geordert bekommen. Irgendwo hier ist mein Essay, welches ich abgeben muss, aber ich finde es nicht und... ich weiß nicht ob es noch zu Hause ist. Morgen Früh hätte ich es abgeben müssen, damit der Professor genug Zeit zum Korrigieren hat. Aber das kann ich mir alles abschminken, weil ich hier in diesem scheiß Palast bin."
Überfordert setze ich mich auf die Bettkante und stütze meinen Kopf in meine Hände. Wenn ich um eine Woche mehr Zeit bitten würde, würde man mich für verrückt erklären. Ich hatte mehr als anderthalb Monate Zeit und kann dann nichts abliefern? Was wirft das für einen Blick auf mich?
„Sie haben sich doch hierfür angemeldet. Niemand, der keine Bewegung abgeschickt hat, wurde hierfür in Betracht gezogen. Auch Sie nicht.", entgegnet der König und geht einen Schritt auf die vielen Zettel zu. „Ich habe mich nicht angemeldet, um Gottes Willen. Ich bin der letzte, der sich zu dieser Sache bereit erklären würde. Ich hasse, nein, ich verabscheue die Monarchie, das Königshaus. Wegen Euch habe ich meine Familie verloren!" Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten und springe von meinem Bett auf, um dem König die Zettel abzunehmen. Niemanden geht es etwas an, was ich hier mache.
„Sie zügeln jetzt erstmal Ihre Lautstärke und reden nicht so mit mir, klar? Ich bin der König und lasse mir von niemandem so etwas sagen!", erhebt der König die Stimme, jedoch lasse ich mich davon nicht beirren. Ich sammle die Zettel vom Boden auf, die ich danach auf mein Bett lege und mir schnell übers Gesicht wische.
„Was wollt Ihr machen? Mich einsperren? Mich rauswerfen? Tut Euch keinen Zwang an! Ich gehe freiwillig!" Wutentbrannt gehe ich zu meinem Kleiderschrank und hole meinen Koffer aus diesem. „Ich habe keine Lust mehr auf das alles! Ich will nicht, dass meine verdammten Eltern das Geld bekommen, was ihnen überhaupt nicht zusteht. Die beiden saufen sich das Hirn weg, rauchen was das Zeug hält und haben immer noch das Recht dazu, sich um Kinder zu kümmern! Was ist das für ein Scheiß? Ich wurde doch nur hier angemeldet, damit die beiden einfach Geld bekommen. Und ein Problem weniger haben, was sich zuhause rumtingelt."
Ich will meinen Koffer gerade hochheben, als dieser mir abgenommen wird und eine Hand auf meine Schulter gelegt wird. „Beruhige dich. Das bringt doch alles nichts.", flüstert Prinz Louis und zieht mich dann in eine vorsichtige Umarmung, die ich nicht erwidern kann. Ich stehe steif in seinen Armen, die mich immer fester umarmen und irgendwann über meinen Rücken fahren. „Aber..." Der Prinz schüttelt den Kopf und löst sich dann langsam von mir.
„Was kann ich tun, damit du hier bleibst?", will er wissen und stellt den Koffer wieder zurück in den Schrank. „Ich möchte mein Studium fortsetzen und meine Eltern sollen kein Geld bekommen.", flüstere ich und muss plötzlich an Dylan denken. „Kann jemand für ein paar Tage nach hier kommen? Ich..." Ich brauche jemanden zum Reden. Jemanden, dem ich vertraue und der vertraut mit dem Thema ist.
„Zwei Tage. Und dann will ich wissen, was hier los ist. Vater hat Recht, es ist komisch. Ich will die Wahrheit wissen.", stellt er seine Bedingung und hebt eine Augenbraue. Erstmal stimme ich zu, auch wenn ich jetzt schon weiß, dass ich dem Prinzen definitiv nichts von meinen Problemen erzählen werde.
Lieber verlasse ich den Laden hier nach zwei Tagen gemeinsam mit meiner besten Freundin. Dann habe ich ihr was gutes getan und ich kann endlich wieder normal leben. In meinem Wohnheimzimmer, mit meinem Mitbewohner. Ohne Eltern, ohne Royals, die sich den ganzen Tag um mich herum tingeln.
„Vater, ich kläre das hier. Ich komme heute Abend nochmal in dein Büro, ja?", wendet sich der Prinz dann an seinen Vater, der dabei war, meine Zettel zu studieren. Ohne seine Antwort abzuwarten, gehe ich auf den König zu und nehme ihm die Zettel aus der Hand.
„Schnüffle ich in fremden Sachen herum?", frage ich und schnaube leise. Wenn ich in seinen Sachen geschnüffelt hätte, wäre ich schon längst hier rausgeflogen. Und das nennt sich faire Rollenverteilung.
„Sie studieren Jura?", will er wissen und geht nicht auf meine vorherigen Worte ein. So viel zu »Ich kläre das hier.«
„Im letzten Semester. Ich schreibe dieses Jahr mein Staatsexamen.", antworte ich knapp und lege alle Sachen auf den Laptop auf meinem Bett. Anerkennend nickt er, verabschiedet sich jedoch einen Moment später von mir und verlässt dann den Raum.
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Bis Montag!!
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